Im Schatten der Vergangenheit (eBook)

Roman.
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
496 Seiten
Gerth Medien (Verlag)
978-3-96122-353-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Im Schatten der Vergangenheit -  Elisabeth Büchle
Systemvoraussetzungen
13,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Pattonville, Baden-Württemberg 2015: Die Eltern und Geschwister der Deutsch-Amerikanerin und ehemaligen Leistungssportlerin Hanna Jameson sind von einem Tag auf den anderen wie vom Erdboden verschluckt. Ihre Spurensuche führt Hanna in die Vereinigten Staaten. Dort trifft sie auf den charmanten Chris Thompson, der sie bei ihren Ermittlungen unterstützt. Doch kann Hanna ihm wirklich vertrauen? Denn je länger sie miteinander unterwegs sind, desto mehr Hindernisse und Gefahren stellen sich ihnen in den Weg. Schmerzlich wird der jungen Frau bewusst, dass nichts in ihrem Leben so ist, wie es scheint ... Eine spannende, rasante, aber auch romantische Geschichte.

Elisabeth Büchle hat zahlreiche Bücher veröffentlicht und wurde für ihre Arbeit schon mehrfach ausgezeichnet. Ihr Markenzeichen ist die Mischung aus gründlich recherchiertem historischen Hintergrund, abwechslungsreicher Handlung und einem guten Schuss Romantik. Sie ist verheiratet, Mutter von fünf Kindern und lebt im süddeutschen Raum. www.elisabeth-buechle.de © Foto: Claudia Toman, Traumstoff

Elisabeth Büchle hat zahlreiche Bücher veröffentlicht und wurde für ihre Arbeit schon mehrfach ausgezeichnet. Ihr Markenzeichen ist die Mischung aus gründlich recherchiertem historischen Hintergrund, abwechslungsreicher Handlung und einem guten Schuss Romantik. Sie ist verheiratet, Mutter von fünf Kindern und lebt im süddeutschen Raum.

2. Kapitel

Kevin wendete und fuhr ein zweites Mal die Straße entlang, die Hanna ihm genannt hatte. Sie hatte verstört geklungen und erschreckend verunsichert. Vermutlich war das nicht ungewöhnlich, wenn man bedachte, dass sie ihre Familie nicht finden konnte. Dennoch: Er kannte alle Jamesons – bis auf die sanfte Helena –, immer nur selbstbewusst, tough und siegessicher. Eine Hanna, die offenbar nicht weiterwusste, irritierte ihn nachhaltig. Sie war Sportlerin durch und durch. Was sie zu leisten imstande war, imponierte ihm gewaltig. Und sie war hübsch. Sogar dann, wenn sie, was meistens der Fall war, auf Make-up verzichtete, einfache Sportkleidung trug und ihr blondes Haar zu einem Pferdeschwanz hochgebunden hatte. Genau wie ihre Zwillingsschwester hatte auch Hanna ein nahezu symmetrisches Gesicht, etwas, das selten vorkam und sie automatisch attraktiv wirken ließ.

Kevin hatte eigens für Hanna zu joggen und zu schwimmen begonnen, was ganz nebenbei auch seinen verspannten Muskeln guttat. Gleichzeitig hatte er sie mit Aufmerksamkeiten überschüttet und sich ihretwegen auf sonnenverbrannten oder im nasskalten Regen absaufenden Sportplätzen und in muffigen, ungemütlichen Sporthallen herumgetrieben. Und das nur, um sie sehen zu können und um ihr zu signalisieren, wie wichtig sie ihm war. Er hatte sie sechsmal zum Essen ausgeführt und zweimal ins Kino. Trotzdem war er bei ihr abgeblitzt.

Hannas Bitte, dass er seine Bemühungen um sie einstellen solle, war erschreckend deutlich ausgefallen, was jedoch bezeichnend für eine Jameson war. Offenbar machte keiner aus dieser Familie halbe Sachen.

Daraufhin hatte er sich gezwungen gesehen, aus ihrer unmittelbaren Nähe zu fliehen. Sein innerbetrieblicher Wechsel nach Deutschland hatte ihm geholfen, Hanna aus seinen Gedanken zu verbannen. Bis Henry, dem er in den Staaten unterstellt gewesen war, ihm während eines Telefonats gesagt hatte, dass er mit seiner Familie ebenfalls nach Deutschland zurückkehren würde und dass Hanna für einige Wochen in Stuttgart zu trainieren gedachte. Falls sie mit dem Leistungssport wirklich weitermachen wollte … Immerhin war Hanna für die Leichtathletik-WM nominiert gewesen, doch eine seltsame Magen-Darm-Erkrankung hatte sie förmlich aus den Laufschuhen gekickt. Keiner der konsultierten Ärzte hatte eine befriedigende Diagnose stellen können, und ihre Genesung hatte sich lange hingezogen. Kaum wieder auf den Beinen, hatte sie versucht, ihren Trainingsrückstand aufzuholen, um zumindest für die nachfolgenden Wettkämpfe fit zu sein. Das war ihr gelungen, allerdings nur so lange, bis sie von einem Tag auf den anderen in ein tiefes mentales Loch gestürzt war.

Kevin hatte Hannas Auf und Ab, ihre Kämpfe gegen den unsichtbaren Feind in ihrem Inneren, hautnah mitbekommen. Bis sie ihn aus ihrem Leben verbannt hatte. Nun rückte sie jedoch wieder in seine Nähe, und bis zu seinem Telefonanruf eine halbe Stunde zuvor hatte er nicht gewusst, ob er sich darüber freuen oder ärgern sollte. Selbst jetzt, auf der Suche nach ihr, spielten seine Gefühle verrückt, und er fragte sich, weshalb er sich das überhaupt antat. Warum hatte er sie kontaktiert und ihr seine Hilfe angeboten? Hatte sie ihm nicht schon genug wehgetan? Welch masochistische Veranlagung tat sich da bei ihm auf?

Kevin erreichte das Ende der Straße und bremste etwas zu ruckartig ab. Er konnte Hanna nicht finden. Hatte sie ihm den falschen Straßennamen genannt? Versehentlich oder womöglich sogar absichtlich? Vielleicht hatte es ihr zu lange gedauert, bis er von seiner Wohnung ins Parkhaus gejoggt und hierher gefahren war? Hieß das, dass sie ihn erneut hatte sitzen lassen?

Der auf diesen Gedankengang folgende Schmerz in seinem Inneren war ein alter Bekannter. Er war sanfter geworden, seit Kevin nach Stuttgart gezogen war, doch jetzt flammte er in heftiger Intensität von Neuem auf.

Wütend, obwohl er nicht wusste, auf wen – auf Hanna oder auf sich selbst? –, legte er den Rückwärtsgang ein, wendete und fuhr die Straße wieder hinab. Er würde zurückfahren in sein neues Leben. Ohne Hanna. Er musste versuchen, sie zu vergessen, sie aus seinen Gedanken und aus seinen Fantasien zu vertreiben.

Da ist sie! Ruckartig bremste Kevin ab und beugte sich nach vorn, um besser aus dem Beifahrerfenster sehen zu können. Nur schemenhaft vom Licht einer Straßenlaterne beleuchtet, kauerte eine Gestalt neben einem schwarzen Koffer. Sie rührte sich nicht, nicht einmal, als er das Fenster herunterließ. Also schaltete Kevin den Motor aus. Es war ihm gleichgültig, dass er in zweiter Reihe parkte. Hier herrschte ohnehin kaum Verkehr, schon gar nicht mitten in der Nacht. Er öffnete die Tür, lief um seinen BMW herum und ging vor dem reglosen Bündel Mensch in die Hocke.

„Hanna?“

Ihr Kopf ruckte hoch. Hatte sie geschlafen?

Hannas blaue Augen waren weit aufgerissen, sie zitterte und glich einem Kleinkind, das seine Mutter im Getümmel verloren hatte. Kevin presste die Lippen zusammen. Hanna hatte ihre Mutter tatsächlich verloren; damals und heute offenbar wieder. Das kalte Licht der Straßenlampe hob eine Tränenspur auf ihren gebräunten Wangen hervor. Sie blinzelte.

Kevins Herz fühlte sich wie eingeschnürt an, als hätte jemand Paketband darum gewickelt und zöge nun an den Enden. Diese gewöhnlich vor Energie, Kraft und Ausdauer strotzende Frau war nur noch ein Schatten ihrer selbst.

„Hanna“, wiederholte er leise ihren Namen, entsetzt und besorgt zugleich, und mit einer tiefen Stimme, die nicht zu seinem langen, dürren Körper passen wollte.

„Sie ist tot. Sie ist vielleicht tot!“, murmelte sie.

„Was? Wer?“ Kevin ließ sich neben sie fallen und lehnte sich ebenfalls an die Hauswand, die noch die Restwärme des vergangenen Tages in sich trug.

„Helena.“

„Helena ist etwas zugestoßen? Sind Henry, Steph und die Kinder deshalb in die Staaten –?“

„Nein. Was? Unmöglich!“ Hanna keuchte plötzlich, als hätte sie einen ihrer Wettkampfläufe hinter sich. „Ich habe am Telefon die Schüsse gehört. Das Geschrei. Sie hat aufgehört zu atmen.“

Kevin runzelte die Stirn. Was Hanna da erzählte, klang absolut wirr. War sie so durcheinander, weil sie ihre Familie nicht angetroffen hatte? Zweifel über ihren Geisteszustand begannen sich in ihm zu regen. Hatte sie wieder einen Zusammenbruch? War sie bei Weitem nicht so gesund, wie die Ärzte behauptet hatten?

Womöglich war sie einfach in der verkehrten Straße gewesen. Oder sie hatte die Frau falsch verstanden. Zwar konnte Hanna – im Gegensatz zu ihm – einigermaßen gut Deutsch sprechen und verstehen, aber einige der Menschen hier bedienten sich einer extrem dialektgeschwängerten Aussprache.

„Das klärt sich bestimmt alles auf“, wagte er zaghaft anzumerken. Er wusste, dass diese Worte nicht viel halfen, vielmehr Zorn bei ihr hervorrufen konnten, doch Hanna drehte den Kopf und sah ihn an. Dankbar, wie er fand.

„Ich habe furchtbare Angst um sie.“

„Du hast mit Helena –?“

„Ja, ich habe mit ihr gesprochen. Sie war in einer Kirche und plötzlich fielen Schüsse. Sie hatte Panik! Und dann war die Verbindung tot.“

„Hör zu: Wir fahren jetzt zu mir, damit du dich –. Wir versuchen herauszufinden, ob an der Sache etwas –. Vielleicht lief im Hintergrund ja nur ein Film und ihr Akku war leer oder –.“

„Ja. Ja, vielleicht“, stimmte sie ihm zu. Ihre Stimme schwankte zwischen hoffnungsfroh und zweifelnd.

Kevin sprang auf und bot ihr beide Hände an, um ihr beim Aufstehen behilflich zu sein. Er war erstaunt, weil sie das Angebot tatsächlich in Anspruch nahm. Ihre Hände waren eiskalt. Als sie stand, spürte er das Zittern, das in Wellen durch ihren Körper lief. Obwohl er groß war, überragte er sie nur um wenige Zentimeter. Heute jedoch wirkte sie klein auf ihn, ungewohnt kraftlos und zerbrechlich.

Hanna entwand ihm ihre Hände, die er weiterhin in den seinen gehalten hatte, als wollte er sie nie wieder loslassen. Ein vorwurfsvoller Blick von ihrer Seite blieb allerdings aus. Offenbar war sie viel zu durcheinander und mit sich selbst beschäftigt, um zu bemerken, dass er die Situation ein wenig ausnutzte. Vielleicht war diese eigentümliche Begebenheit, die er noch immer nicht vollständig erfasst hatte, womöglich seine Chance, sie doch für sich zu gewinnen?

Er führte Hanna zu seinem Wagen und half ihr auf den Beifahrersitz. Etwas mühsam wuchtete er ihr großes Gepäcksstück in den Kofferraum und stieg ebenfalls ein. Nach einem besorgten Blick auf Hannas fahles Gesicht ließ er den Motor an und fuhr in Richtung Innenstadt. In dem Moment, als er abbiegen wollte, jagte ein silberfarbener Mercedes CLA Sport mit überhöhter Geschwindigkeit über die Kreuzung. Sie entgingen nur deshalb einem Zusammenstoß, weil Kevin instinktiv das Steuer nach rechts riss. Er touchierte mit der Stoßstange eine Mülltonne. Diese schwankte bedenklich, blieb aber stehen.

Den Fahrer des anderen Autos kümmerte das nicht. Die Räder quietschten, als er Gas gab, und gleich darauf noch einmal, als er scharf abbremste. Der CLA stand auf der falschen Fahrbahnseite, genau an der Stelle vor der Kneipe, wo Kevin Hanna aufgelesen hatte.

Kevin schüttelte den Kopf über den offenbar betrunkenen Rüpel und fuhr weiter.

***

Hanna verließ bereits nach ein paar Minuten die Dusche. Sie konnte nicht entspannen, aber das Gefühl von Frische auf ihrer Haut tat dennoch gut. Meist war es genau anders herum: Ihr Körper, den sie...

Erscheint lt. Verlag 14.2.2019
Verlagsort Asslar
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Charleston-Attentat • Elisabeth Büchle • Krimi • Spannung • Toleranz • Vergebung
ISBN-10 3-96122-353-X / 396122353X
ISBN-13 978-3-96122-353-4 / 9783961223534
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 1,0 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von T.C. Boyle

eBook Download (2023)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
20,99
Roman

von Fatma Aydemir

eBook Download (2022)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
12,99
Roman. Jubiläumsausgabe

von Umberto Eco

eBook Download (2022)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
12,99