Ein Winter im Alten Land (eBook)

Roman

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
320 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-2566-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ein Winter im Alten Land - Julie Peters
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Winterzauber und Honigduft. Hamburg im Winter: Die Ärztin Bea achtet darauf, niemanden an sich heranzulassen. Als eine alte Patientin verschwindet und nur ein Tagebuch zurücklässt, lernt sie deren Neffen Tom kennen, der die Imkerei seiner Tante übernommen hat, sich aber nur wenig um die schlafenden Bienenvölker kümmert. Dann entdeckt Bea im Tagebuch seiner Tante den Hinweis darauf, dass die Population von einer gefährlichen Krankheit bedroht ist. Jetzt muss schon ein Weihnachtswunder passieren, um sie zu retten. Doch Tom und Bea geben nicht auf, und bei dem gemeinsamen Kampf um die Bienen kommen die beiden sich näher ... Warmherzig und humorvoll: Für die gemütlichen Abende am Kamin.



Julie Peters, geboren 1979, arbeitete einige Jahre als Buchhändlerin und studierte ein paar Semester Geschichte. Anschließend widmete sie sich ganz dem Schreiben. Sie lebt mit ihrer Familie im Westfälischen. Im Aufbau Taschenbuch sind die Romane 'Mein wunderbarer Buchladen am Inselweg', 'Mein zauberhafter Sommer im Inselbuchladen' und 'Der kleine Weihnachtsbuchladen am Meer' sowie bei Rütten & Loening 'Ein Sommer im Alten Land' von ihr erschienen.

Kapitel 1


»Das darf doch echt nicht wahr sein. Hey! Was ist denn Ihr Problem da vorne?«

Bea duldete keine Unpünktlichkeit. Umso mehr geriet sie an diesem Morgen ins Schwitzen, denn die Uhr in ihrem Auto sprang gerade auf 9:00 – und um Punkt neun Uhr begann jeden Morgen ihre Visite.

Nun war es natürlich ihre Visite, weshalb sie sich eigentlich entspannt zurücklehnen durfte. Ohne sie würde schon niemand damit anfangen. Trotzdem tippte ihr rechter Fuß nervös auf das Gaspedal, während vor ihr der Besitzer eines klapprigen roten Kastenwagens offenbar vergebens versuchte, dem Parkautomaten ein Ticket zu entlocken. Er hing halb aus dem Fenster und versuchte, das Ticket aus dem Schlitz zu angeln. Bea drückte ungeduldig auf die Hupe. Der Fahrer drehte sich zu ihr um – und ließ das soeben ergatterte Parkticket fallen, während vor ihm die Schranke hochging.

»Das gibt’s doch nicht«, murmelte sie völlig entnervt. Sie ließ das Fenster ihres Wagens herunter und rief ihm zu: »Nun machen Sie schon! Andere Leute haben heute noch was vor!«

Er machte eine etwas unflätige Geste in ihre Richtung – sein Glück, dass kein Mittelfinger involviert war, dann wäre sie ihm durch die Windschutzscheibe an die Gurgel gegangen. Während also der Mann (knapp vierzig, schätzte sie, also weder jung noch alt, in ihrem Alter eben) sich aus dem Anschnallgurt und dem Wagen schlängelte, das Ticket auflas, wieder einstieg, sich anschnallte und sein Wagen endlich durch die Schranke rollte, wählte sie eine Nummer aus dem Kurzwahlspeicher.

»Stephanie? Ja, hier ist Bea. Es dauert noch fünf Minuten. Ich weiß, ich weiß. Eine Verkettung unglücklicher Umstände.«

Von denen dieser hübsche Kerl vor ihr nur der Letzte war. Ihr entging nicht, dass sein entschuldigendes Lächeln durchaus entwaffnend war, und ebenso wenig, dass er nun wirklich zügig ins Parkhaus des Klinikums einfuhr. Sie brauchte keine zehn Sekunden, um die Schranke hinter sich zu bringen, und stellte ihren Wagen auf den reservierten Parkplatz.

In Gedanken war sie immer noch nicht ganz bei der Sache, als sie das Gebäude betrat, statt der Aufzüge das Treppenhaus ansteuerte und dabei fast mit ihrem Kollegen Dr. Carsten Holler zusammenstieß.

»Nanu, die Frau Dr. Heinemann. Heute so spät?« Er konnte sich ein selbstgefälliges Grinsen nicht verkneifen. Seitdem Bea Chefärztin der Onkologie war und ihn bei der Ausschreibung um die Stelle ausgebootet hatte – seine Version der Geschichte – und er weiter das in seinen Augen jämmerliche Dasein als Chef der Notaufnahme fristete, hatte sie das Gefühl, dass er ihr ständig auflauerte und versuchte, sie bei einem Fehler zu ertappen.

»Ach, ich habe auch noch ein Privatleben«, gab sie zurück und schob sich an ihm vorbei. Zwei Stufen auf einmal nehmend hetzte sie ins zweite Obergeschoss.

»Das wage ich zu bezweifeln!«, hörte sie ihn rufen. Aber dann knallte die Tür hinter ihr zu, sie betrat die stillen Gänge der Onkologie 1. Nur vor dem Schwesternzimmer versammelten sich gerade ihre Assistenzärztinnen und die Schwestern, die ihre Visite begleiteten. Bea schlüpfte aus dem Mantel, darunter trug sie bereits ein weißes Polohemd und die weiße Hose – ihre übliche Arbeitskluft. Sie verschwand kurz in ihrem Zimmer, kickte die Stiefel in die Ecke, zog die bequemen Crocs unter dem Tisch hervor und schlüpfte vorher noch in ein Paar Wollsocken. Ihr Geheimnis gegen kalte Füße. Mit dem Kittel in einer Hand, in der anderen den Becher Kaffee, den ihre Sekretärin jeden Morgen um zehn vor neun auf ihren Schreibtisch stellte, verließ sie das Zimmer keine halbe Minute später. Die Uhr über dem Schwesternzimmer zeigte drei nach neun.

»So, dann wollen wir mal«, sagte sie, gerade so, als wäre ihre Verspätung ganz normal. War sie vermutlich für die Kolleginnen auch, aber Bea war es schlicht unangenehm. »Wo geht’s los?«

»Zimmer 318.« Die junge Assistenzärztin, die vortrat, war erst seit einem halben Jahr auf ihrer Station, bisher hatte sie sich aber durch eine bemerkenswerte Arbeitsmoral hervorgetan. Hat bestimmt auch kein Privatleben.

Als ob!

Sie ärgerte sich über Carsten Hollers Bemerkung, denn es stimmte einfach nicht. Natürlich hatte sie ein Privatleben. Gut, im Moment war es ein bisschen eingeschränkt, allein schon aufgrund der Tatsache, dass die Wohnung, in die sie abends zurückkehrte, so still und leer war. Kein Bud Spencer, der ihr entgegenlief. Kein Stefan, der am Herd stand und etwas Köstliches kochte.

Aber das musste Carsten Holler ja nicht wissen. Das musste überhaupt niemand wissen, es ging nämlich niemanden etwas an. Sie war hier zum Arbeiten, nicht, um Freundschaften zu schließen.

Sie betrat vor allen anderen Zimmer 318. Einzelzimmer, was für ein Luxus in dieser Zeit. Das Bett stand am Fenster, und auf dem Bett thronte eine alte Dame. Jawohl, Dame, das musste sie wohl so sagen, denn sie war von den sorgfältig frisierten, grauen Haaren über die knallrot lackierten Fingernägel bis zu den grauen Plüschpuschen und dem dunkelroten Nicki-Hausanzug, der perfekt auf die Fingernägel abgestimmt war, eine präsente Erscheinung.

Vor allem war sie in diesem Moment nicht allein. Drei andere Frauen saßen vor ihrem Bett, und sie alle drehten sich zu Bea und ihren Kolleginnen um und musterten sie, als wären sie gerade zur mündlichen Abiturprüfung angetreten.

»Margarete Zeidler, 74 Jahre alt. Bei uns wegen einer chronisch lymphatischen Leukämie, die nun auf die Leber übergegangen ist. Bisheriger Therapieverlauf ist erfolgversprechend, mit einer baldigen Entlassung können wir wohl rechnen.« Dies entlockte den drei Besucherinnen, die sich wie Nornen um ihr Bett versammelt hatten, ein gefälliges Lächeln, eine griff sogar nach der Hand der Patientin.

»Siehst du, Grete, bald kommst du hier wieder raus.«

Die junge Ärztin ratterte noch ein paar Blutwerte herunter. Bea hörte sich alles an, dann wandte sie sich an die Patientin. »Haben Sie Fragen?«

»Nein.« Ihre Stimme war überraschend rauchig. »Ich werde ohnehin bald nicht mehr hier sein.«

Bea fragte, ob sie sie untersuchen dürfe. Die drei Nornen machten nur widerwillig Platz. Behutsam tastete Bea den Bauch ab. Für den morgigen Vormittag war ein CT angesetzt. Danach die Entscheidung über eine weitere Therapie und die baldige Entlassung. Vermutlich würde es auf eine ambulante Chemotherapie drüben in der Tagesklinik hinauslaufen.

Zufrieden nickte Bea. Hier war alles so, wie es sein sollte, die Assistenzärztin auf Zack, die Patientin informiert und – soweit es die Umstände zuließen – entspannt.

Und sie schien über ein gutes soziales Netz zu verfügen, wenn immerhin drei Freundinnen schon früh am Morgen bei ihr saßen. Auch das war gut. Freundinnen waren wichtig in Krisenzeiten, das sagte sie ihren Patientinnen immer wieder.

Auf dem Weg aus dem Zimmer war Bea in Gedanken bereits bei der nächsten Patientin, drehte sich halb um, damit die junge Kollegin ihr die nächste Akte aushändigte. Just in diesem Augenblick betrat ein Mann mit einem Tablett aus der Krankenhauscafeteria den Raum. Der Kaffee schwappte auf Beas Kittel und das Poloshirt.

»Shit!«, fluchte Bea, denn der Kaffee war zwar nicht kochend heiß, aber warm genug, dass sie sich erschreckte.

»Verdammt!«, fluchte ihr Gegenüber und schaffte es gerade so, das Tablett festzuhalten. Ihre Kolleginnen wichen zurück. Bea schaute hoch. Ein Mann, ihr Alter, vielleicht etwas älter, die dunklen Haare ziemlich wuschelig und etwas zu lang, der zimtfarbene Wollpullover und die Jeans ausgebeult und mindestens so alt wie die ausgetretenen Turnschuhe.

»Sie schon wieder!«, rief sie, fast ein bisschen zu laut.

»Ja bitte?«, fragte er.

Ausgerechnet der Mann stand vor ihr, der sich vorhin mit dem Parkticket so ungeschickt angestellt hatte und damit maßgeblich an ihrer Verspätung schuld war. Herrje.

Und dann lächelte er sie noch so freundlich an, seine Stimme klang ein bisschen rau. Wie Kakaosplitter, dunkel und ein bisschen herb.

»Müssen Sie denn überall nur im Weg stehen?«, murmelte Bea.

»Ich wüsste nicht, dass wir uns schon mal begegnet sind«, erwiderte er. Sein Mundwinkel zuckte, als müsste er sich mühsam ein Grinsen verkneifen.

»Im Parkhaus«, erklärte sie, und als er sie verständnislos anblickte, fügte sie hinzu: »Ich habe gehupt.«

»Ach, Sie waren das.« Jetzt grinste er. »Ich hoffe, Sie haben nicht gehört, was ich gesagt habe.«

»Habe ich nicht. Vermutlich zum Glück?«

Er wiegte den Kopf. »Gut möglich. Es sei denn, Sie bekommen gerne Vogelnamen an den Kopf geworfen.«

Wie frech er war! Sie hätte gern etwas darauf erwidert, aber ihr fehlten die Worte. Sonst war sie schlagfertiger.

Sie schnaubte daher nur und schob sich an ihm vorbei. Dabei streifte ihr Arm seinen und sie hätte fast in der Bewegung verharrt, denn …

Dieser sanfte, süße Geruch. War das sein Shampoo oder trug er Aftershave? Nein, nichts an diesem Duft war künstlich, im Gegenteil – ganz natürlich und gerade so, als gehörte er zu ihm. Auf jeden Fall bekam sie weiche Knie davon, sie wäre gern einen winzigen Augenblick neben ihm stehen geblieben. Hätte verweilt. Sich für ihre ruppige Art entschuldigt, sie wusste doch, wie sie war, seit Monaten schon raunzte sie jeden an. Nicht, weil die Menschen sie störten, sondern … na ja. Weil sie mit sich selbst...

Erscheint lt. Verlag 22.9.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Advent • Altes Land • Ärztin • Bienen • Bienenleben • Bienenschutz • Ein Sommer im Alten Land • Erbe • Hamburg • Imker • Imkerei • Jork • Julie Peters • Liebesroman • Naturwissenschaft • Tagebuch • Umwelt • ungleiches Paar • Weihnachten • Weihnachtsgeschenk • Weihnachtsroman • Winter
ISBN-10 3-8412-2566-7 / 3841225667
ISBN-13 978-3-8412-2566-5 / 9783841225665
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