Wo die Sterne tanzen (eBook)
352 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-40490-8 (ISBN)
Katharina Herzog ist die deutsche Autorin für Liebesromane mit Fernweh-Garantie. Sie liebt es, ihre Leser an Sehnsuchtsorte wie Amrum, die Amalfiküste, Juist und New York zu entführen und diese Schauplätze auch selbst zu bereisen. Mit ihren Romanen schrieb sie sich nicht nur in die Herzen ihrer Leser, sondern eroberte auch die Bestsellerlisten. Katharina Herzog lebt mit ihrer Familie, Pferd und Hund bei München und plant schon ihre nächste Reise.
Katharina Herzog ist die deutsche Autorin für Liebesromane mit Fernweh-Garantie. Sie liebt es, ihre Leser an Sehnsuchtsorte wie Amrum, die Amalfiküste, Juist und New York zu entführen und diese Schauplätze auch selbst zu bereisen. Mit ihren Romanen schrieb sie sich nicht nur in die Herzen ihrer Leser, sondern eroberte auch die Bestsellerlisten. Katharina Herzog lebt mit ihrer Familie, Pferd und Hund bei München und plant schon ihre nächste Reise.
Prolog
Juist, 30. August 1991
My cold, dark tower seems so bright
I swear it must be Heaven’s light
«Heaven’s Light», aus: Der Glöckner von Notre-Dame
«Möchtest du noch eine Runde Domino spielen, Herzchen?» Oma Lotte legte ein neues Holzscheit in den Kamin. Sofort fing das Feuer an zu prasseln.
Nele schüttelte den Kopf. «Nur wenn Mama mitspielt.» Sie stützte den Kopf in die Hände und schaute in die züngelnden Flammen.
Oma Lotte seufzte. «Du weißt doch, dass deine Mama … im Moment sehr müde ist. Sie muss sich ausruhen.»
Ihr leichtes Zögern war Nele nicht entgangen. Sie hasste es, wenn ihre Oma sie anflunkerte. Mama war nicht müde oder krank. Mama war traurig. Sehr traurig, weil Papa sie und Nele verlassen hatte. Und das wusste Oma Lotte genauso gut wie sie selbst.
Ein Kloß, so groß wie ein Tennisball, bildete sich in ihrer Kehle. Es war schlimm für sie, dass Papa nicht mehr da war. Und dass Mama die ganze Zeit auf ihrem Zimmer saß und weinte und nur zum Essen herauskam oder wenn sie aufs Klo musste, war noch schlimmer.
«Darf ich dann mit dem Fahrrad ein bisschen durchs Dorf fahren?», fragte Nele. Auf einmal war es ihr in Oma Lottes gemütlicher Stube viel zu heiß.
Oma nickte. «Aber nimm Otto mit – hopp, hopp!» Mit einer entschlossenen Handbewegung scheuchte sie den Hund auf, der sich langsam hochrappelte.
Als ob der alte Otto ihr helfen könnte, wenn etwas passierte! Nele konnte ein kleines Lächeln nicht unterdrücken. Sie war froh, dass Oma Lotte ihr erlaubte, allein nach draußen zu gehen. In all den großen Städten, durch die Mama, Papa und sie mit den Jungs von der Band getourt waren, wäre das viel zu gefährlich gewesen. Aber hier auf Juist gab es nicht einmal Autos. Nur Pferdekutschen. Und selbst die durften hier nur ganz langsam fahren.
Es war das erste Mal, dass sie längere Zeit auf der Insel verbrachte. Natürlich hatte sie Oma Lotte schon früher hin und wieder besucht, aber meist nur für einen Tag oder zwei. Als Papa noch bei ihnen gewesen war, hatten Oma Lotte und Mama sich nicht besonders gut verstanden. Sie hatten zwar immer versucht, das vor Nele zu verbergen, aber sie hatte es an der Art gemerkt, wie sie miteinander redeten. Und nie war Papa mitgefahren.
Nele schlüpfte in ihre Regenjacke, stieg in die Gummistiefel und zog die schwere hölzerne Eingangstür des «Deichschlösschens» auf – so hieß das hübsche weiße Haus mit den Erkern und Türmchen, in dem Oma Lotte wohnte. Als sie hinaustrat, blies ihr eine Windbö die langen blonden Haare ins Gesicht. Sie stopfte sie in ihren Jackenkragen und ging zu ihrem Fahrrad.
Heute war einer dieser kalten und stürmischen Tage, an denen man vom Sommer kaum etwas merkte. Der Himmel war grau wie Blei, und die Wolken hingen so tief, dass es aussah, als würden sich die Hausdächer unter ihnen ducken. Um vorwärtszukommen, musste sie ganz schön fest in die Pedale treten. Otto blieb alle paar Meter stehen und schaute sehnsüchtig zurück zum Deichschlösschen. Bei dem Wetter wäre er sicher viel lieber zu Hause auf seinem warmen Platz vor dem Kamin geblieben.
Nele wusste nicht genau, wo sie hinwollte. Sie wusste nur, dass sie rausmusste aus dem Haus, wo ihre Mutter die ganze Zeit in ihrem Zimmer saß und weinte. Zwar versuchte sie immer, ihre Tränen vor ihr zu verbergen, aber Nele sah es an ihren Augen. Die waren rot wie die eines weißen Kaninchens, und ein paarmal hatte sie ihre Mama laut schluchzen gehört. Nele wünschte sich nichts mehr, als dass ihre Mutter wieder lachte, so wie sie es früher immer getan hatte. Als Papa und sie einander noch lieb hatten …
Bisher war Nele tapfer geblieben, um Mama nicht noch trauriger zu machen. Aber nun flossen auch bei ihr die Tränen. Wie Sturzbäche strömten sie über ihre Wangen und verschleierten ihr die Sicht. Hastig löste sie eine Hand vom Lenker, um sie mit dem Jackenärmel wegzuwischen. Doch sie war keine geübte Radfahrerin, und ihr Fahrrad geriet ins Schlingern. Aus dem Augenwinkel sah sie noch, wie Otto erschrocken zur Seite sprang. Dann tauchte etwas Graues vor ihr auf, und schon lag sie auf dem Boden.
Mühsam rappelte Nele sich hoch. Sie war gegen eine Mülltonne gefahren. Ihre Jeans war am Knie aufgerissen und die Haut aufgeschürft. Ein Blutfleck breitete sich auf dem hellblauen Stoff aus.
Nele schluckte. Die Hose war neu gewesen. Wieder schossen ihr Tränen in die Augen. Was würde Mama dazu sagen? Sie hatte sich so fest vorgenommen, ihr nicht noch mehr Kummer zu machen und immer brav zu sein! Wenn ihr das gelang, dann würde Papa vielleicht zu ihnen zurückkommen …
Ein Junge mit dunkelblonden Haaren kam auf seinem Skateboard auf sie zugerollt und stoppte kurz vor ihr. Nele wusste, wer das war: Der Junge hieß Henry und war der Enkel von Oma Lottes bester Freundin Emily. Und er war sieben, genau wie sie.
«Hast du dir wehgetan?», fragte er besorgt und schaute auf ihr Knie hinunter.
«Nein. Mir geht es gut.»
«Aber du blutest.»
Verlegen versuchte Nele ihre Wunde mit dem aufgerissenen Stoff ihrer Jeans zu verdecken. «Es ist nicht so schlimm.»
Doch davon wollte Henry nichts hören. «Wir könnten zu meiner Oma gehen und ein Pflaster holen. Ihre Tanzschule ist gleich da vorne.» Er zeigte in Richtung eines kleinen Parks. Dann hob er Neles Fahrrad hoch, klemmte sein Skateboard auf den Gepäckträger und schob es weiter.
Nele humpelte hinter ihm her. Am Januspark war sie gestern schon mit Oma Lotte gewesen. Sie waren ins Lütje Teehuus gegangen, ein kleines mit Efeu bewachsenes Häuschen, und hatten dort leckere Schokolade getrunken und Waffeln mit heißen Kirschen gegessen. Es war einer ihrer Lieblingsorte auf Juist.
«Ich habe dich gestern bei Lotte im Garten gesehen», sagte Henry. «Wohnst du jetzt bei ihr?»
Nele hatte ihn auch gesehen. Er hatte mit drei anderen Jungs in Omas Nachbargarten Fußball gespielt, und Oma Lotte hatte sie aufgefordert, zu ihnen hinüberzugehen. Aber sie hatte sich nicht getraut.
«Nein, ich besuche meine Oma nur. Meine Mama und ich wohnen in der Stadt.» Vor einem Monat erst waren sie dort hingezogen, und Nele hatte schon wieder vergessen, wie die Stadt hieß. Irgendetwas mit «Dorf», was sie ziemlich seltsam fand.
Gerade noch hatte Henry konzentriert über den Fahrradlenker hinweg auf die Straße geblickt, aber jetzt schaute er sie höchst interessiert an.
«Wie Wendy», sagte er.
Wendy? Nele hatte keine Ahnung, wen er damit meinte.
«Na, Wendy aus Peter Pan», setzte er erklärend hinzu. «Sie kommt auch aus der Stadt. Kennst du den Film nicht?»
Sie schüttelte den Kopf. «Worum geht es darin?»
«Um einen Jungen, der Peter Pan heißt, und ein Mädchen namens Wendy. Peter Pan nimmt Wendy und ihre Geschwister mit nach Nimmerland, das ist eine Insel, und zusammen kämpfen sie gegen Piraten und böse Nixen. Indianer und Feen kommen auch darin vor.»
«Das hört sich schön an.»
«Meine Oma hat die Videokassette.»
Inzwischen waren sie beinahe bei der Tanzschule angekommen. Drei Mädchen eilten an ihnen vorbei. Wie Nele trugen sie dicke Jacken und Gummistiefel.
«Hallo Henry!», sagte eine von ihnen.
Die Mädchen fingen an zu kichern, woraufhin Henry die Augen verdrehte.
Das Haus, in dem sich die Tanzschule befand, lag direkt neben dem Teehuus und war ebenfalls vollständig mit Efeu bewachsen. An rosa blühenden Rosenbüschen vorbei gingen die Mädchen hinein, und Henry und Nele folgten ihnen. Otto blieb vor der Tür sitzen.
Henry führte Nele durch einen ziemlich düsteren Gang, von dem mehrere Türen abgingen, dann betraten sie ein Zimmer. Regale mit Aktenordnern standen darin und ein Schreibtisch, der mit allerlei Krimskrams übersät war: Kaputte Ballettschuhe, CDs und Stifte lagen darauf, und neben Bergen von Papier stand ein gerahmtes Foto, das ein junges Mädchen in einem wunderschönen bestickten Kleid zeigte, das auf Zehenspitzen stand und die Arme hoch über den Kopf erhoben hatte.
Am Schreibtisch saß eine kleine dünne Frau mit roten Locken, die sie mit einem bunten Tuch zurückgebunden hatte.
«Henry!» Sie schaute auf und schob sich ihre Brille ins Haar. «Wen hast du denn da mitgebracht? Du bist Lottes Enkeltochter, nicht wahr?»
Nele nickte. Ebenso wie Henry hatte sie die Frau schon ein paar Male in ihrem Garten oder auf der Straße gesehen, aber sie hatte noch nie mit ihr gesprochen.
«Sie ist vom Rad gefallen und hat sich das Knie aufgeschlagen. Es blutet», erklärte Henry.
«Lass mal sehen!» Die Frau kam hinter ihrem Schreibtisch hervor und zog vorsichtig den zerrissenen Stoff von Neles Hose zur Seite. «Das ist nur eine Schürfwunde. Das haben wir gleich.» Aus einer weißen Box mit einem roten Kreuz darauf nahm sie ein Desinfektionsspray, das sie auf die Wunde sprühte. Nele sog scharf die Luft ein, weil es so brannte, und es kostete sie alle Anstrengung, nicht das Gesicht zu verziehen. Um sich abzulenken, schaute sie sich im Zimmer um.
«Sind Sie das auf dem Foto?», fragte sie, während die Frau ihr Knie rund um die Wunde mit einem weichen Tuch abtupfte und dann ein Pflaster darüberklebte.
«Du», korrigierte sie. «Ich bin Emily.»
«Ja, das ist Oma auf dem Foto», bestätigte Henry stolz. «Sie war früher Ballerina.»
Emily lächelte. «Lotte sagt, du tanzt auch gerne.»
Nele nickte. Ja, das tat sie. Allerdings sah es bei ihr nicht so elegant aus wie bei Emily auf dem Foto. Bei...
Erscheint lt. Verlag | 19.5.2020 |
---|---|
Reihe/Serie | Farben des Sommers |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Frauenbuch • Frauenroman • Insel • Juist • Liebe • Liebesroman • Liebesromane deutsch • Musical • Mutter • Muttertagsgeschenk • New York • Nordsee Roman • Romantische Komödie • Sommer • Tanzen • Tochter |
ISBN-10 | 3-644-40490-9 / 3644404909 |
ISBN-13 | 978-3-644-40490-8 / 9783644404908 |
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2 Wenn die Romanze in einem Liebesroman fehlplatziert ist...
von LaberLili (Aarau), am 13.10.2020
Dann beklagte sich Nele gefühlt ständig wegen verpasster Rollen, hatte andererseits aber ständig in irgendwelchen der weltweit bekannteren Musicalproduktionen am Broadway getanzt. Ohnehin war das ganze Verhältnis in Sachen New York in meinen Augen ein wenig arg konstruiert: Irgendwie schienen zig Leute, die Nele von Juist her kannte, plötzlich dort zu arbeiten, ob nun ständig oder temporär, so dass ein potentieller Umzug nach München schon fast exotisch und so, als sei das von Juist aus völlig aus der Welt und ein solcher Umzug nach München darum völlig abwegig, dargestellt wurde.
Ich fand das alles so überzogen, zumal Neles eigene Biografie als eher wild geschildert wurde, was bereits bei den Eltern anfing ([abgehalfterter] Rockstar und dessen Groupie) und bei der wohlkalkulierten Besetzungscouch endete, und auch Henry wurde noch eine eigene Knastgeschichte angedichtet, aber auf Juist war immer alles ganz idyllisch und erholsam und nichts und niemand konnte ein Wässerchen trüben. Für den „Das Leben ist hart“-Faktor musste da noch rasch ein kriegstraumatisiertes Flüchtlingskind herhalten. Wurde nicht gestorben, ließ da die Mutter die Familie plötzlich sitzen, während dort der Vater ein Ekel war, das seine Familie psychisch misshandelte. Von zig Kindern wollte keines die elterlichen Geschäfte übernehmen… so „normal“ wie das alles auch sein mag: In „Wo die Sterne tanzen“ traten all diese Gegebenheiten viel zu gehäuft vor. Es gab hier definitiv nicht auch nur eine einzige funktionale Familie oder mal eine laufende Partnerschaft, die fokussiert wurde.
Das heile Leben fand irgendwo anders statt, während zugleich propagiert wurde, dass auf Juist noch das heile Leben vorherrsche.
Gefallen hat mir das Achronologische bzw. die verschiedenen Zeitstränge; so manchen mag es nerven, dass hier ständig die Zeitebene gewechselt wird, aber ich gebe zu, dass ich es sehr mag, wenn sozusagen zwischen Vorgestern, Gestern und Heute hin- und hergewechselt wird.
Wäre „Wo die Sterne tanzen“ explizit nur als (Frauen-)Roman und eben nicht als Liebesroman bezeichnet worden und hätte man auf das unausgegorene Liebeschaos ganz generell verzichtet (für mich wäre die Handlung sehr viel authentischer gewesen, wäre Nele zum Schluss gekommen, dass sie aktuell gar keinen Bedarf nach einem Partner verspürte), würde es das Buch für mich deutlich aufgewertet haben – aber einen Liebesroman zu propagieren, in dem letztlich gar keine derartige Gefühle widergespiegelt werden und die vorgebliche Romanze auf Teufelkommraus in die Geschichte gestopft wird, hat für mich einfach einen mehr als fahlen Beigeschmack. Ich hab das Lesen mittendrin auch zunächst unterbrochen, unschlüssig, ob ich den Roman nicht komplett abbrechen sollte; weitergelesen hab ich dann hauptsächlich, weil ich doch irgendwie wissen wollte, ob es nicht doch noch die ganz großen Gefühle geben würde, worauf ich sehr hoffte, denn immerhin sollte es sich hierbei doch um ein romantisches und vor Allem „berührendes“ Buch handeln?!
Da sich „Wo die Sterne tanzen“ meines Empfindens nach eigentlich aber wirklich ausschließlich darum gedreht hat, wie und wo Nele ihre Zukunft sah, vor Allem beruflich, und ihr Liebesleben im Grunde genommen völlig irrelevant war, hätte es allerdings immerhin ein ganz netter Selbstfindungsroman sein können; schade, Chance vertan!
Größe: 3,4 MB
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