Spaß und Schulden am Neustifter Kirtag
MILENA (Verlag)
978-3-903184-95-4 (ISBN)
Der Neustifter Kirtag ist heutzutage ein bombastisches Event. Für drei Tage imJahr brummt das gemütliche Weinhauer-Viertel am Rande Wiens. Prominentezwängen sich in Tracht und Dirndl, Jugendliche schniegeln sich für eine dreitägigeSauftour zurecht, Politiker geben den letzten Rest an Würde auf, um ein paar Stimmen am rechten Rand abzuräumen. Traurig, pompös, unentrinnbar.Doch in den 1980er Jahren, in denen dieser Roman spielt, war der NeustifterKirtag noch eine erbärmliche Angelegenheit. Schäbige Stände, ein quietschendesRingelspiel, enttäuschte Kinder, grantige Eltern, Anspannung und Ohrfeigen.Im Mittelpunkt dieses gloriosen Romans stehen das Ehepaar Thomas und Sylvia und ihre Kinder Lisa, Michael und Willi. Familienhündin Bonny ist im Wald entlaufen, sie soll so schnell wie möglich gefunden werden, sonst passiert noch ein Unglück auf der Höhenstraße. Aber die Familienmitglieder haben drängendere Pläne: Vater Thomas will auf den Kirtag, um bei der ÖVP-Neustift nichts zu versäumen. Michael will nichts lieber als mit einem dritten Bier seinen Alkoholspiegel auf gutem Niveau halten, und Hobby-DJ Lisa ist auf der Suche nach ihren Schallplatten. Nur der Jüngste, Willi, ist voll und ganz bei der Sache, er hat in seinem Leben bereits über zehn Haustiere verloren und würde einen weiteren Verlust nicht verkraften. Und dann drehen auch noch die beiden Skinheads (mit literarischem Kultpotenzial) Gabor und Alex ihre Runden und verbreiten Gewalt und Anarchie.
Seit 1995 arbeitet er mit seiner Theatergruppe Casa Del Kung Fu im Bereich zwischen Literatur, Wrestling und Comic. Zwischen 1996 bis 2006 veranstaltete er die Filmclubreihe Otakoo Saloon und widmete sich dem Texten von Comics. Die melancholische Comicserie El Pablo versus El Diablo (mit Jan Limpens) erschien regelmäßig in der Qualitätszeitung Folha de S. Paulo, der Tageszeitung mit der größten Verbreitung in Lateinamerika. Der Falter wählte sein Stück Fantomas – Das Action Musical unter die zehn besten Theaterproduktionen des Jahres 2008. Im Winter 2012 hatte sein Stück Columbo Dreams mit Manuel Rubey, Eva Maria Marold, Christian Dolezal und Gerald Votava im Rabenhoftheater Premiere und feierte große Erfolge bei Kritik und Publikum. 2017 erschien sein Debütroman Die 67 enttäuschendsten Sexfilme aller Zeiten beim Milena Verlag, 2019 folgte ebendort der Bestseller Triumph des Scheiterns.
Und das war ja überhaupt das Ärgste! Dass Paul ans Telefon ging. Eigentlich hätten sie sich in zehn Minuten unten am Kirtag getroffen und Michael wollte nur Pauls Mutter anrufen, um ihr zu sagen, dass es einen Notfall gegeben hatte und er einfach später zum Kirtag kommen würde, in der irrwitzigen Hoffnung, dass Paul, wenn er Michael nicht anträfe, seine Mutter anriefe und fragte, was denn los sei. Eine extrem wackelige Geschichte, aber – ha! Anscheinend war Pünktlichkeit für alle anderen ein Vielleicht und kein Muss, jedenfalls galt das für Paul, denn Michael wählte, es tütete, und der Verbrecher hob einfach ab. »Paul? Ich pack’s nicht. Warum hebst du ab?« »Ja, es hat geläutet, gell.« Michael hasste Paul, wenn er so war. »Wir haben uns doch verabredet. In zehn Minuten vor dem Fuhrgassl Huber.« »Klar. Ich weiß. Na ja, Fünf Minuten werde ich mich schon verspäten.« »Hör mal, du brauchst doch mindestens 30 Minuten mit dem Bus. Und mindestens zehn Minuten bis zur Bushaltestelle. Rechne doch! Rechne doch! Du klingst nicht so, als hättest du schon deine Schuhe an.« »Na, ich habe Hausschuhe an.« Michael schlug sich mit der Hand auf die Stirn. Für Pauls Art musste erst ein Wort gefunden werden. Seine Sätze an sich waren ruhig formuliert, aber irgendwie sott drunter eine Suppe aus Spott und Gemeinheit. Sagen konnte man auch nichts, man konnte ja schlecht das Nichtgesprochene kritisieren. Arg, wie oft er sich über Paul ärgern musste. Aber irgendwo wusste er ja auch, dass es nicht alleine Pauls Schuld war, dass er sich so ärgern musste. Sein Rausch kochte mittlerweile auf kleiner Flamme. Ein bisschen stolpernde Zunge war noch da, Gedanken, die sich nicht ganz so schnell zu einem Ganzen bauten, aber auch Unruhe, Bauchzwicken, ziellose Selbstvorwürfe. »Hm, also, es gibt da einen Notfall. Bonny ist im Wald entlaufen. Wir müssen sie finden.« »Ja, das verstehe ich jetzt nicht. Was hast du denn mit Bonny am Hut?« »Na ja, Bonny ist mein Hund. Also, unser Hund.« »Ach komm, du weißt doch, wie das ist. Drei Monate nach Einkauf des Haustiers erlöschen die Pflichten der Kinder und dann kommen die Tiere in die Verantwortung der Eltern. Das wissen sie, das wisst ihr. Zeit, die Masken fallen zu lassen, nicht? Wenn du willst, rede ich mit deinen Eltern.« Woher hatte Paul dieses selbstbewusste Auftreten? Lag es daran, dass sich seine Eltern gerade mitten in einer verzweifelten Scheidungskomödie befanden? Da hatte es jedenfalls begonnen, als er mit den Worten in die Schule kam: »Meine Mutter ist zu ihrem Freund gezogen und mein Vater ist zu seiner Freundin gezogen und jetzt weiß ich auch nicht weiter. Kann mir jemand sagen, wie man ein gutes Beef Tatare zubereitet?« »Ach egal. Wir treffen uns dann später. Am Kirtag.« »Oder im Wald. Einer mehr ist einer mehr.« »Ok.« Michael gab auf, er hatte dem Wahnsinn nichts entgegenzusetzen. »Wir treffen uns dann also am Kirtag oder im Wald. Wann?« »Das kann ich dir nicht sagen. Ich habe mir gerade eine Lasagne in den Ofen geschoben und einen Rotwein aufgemacht.«
Erscheinungsdatum | 11.08.2022 |
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Verlagsort | Wien |
Sprache | deutsch |
Maße | 130 x 200 mm |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Geisteswissenschaften ► Sprach- / Literaturwissenschaft ► Literaturwissenschaft | |
Schlagworte | Bruno Kreisky • Erhard Busek • Humor • Österreichische Volkspartei • Satire • Weltklasseliteratur • Wien |
ISBN-10 | 3-903184-95-0 / 3903184950 |
ISBN-13 | 978-3-903184-95-4 / 9783903184954 |
Zustand | Neuware |
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