Somnia (eBook)

Tagebuch 1991
eBook Download: EPUB
2009 | 1. Auflage
560 Seiten
Knaus (Verlag)
978-3-641-01910-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Somnia -  Walter Kempowski
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»Meine Tage sind ein wüstes Ankämpfen gegen die Zeit.« Walter Kempowski
Mit seinem vielbändigen 'Echolot' fand Walter Kempowski eine literarische Form für das kollektive Gedächtnis. Darin bewahrte er auf, was uns allen verloren zu gehen drohte. Seine eigenen Tagebücher dagegen sind der literarische Ort seines individuellen Gedächtnisses und gewähren einen faszinierenden Einblick in das Seelenleben eines der bedeutendsten Schriftsteller der deutschen Gegenwartsliteratur.

Walter Kempowski wurde am 29. April 1929 als Sohn eines Reeders in Rostock geboren. Er besuchte dort die Oberschule und wurde gegen Ende des Krieges noch eingezogen. 1948 wurde er aus politischen Gründen von einem sowjetischen Militärtribunal zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Nach acht Jahren im Zuchthaus Bautzen wurde Walter Kempowski entlassen. Er studierte in Göttingen Pädagogik und ging als Lehrer aufs Land. Seit Mitte der sechziger Jahre arbeitete Walter Kempowski planmäßig an der auf neun Bände angelegten 'Deutschen Chronik', deren Erscheinen er 1971 mit dem Roman 'Tadellöser & Wolff' eröffnete und 1984 mit 'Herzlich Willkommen' beschloss. Kempowskis 'Deutsche Chronik' ist ein in der deutschen Literatur beispielloses Unternehmen, dem der Autor das mit der 'Chronik' korrespondierende zehnbändige 'Echolot', für das er höchste internationale Anerkennung erntete, folgen ließ.

Walter Kempowski verstarb am 5. Oktober 2007 im Kreise seiner Familie. Er gehört zu den bedeutendsten deutschen Autoren der Nachkriegszeit. Seit 30 Jahren erscheint sein umfangreiches Werk im Knaus Verlag.

Januar 1991 8
Februar 1991 56
März 1991 98
April 1991 125
Mai 1991 164
Juni 1991 203
Juli 1991 245
August 1991 292
September 1991 365
Oktober 1991 389
November 1991 441
Dezember 1991 487
Register 548

Juni 1991 (S. 202-203)

Nartum

So 2. Juni 1991
Jahrestag der Pionierorganisation der Ungarischen Volksrepublik

«Wenn man das Leid aus dem Fenster schütten könnte.» Lese Kafkas Tagebücher. Über seine Reise nach Weimar und in den Harz zu einer Nacktkur. «Auch alte Herrn, die nackt über Heuhaufen springen, gefallen mir nicht.» So was wird in Schulen nicht behandelt. Seit gestern mittag alleine hier. – Im Vorraum liegen Rostockiensien, die ein Rostocker über Mittag dort abgelegt hat, ein rotes Feuerversicherungsschild aus Emaille, ein (gedrucktes) Agitprop-Bild und ein FdJ-Schiffchen, das ich der FdJPuppe oben aufsetzte.

Die Angst weicht dem Triumph. Am Abend dann absolute Stille. Trotz der vielen Menschen (oder ihretwegen) Einsamkeitsgefühle. Auch jetzt. Da kennt man Tausende, und niemand, den man rufen könnte. 2007: Und niemand, der einen tröstet?

In der ZEIT über Susanne Albrecht:

Ganz unscheinbar und blaß sitzt sie zwischen ihren beiden sich väterlich gebärdenden Advokaten auf der Anklagebank, den mageren Oberkörper leicht nach vorne gebeugt, aber mit geradem Rücken. Susanne Albrecht sieht mädchenhaft aus mit ihrem kinnlangen Pagenschnitt, der weißen kurzärmeligen Hemdbluse, den grünen Blazer schützend über die Schultern geworfen.

Vor ihr liegt eine dicke Mappe mit Unterlagen, auf denen sie sich ab und zu Notizen macht… Eine Gisela Dachs hat das geschrieben. Heute früh kamen unsere Bremer Freunde noch einmal und brachten 20 000 Dias. Ich bummelte und machte die nächste Sendung für «Hörzu» fertig und den 15. Januar. Morgen geht das «Echolot» per Eilpost nach München. Der Versuch, auch noch das Register auszudrucken, mißlang. Die Hühner waren sehr zudringlich, als ich Kaffee trank, eins hüpfte auf meinen Arm und pickte mir Kuchen von den Lippen. Aber streicheln lassen sie sich nicht. Nach dem Kaffee gruppieren sie sich um mich herum, Augendeckel zugeklappt.

Eine einzelne Krähe kommt und sieht sich das an. TV: «Giulia», italienischer Film, gute Unterhaltung. Mit Hildegard telefoniert, sie will unbedingt, daß ich sie mit der Bahn besuche beziehungsweise abhole. Obwohl ich doch ein Auto gemietet habe. – Dort gehe es wie im Taubenschlag raus und rein. Und sie denkt, es sei nur bei uns so. Ich sei übrigens der einzige Mensch gewesen, der ihm in seiner Misere Geld angeboten hat, sagte Raddatz.

Das ist für ihn wichtig, obwohl er es doch bestimmt nicht braucht. Läßt er sich seine Freundschaft bezahlen? Oder: Nur wer Geld gibt, dem ist es ernst? Prof. Brake, damals, 1957 in Göttingen, als er von meiner Verlegenheit hörte, der mir 20 Mark schenken wollte. – Es ist schon was dran. Er griff zur Brieftasche. Die Zudringlichkeit der Hühner: Ich entdeckte später, daß ich sie des Morgens nicht gefüttert hatte. Sie waren also einfach sehr hungrig. – Für Musik sind sie nicht empfänglich. Oder doch? Sie zeigen es nicht, sie lassen es sich nicht anmerken. Man sollte ihnen mal van Goghs Sonnenblumen zeigen, was sie dann wohl sagen.

Erscheint lt. Verlag 26.1.2009
Reihe/Serie Tagebücher
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte 1991 • 20.Jahrhundert • Deutschland • Dokumentation • eBooks • Erinnerungen • Roman • Romane • Schriftsteller • Tagebuch
ISBN-10 3-641-01910-9 / 3641019109
ISBN-13 978-3-641-01910-5 / 9783641019105
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