Magische Stimmen -  Anja Bombek

Magische Stimmen (eBook)

Gesangsunterricht Pop und Country

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
224 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7578-3981-9 (ISBN)
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Das Buch "Magische Stimmen" wurde geschrieben von der Bühne für die Bühne. Dieses Werk ist ein Lehrbuch für die Ausbildung einer gesunden Gesangsstimme im Genre Pop und Country. Angehende Sänger finden darin detaillierte Erklärungen zu Gesangstheorie und - Gesangspraxis mit Übungsanleitungen. Neben der reinen Gesangstechnik im Popgesang werden auch die psychischen Erfordernisse besprochen, die es braucht, um die Kunst des Gesangs tatsächlich umsetzen und auf der Bühne bestehen zu können. Dieses Buch vermittelt anschaulich die einzelnen Entwicklungsstadien in der Gesangsausbildung, die jeder Musiker durchlaufen muss. Erzählungen und Geschichten aus dem Studio und den Gesangsevents, sowie eigene Bühnenepisoden, geben einen unterhaltsamen aber auch realistischen Einblick in die Welt der Musiker und das Bühnenleben.

Anja Bombek wurde 1964 in Stuttgart geboren und absolvierte nach ihrem Abitur ihre Gesangausbildung. Danach war sie in mehreren Livebands als Leadsängerin auf den Bühnen in Baden-Württemberg unterwegs. 2008 verließ sie nach über 12 Jahren ihre Stammband Live Line und gründete ihre eigene Musikschule, das VocalStudio BACKSTAGE Steinheim. Hier bietet sie bis heute Gesangsunterricht in Pop und Country und die akustische Begleitgitarre.

1 Der Anfang


1.1 Die Almhütte


"Anja, komm endlich!" rief meine Mutter genervt, "deine Schwester hat Durst.". Ich war zwölf Jahre alt und verbrachte die Sommerferien mit meiner Familie in Österreich. Wir wanderten einen steinigen Waldweg den Berg hinauf. Es war heiß. Meine kleine Schwester jammerte. Die Sonne ließ kleine Lichtpunkte durch die Baumwipfel auf den Holzwurzeln am Boden tanzen. Ich sah den Berg hinauf und beschleunigte meinen Schritt.

Nach einem schier endlosen Anstieg erreichten wir endlich eine Almhütte. Die Nordseite wurde von zwei riesigen Tannen beschattet. Die Südseite lag im gleißenden Sonnenlicht. Über die einladende Holzveranda blickte man direkt auf weiß glitzernde Berggipfel. Irgendwo läuteten Kuhglocken.

Wir traten in die Hütte ein. Innen war es kühl. Es roch leicht nach kaltem Zigarettenrauch. Der Wirt nickte uns freundlich zu. Die Bodendielen knarrten träge als mein Vater auf einen Tisch am Fenster zusteuerte. Wir ließen uns erleichtert auf die Holzbank fallen und bestellten eine Jause. Meinem Vater wurde das zweite Bier serviert. Er trank nur sehr selten Alkohol. Ich grinste verstohlen meiner Schwester zu. Er hob sein Glas und prostete den Gästen am Nebentisch zu: "Auf Euer Wohl! Prosit!" Er lud sie ein, sich zu uns zu setzen. Zehn Minuten später wurde für alle eine weitere Runde Bier und Schnaps bestellt. Die Almhütte war zwischenzeitlich bis auf den letzten Platz belegt. Lautes Stimmengewirr erfüllte den Raum.

Plötzlich erhob sich mein Vater von seinem Stuhl, streckte den Zeigefinger in die Luft und sah bedeutend in die Tischrunde. Wir sahen zu ihm auf. Er schloss die Augen, atmete tief ein, hob seinen Bierkrug und sang mit seinem vollen Bariton: " Kennst du die Perle, die Perle Tirols....". Meine Mutter rammte ihm entsetzt den Ellenbogen in den Oberschenkel und lachte entschuldigend. Doch mein Vater war schon nicht mehr zu bremsen. Die Männer an den Tischen im hinteren Teil des Raumes verstummten und sahen herüber. Die Frauen tauschten erstaunte Blicke und die Kinder lachten leise. Doch alle lauschten dieser kräftigen Stimme.

Nach und nach stimmte einer nach dem anderen der Gäste in den Gesang mit ein "...das Städtchen Kufstein, das kennst du wohl....".

Beim Refrain hakten sie ihre Frauen und Kinder unter und begannen zu schunkeln "und mancher wünscht sich, s’möcht immer so sein"

Schon bei der zweiten Strophe schallte ein gewaltiger Chor durch die kleinen Holzfenster der Almhütte den Hügel hinab ins Tal. Egal ob Männer oder Frauen, ob Kinder oder Alte, selbst der Hüttenwirt, alle sangen mit. Das Lied von der "Tiroler Perle" näherte sich seinem Ende. Mein Vater konzentrierte sich. Der letzte Ton gehörte ihm ganz allein. Das war ein Gesetz. Er atmete tief in seinen großen Bauch, schloss abermals die Augen und endete in einem letzten hohen Ton. Den ließ er so lange schillernd im Raum stehen, bis er im letzten Winkel der Hütte angekommen war. Die Gäste applaudierten begeistert. Welch eine Stimmgewalt! Hat man das schon gehört?

Mein Vater war nun ein Star. Jeder kannte ihn. Das war der mit der "guten Stimme". Er ließ sich lachend auf die Holzbank fallen und sah in meine Richtung. Wir verstanden uns. Er war glücklich.

Es wurde den ganzen Nachmittag bis zum Abend gesungen "ein Bett im Kornfeld" und "uh la Paloma Blanca". Eine fröhliche Ausgelassenheit lag über der kleinen Almhütte. Als die Sennerin die Kühe zum melken einholte, machten wir uns auf den Heimweg.

Dass ich singen wollte, wusste ich von klein auf an. An diesem Nachmittag habe ich mich entschlossen, es in die Tat umzusetzen.

Acht Jahre später saß ich mit meiner Freundin in einer vollbesetzten Landkneipe. Einer der Feuerwehrjungs am Tisch griff nach einer verschrammten Gitarre an der Wand. Er zupfte die Saiten und grinste: "kannst du singen?" Ich antwortete "klar, wenn du spielen kannst." Wir stimmten einen Song an. Die Gäste lauschten dem Vers und stimmten dann mit ein "let it be, let it beeee, let it be, let it be ..“ Der Kneipenwirt schoss mit einer Flasche Kirschwasser um die Theke und quetschte sich strahlend an unseren Tisch. So gefiel ihm das. Wir sangen die ganze Nacht bis zur Sperrstunde. Der Abend war herrlich.

Zeiten ändern sich. Auf den Almen herrscht ganzjährig hektisches Treiben an Selbstbedienungstheken und das Singen hat sich scheinbar verlagert in riesige Bierzelte auf dem Volksfest, wo man „Atemlos“ in fettgeschwängerter Luft tausende von Hähnchen und Maßbier verzehrt. Es geht um Umsatz. Ein Albtraum für Musiker und Vegetarier. Die meisten Musiker graut es vor diesen Veranstaltungen, mit Ausnahme der Akteure auf der Bühne. Bands, die dort spielen werden sehr gut bezahlt, ansonsten würden sie nicht kommen.

Musiker sind generell seltener geworden. Familien und Freunde singen nicht mehr gemeinsam. Von den Wänden und Dachböden sind die Instrumente verschwunden. Die Musikläden in Dörfern und Städten gibt es nicht mehr. Das Thema Musik scheint sich nur noch in online-Streamingdiensten und im Internet abzuspielen.

Und doch weiß ich, das Wichtigste ist noch da. Menschen, die zum Singen geboren wurden. Menschen wie du und ich. Wir wollen nicht unbedingt in riesigen Bierzelten singen und brauchen auch nicht zwingend einen Plattenvertrag, aber in überschaubarer Runde werden wir gerne unseren Beitrag für einen besonderen Abend leisten. Warum auch nicht? Oder wir spielen, damit wir etwas vergnügliche Zeit mit uns selbst verbringen können. Und wenn es irgendwann für eine Band reicht? Wir schließen es erst einmal nicht aus. Es fehlt nur etwas Entscheidendes: die ausgebildete Magische Stimme, ein bisschen Begleitmusik mit der Gitarre und Mut.

Die gute Nachricht ist, du bist schon auf diesem Weg. Du liest dieses Buch. Ich begleite dich also ein kleines Stück. Lass dich überraschen, was dir auf diesem Weg begegnen wird. Türen werden aufgehen, neue Visionen entstehen, Ideen werden geboren. Die Musik wird nach und nach mehr Raum in deinem Leben einnehmen. Das nennt man Leidenschaft. Hast du dich auf sie erst einmal eingelassen, ist es eine lebenslange Liebe. Noch nie habe ich erlebt, dass eine Musikerin oder ein Musiker diese Leidenschaft freiwillig aufgegeben hätte. Und ich bin seit vierzig Jahren im Geschäft.

1.2 Die Hobby-Stimme


Wer zu mir ins Studio kommt, der möchte singen lernen. Die eine oder andere Frage ist wohl zu klären, bevor man sich für eine Ausbildung entscheidet. Vielleicht kann ich bei der Beantwortung helfen. Lass uns ein paar Fragen durcharbeiten.

Die erste Frage ist immer: Ist meine Stimme für eine Ausbildung überhaupt geeignet? Hier fürchten tatsächlich schon viele, dass sie „durchfallen“ könnten.

Grundsätzlich gibt es zwei Formen von Anfängerstimmen.

Die erste Form ist leise, dünn, verhaucht und labil. Sie bricht weg, je weiter der Ton in die Höhe klettert. Sie kann keine langen Töne halten und ihr Klangbild ist kraftlos und flach. Die zweite Form klingt hart und bisweilen schrill. Auch sie bricht in den Höhen weg. Der Gesang klingt angestrengt, kalt und laut. Beide Stimmzustände sind typisch. Das sind für mich die Hobby-Stimmen, der Status, von welchem aus wir ins Rennen gehen.

Wir wissen also, wo wir starten. Es gilt nur noch zu klären, wo wir hin wollen. Das Ziel ist ein volles, stimmliches Klangbild, das sich sowohl in den Tiefen als auch in den Höhen frei entfaltet. Die Stimme schwebt schwerelos im Raum und verfügt über einen Tonumfang von zweieinhalb Oktaven. Der Vibrato lässt die Stimme leben und zaubert ihr einen schillernden Glanz hinein. Die Stimme kann hart und drängend als auch beruhigend und sanft von Gefühlen erzählen. Immer jedoch ist sie entspannt. Das ist eine Magische Stimme. Du kannst sie dir erarbeiten mit Sachverstand und Geduld.

Wenn du anatomisch und organisch gesund bist, dann habe ich dir eine gute Nachricht: du hast für den Gesang eine geeignete Stimme. Das kann ich mit Sicherheit sagen. Wo genau sie am Ende ihre Stärken, Besonderheiten und magischen Frequenzen entwickeln wird, das gilt es im Laufe der Ausbildung herauszufinden.

1.3 Kann jeder singen?


Selbstverständlich kann jeder singen lernen. Theoretisch kann auch jeder einen vierfachen Salto schlagen oder Atomphysiker werden. Aber nicht jeder kann dasselbe mit seiner Kunst und seinem Wissen erreichen. Das Leben ist nicht fair. Aber wir können viel dafür tun.

Letztlich ist es die Summe aus Motivation, Disziplin, Fleiß und Glück, die das Maß des Erfolgs ausmachen.

Dabei sind Unterschiede willkommen. Nicht alle Sängerinnen müssen die Bühne rocken und nicht alle streben nach einem Plattenvertrag. Wenn die Erwartungen an das eigene Engagement angepasst werden, dann wird jeder erfolgreich singen können. Es geht letztlich um Selbsteinschätzung.

Wenn du singen lernen möchtest, dann im Einzelunterricht. Damit habe ich die besten Erfahrungen gemacht. In der Gruppe wäre es nicht möglich, derart intensiv und individuell zu arbeiten. Der Erfolg ist zudem abhängig von...

Erscheint lt. Verlag 30.5.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Kunst / Musik / Theater Musik
ISBN-10 3-7578-3981-1 / 3757839811
ISBN-13 978-3-7578-3981-9 / 9783757839819
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