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3. Resilienz - die mentale Widerstandkraft entwickeln

Resilienz ist die psychische bzw. mentale Widerstandskraft, die Menschen verhilft, schwierige Situationen und widrige Umstände aufgrund ihrer eigenen inneren und äußeren Ressourcen zu bewältigen, an ihnen zu wachsen und sich weiter zu entwickeln.

Resilienz ist keine angeborene Eigenschaft oder ein Persönlichkeitsmerkmal, sondern sie entwickelt sich in der Interaktion mit der Umwelt. D.h. es kann sein, dass eine Person in einer Situation sehr resilient ist und zu einem anderen Zeitpunkt große Schwierigkeiten mit der Bewältigung von Belastungen hat. Resilienz ist nicht universell und allgemeingültig, sondern bezieht sich auf bestimmte belastende Situationen, die eine Person bewältigen kann und von denen sie sich schnell wieder erholt. Resilienz ist außerdem eine Kompetenz bzw. eine Sammlung von Fähigkeiten, die auch in anderen, weniger belastenden Situationen im Alltag förderlich sind, z.B. sich als aktiv handelnd zu erleben, Selbstwirksamkeit zu erfahren und Problemlösestrategien zu entwickeln.

Damit du resilient werden kannst, musst du Erfahrungen mit der Bewältigung von Herausforderungen und schwierigen Situationen sammeln. Resilienz entwickelt sich also nicht ohne Risikosituationen, Krisen und Belastungen. Resilienz ist ein Prozess der positiven Anpassung beim Auftreten von Belastungsfaktoren, es geht also um den gesunden Umgang mit Krisen (Engelmann, 2019). Krisen gehören zum Leben dazu, wir können sie nicht vermeiden und nur bedingt verhindern. Wir haben aber - genau wie bei Stressoren - einen Einfluss darauf, wie wir mit ihnen umgehen. Es gibt dazu ein sehr treffendes Zitat von Jon Kabat-Zinn, dem Begründer und Wegbereiter der modernen westlichen Achtsamkeitspraxis:

Du kannst die Wellen nicht stoppen, aber du kannst lernen, sie zu reiten.

Im Zusammenhang mit Resilienz bedeutet es, dass Menschen einen Einfluss darauf haben, wie sie mit Krisen und Herausforderungen umgehen: ob sie „baden gehen“ oder ob sie das Leben und die Wellen „surfen“.

Als Bild für Resilienz wird häufig der Bambus verwendet: er wächst und gedeiht selbst unter schwierigen Umweltbedingungen und ist nahezu unverwüstlich. Auch Wind und Wetter können ihm wenig anhaben.

Stephen Lepore und Tracey Revenson, ein amerikanischer Psychologe und eine amerikanische Psychologin, verwenden das Bild eines Baumes zur Beschreibung von drei verschiedenen Facetten von Resilienz (2006):

• Erholung (recovery): Es bläst ein sehr starker Wind durch den Baum. Dieser kann sich dem Wind entweder anpassen und die Äste biegen sich mit dem Wind oder sie brechen ab. Wenn der Sturm vorbei ist, richtet sich der Baum wieder in seine ursprüngliche Form auf. Elastizität und Flexibilität sind wichtige Bestandteile von Resilienz.
• Widerstand (resistance): Der Baum steht still und unbeeindruckt in dem heulenden Sturm. Der Sturm kann ihm nichts anhaben. Eine Variante, wie Menschen mit Stressoren umgehen können, ist ihr Leben vor, während und nach dem belastenden Ereignis normal weiterzuführen. Auch so entwickeln sie Resilienz.
• Umgestaltung / Neugestaltung (reconfiguration): Der Baum passt sich dem starken Wind nicht nur kurzfristig an wie bei dem ersten Beispiel, sondern er verändert seine Form. Mit dieser Neugestaltung ist der Baum auf zukünftige Stürme vorbereitet und davor geschützt, dass seine Äste abbrechen. Diese Variante entspricht der Definition von Resilienz als eine erfolgreiche Anpassung an eine sich verändernde Umwelt und Umgebung.

Alle drei Varianten von Bäumen begegnen uns in der Natur: die biegsamen und flexiblen Bäume, die starken Bäume, die scheinbar nichts erschüttern kann, und die „windschiefen“ Bäume.

Vor dem Hintergrund der Terroranschläge vom 11. September 2001 hat die American Psychological Association APA (2012) Empfehlungen zum Erlernen von Resilienz herausgegeben. Wie beim Muskelaufbau beim Sport benötigt das Erlernen von Resilienz Zeit und die Motivation, diese erwerben zu wollen. Ursprünglich bestand die sogenannte „Road to Resilience“ der APA aus 10 Empfehlungen. Mit diesem Handlungsleitfaden sollten Menschen unterstützt werden, dieses traumatische Ereignis zu bewältigen und für zukünftige Krisen gewappnet zu sein. Diese 10 Empfehlungen wurden inzwischen erweitert und sind in der aktuellen Version in vier Kernbereiche untergliedert:

Bau‘ dir ein Netzwerk auf:

• Setze bei deinen sozialen Beziehungen Prioritäten: Baue dir ein Netzwerk aus empathischen und verständnisvollen Menschen auf, die dir in schwierigen Situationen vertrauensvoll und mitfühlend beistehen.
• Schließe dich einer Gruppe an: Neben den 1:1-Kontakten kann dir auch die ehrenamtliche Aktivität in einer Gruppe soziale Unterstützung bieten und Hoffnung geben.

Kümmere dich um dein Wohlbefinden:

• Achte auf deinen Körper und sorge für dich selbst: Sorge für eine gesunde Ernährung, genügend Schlaf, genügend Flüssigkeitsaufnahme und regelmäßige Bewegung. So kannst du deinen Körper stärken und bist in stressigen Situationen belastbarer. Außerdem haben diese Faktoren eine positive Auswirkung auf deine Stimmung und deine Emotionen.
• Praktiziere Achtsamkeit: Achtsamkeitsübungen und Dankbarkeit sind wichtige Elemente, um die Verbundenheit mit anderen Menschen zu erleben und Hoffnung zu schöpfen.
• Vermeide negative Verhaltensweisen als Ventil: Alkohol, Drogen oder andere Substanzen helfen nicht bei der Bewältigung von Krisen, sie schaden deinem Körper zusätzlich. Überlege stattdessen, wie du deinen Körper stärken kannst.

Suche dir Ziele und einen Sinn in deinem Leben:

• Unterstütze andere: Engagiere dich ehrenamtlich in einer Gruppe oder helfe einer Person in deinem Bekannten- oder Freundeskreis. Anderen zu helfen gibt das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun, steigert das Selbstwertgefühl, verbindet dich mit anderen Menschen und fördert damit deine Resilienz.
• Ergreife die Initiative und entschließe dich zum Handeln: Es ist wichtig, dass du deine Gefühle in der Krise wahrnimmst und akzeptierst. Und es ist förderlich, wenn du dich fragst, was du aus der aktuellen Herausforderung für dein Leben lernen kannst. Krisen sind keine unüberwindbaren Probleme.
• Verfolge deine Ziele: Setze dir realistische Ziele und versuche sie in kleinen Schritten zu erreichen. Frage dich jeden Tag: Was ist der kleine Schritt, den ich heute tun kann, um meinem Ziel etwas näher zu kommen?
• Suche nach Möglichkeiten, um dich selbst zu entdecken und zu wachsen: Welche neuen Seiten hast du in Krisen an dir entdeckt? Menschen beschreiben häufig, dass sie in schwierigen Zeiten ein inneres Wachstum erlebt und viel über sich gelernt haben. Trotz aller Verletztheit haben sich ihre Beziehungen zu anderen Menschen verbessert, sie haben ein Gefühl der Stärke, eine Steigerung ihres Selbstwertgefühls und der Wertschätzung ihres Lebens gespürt.

Begrüße gesundheitsförderliche Gedanken:

• Betrachte die Situation nüchtern und sachlich und sieh‘ Probleme nicht als unüberwindlich an: deine Gedanken beeinflussen deine Gefühle in großem Ausmaß. Versuche irrationale Gedanken, wie in Schwierigkeiten eine Katastrophe oder eine Verschwörung gegen dich zu sehen, schnell zu erkennen und setze dem ausgeglichenere und realistischere Gedanken entgegen. Die aktuelle Krise sagt nichts darüber aus, wie sich deine Zukunft entwickeln wird. Du kannst die Krise nicht ändern, aber du hast einen Einfluss darauf, wie du sie bewertest und wie du mit ihr umgehst, du bist ihr nicht hilflos ausgeliefert.
• Akzeptiere Veränderungen: Veränderungen sind Bestandteil des Lebens. Es ist wichtig, dass du zwischen Gegebenheiten, die du verändern kannst, und Umständen, die du nicht ändern kannst, unterscheidest und deine Ziele und Vorstellungen entsprechend anpasst.
• Behalte eine zuversichtliche Haltung bei und baue ein positives Selbstbild auf: Das ist nicht einfach, wenn das Leben anders läuft, als du es dir vorstellst. Bleibe optimistisch und stelle dir vor, was du dir wünschst - und mache dir nicht so viele Sorgen. Du wirst feststellen, dass du dich jedes Mal, wenn du eine schwierige Situation bewältigt hast, ein bisschen besser fühlst.
• Lerne von deiner Vergangenheit: Du hast in deiner Vergangenheit bereits etliche schwierige Situationen bewältigt. Was hat dir da geholfen? Welche neuen Stärken konntest du dadurch entwickeln, die dir in der aktuellen Krise helfen können?

Im deutschsprachigen Raum gibt es verschiedene Modelle, wie Menschen resilienter werden können. Am meisten verbreitet ist das Modell der sieben Säulen der Resilienz, das ich dir jetzt vorstellen möchte.

Diese sieben Säulen sind Optimismus, Akzeptanz, Lösungsorientierung, die Opferrolle verlassen, Verantwortung übernehmen, Netzwerkorientierung und Zukunftsplanung. Die ersten drei Säulen werden als innere Haltung zusammengefasst, die...