Spuren der Erinnerung (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
300 Seiten
Feelings (Verlag)
978-3-426-44565-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Spuren der Erinnerung -  Tabea Petersen
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Ein gefühlvoller Familienroman vor der Kulisse einer Kleinstadt im Harz. Tabea Petersen nimmt ihre Leser mit auf die Reise an einen Ort, an dem die Zeit still zu stehen scheint. Als Rebecca aus der Harzer Schmalspurbahn steigt, fühlt sie sich sofort in ihre Kindheit zurückversetzt. Auf den ersten Blick scheint sich in dem Städtchen Harzgerode überhaupt nichts verändert zu haben. Doch der Grund für Rebeccas Rückkehr ist der denkbar schwerste: Gemeinsam mit ihren Schwestern Dorothea und Miriam muss sie die Beisetzung ihrer geliebten Großmutter Emilia organisieren. Deren altes Fachwerkhaus, in dem die Schwestern als Kinder so viele glückliche Stunden verbracht haben, zieht plötzlich auch Verwandte, alte Freunde und neue Bekannte in seinen Bann. Rebecca hofft, endlich mehr über die Vergangenheit ihrer Familie zu erfahren: Wer war ihr Großvater, über den die Großmutter nie gesprochen hat? Warum kann ihre Großtante der verstorbenen Schwester bis heute nicht verzeihen, und was geschah mit Rebeccas Vater, der im Jahr 1988 einfach verschwand? Auf ihrer Reise durch die Vergangenheit muss sich Rebecca bald fragen, wem sie noch vertrauen kann. Auch ihre eigenen Gefühle verwirren sie: Ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um eine Jugendliebe wieder aufleben zu lassen, oder geht ihr Herz längst neue Wege? »Spuren der Erinnerung« von Tabea Petersen ist ein eBook von feelings*emotional eBooks. Mehr von uns ausgewählte romantische, prickelnde, herzbeglückende eBooks findest Du auf unserer Facebook-Seite. Genieße jede Woche eine neue Liebesgeschichte - wir freuen uns auf Dich!

Tabea Petersen wurde 1979 in Sachsen-Anhalt geboren. Nach dem Abitur siedelte sie nach Dänemark über, wo sie eine Ausbildung zur Diplom Kultur- und Sprachmittlerin absolvierte. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Graasten nahe der dänisch-deutschen Grenze. Seit 2009 veröffentlicht sie Romane und Kurzgeschichten.

Tabea Petersen wurde 1979 in Sachsen-Anhalt geboren. Nach dem Abitur siedelte sie nach Dänemark über, wo sie eine Ausbildung zur Diplom Kultur- und Sprachmittlerin absolvierte. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Graasten nahe der dänisch-deutschen Grenze. Seit 2009 veröffentlicht sie Romane und Kurzgeschichten.

Kapitel 1


Harzgerode, 12. April 2018

Junge Frau, darf ich Ihnen ein Taschentuch anbieten?«

Rebecca blinzelte erschrocken. Kurz zuvor war sie sich, wie so oft während der letzten Stunden, mit dem Jackenärmel über das Gesicht gefahren, um die Tränen fortzuwischen. Mit geschlossenen Augen stand sie auf der schmalen Außenplattform des altertümlichen Eisenbahnwaggons, spürte Sonne und Schatten auf der Haut und den kühlen Fahrtwind, der ihr braunes Haar durcheinanderwirbelte. Nur ab und zu hatte sie kurze Blicke auf die Landschaft und auf den glänzend schwarzen Eisenrumpf der Lokomotive vor ihr geworfen, aus deren Schornstein unermüdlich Dampfwolken quollen.

»Helft – mir – helft – mir!«, schnaufte die Lok an jeder Steigung. »Geht schon besser, geht schon besser«, ratterte es, wenn das Terrain flacher wurde. Schließlich sauste die Bahn mit Volldampf und »Ich schaff es noch, ich schaff es noch!« durch Wiesen und Felder. Rebecca hatte unter Tränen gelächelt. Den Gesang der Schmalspurbahn auf ihren Schienen hatte Oma Emilia sie deuten gelehrt – wie so vieles. Schon als Kleinkinder hatten Rebecca und ihre Schwestern an den Händen der Oma den Unterharz durchstreift: Gernrode, Osterteich, Sternhaus, Mägdesprung, Alexisbad. Die Schilder an der Bahnsteigkante waren Rebecca ebenso vertraut wie die Landschaft, die sie durchquerte: Wiesen, lichte Laubwälder und dämmrige Nadelwälder, geheimnisvolle Felsschluchten, auf deren Grund kleine Bäche sich gurgelnd ihren Weg durch das Gestein bahnten.

Das Licht fiel durch die Baumkronen auf Rebeccas Gesicht, sie spürte die Wärme durch die geschlossenen Lider. So durchquerte sie das Wunderland ihrer Kindheit und weinte. Sie wusste, dass von nun an nichts mehr wie früher sein würde, denn Oma Emilia, die Hüterin der Wunder, war nicht mehr. Ihre Mitreisenden hatte Rebecca nur am Rande wahrgenommen. Bisher hatte niemand sie angesprochen, sodass sie beinahe vergessen hatte, dass sie für die anderen Menschen sichtbar war. Das passierte ihr manchmal.

Jetzt war sie aus ihren Gedanken aufgeschreckt worden: von einer dunklen, vollen Stimme, die zu einem älteren Mann mit weißem Haar und einer Brille im wettergegerbten Gesicht gehörte. Seine Gestalt war breitschultrig, aufrecht und so groß, dass Rebecca zu ihm aufschauen musste. Er musste einmal ein gut aussehender Mann gewesen sein, und das Lächeln verlieh seinem Gesicht noch immer einen verwegenen Charme. Rebecca spürte, wie sie errötete.

»Oh, vielen Dank, aber es geht schon. Ich … «Sie ärgerte sich über ihre Unbeholfenheit und nahm das Taschentuch an. Es war ein blau-weiß kariertes Stofftaschentuch, sorgsam gefaltet, und unter Rebeccas Lidern quollen neue Tränen hervor: Das Tuch sah aus wie die Taschentücher, die Oma Emilia immer bei sich getragen hatte. Es roch sogar genauso, nach Waschpulver, Sonnenwärme und … Geborgenheit.

»Bitte entschuldigen Sie.« Wieder schrak Rebecca zusammen, als die Lokomotive beim Überqueren der Landstraße einen volltönenden Pfiff ausstieß.

»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Manchmal muss man eben alles rauslassen. Wohl dem, der weinen kann.« Einen Augenblick lang hatte das Gesicht des Fremden einen harten, bitteren Zug angenommen. Er fragte nicht weiter nach, und auch Rebecca schwieg.

Die ersten Häuser von Harzgerode kamen in Sicht, und wenig später hielt die Bahn vor dem schmucken alten Fachwerkgebäude des Bahnhofes: Endstation.

»Vielen Dank.«

Der Fremde schwieg noch immer, als Rebecca das Taschentuch zurückgab und in das Innere des Waggons ging, um ihren Koffer zu holen. Als sie ihren altersschwachen Rollenkoffer aus dem Wagen wuchtete, streckte ihr auf dem Bahnsteig ein junger Mann helfend die Hand entgegen. Wie bei dem älteren Herrn verwirrte auch diese kleine Geste der Hilfsbereitschaft Rebecca im ersten Moment. Doch diesmal gelang es ihr, sich ein Lächeln abzuringen.

»Danke.«

Sie hatte sich schon abgewandt und wollte gehen, als sich der junge Mann räusperte und sie zögernd ansprach.

»Verzeihung, das ist jetzt wohl etwas ungewöhnlich, aber wissen Sie …«

»Ja?« Was wollte der Mann? Offenbar fiel es ihm schwer, damit herauszurücken. Rebecca betrachtete ihn genauer. Er musste etwa in ihrem Alter sein, Anfang dreißig vielleicht, und fast ebenso groß und kräftig gebaut wie der alte Mann. Sein Haar war dunkel, der Pony ein wenig zu lang, das Gesicht markant mit kräftigem Kinn und hohen Wangenknochen. Wie er sie so Verständnis heischend ansah, erinnerte er Rebecca an den jungen Elvis Presley. Dackelblick, dachte sie und machte sich auf einen der üblichen Annäherungsversuche gefasst – den sie selbstverständlich ablehnen würde, höflich, aber eindeutig.

»Ich habe Sie vorhin fotografiert.« Auch das war nicht ungewöhnlich. Rebecca verstand ehrlich gesagt nicht, was Männer in ihr sahen. Wenn sie in den Spiegel blickte, begegnete ihr ein ziemlich unscheinbares Gesicht, schmal und blass mit großen, braunen Augen. Sich selbst schminkte Rebecca selten. Als Maskenbildnerin an einem Theater in Halle lebte sie davon, andere ins Rampenlicht zu rücken.

»Hier, wollen Sie mal sehen? Wenn Sie nicht einverstanden sind, lösche ich die Fotos natürlich sofort«, beeilte sich der junge Mann zu versichern. Er nestelte an seiner teuer aussehenden Kamera und hielt Rebecca das Display vor die Nase. Sie sah ihre eigene Gestalt als Silhouette vor dem Hintergrund der vorbeiziehenden Landschaft, fotografiert aus dem Dämmerlicht des Eisenbahnwaggons heraus. Dann eine Nahaufnahme von ihrem Gesicht, über das aus den halb geschlossenen Augen Tränen rannen. Wahrscheinlich hätte sie darüber wütend sein sollen, dass dieser Fremde sie beobachtet und ihren Schmerz eingefangen hatte, doch sie spürte nur Leere.

»Behalten Sie sie«, sagte sie.

»Ich würde gern mehr Bilder von Ihnen machen. Vielleicht können wir einen Termin vereinbaren? Hier …« Der Mann zog eine leicht zerknitterte Visitenkarte aus seiner Hosentasche.

»Thomas Mielczarek, freier Fotograf«, stand in geschwungenen schwarzen Lettern darauf.

»Ich überlege es mir«, murmelte Rebecca, wandte sich abrupt ab und packte den Griff ihres Rollenkoffers.

»Gut, ich kann warten«, sagte der Mann hinter ihr her.

Als sie einige Schritte gegangen war, schüttelte sie den Kopf über die seltsame Begegnung. Die Visitenkarte wollte sie schon in einen der Papierkörbe am Bahnhofsvorplatz werfen, aber dann steckte sie sie doch in ihre Hosentasche.

 

Ob ihre Schwestern wohl schon angekommen waren? Suchend sah sich Rebecca an den Bushaltestellen um. Miriam hatte vielleicht die S-Bahn-Linie von Leipzig nach Halle genommen und von dort einen der Überlandbusse. Dorothea hingegen würde mit dem Auto anreisen, dessen war sich Rebecca sicher. Erstens hatte die älteste der drei Schwestern aus Köln den weitesten Anfahrtsweg, zweitens konnte sich Rebecca ihre große Schwester nicht in einem öffentlichen Verkehrsmittel vorstellen.

Rebecca ging die Straße hinauf und bog wenig später nach rechts in den Grabenweg ein, einen von hohen Bäumen überschatteten Hohlweg. Das Pflaster unter ihren Füßen war noch genauso uneben wie früher und bereitete ihrem Rollenkoffer Schwierigkeiten, sodass Rebecca nur langsam vorankam, aber das störte sie nicht. In den Gärten zu beiden Seiten des Wegs bellten Hunde und gackerten Hühner. Menschen jedoch begegneten Rebecca nicht.

Als sie in die Augustenstraße einbog, sah sie schon von Weitem die Friedhofsmauer und das braun-weiße Fachwerkhaus daneben. Die Fassade muss dieses Jahr wieder gestrichen werden, dachte Rebecca, bis sie mit einem scharfen Schmerz die Erkenntnis durchzuckte, dass sie das bald nichts mehr anging: Oma Emilia würde das Haus nicht mehr streichen, sie würde schon am nächsten Tag nebenan auf dem Friedhof ruhen. Nach der Beerdigung würden Rebecca und ihre Schwestern das Haus ausräumen und einen Makler bitten, den Verkauf in die Wege zu leiten.

Die Parkbuchten vor dem Haus waren leer, also war Dorothea wohl noch nicht angekommen. Rebecca warf einen schnellen Blick in Richtung Friedhofsmauer. An die kleine Tafel mit dem hölzernen Rahmen, die neben dem Tor hing, schrieb die Friedhofsverwaltung von jeher die Namen der kürzlich Verstorbenen und die Zeitpunkte der kommenden Beerdigungen mit Kreide an. Doch Rebecca wollte nicht genauer hinschauen und den vertrauten Namen mit fremder Schrift auf dieser Tafel sehen. Schnell wandte sie sich wieder ab.

Erst als sie vor der Haustür stand, kam ihr der Gedanke, jemand könnte den Hausschlüssel genommen haben. Aber wusste außer ihr und ihren Schwestern überhaupt irgendjemand von dem Versteck? Vielleicht Erika von nebenan, doch die hatte sicher ihren eigenen Ersatzschlüssel. Rebecca bückte sich und tastete den Sockel ab. Er war, genauso wie die Friedhofsmauer, die direkt an das Haus anschloss, aus Feldsteinen gemauert. Emilia hatte selbst vor Jahren die Zwischenräume mit frischem Mörtel zugeschmiert. Dabei war sie auf die Idee gekommen, einen Stein nur lose einzusetzen und den so entstandenen Zwischenraum als Schlüsselversteck zu nutzen. Ja, hier war es. Der Schlüssel lag tatsächlich wie immer an seinem Platz.

»Da bist du ja!« Als Rebecca eben die schwere Holztür aufschließen wollte, hörte sie hinter sich die vorwurfsvolle Stimme ihrer Schwester.

»Warum hast du nicht am Bahnhof gewartet? Ich wollte dich natürlich abholen, wenn du schon unbedingt mit dieser furchtbaren Dreckschleuder fahren musstest.«

»Tut mir leid.« Unwillkürlich fuhr sich Rebecca noch einmal mit dem Ärmel über die Stirn. Hoffentlich hatte sie keine Rußspuren im...

Erscheint lt. Verlag 1.10.2019
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Familiengeheimnis • Familienroman • Familienromane • Familiensaga • Generationenroman • Große Gefühle • Harz • Liebesgeschichte • Liebesroman • Liebesromane deutsch • Liebesroman Neuerscheinung • Romance • romantischer Liebesroman • Schicksal • Schicksalsroman • zeitgenössischer Liebesroman
ISBN-10 3-426-44565-4 / 3426445654
ISBN-13 978-3-426-44565-5 / 9783426445655
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