Invictus -  Maria-Grazia Ciardo

Invictus (eBook)

für immer vermisst
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
400 Seiten
Somedia Buchverlag
978-3-907095-29-4 (ISBN)
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Wenn deine Seele schwarz ist wie die Nacht, dann weisst du,dass du in der Dunkelheit zu Hause bist.Ich wurde vom Leben gebrochen und ich wurde verraten. Das, was einmal mein sicherer Hafen war, ist heute meine persönliche Hölle. Der Tod meines Vaters hat mich der Einsamkeit in die Arme getrieben und als ich dachte, ich wäre für immer verloren, habe ich dich getroffen.Mein Licht. Mein Leben. Meine Liebe.James Morrison Forth. Der Mann mit den eisblauen Augen.Ich bin ein Sklave der Dunkelheit. Gefangen und auf ewig verloren. Meine Seele verborgen hinter den Mauern, die ich zu meinem Schutz errichtet habe. Gebrandmarkt von einem alles vernichtenden Schwarz habe ich aufgehört zu leben.Bis du kamst.Mein Gegenstück. Mein Herz. Meine Seelenverwandte.Alice de Luca. Die Frau, die ihre Hoffnung wie eine Rüstung trägt.Invictus ist die Geschichte der Liebe, der Hoffnung und der Dunkelheit. Es ist die Geschichte von Alice und James, die in New York zueinander finden und die gemeinsam die Schatten ihrer Vergangenheit bekämpfen. Dabei geht es sowohl um Trauerbewältigung, um das Tabuthema Suizid, wie auch um Erotik, Leidenschaft und bedingungslose Liebe.

Maria-Grazia Ciardo wurde im Jahr 1991 in Süditalien geboren und lebt heute mit ihrem Ehemann und den zwei gemeinsamen Kindern in der Schweiz. Nach einem Aufenthaltsjahr in Fribourg, wo sie als Au-Pair bei einer Gastfamilie tätig war, hat sie ihre Ausbildung zur Med. Praxisassistentin absolviert. Ihren Beruf geht die heute 29-jährige mit grosser Freude nach und liebt ihn, beinahe so sehr, wie das Schreiben. Ihre Leidenschaft für das Reisen, das Schreiben und das Fotografieren, vereint sie auf ihrem Instagramprofil mariagrazia.ciardo, welches sie nun seit mehr als acht Jahren wie ein Tagebuch führt.   Im Dezember 2017 fasste sie dann den Entschluss, ihren Traum des eigenen Buches zu realisieren, nachdem ihr Stiefvater Suizid beging. Dieses Buch sollte nicht nur der Verarbeitung dienen, sondern in erster Linie der Sensibilisierung. Denn für sie war klar, in der heutigen Zeit, darf der Suizid kein Tabuthema mehr sein.

ALICE

Du bist gegangen und ich bleibe zurück.
Für immer verloren und auf ewig gebrochen …

27. März 2018

Seit geraumer Zeit lag ich nun schon in meinem Bett und wartete darauf, dass die Nacht an mir vorbeizog. Vorsichtig ballte ich meine steifen Finger zu Fäusten und vergrub meine Nägel in meinen Handflächen. Ich lechzte nach dem Schmerz, konnte ihn aber nicht fühlen. Einzig die Schwere meines eigenen Körpers registrierte ich wage. Es fühlte sich an, als würde ein Anker durch das tiefe Schwarz des Ozeans fallen. Immer weiter wurde ich in die Tiefe gezogen und kam nicht gegen die Schwerkraft an. Alles fühlte sich so verdammt falsch an und ich hasste das Wissen, dass ausserhalb dieser vier Mauern, das Leben einfach weiterzugehen schien.

Er hatte mich gebrochen, zerstört und auf ewig gebrandmarkt. Und niemand schien es zu bemerken. Sie machten einfach weiter, als wäre es nie anders gewesen. Als hätte er nie existiert.

Wut flammte in meinem Inneren auf, als die Stimmen wie leises Geflüster zu mir durchdrangen. Sie alle hatten sich unten in unserem Wohnzimmer versammelt. Freunde und Familie. Sie alle waren gekommen und sassen jetzt beisammen und redeten miteinander, als wäre das hier ein beliebiges Familienfest.

Wie war es möglich, dass sie alle noch immer funktionierten, während ich hier oben zugrunde ging?

Ich versuchte die Verbitterung meiner Gedanken runterzuschlucken und zwang mich dazu, die Augen zu schliessen. Irgendwann würde der Schlaf mich wieder in seine Tiefen ziehen. Ich musste nur lange genug die Augen geschlossen halten.

Als ich das nächste Mal wach wurde, war ich mir sicher, ein Klopfen gehört zu haben. Verschlafen blinzelte ich in die Morgensonne und stellte fest, dass ich mich nach wie vor im selben Albtraum befand.

Ein zaghaftes Klopfen durchbrach die Stille und ich schloss die Augen sofort wieder. Ich wollte niemanden sehen und ich zwang mich dazu, ruhig und langsam weiterzuatmen, in der Hoffnung, dass der unerwünschte Besuch einfach wieder gehen würde.

Die Tür wurde geöffnet und die Schritte waren kaum zu hören, als mein Besucher mein Zimmer durchquerte. Nur ein einziger Mensch konnte sich derart lautlos bewegen.

«Mom», flüsterte ich, noch ehe ich die Augen aufgeschlagen hatte.

«Steh auf, wir müssen in Kürze los.»

«Mom», wiederholte ich wimmernd, doch meine Mutter hatte nur selten Zeit, sich um meine Belangen zu kümmern. Und nicht einmal ein Tag wie dieser konnte in meiner Mutter etwas bewegen. Da war nichts. Kein Mitgefühl. Keine Liebe.

Ohne ein weiteres Wort verschwand sie wieder aus meinem Zimmer und hinterliess nichts als Stille und herzzerreissende Leere.

Mit Tränen in den Augen drehte ich mich auf den Bauch und presste mein Gesicht ins Kissen.

Wie konnte sie mir das nur antun? Gepackt von alles verschlingender Verzweiflung, Wut und Einsamkeit schloss ich meine Finger um das Kissen und schrie so lange hinein, bis meine Kehle brannte.

Selbst Minuten später hallte mein tiefes Schluchzen noch immer durch die Stille meines Zimmers und ich hatte keine Ahnung davon, wie ich diesen Tag überleben sollte. Ich naives kleines Mädchen hatte einmal mehr an etwas geglaubt, das in meiner Welt nicht existierte. Immerhin kannte ich meine Mutter nun schon seit 21 Jahren und ihr Verhalten sollte mich schon längst nicht mehr verletzen. Denn so war sie nun mal, die einzig wahre Hanna de Luca. Kalt, herzlos und distanziert. Ein perfektes Stiefmonster, welches ihren Ursprung im Märchen von Aschenputtel fand. Nur, dass das hier kein Märchen war. Das hier war mein Leben und sie meine Mutter. Die Frau, die mich zur Welt gebracht hatte und von der man hätte erwarten sollen, dass sie ihr einziges Kind bedingungslos lieben würde.

Ich liess das Handtuch zu Boden gleiten und nahm mir einen Slip und BH aus der obersten Schublade meiner Kommode. Nach der heissen Dusche fühlte sich mein Zimmer nur noch kälter an als zuvor. Mit zittrigen Fingern zog ich mir meine Unterwäsche über und nahm das schwarze Kleid vom Bügel. Meine Mutter hatte es mir gestern Abend rausgelegt. Warum auch immer. Und jetzt hielt ich es in den Händen und konnte mich nicht daran erinnern, dieses Kleid je gekauft zu haben. Ich hasste es jetzt schon und hasste es nur noch mehr, als ich es mir angezogen hatte. Ich ertrug mein eigenes Spiegelbild nicht und strich über den schwarzen festen Stoff, als hätte es irgendeine Krankheit. Ich wollte es zerreissen und verbrennen. Wollte dabei zusehen, wie die Flammen den Stoff in Asche verwandelten. Diese Fantasie fesselte meine Gedanken und ein Schleier aus Wut senkte sich über mich. Wie so oft in den letzten Stunden zwang sie mich in die Knie, nur um mich kurz darauf in ein Meer der Trauer zu katapultieren. Meine Finger gruben sich in den weichen Teppich unter meinen Knien, während salzige Tränen auf meiner Haut brannten.

In den letzten 24 Stunden hatte ich alles Mögliche empfunden. Schmerz, Verzweiflung, Wut, Enttäuschung und ja – sogar Liebe. Aber der Hass, der in diesem Moment durch meine Adern rauschte, war neu. Er machte mich rasend und am liebsten hätte ich mein ganzes Zimmer auseinandergenommen. Ich wollte sehen, wie alles um mich herum zerbrach und ich wollte einen Schuldigen. Irgendjemand, der für all das hier bezahlen würde.

Mit bebender Unterlippe schlug ich die Augen auf und mein Blick fiel auf den Spiegel vor mir. Der weisse Holzrahmen war unter den zahlreichen Fotos nicht mehr wiederzuerkennen und mit nostalgischem Blick betrachtete ich die Bilder, die die Geschichte meines Lebens erzählten. Ich erkannte mich selbst nicht wieder auf diesen Bildern. Dieses Lächeln, das Leuchten in den Augen und die Unbeschwertheit lagen mir nicht mehr. Mein altes Leben schien meilenweit entfernt zu sein und ich lächelte wehmütig. So viele Erinnerungen. So viele Verluste. So viel Schmerz.

Mein Blick blieb an einem Bild hängen, das ganz anders war als all die anderen. Es war kein Polaroid, sondern eins dieser rechteckigen Ausdrucke, die man von einem Fotogeschäft kannte. Das Bild war schon etwas älter, vielleicht sieben, höchstens acht Jahre alt. Und eine Erinnerung von unschätzbarem Wert. Denn es war die Erinnerung an einen wundervollen Mann und die Erinnerung an eine Vergangenheit, in der ich alles hatte und nichts mehr brauchte.

Die Ähnlichkeit zwischen uns war erschreckend. Ich war sein Ebenbild. Sein weibliches Gegenstück. Aber das, worauf ich ein Leben lang stolz gewesen war, verlor in diesem Moment seinen Wert. Das hier war kein Segen. Das war ein Fluch. Denn dieses Gesicht, das meinem so ähnlich war, erinnerte mich seit gestern an all das, was ich verloren hatte. Einen Verlust für die Ewigkeit. Das hier war mein Schmerz, und meine Bürde war es, ihn bis an mein Lebensende mit mir zu tragen.

«Ich liebe dich. Trotz allem.» So viele Erinnerungen. So viele Verluste. So viel Schmerz.

Fertig angezogen verliess ich mein Zimmer und ging die Treppe hinunter. Es war seltsam, wie fremd sich mein eigener Körper anfühlte. Meine Beine waren schwer und wackelig zugleich. Mein Körper vollkommen taub. Als würde ich mir selbst nicht mehr gehören, führte ich Zeigefinger und Daumen aneinander, aber ich nahm die Berührung nicht wahr. Ich sah sie. Aber ich fühlte nichts. Ich war eine Hülle. Nicht mehr und nicht weniger.

Meine Hand verkrampfte sich um das Treppengeländer und ich fühlte mich müde und ausgelaugt. Die letzten 24 Stunden hatten sich wie Wochen angefühlt. Und während meine Mutter darauf gedrängt hatte, alles so schnell wie irgendwie möglich hinter sich zu bringen, hatte ich das Gefühl, von einem Strudel in die Tiefe gezogen zu werden. Es ging alles so fürchterlich schnell. Und ich war einfach noch nicht bereit für all das hier. Aber diese Entscheidung lag nicht länger bei mir. Das hier war jetzt mein Leben. Auch wenn es aktuell fremdgesteuert und unglaublich ermüdend war, so war es doch meins. Und mein Leben bestand aktuell darin, dass ich diese Treppe hinunterstieg. Also tat ich genau das. Setzte ein Fuss vor den anderen, während mein Magen sich zu einem festen Klumpen zusammenzog. Meine Instinkte alle darauf bedacht zu überleben.

Ich erreichte den letzten Absatz und alle Köpfe schossen in meine Richtung, als wäre das hier mein grosser Auftritt. Die Unterhaltungen verstummten, und ich hasste ihre Blicke, die vor Mitleid trieften. Ich hasste es, wie ein rohes Ei behandelt zu werden. Niemand redete mit mir, denn sie wussten schlichtweg nicht, was sie hätten sagen sollen. Mein Unbehagen wuchs in stratosphärische Dimensionen, und am liebsten hätte ich sie alle zum Teufel gejagt. Aber auch das hätte nichts an alldem geändert.

Irgendwie schaffte ich es, meine letzten Kräfte zu mobilisieren und durchquerte das Wohnzimmer. Meine Mutter sass an der Seite ihrer Schwester auf einem der drei Sofas, und ein eiskalter Schauer rann mir den Rücken hinab. Reiss dich zusammen, Alice, ermahnte ich mich selbst und versuchte tief in den Bauch zu atmen, um die Übelkeit in Schach zu...

Erscheint lt. Verlag 8.12.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-907095-29-4 / 3907095294
ISBN-13 978-3-907095-29-4 / 9783907095294
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