Sommer unter Sternen (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
496 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-22873-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sommer unter Sternen -  Miriam Covi
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Du und ich und immer Meer
Als die Hamburger Konditorin Ella Altenburger von ihrem Ehemann verlassen wird, schlägt ihre beste Freundin Maggie vor, dass Ella und ihre Zwillingstöchter ein paar Wochen lang in das Ferienhaus von Maggies Eltern auf Fire Island ziehen. Bei ihrem letzten Besuch auf der Insel vor New York war Ella ein Teenager, doch auch mit sechsunddreißig wird sie erneut von Fire Islands Charme verzaubert. Der Zauber verpufft allerdings rasch, als sie im Ferienhaus Nathan Goodman antrifft: Maggies rebellischer älterer Bruder, ein gefeierter Sternekoch, hat sich dort einquartiert und begrüßt Ella und ihre Kinder alles andere als freundlich. Nur langsam klären sich die Fronten zwischen Ella und Nathan, der auch einen Grund zu haben scheint, warum er auf die Insel geflüchtet ist. Peu à peu beginnt er, sich mit seinem köstlichen Essen in Ellas Herz zu kochen - und das, obwohl sie schon einmal unglücklich in Nathan verliebt war. Könnte ihr verwundetes Herz eine weitere Enttäuschung verkraften? Oder steht diesmal alles unter einem guten Stern?

Miriam Covi wurde 1979 in Gütersloh geboren und entdeckte schon früh ihre Leidenschaft für zwei Dinge: Schreiben und Reisen. Ihre Tätigkeit als Fremdsprachenassistentin führte sie 2005 nach New York. Von den USA aus ging es für die Autorin und ihren Mann zunächst nach Berlin und Rom, wo ihre beiden Töchter geboren wurden. Nach vier Jahren in Bangkok lebt die Familie nun in Brandenburg. Zur zweiten Heimat wurde für Miriam Covi allerdings die kanadische Ostküstenprovinz Nova Scotia, in der sie viele Sommer ihrer Kindheit und Jugend verbringen durfte und wo sie heute auch immer wieder Inspiration für neue Romane findet.

Kapitel 1

Wie so oft liege ich gleichzeitig auf zwei kleinen rosa Betten, mit meinem halben Oberkörper im einen, mit den angewinkelten Beinen im anderen und wünsche mir sehnlichst ein Glas Wein. Die Kanten der zusammengeschobenen Betten in meinem Rücken bringen mich beinahe um, unbequemer geht es kaum noch. Als ich versuche, mich möglichst leise und ohne allzu heftige Bewegungen in eine erträglichere Position zu manövrieren, greift sofort eine kleine Hand in mein Haar und hält meinen Kopf fest.

»Mama, hierbleiben«, murmelt Paula. Verdammt noch mal, warum schläft sie nicht endlich? Der Tag war so anstrengend, dass ich selbst liebend gern einschlummern würde. Und obwohl es erst halb acht ist, bin ich versucht, genau das zu tun, unbequeme Haltung hin oder her. Aber Thomas ist noch nicht zu Hause, und einmal am Tag unterhalte ich mich gern mit meinem Göttergatten. Immerhin habe ich tagsüber ziemlich wenig mit anderen Erwachsenen zu tun, weshalb ich abends regelrecht nach einer Unterhaltung lechze, die sich nicht um Walt Disneycharaktere dreht. Und heute freue ich mich besonders auf meinen Mann, denn ich habe es tatsächlich geschafft, mir die Zeit freizuschaufeln (indem ich die Kinder, zu ihrer grenzenlosen Begeisterung, eine halbe Stunde vor den Disney Channel gesetzt habe), um Thomas’ Lieblingsessen zu zaubern: Die Quiche Lorraine steht im Backofen und wartet nur darauf, aufgewärmt zu werden, sobald mein Schatz nach Hause kommt. Mist, da fällt mir ein, dass ich vergessen habe, ihm eine Nachricht zu schicken, mit der Bitte, ausnahmsweise nicht allzu spät hier zu sein. Wenn er erst nach zehn aus dem Büro kommt, wie vor ein paar Tagen, bin ich mit Sicherheit schon auf dem Sofa eingepennt. Erst recht, wenn ich während des Wartens ein Glas Rotwein trinke. Eine Flasche des guten Barolo habe ich vorhin schon geöffnet, damit der Wein atmen kann. Und ich habe bei Netflix einen politischen Thriller ausgesucht, der Thomas gefallen wird – sollte er also zu einer humanen Uhrzeit hier sein, könnten wir uns endlich mal wieder einen gemütlichen Abend vor dem Fernseher machen. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, welchen Film wir zuletzt gemeinsam gesehen haben – das ist eine halbe Ewigkeit her. Meist gucke ich mir abends allein eine meiner liebsten Back-Serien an, oder, wenn ich besonders nostalgisch drauf bin, eine alte »Alfredissimo«-Folge auf YouTube – für diese Sendung habe ich früher quasi gelebt, als ich noch Köchin werden wollte.

»Aber klar, mein Schatz, ich bleibe hier«, wispere ich Paula zu, während meine Füße taub werden. Ich muss dringend meine Beine ausstrecken, doch ich weiß nicht wie. Thomas sagt immer, dass ich selbst schuld daran sei, Abend für Abend in unbequemer Haltung in den Betten unserer Töchter darauf zu warten, dass unsere Engel endlich einschlafen. Er hat leicht reden, schließlich ist er fast nie zu Hause, wenn die Mädchen ins Bett müssen. Darum bekommt er auch die Dramen nicht mit, die sich abspielen, wenn ich versuche, nach dem Gute-Nacht-Kuss einfach das Zimmer zu verlassen. »Mama, kuscheln!«, schreien Paula und Clara dann einstimmig und stehen einfach immer wieder auf, watscheln in ihren Schlafsäcken hinter mir her, bis ich klein beigebe und mich in ihre Betten falte, um mir einmal mehr den Rücken zu verrenken.

Ja, der Alltag mit unseren Zwillingen ist alles andere als leicht. Aber wenn ich Gefahr laufe, einen Nervenzusammenbruch zu erleiden, weil sich Clara mal wieder weigert, auf die Toilette zu gehen und Minuten später auf das Sofa pinkelt oder Paula mit einem Kugelschreiber die Vorhänge »verschönert«, dann muss ich mich nur an die Hormonspritzen erinnern, und mir wird erneut klar, was wir für ein riesiges Glück hatten. Glück im Doppelpack, wie wir es oft nennen – zumindest an den weniger anstrengenden Tagen.

Zu Beginn unserer Ehe, als wir uns einig waren, dass wir möglichst bald Eltern werden wollten, da erschien uns noch alles so einfach. Ich war neunundzwanzig Jahre alt, Thomas einunddreißig. Diese Aufregung, als ich die Pille absetzte, wir das erste Mal ohne Verhütung Sex hatten! Diese Ernüchterung, als dann nichts passierte, über ein Jahr lang. Ich ließ mich untersuchen, bei mir war alles in Ordnung. Nach einiger Überzeugungsarbeit ging auch Thomas zum Arzt, was zu der Erkenntnis führte, dass seine Samenzellen zu langsam schwammen, um meine Eizellen ohne medizinische Hilfe zu befruchten. Also trat Plan B in Kraft, von dem ich nie geglaubt hatte, dass wir ihn brauchen würden: Der Besuch einer Kinderwunschpraxis. Es folgten zwei aufreibende Jahre voller Hormonspritzen, Hoffen, Heulen. Fünfmal wurden mir Eizellen entnommen, zehnmal befruchtete Eizellen eingesetzt. Und beim zehnten Versuch war der Schwangerschaftstest endlich positiv – ein Foto dieses Urinsticks liegt noch heute in der Schublade meines Nachttischchens. Niemals werde ich das Glück dieses Augenblicks vergessen, als mir zwei rote Striche auf dem Stick entgegenschimmerten. Wenig später waren es dann zwei Herzschläge, die Thomas und ich auf dem Ultraschallbildschirm in der Praxis meiner Gynäkologin zu sehen bekamen. Natürlich hatten wir durchaus mit der Möglichkeit einer Mehrlingsschwangerschaft gerechnet, schließlich waren mir seit dem ersten, erfolglosen Befruchtungsversuch bei jedem weiteren Versuch immer zwei befruchtete Eizellen auf einmal eingesetzt worden, um meine Chance, schwanger zu werden, zu erhöhen. Aber dann plötzlich zwei pochende Herzen auf dem Ultraschallbildschirm zu sehen, das war trotz allem im ersten Moment ein kleiner Schock.

»Ach du Schande«, waren Thomas’ erste Worte.

»Au weia!«, sagte ich. Dann strahlten wir uns an. Wir hatten so lange auf ein Baby gehofft – nun waren es also zwei. Wir würden die Kleinen schon schaukeln.

Aber, zugegeben, die erste Zeit mit unseren Töchtern war eher Hölle statt siebter Himmel. Natürlich waren wir überglücklich, dass ich die Schwangerschaft gut überstanden hatte und die Babys nur vier Wochen zu früh per Kaiserschnitt auf die Welt geholt worden waren, was für Zwillinge einen echten Erfolg bedeutete. Und dass die Mädchen beide gesund und munter waren, war ebenfalls ein gigantisches Geschenk – was die ersten Monate mit Clara und Paula trotzdem nicht leichter machte. Ich hatte bis dahin wirklich nicht geahnt, was es bedeutet, dauerhaft viel zu wenig Schlaf zu bekommen. Irgendwann hatte ich das Gefühl, wie ein Zombie durch die Gegend zu schleichen. Thomas und ich stritten uns, wie wir uns noch nie in unserer siebenjährigen Beziehung gestritten hatten, nicht einmal in den schlimmsten hormongebeutelten In-vitro-Zeiten. Schlafmangel führt leider nicht dazu, die besten Charaktereigenschaften von Menschen hervorzukehren. Ich begriff plötzlich, warum sich laut eines Artikels in einer Elternzeitschrift, den ich im Wartezimmer meiner Gynäkologin überflogen hatte, überdurchschnittlich viele Paare im ersten Lebensjahr ihres Babys trennen.

Doch Thomas und ich haben nicht nur das erste Lebensjahr unserer Zwillinge als Paar überstanden, sondern auch das zweite und dritte. Nun sind unsere Mädchen bereits dreieinhalb Jahre alt, mitten in der schlimmsten Trotzphase, und trotzdem lieben wir sie natürlich heiß und innig. Und uns lieben wir auch noch, selbst wenn oft wenig Zeit bleibt für Zweisamkeit. Aber die Kleinen werden ja so schnell größer, und ehe wir uns versehen, werden sie nicht mehr so viel Aufmerksamkeit fordern, werden selbstständiger sein, können abends mal bei einem Babysitter bleiben, sodass Thomas und ich endlich wieder ausgehen werden, ins Kino zum Beispiel. Bisher wollte ich das nicht. Ich kann mir einfach noch nicht vorstellen, meine Kinder einem Fremden anzuvertrauen. Doch, im Kindergarten sind sie natürlich, aber das ist ja etwas anderes. Wer weiß schon, was so ein Babysitter wirklich treibt, wenn man nicht zu Hause ist?

Endlich klingen Paulas Atemzüge tief und gleichmäßig. Vorsichtig versuche ich, mich aufzurichten, ohne zu viele verräterische Geräusche zu machen. Elegant wie ein Plumpsack schwinge ich meine eingeschlafenen Beine aus dem Bett, quäle mich mit einem unterdrückten Stöhnen in die Höhe und reibe mir den schmerzenden Rücken, während in meine Beine langsam kribbelndes Leben zurückkehrt. Sorgsam darauf bedacht, die Stelle zu umrunden, an der das Parkett quietscht, schleiche ich auf die Tür des Kinderzimmers zu. Als ich die Tür öffne, halte ich den Atem an, denn das Flurlicht scheint nun hell ins Zimmer, und einen Augenblick lang befürchte ich, dass eines der Mädchen wieder aufwacht. Doch sie schlafen nun tatsächlich tief genug, und ich bleibe ein paar Sekunden lang im Türrahmen stehen und betrachte sie: Claras blonde Locken kringeln sich um ihren Kopf wie ein Heiligenschein, während Paulas dunkles Haar störrisch in alle Richtungen steht. Du meine Güte, wenn die Mädchen so friedlich schlummern, sehen sie wirklich aus, als könnten sie kein Wässerchen trüben. Man mag gar nicht glauben, dass Clara ihrem Zwilling noch vor einer Stunde ein Playmobilauto auf den Kopf gehauen hat, woraufhin sich Paula mit einem Biss in die schwesterliche Schulter revanchiert hat. Ja, meine Mädchen können sich sehr leidenschaftlich streiten und verwandeln sich beide rasch in tobende Trolle, wenn ihnen etwas nicht passt – aber ansonsten unterscheiden sie sich in ihrem Verhalten eigentlich sehr: Clara ist der eher schüchterne Zwilling mit einem Hang zu Wehleidigkeit und Theatralik, was dazu führt, dass sie schon beim Haarekämmen empört losheult, weil ich ihr angeblich so wehtue. Paula wiederum ist eine kleine Draufgängerin, die unfassbar stur sein kann und selten getröstet werden will, wenn sie sich verletzt. Aber, so unterschiedlich sie auch sein mögen – manchmal sind sie dann doch wieder ein Herz und...

Erscheint lt. Verlag 13.5.2019
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Anne Sanders • eBooks • Fire Island • Frauenromane • Fremdgehen • Konditorin • Liebesromane • Neuanfang • New York • Romane für Frauen • Sternekoch • Zwillinge
ISBN-10 3-641-22873-5 / 3641228735
ISBN-13 978-3-641-22873-6 / 9783641228736
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