Ein Mord, zwei Mütter und die Macht der Liebe (eBook)

Wie ein schockierender Anruf meine Welt aus den Angeln hob
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2020 | 1. Auflage
368 Seiten
Francke-Buch (Verlag)
978-3-96362-924-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ein Mord, zwei Mütter und die Macht der Liebe -  Debra Moerke,  Cindy Lambert
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Als Debra und ihr Mann sich als Pflegeeltern bewerben, ahnen sie nicht, wie sehr dies ihr Leben auf den Kopf stellen wird. Doch dann wird ihre fünfjährige Pflegetochter Hannah ermordet - ausgerechnet von Karen, ihrer leiblichen Mutter! Von Trauer und Entsetzen schier überwältigt, können die Moerkes keinen weiteren Schlag verkraften. Da ruft Karen aus dem Gefängnis an. Sie, nun zu lebenslanger Haft verurteilt und erneut schwanger, hat eine ungeheuerliche Bitte: Debra soll sie besuchen ... und ihr Baby großziehen. Was sollen Debra und Al nur tun? Eine schier unglaubliche wahre Geschichte - über eine ganz normale Familie, ihren Glauben und den mutigen Versuch, Gottes grenzenlose Liebe sogar dem Menschen widerzuspiegeln, der ihnen das Liebste geraubt hat.

Debra Moerke war 18 Jahre lang Pflegemutter für über 140 Kinder, hat in diversen Gefängnissen und sozialen Projekten mitgearbeitet und kürzlich ein Bibelschulstudium absolviert. Zusammen mit ihrem Mann Al lebt sie in Wyoming. Das Paar hat sechs erwachsene Kinder und sieben Enkelkinder.

Kapitel 1

Ein Tag, der das Leben für immer verändert, kündigt sich selten vorher an.

Erst im Rückblick erkenne ich, dass ein kleines Ja an einem warmen Junitag im Jahr 1996 eine ganze Flut von lebensverändernden Entscheidungen, von schier unerträglichem Schmerz und zugleich überirdischer Freude mit sich brachte. Es waren Entscheidungen, die nicht nur unsere Familie verändern würden, sondern auch mich selbst. Mein Glaube würde dermaßen herausgefordert werden, dass ich ihn kaum wiedererkennen sollte. Ich habe gelernt, dass man nie unterschätzen sollte, was Gott aus einem Ja machen kann.

Ich hatte eine Ladung Wäsche in der Waschmaschine und machte in der Küche sauber, während fröhliche Geräusche aus dem Kinderzimmer herüberdrangen. Da klingelte das Telefon.

»Hallo, Debbie, hier ist Ellen.« Die Sozialarbeiterin des Jugendamtes begrüßte mich wie üblich in einem freundlichen Tonfall. Mein Mann Al und ich waren seit vierzehn Jahren Pflegeeltern und kannten die Mitarbeiter des Jugendamtes so gut, dass wir uns mit den Vornamen anredeten.

»Ich weiß, Sie haben gerade zwei Brüder bei sich aufgenommen, die bald wieder nach Hause zurückkehren«, fuhr Ellen fort. »Könnten Sie vielleicht auch noch ein vier Tage altes Baby nehmen? Die Mutter liegt nach einem Kaiserschnitt im Krankenhaus und sie und ihr Kind wurden positiv auf Kokain getestet. Deshalb haben wir Ermittlungen angeordnet und müssen das Baby in der Zwischenzeit bei Pflegeeltern unterbringen.«

»Klar!«, antwortete ich und diese Zusage fiel mir nicht schwer. Ich konnte es kaum erwarten, unserer zwölfjährigen Tochter Helen die Neuigkeit mitzuteilen. Helen liebte Babys und wir hatten schon lange keines mehr bei uns aufgenommen.

»Wunderbar! Wenn Sie ins Krankenhaus kommen, melden Sie sich bitte im Zimmer des Pflegepersonals im zweiten Stock.« Ellen kannte unsere Geschichte. Sie wusste, dass wir gern Säuglinge und Kleinkinder bei uns aufnahmen und auch bei Kindern, die Entwicklungsstörungen hatten, Erfolge aufweisen konnten. Alkohol- oder Drogenmissbrauch während der Schwangerschaft wirkte sich oft sehr negativ auf die betroffenen Kinder aus; sie hatten viele Probleme, die es zu überwinden galt. Drei meiner eigenen fünf Kinder wohnten noch zu Hause und folglich erhielten die kleinen Pflegekinder von verschiedenen Seiten viel Zuwendung. Genau wie Helen hatten auch die fünfzehnjährige Sadie und der zehnjährige Charles ein Herz für Kinder und waren sehr geschickt im Umgang mit ihnen. Ich war stolz darauf, wie liebevoll meine eigenen Kinder sich um die Pflegekinder kümmerten. (Elizabeth, unsere Älteste, studierte an der Texas A&M Universität und unser Sohn Jason war bei der amerikanischen Luftwaffe in Deutschland stationiert.)

Ein paar Stunden später, nachdem ich die Arbeiten im Haushalt erledigt hatte und wir alle zu Mittag gegessen hatten, fuhren Helen und ich nach Casper, eine Strecke von fünfundzwanzig Minuten.

Als wir das Krankenhaus erreichten, ging Helen schnurstracks zum Aufzug. Sobald die Türen sich öffneten, war sie drinnen. »Welches Stockwerk?«, fragte sie, während ihr Zeigefinger über den Knöpfen kreiste, bereit, sie alle zu drücken, wenn uns das schneller zu dem Baby bringen würde. Natürlich war auch ich freudig aufgeregt, aber ich machte mir auch einige Gedanken. Wie hatten sich die Drogen auf den Körper des Kindes ausgewirkt? Welche Hilfe würde es von uns brauchen?

Warum dauerte es so lange, bis der Aufzug im zweiten Stock ankam?

Endlich öffneten sich die Türen.

Eine Krankenschwester begrüßte uns am Empfangstresen. »Wir haben Sie schon erwartet. Folgen Sie mir bitte, damit ich Ihnen alles mitgeben kann, was das Baby bei Ihnen zu Hause braucht.«

Auf der Säuglingsstation lag ein winziges Baby in einem Stubenwagen unter einer Wärmelampe. Es war in eine weiß und hellgrün gestreifte Decke eingewickelt. Helen quietschte vor Begeisterung, als sie im schwarz gelockten Haar des kleinen Mädchens eine rosa Schleife entdeckte. Sie führte einen kleinen Freudentanz auf und streichelte dem Baby dann sanft über die dunkle Stirn.

Die Pflegerin lachte. »Ihr dürft sie gleich mit nach Hause nehmen und so viel auf den Arm nehmen, wie ihr wollt. Sie braucht jede Menge Zuwendung.«

Dann reichte sie mir einen ganzen Stapel Entlassungspapiere und Anweisungen. Sie machte eine Kopie von meinem Führerschein, während ich schnell die Formulare ausfüllte.

»Die Kleine ist süß, aber ich muss Sie auch warnen«, meinte die Pflegerin schließlich in ernstem Tonfall. »Die Drogen werden sich noch einige Tage, vielleicht sogar Wochen auswirken.«

»Wie schwer sind die Symptome?«, fragte ich.

»Manchmal zittert und weint sie und lässt sich kaum trösten. Am besten ist es, wenn sie lernt, selbst damit klarzukommen. Wickeln Sie die Kleine fest in eine Decke ein und nehmen Sie sie auf den Arm. Wenn man sie hin und her schaukelt, ihr etwas vorsingt und mit ruhiger Stimme spricht, scheint sie das zu trösten.«

»Das schaffen wir schon«, versicherte ich.

Helen nickte ebenfalls, als würde sie persönlich die Verantwortung übernehmen, dass alle Anweisungen befolgt wurden. In diesem Moment kam eine andere Pflegerin herein.

»Die Mutter des Kindes würde Sie gern kennenlernen«, sagte sie zu mir.

»Dazu sind Sie nicht verpflichtet«, wandte die erste Pflegerin ein. »Wir können ihr auch alle Informationen geben, die sie haben möchte.«

»Nein«, erwiderte ich, »ich gehe zu ihr. Kann ich sie jetzt sehen?« Helen war überglücklich, dass sie solange bei dem Baby bleiben durfte.

Ich folgte der Pflegerin in ein Krankenzimmer und sah eine junge Frau mit dunklem, welligem Haar und dunkler Hautfarbe im Bett liegen, die eine Dose Mineralwasser trank.

Als sie mich sah, stellte die Frau die Dose aufs Tablett und versuchte sich aufzurichten. Sie biss die Zähne zusammen und schloss die Augen, während sie sich an der Rückenlehne des Bettes abstützte. Ich konnte ihr ansehen, dass sie noch Schmerzen von der Operation hatte.

Ich stand am Fußende des Bettes. »Hallo, mein Name ist Debra. Ich kümmere mich für eine Weile um Ihr Baby. Sie haben eine hübsche Tochter!«

»Danke«, sagte die Frau kurz angebunden, den Blick zur Seite gewandt. »Ich werde für ein paar Wochen bei meinen Eltern wohnen und möchte meine Muttermilch abpumpen und einfrieren. Wären Sie bereit vorbeizukommen und sie abzuholen?« Sie sah mich kurz an und wandte dann den Blick wieder ab. »Ich möchte unbedingt, dass sie meine Milch bekommt.«

Offensichtlich fiel es der Frau schwer, mich anzuschauen. Für sie war ich wahrscheinlich Teil des Systems, das ihr das Kind wegnahm – keine ungewöhnliche Reaktion einer leiblichen Mutter, wenn das Jugendamt sich entschied, das Kind zur Pflege wegzugeben. An ihrer Stelle hätte ich mich auch schrecklich gefühlt.

»Ich spreche mal mit der Sozialarbeiterin und frage sie, ob das in Ordnung ist«, sagte ich und lächelte in der Hoffnung, ihr klarzumachen, dass ich nicht ihre Feindin war. »Wie heißt Ihre Tochter denn?«

»Ally.« Ihre Wangen röteten sich leicht, als sie den Namen aussprach. Sie senkte den Kopf und ihre Verärgerung schien sich zu legen, während ihr die Tränen über die Wange liefen und auf die Bettdecke tropften.

Es ist schon schwer genug, mit all den Gefühlen klarzukommen, die eine Mutter nach der Geburt überwältigen. Und dann im Krankenhaus bleiben zu müssen, während das neugeborene Kind fremden Menschen übergeben wird, das muss noch schwerer sein.

»Und wie heißen Sie?«, fragte ich schließlich.

»Ähm … Karen Bower«, antwortete sie.

»Schön, Sie kennenzulernen, Karen.« Die Pflegerin warf mir einen Blick zu und machte einen Schritt in Richtung Tür. Ich folgte ihr aus dem Zimmer zurück auf die Säuglingsstation, wo Helen dem Baby nicht von der Seite gewichen war.

»Also, packen wir zusammen und dann ab nach Hause mit euch beiden«, sagte ich mit einem Lächeln. Ich unterschrieb ein Formular auf einem Klemmbrett und die Pflegerin händigte mir meinen Führerschien wieder aus. Wir legten das Baby in den Autositz, den seine Mutter mit ins Krankenhaus gebracht hatte, und gingen zurück zum Aufzug.

Es war schon spät am Nachmittag, als wir den Parkplatz der Klinik verließen. Das Pflegepersonal hatte uns Säuglingsnahrung und eine Tüte mit Creme, Shampoo und Windelproben mitgegeben, aber Helen und ich machten noch bei einem Geschäft halt, in dem wir Strampler, Bodys und Windeln kauften.

Als wir nach Hause kamen, nahmen Sadie und Charles voller Begeisterung das Baby abwechselnd auf den Arm, während ich die Wiege aus dem Abstellraum holte und sie frisch bezog. So viele Babys hatten schon bequem in diesem Bett geschlafen. Nun war Ally dran.

* * *

Al und ich hatten unsere Aufgabe als Pflegeeltern stets gemeinsam erfüllt. Die damit verbundenen Freuden hatten wir genossen und die Herausforderungen bewältigt. Als Ally zu uns kam, hatten wir zuvor schon über 140 Kinder betreut, manche nur für eine Nacht, andere für Wochen oder Monate, einige wenige waren mehrere Jahre bei uns gewesen.

1982 haben wir das erste Mal Pflegekinder bei uns aufgenommen. Damals waren wir drei Jahre verheiratet und bildeten eine Patchworkfamilie mit drei Kindern. (Unsere beiden anderen Kinder wurden in den nächsten Jahren geboren.) Eine Beziehung zu Gott hatte keiner von uns. Al war in einer katholischen Umgebung aufgewachsen, seine Mutter war katholisch und sein Vater evangelisch-lutherisch. Zur Kirche ging seine Familie nur selten. Ich gehörte zur presbyterianischen Kirche und...

Erscheint lt. Verlag 18.2.2020
Übersetzer Anja Findeisen-MacKenzie
Sprache deutsch
Original-Titel Murder, Motherhood, and Miraculous Grace
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Autobiografie • Christen • Gefängnisseelsorge • Glaube • Gott • Jugendamt • Kind • Kurzzeitpflege • Mord • Nächstenliebe • Pflegekind • Pflegemutter • Vergebung • Wahre GEschichte
ISBN-10 3-96362-924-X / 396362924X
ISBN-13 978-3-96362-924-2 / 9783963629242
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