Butterschmalz und Majonäse -  Martin Wandaller

Butterschmalz und Majonäse (eBook)

eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
472 Seiten
TWENTYSIX (Verlag)
978-3-7407-5790-8 (ISBN)
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Das Verdorbene lauert überall. Im World Wide Web in der erschaffenen virtuellen Präsenz so mancher Internetnutzer ebenso wie auch in der realen Welt und den dazugehörigen wirklichen Menschen. Und natürlich sind diese beiden Teile untrennbar miteinander verbunden. Manchmal entfesseln sie gemeinsam einen bösen Super-Gau, dessen man nicht mehr Herr wird. Dennoch gibt es Menschen, die in diesen beiden Realitäten genau solches versuchen, auch wenn sie dabei ihr eigenes Leben riskieren. Dies ist die Geschichte solcher Menschen, die tapfer in den Kampf ziehen in der Hoffnung, eine positive Veränderung zu bewirken ...

Der Autor Martin Wandaller wurde 1981 in Villach geboren, wo er nach wie vor lebt und schreibt. Eine Veröffentlichung weiterer Werke wird seinerseits angestrebt.

Kapitel 1


Im Winter kann einen das Körperfett, über das man verfügt, wärmen, aber Fatso zog es nach unten und fesselte ihn ans eigene Bett.

Sein wirklicher Name lautete Fabio Zorzi, weil seine Großeltern aus Südtirol kamen und italienisch gesprochen hatten, und er nannte sich im Internet Fazo, zusammengesetzt aus den ersten beiden Buchstaben seines Vor- und Nachnamens. Seitdem er aber stetig an Gewicht zugenommen hatte und das über einen Zeitraum von nur 5 Jahren, wurde er von Freunden und Bekannten, mit denen er auf einigen Social Media Plattformen kommunizierte, nur noch Fatso genannt, benannt nach dem dicken Geist im Zeichentrickfilm „Casper, der freundliche Geist“, den selbst er kannte, und das, obwohl niemand außer dem Lieferjungen und seiner Pflegerin, Jennifer, die er benötigte, um sich zu waschen, und für andere Dinge, wussten, wie er mittlerweile tatsächlich aussah.

Auf den Fotos im Internet war er drei Jahre jünger und somit auch viel schlanker. Mittlerweile wog er über dreihundert Kilo und drückte eine Mulde in die Matratze, wie sie normalerweise ein Elefant verursachen würde. Natürlich nur, wenn dieser graue Riese in die Wohnung von Fatso gelangen würde.

Zumindest in der Behausung von Fatso würde er sich ungehindert von Raum zu Raum bewegen können, denn die Altbauwohnung war mit Flügeltüren zwischen den Räumen ausgestattet, die, wenn man sie öffnete, genug Platz boten, sodass das Bett von Fatso bequem hindurchpasste.

Das war nötig, denn auch wenn Fatso fast bewegungsunfähig war, sein Bett war es nicht. Er war Erfinder mit einem großen Herzen und einem noch größeren Magen. Eine seiner Erfindungen war sein motorbetriebenes, über eine Fernbedienung steuerbares Bett. Dies hatte er bewerkstelligt, als er erst 120 Kilo gewogen hatte, als hätte er gewusst, dass er es noch brauchen würde. Und tatsächlich, er hatte immer das Gefühl gehabt, dass er weiter in einem Wahnsinnstempo zunehmen würde. Wie lange das so weitergehen würde, wusste er nicht. Würde er jemals ein Endgewicht erreichen?

Sein Gesicht glich mittlerweile einem Gesicht aus Gips oder einer anderen teigigen Masse, denn es verzog keine Miene, wenn er sprach. Natürlich bewegten sich auch seine Gesichtsmuskeln, aber das taten sie unter einer dicken Fettschicht, die jegliche Regung verschluckte.

Im Moment befand er sich in dem Zimmer, in dem er normalerweise schlief. Das tat er meistens hier, obwohl jeder Raum der Wohnung dem anderen auf eine bestimmte Art und Weise glich. Er besaß keine Möbel außer dem Bett, in dem er lag. An den Wänden befanden sich Regalbretter aus Metall, auf denen in unterschiedlicher Höhe unzählige Dinge lagen. Regal neben Regal lagen da alles Sachen, die er für seine Arbeit brauchte. Da lagen Werkzeug und Teile, die wohl in irgendwelchen elektrischen Geräten eingebaut gehörten, und natürlich seine Erfindungen, die er hortete wie einen Schatz.

Wenn er zum Beispiel etwas von einem hohen Regalboden benötigte, konnte er mit seinem Bett an die richtige Stelle fahren, auf der es nur noch in die Höhe gefahren werden musste, um den gewünschten Gegenstand zu erreichen. Sein Oberkörper war dabei aufgerichtet und wurde von unzähligen Kissen gestützt, die die leidvolle Aufgabe hatten, unter ihm zu liegen.

Direkt vor seinem fetten Bauch war auf der rechten Seite am Bettgitter ein Brett angebracht, das er als Arbeitsfläche nutzte oder auch als Unterlage für seine unzähligen Orgien mit heiß dampfender Nahrung, die er immer verschlang, als hätte er schon Monate lang nichts mehr zu sich genommen. Links hatte er das Bettgitter nicht hochgefahren, da es so einfacher war, schwere Gegenstände auf die Arbeitsfläche vor sich zu befördern.

Aber im Moment war es jedoch nicht an der Zeit zu arbeiten. Er sah auf die Uhr an der Wand und stellte fest, dass nun bald Jennifer kommen würde. Diese kam zwei bis drei Mal am Tag und besaß einen eigenen Schlüssel für die die Wohnung. Das hatte sie mit dem Lieferdienst gemeinsam, der Fatso mehrmals am Tag Essen brachte, denn er konnte gar nie genug Nahrung zu sich nehmen. Er aß am Tag mehrere Pizzen, die sein Leibgericht waren, machte aber auch nicht vor Burgern oder Kebab halt oder allen anderen Dingen, die sich auf der Speisekarte des Service befanden.

Natürlich wusste er, dass er sein eigenes Todesurteil fällte, wenn er so weiter aß und zunahm. Aber er konnte einfach nicht anders. In ihm befand sich eine Leere, die durch nichts gefüllt werden konnte, aber immerhin konnte er versuchen, sie mit Nahrung vollzustopfen.

Plötzlich schellte die Türklingel durch die Wohnung und Fatso wusste, dass dies Jennifer war, die sich immer durch die Türglocke ankündigte, bevor sie mit ihrem Schlüssel die Tür aufschloss. Tatsächlich stand auch schon kurz darauf vor ihm die junge Pflegerin, die sechsundzwanzig Jahre alt war und ein Aussehen besaß, das die meisten Männer erregte. Nur nicht Fatso, denn seine Sexualität war praktisch tot. Passend zu seinem Übergewicht litt er nämlich an Diabetes und das hatte zur Folge, dass seine Weichteile praktisch ohne Funktion waren. Er verspürte einfach keine Lust auf Sex und sein Penis wurde nicht mehr steif, was ihn aber nicht störte.

Außerdem käme es sowieso nicht in Frage zu versuchen, Jennifer zu verführen, denn er hatte Vatergefühle, wenn er sie ansah. Sie war vierzehn Jahre jünger als er mit seinen vierzig Jahren und könnte somit seine Tochter sein. Sie hatte lange blonde Haare, die kein bisschen brüchig waren und ihr fast bis zum Gesäß reichten. Das Blond stand im Kontrast zu den giftgrünen Augen, die eine Tiefe besaßen, die ganzen Kreuzfahrtschiffen hätte Platz bieten können.

Wie immer half sie Fatso dabei, sich sein Insulin ins Fettgewebe des Bauches zu spritzen, von dem er mehr als genug besaß. Als dies erledigt war, schaute sie Fatso in die Augen und fragte mit ihrer wohlklingenden Stimme:

„Na, Bärchen, wie viel haben wir denn heute gegessen?“

Fatso zeigte stumm auf die Pizzaschachteln, die sich auf seinem Arbeitsplatz in zwei Türmen stapelten, denn heute hatte er diesen nicht für seine Arbeit benötigt. Heute hatte er nur gegessen und gedöst. Eine wunderbare Mischung, die ihres dazu beitrug, wenn man an Gewicht zulegen wollte.

Wieder war es Jennifer, die etwas sagte.

„Hat Chamberlain bereits gefressen oder soll ich ihn füttern?“ Fatso antwortete:

„Der hat mindestens so viel gefressen wie ich, wenngleich sein Mahl gesünder gewesen war als meines!“

Die beiden redeten über den Stachelschwanz-Waran, der Chamberlain hieß und in einem riesigen begehbaren Terrarium auf einem Stein saß und durch die Scheibe seiner Behausung beobachtete, was sich davor abspielte.

Chamberlain war das einzige Lebewesen, mit dem Fatso kommunizierte, während er Essen in sich hineinschaufelte oder Dinge erfand. Bis auf Jennifer, aber die hielt sich immer nur für einen begrenzten Zeitraum mit ihm in der Wohnung auf.

Somit war Chamberlain äußerst wichtig für Fatso, um sich nicht zu allein zu fühlen. Er wollte sich einfach niemandem zeigen. Zu peinlich war ihm seine eigene Schwäche. Jennifer setzte sich neben das Bett von Fatso und zettelte eine Unterhaltung an. Sie fragte ihn:

„Gibt es etwas Neues von der Singlebörse?“

Und dabei sah sie ihn verschmitzt an. Fatso antwortete verlegen:

„Hab´ heute noch nicht hineingesehen!“

Und dabei war es offensichtlich, dass er log, denn Jennifer wusste, dass er fast süchtig danach war, in den Börsen nach einer möglichen Partnerin zu suchen, denn auch er wollte geliebt werden. Wie er das anstelle sollte, wo er doch mit niemandem persönlichen Kontakt aufbaute, wusste er nicht. Wichtig war vor allem, dass diese mögliche Partnerin auf Sex genauso gut wie er verzichten konnte.

Jennifer, die wohl wusste, dass Fatso heute keine Lust hatte, über sein Treiben im Internet zu berichten, schnappte sich die leeren Pizzaschachteln und trug sie zur Eingangstür, um sie später mit nach unten zu nehmen und zu entsorgen. Dann kehrte sie zu Fatso zurück und sah ihn nachdenklich an. Als Fatso sie fragte, was ihr durch den Kopf gehe, antwortete sie barsch, dass ihn das nichts angehe.

Einen Moment, nachdem sie das gesagt hatte, fingen beide zu lachen an, und dabei wurde Fatsos Fettgewebe derart in Wallung gebracht, dass sich die Bewegung wellenförmig über den gesamten Körper ausbreitete. Jennifer hatte noch nie barsch zu ihm gesprochen, weswegen er sofort gewusst hatte, dass sie scherzte. Was sie vorhin gedacht hatte, wusste er allerdings noch immer nicht, und das würde sich heute wohl nicht mehr ändern.

Fatso kannte es zur Genüge, dass Jennifer ab und zu geistig abwesend war. Aber wie er wusste, gingen ihr in diesen Momenten schreckliche Dinge durch den Kopf, denn diese hatten sie schon als Kind heimgesucht. Jennifer hatte eine schwierige Vergangenheit, über die sie mit Fatso gesprochen hatte, nachdem er sie eines Tages danach gefragt hatte. Sie war...

Erscheint lt. Verlag 26.3.2019
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-7407-5790-6 / 3740757906
ISBN-13 978-3-7407-5790-8 / 9783740757908
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