Die Insel der Farbenblinden (eBook)

Die Insel der Palmfarne

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
352 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-00084-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Insel der Farbenblinden -  Oliver Sacks
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«Wie mochte die Welt, so fragte ich mich, für Menschen aussehen, die völlig farbenblind geboren werden? Erscheint sie ihnen - da sie keinen Sinn dafür haben, dass ihnen etwas fehlt - möglicherweise genauso dicht und lebendig wie uns? Haben sie vielleicht sogar eine geschärfte Wahrnehmung von Tönungen und Struktur, Bewegung und Tiefe, sodass sie in einer Welt leben, die in mancher Hinsicht intensiver ist als unsere, in einer Welt gesteigerter Realität - einer Welt, von der wir eine schwache Ahnung bekommen, wenn wir die Bilder der großen Schwarzweißfotografen betrachten?»

Oliver Sacks, geboren 1933 in London, war Professor für Neurologie und Psychiatrie an der Columbia University. Er wurde durch die Publikation seiner Fallgeschichten weltberühmt. Nach seinen Büchern wurden mehrere Filme gedreht, darunter «Zeit des Erwachens» (1990) mit Robert de Niro und Robin Williams. Oliver Sacks starb am 30. August 2015 in New York City. Bei Rowohlt erschienen unter anderem seine Bücher «Awakenings - Zeit des Erwachens», «Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte», «Der Tag, an dem mein Bein fortging», «Der einarmige Pianist» und «Drachen, Doppelgänger und Dämonen». 2015 veröffentlichte er seine Autobiographie «On the Move».

Oliver Sacks, geboren 1933 in London, war Professor für Neurologie und Psychiatrie an der Columbia University. Er wurde durch die Publikation seiner Fallgeschichten weltberühmt. Nach seinen Büchern wurden mehrere Filme gedreht, darunter «Zeit des Erwachens» (1990) mit Robert de Niro und Robin Williams. Oliver Sacks starb am 30. August 2015 in New York City. Bei Rowohlt erschienen unter anderem seine Bücher «Awakenings – Zeit des Erwachens», «Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte», «Der Tag, an dem mein Bein fortging», «Der einarmige Pianist» und «Drachen, Doppelgänger und Dämonen». 2015 veröffentlichte er seine Autobiographie «On the Move». Hainer Kober, geboren 1942, lebt in Soltau. Er hat u.a. Werke von Stephen Hawking, Steven Pinker, Jonathan Littell, Georges Simenon und Oliver Sacks übersetzt. 

Vorwort


Eigentlich besteht dieses Buch aus zwei Büchern, den Berichten über zwei ähnliche, aber doch voneinander unabhängige Reisen nach Mikronesien. Meine Besuche auf diesen Inseln waren kurz und unvorbereitet, nicht an einen festen Plan oder ein Programm gebunden, nicht dazu bestimmt, eine These zu beweisen oder zu widerlegen, sondern einfach der Beobachtung gewidmet. Doch so impulsiv und unsystematisch sie auch waren, ich verdanke ihnen intensive, vielschichtige Erlebnisse, die sich in alle möglichen, mich ständig überraschenden Richtungen verzweigten.

Als Neurologe oder Neuroanthropologe bin ich nach Mikronesien gereist, um dort Individuen und Populationen kennenzulernen, die unter ungewöhnlichen endemischen Verhältnissen leben – auf Pingelap und Pohnpei eine erbliche totale Farbenblindheit, auf Guam und Rota eine progressive und letale neurologische Erkrankung. Gleichzeitig faszinierten mich jedoch das kulturelle Leben und die Geschichte dieser Inseln, ihre unvergleichliche Fauna und Flora, ihre einzigartigen geologischen Ursprünge. Während die Untersuchung von Patienten, der Besuch archäologischer Stätten, die Wanderungen durch Regenwälder, das Tauchen zwischen Korallenriffen zunächst Beschäftigungen zu sein schienen, die nichts miteinander zu tun hatten, verschmolzen sie nach und nach zu einem einzigen unteilbaren Erlebnis – dem vollkommenen Eintauchen in das Inselleben.

Doch vielleicht bedurfte es erst meiner Rückkehr, der Möglichkeit, die Erlebnisse wieder und wieder Revue passieren zu lassen und zu sichten, um ihres Zusammenhangs und ihrer Bedeutung (oder zumindest eines Teils ihrer Bedeutung) habhaft zu werden – und um den Impuls zu verspüren, sie zu Papier zu bringen. Diese Niederschrift, die mich während der letzten Monate beschäftigt hat, erlaubte mir, ja zwang mich, die Inseln in meiner Erinnerung erneut aufzusuchen. Und da die Erinnerung, wie Edelman ausführt, niemals nur simple Aufzeichnung oder Reproduktion ist, sondern ein aktiver Prozeß der Rekategorisierung – der Rekonstruktion und Phantasietätigkeit –, ein Prozeß, der von unseren eigenen Werten und Perspektiven bestimmt wird, hat mich die Erinnerungsarbeit dazu geführt, diese Besuche in gewisser Weise neu zu erfinden und so ein persönliches, eigenwilliges, vielleicht exzentrisches Bild dieser Inseln zu entwerfen, das zusätzlich genährt wurde durch meine Leidenschaft für Inseln und Inselbotanik.

Seit frühester Jugend fühle ich mich zu Tieren und Pflanzen hingezogen – eine Biophilie, die zunächst von meiner Mutter und meiner Tante gefördert wurde, später von bewunderten Lehrern und vor allem von Schulkameraden, die diese Leidenschaft teilten – Eric Korn, Jonathan Miller und Dick Lindenbaum. Die Botanisiertrommeln auf den Rücken geschnallt, begaben wir uns gemeinsam auf die Pflanzenjagd, bei Tagesanbruch auf Süßwasserexpeditionen und jedes Frühjahr in Millport auf vierzehntägige Erkundungsfahrten ins Reich der Meeresbiologie. Wir entdeckten und tauschten Bücher aus – mein Lieblingsbuch, Strasburgers Botany (ich wußte es, kaum hatte ich das Deckblatt gesehen), bekam ich 1948 von Jonathan, dazu unzählige Bände von Eric, der damals schon ein Büchernarr war. Hunderte von Stunden verbrachten wir im Zoo, in Kew Gardens und im Natural Museum, wo wir in die Rolle von Naturforschern schlüpften und unsere Lieblingsinseln aufsuchten, ohne je Regent's Park, Kew Gardens oder South Kensington zu verlassen.

Viele Jahre später schrieb mir Jonathan im Rückblick auf diese frühe Begeisterung und die etwas viktorianische Atmosphäre, in der sie sich entfaltete: «Ich empfinde tiefe Sehnsucht nach dieser sepiafarbenen Epoche. Mit Bedauern nehme ich zur Kenntnis, daß die Menschen und Möbel um mich herum so hell und sauber sind. Wie würde ich es begrüßen, wenn diese Welt plötzlich in die bräunliche Einfarbigkeit von 1876 getaucht wäre!»

Eric geht es ähnlich, und das ist sicherlich einer der Gründe dafür, daß er die Schriftstellern, das Büchersammeln, das Bücherkaufen und –verkaufen mit der Biologie verbunden hat und ein Antiquar geworden ist, der über profunde Kenntnisse auf dem Gebiet des Darwinismus sowie der gesamten Biologie- und Wissenschaftsgeschichte verfügt. Im Herzen waren wir alle viktorianische Naturforscher.

Als ich über meine Reiseeindrücke in Mikronesien zu schreiben begann, bin ich also zu alten Büchern, alten Interessen und alten Leidenschaften zurückgekehrt, denen ich seit vierzig Jahren die Treue halte, und habe sie mit jüngeren Interessen, denen des Mediziners, vereinigt. So verschieden sind Botanik und Medizin im übrigen gar nicht. Mit großem Vergnügen habe ich vor kurzem erfahren, daß W.R. Gowers, der Begründer der englischen Neurologie, einst eine kleine botanische Monographie veröffentlicht hat – über Moose. Gowers' Biograph Macdonald Critchley weiß zu berichten, Gowers habe «am Krankenbett all die Fertigkeiten des Naturforschers zur Anwendung gebracht. Für ihn war der Nervenkranke wie die Flora eines tropischen Dschungels  …»

 

Bei der Niederschrift dieses Buches habe ich mich auf viele mir fremde Gebiete gewagt und die Hilfe zahlreicher Menschen in Anspruch genommen, besonders der Leute, denen ich in Mikronesien, auf Guam, Rota, Pingelap und Pohnpei, begegnet bin – Patienten, Wissenschaftlern, Ärzten, Botanikern. Zuallererst möchte ich mich bei Knut Nordby, John Steele und Bob Wasserman bedanken, die die Reiseerfahrungen in vielerlei Hinsicht mit mir geteilt haben. Besonderen Dank schulde ich allen, die mich in der Südsee willkommen geheißen haben, insbesondere Ulla Craig, Greg Dever, May Okahiro, Bill Peck, Phil Roberto, Julia Steele, Alma van der Velde und Marjorie Whiting. Dankbar bin ich außerdem Mark Futterman, Jane Hurd, Catherine de Laura, Irene Maumenee, John Mollon, Britt Nordby, der Familie Schwartz und Irwin Siegel, weil sie mit mir lange Gespräche über die Achromatopsie und die Besonderheiten von Pingelap geführt haben. Ganz wichtig war die Hilfe von Frances Futterman, die mich unter anderem angeregt hat, mit Knut Nordby in Kontakt zu treten, und uns unentbehrliche Ratschläge bei der Auswahl der Sonnenbrillen und anderer Ausrüstungsgegenstände für unsere Expedition nach Pingelap erteilte, ganz abgesehen davon, daß sie mir bereitwillig Auskunft über ihre eigenen Erfahrungen mit der Achromatopsie gab.

Natürlich bin ich auch den vielen Wissenschaftlern verpflichtet, die im Laufe der Jahre an der Erforschung der Guam-Krankheit beteiligt waren: Sue Daniel, Ralph Garruto, Carleton Gajdusek, Asao Hirano, Leonard Kurland, Andrew Lees, Donald Mulder, Peter Spencer, Bert Wiederholt, Harry Zimmerman. Zahlreiche andere Menschen haben auf jede nur erdenkliche Weise geholfen, unter anderem meine Freunde und Kollegen Kevin Cahill (der mich von einer Amöbiasis heilte, die ich mir auf den Inseln zugezogen hatte), Elizabeth Chase, John Clay, Allen Furbeck, Stephen Jay Gould, G.A. Holland, Isabelle Rapin, Gay Sacks, Herb Schaumburg, Ralph Siegel, Patrick Stewart und Paul Theroux.

Als großer Gewinn für meine Mikronesienreisen erwies sich das Dokumentarfilmteam, das uns 1994 begleitete und alle Erlebnisse mit uns teilte (wobei es viele von ihnen trotz der häufig schwierigen Bedingungen aufzeichnete). Emma Crichton-Miller hatte sich gründlich über die Inseln und ihre Bewohner kundig gemacht, während Chris Rawlence die Filmarbeiten mit außerordentlicher Sensibilität und Intelligenz überwachte und leitete. Die Mitglieder des Filmteams – Chris und Emma, David Barker, Greg Bailey, Sophie Gardiner und Robin Probyn – waren nicht nur Könner auf ihrem Gebiet, sondern wurden auch zu guten Freunden, die mich inzwischen bei vielen anderen Abenteuern begleitet haben.

Mein Dank gilt ferner den Menschen, die bei der Niederschrift und Veröffentlichung des Buches geholfen haben, vor allem Nicholas Blake, Suzanne Gluck, Jacqui Graham, Schellie Hagan, Carol Harvey, Claudine O'Hearn und Heather Schroder. Ein ganz besonderer Dank geht an Juan Martinez, der sich umsichtig und effizient um die unzähligen organisatorischen Probleme gekümmert hat.

Besonderen Dank schulde ich Tobias Picker für seine «Encantadas»-Version. Die Verbindung von Pickers Musik, Melvilles Text und Gielguds Stimme hat mich ganz eigenartig und geheimnisvoll berührt, und immer wenn mich beim Schreiben mein Gedächtnis im Stich ließ, hat sich dieses Stück als unfehlbare Mnemotechnik erwiesen und mich wieder auf die Marianen und Karolinen entführt.

Zwar habe ich das Buch im Juli 1995 zunächst in einem Zug, in einem einzigen großen Anlauf zu Papier gebracht, doch wuchs es später zum Mehrfachen seines ursprünglichen Umfangs aus, indem es wie ein unbändig ins Kraut schießender Palmfarn nach allen Seiten hin Ableger und Triebe ansetzte. Da die neuen Triebe den Text zu überwuchern drohten und da ich es für notwendig hielt, den erzählenden Teil in seiner ursprünglichen Gestalt zu belassen, habe ich viele dieser zusätzlichen Gedanken am Ende des Buches in einem Anmerkungsteil zusammengefaßt. Bei der schwierigen Frage, was aufzunehmen und was fortzulassen sei und wie sich die fünf Teile des Textes am besten aufeinander abstimmen ließen, konnte ich mich stets auf das Einfühlungsvermögen und Urteil von Dan Frank, meinem Lektor bei Knopf, und von Kate Edgar verlassen.

Für sachkundigen und inspirierenden Rat in botanischen Fragen, vor allem in bezug auf Farne und Palmfarne, danke ich Tom Mirenda und Mobee Weinstein, Bill Raynor, Lynn Raulerson und Agnes Rinehart in Mikronesien, Chuck Hubbuch vom Fairchild Tropical Garden...

Erscheint lt. Verlag 15.8.2023
Übersetzer Hainer Kober
Zusatzinfo Zahlr. s/w Abb.
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie
Schlagworte Achromatopsie • Humangenetik • Krankheit • Neurologie • Pingelap
ISBN-10 3-644-00084-0 / 3644000840
ISBN-13 978-3-644-00084-1 / 9783644000841
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