Berta Isla (eBook)

Roman
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2019 | 1. Auflage
656 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-490916-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Berta Isla -  Javier Marías
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Eine große Liebe zerrissen durch ein rätselhaftes Doppelleben - der große spanische Erzähler und Bestsellerautor Javier Marías in Höchstform. Tomás - halb Spanier, halb Engländer - ist ein Sprachentalent und verliebt in die junge Berta Isla. Sehr früh sind sich beide sicher, dass sie ein gemeinsames Leben wollen. Als er zum Studium nach Oxford geht, bleibt sie jedoch in Madrid zurück - nicht ahnend, dass Tomás dort einen schwerwiegenden Fehler begeht, der beide in eine verhängnisvolle Lage bringt. Um einer Haftstrafe zu entgehen, beginnt er, heimlich für den britischen Geheimdienst zu arbeiten. Schon bald nach seiner Rückkehr vermutet Berta, die inzwischen seine Ehefrau ist, dass Tomás ein Doppelleben führt. Als er dann zu Beginn des Falklandkrieges plötzlich spurlos verschwindet, beginnt sie endgültig zu hinterfragen, wen sie geheiratet hat. Eine Geschichte über das Warten, die Zerbrechlichkeit der Liebe und die Zerrissenheit zwischen Krieg, Geheimnissen und Loyalität.

Javier Marías, 1951 als Sohn einer Lehrerin und eines vom Franco-Regime verfolgten Philosophen geboren, veröffentlichte seinen ersten Roman mit neunzehn Jahren. Seit seinem Bestseller ?Mein Herz so weiß? gilt er weltweit als beachtenswertester Erzähler Spaniens. Zuletzt erschien sein Roman »Berta Isla«; im Oktober 2022 erscheint sein letzter Roman »Tomás Nevinson«. Sein umfangreiches Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Nelly-Sachs-Preis sowie dem Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur. Seine Bücher wurden in über vierzig Sprachen übersetzt. Am 11. September 2022 ist Javier Marías in Madrid verstorben.

Javier Marías, 1951 als Sohn einer Lehrerin und eines vom Franco-Regime verfolgten Philosophen geboren, veröffentlichte seinen ersten Roman mit neunzehn Jahren. Seit seinem Bestseller ›Mein Herz so weiß‹ gilt er weltweit als beachtenswertester Erzähler Spaniens. Zuletzt erschien sein Roman »Berta Isla«; im Oktober 2022 erscheint sein letzter Roman »Tomás Nevinson«. Sein umfangreiches Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Nelly-Sachs-Preis sowie dem Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur. Seine Bücher wurden in über vierzig Sprachen übersetzt. Am 11. September 2022 ist Javier Marías in Madrid verstorben. Susanne Lange lebt als freie Übersetzerin bei Barcelona und in Berlin. Sie überträgt lateinamerikanische und spanische Literatur, sowohl klassische Autoren wie Cervantes als auch zeitgenössische wie Juan Gabriel Vásquez, Javier Marías oder Javier Cercas. Zuletzt wurde sie mit dem Johann-Heinrich-Voß-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung ausgezeichnet.

Man kann von Glück sagen, dass Javier Marías rasch zum Schreiben zurückgefunden hat

Der spanische Groß-Romancier Javier Marías ist ein Meister des literarischen Framing.

Javier Marías zeigt sich mit seinem neuen Roman ›Berta Isla‹ auf der Höhe seiner Meisterschaft.

Kompositorische Tücke, Suspense-Elemente, metaphorische und historische Exkursionen machen den ziegeldicken Roman zu einer anspruchsvollen, doch keineswegs elitären Lektüre. Die lohnt!

Man darf ›Berta Isla‹ zu den besten Romanen von Javier Marías zählen. [...] Ein starkes Stück Literatur.

Javier Marías hat mit ›Berta Isla‹ einen seiner bisher brillantesten Romane herausgebracht und präsentiert sich damit als würdiger Kandidat für den Literaturnobelpreis.

federleicht und tiefsinnig, so tragisch, komisch, spannend, belesen und tief berührend

Marías erzählt über die tiefreichenden, radikalen Zerstörungen durch fremde Mächte und wie sich Menschen dadurch verlieren können. Schonungslos, gnadenlos, aber vor allem grandios.

1969 hatten in Europa zwei Trends vor allem die jungen Leute fest im Griff: die Politik und der Sex. Die Pariser Revolte im Mai 1968 und der Prager Frühling, der von den sowjetischen Panzern niedergewalzt wurde, hatten den halben Kontinent in einen – wenn auch kurzen – Aufruhr versetzt. Spanien war außerdem noch immer eine Diktatur, bereits seit über drei Jahrzehnten. Angesichts der Arbeiter- und Studentenstreiks verhängte das Franco-Regime im ganzen Land den Ausnahmezustand, was kaum mehr als ein beschönigender Vorwand war, die bereits schwindsüchtigen Rechte noch mehr zu beschneiden, die Befugnisse der Polizei zu erweitern und ihr ungestraft freie Hand dabei zu lassen, mit wem auch immer was auch immer zu tun. Am 20. Januar starb der Jurastudent Enrique Ruano im Gewahrsam der gefürchteten Brigada Político-Social, von der er drei Tage zuvor festgenommen worden war, weil er Flugblätter verteilt hatte. Die offizielle Version, schlingernd und voller Widersprüche, lautete, man habe den jungen Mann, einundzwanzig Jahre alt, in ein Gebäude in der heutigen Calle Príncipe de Vergara gebracht, um seine Personalien aufzunehmen, doch er habe sich von den drei Wächtern losgerissen und sei im siebten Stock, in dem sie sich befanden, aus einem Fenster gefallen oder gesprungen. Minister Fraga und die Zeitung Abc bemühten sich, das Ganze als Selbstmord hinzustellen, erklärten Ruano zu einem schwachen, labilen Geist, indem sie auf der Titelseite in Fortsetzungen einen Brief an seinen Psychiater abdruckten, zerhackt und manipuliert, damit es wie Fragmente aus dem vermeintlichen Tagebuch eines gequälten Gemüts aussah. Aber kaum jemand glaubte diese Version, und der Vorfall wurde als politischer Mord angesehen, da der Student der Frente de Liberación Popular angehörte, auch »Felipe« genannt, eine antifranquistische Untergrundorganisation ohne Bedeutung, wie zwangsläufig fast alle (ohne Bedeutung und im Untergrund). Die allgemeine Skepsis war berechtigt – und nicht nur, weil alle Regierungen unter der Diktatur notorisch lügen. Siebenundzwanzig Jahre später, als man den Leichnam beim schwierigen Prozess gegen die drei Polizisten exhumierte – bereits in Zeiten der Demokratie –, wurde bestätigt, dass ein Schlüsselbein durchschlagen worden und fast ohne jeden Zweifel eine Kugel in den Knochen eingedrungen war. Damals hatte man die Autopsie gefälscht, die Familie den Leichnam nicht sehen lassen und eine Todesanzeige in der Zeitung verboten; der Informationsminister Fraga rief persönlich den Vater an, damit er nicht protestierte, und gebot ihm mit der Drohung Schweigen: »Denken Sie daran, dass Sie noch eine Tochter haben, um die Sie sich kümmern müssen«, womit er Ruanos Schwester Margot meinte, die ebenfalls politisch tätig war. Auch wenn sich nach so langer Zeit nichts mehr beweisen ließ und die drei Brigadisten, die »Sozialen«, von der Mordanklage freigesprochen wurden – Colino, Galván und Simón lauteten die Namen –, war der junge Mann höchstwahrscheinlich während der Tage seiner Inhaftierung gefoltert worden, auch am letzten, als man ihn in den siebten Stock an der Príncipe de Vergara brachte, erschoss und hinabstürzte. Eben das hatten bereits seine Genossen 1969 angenommen.

Die Empörung unter den Studenten war so groß, dass an den nächsten Tagen sogar jene an den Protestmärschen teilnahmen, die bisher eher unpolitisch gewesen waren oder nichts riskiert hatten, nicht in Schwierigkeiten hatten geraten wollen, wie Berta Isla. Freunde an der Fakultät überzeugten sie, mit auf die Demonstration zu gehen, zu der man am Abend auf der Plaza de Manuel Becerra aufgerufen hatte, ganz in der Nähe der Stierkampfarena Las Ventas. Diese Versammlungen waren von kurzer Dauer und illegal. Die Policía Armada, wegen der Farbe ihrer Uniformen auch die »Grauen« genannt, wussten gewöhnlich im Voraus Bescheid, zersprengten gewaltsam jede Gruppe, und wenn sich doch eine bilden, festigen, ein paar Meter marschieren, dazu Parolen rufen konnte und sogar Steine auf Geschäfte oder Banken flogen, dann fielen sie sofort zu Fuß oder zu Pferd über sie her, mit ihren langen biegsamen schwarzen Knüppeln (noch länger und biegsamer bei den Reitern, fast wie kurze, dicke Peitschen), und immer war in den Reihen ein besonders Scharfer oder Nervöser, der zur Pistole griff, um noch mehr Furcht zu verbreiten oder selbst weniger zu verspüren.

Als das Scharmützel begann, sah sich Berta in einem Haufen Bekannter und Unbekannter vor den Polizisten davonlaufen. Jeder schlug sich allein in die Büsche, im Vertrauen, dass die Verfolger nicht ihn als Ziel wählten, sondern sich andere zum Verprügeln vornahmen. Sie war ein Neuling bei diesen Revolten und ahnungslos, wusste nicht, ob man besser in die U-Bahn flüchtete, sich in einer Bar unter die Stammkunden mischte oder auf der Straße blieb, wo man immer wieder loslaufen konnte und nicht irgendwo in der Falle saß. Dagegen wusste sie sehr wohl, dass die Festnahme bei einem politischen Krawall bestenfalls eine Nacht und ein paar Ohrfeigen in der Dirección General de Seguridad bedeutete, schlimmstenfalls einen Prozess und eine Strafe von mehreren Monaten bis zu ein, zwei Jahren, je nach Böswilligkeit des manipulierten Richters, gar nicht zu reden von dem Disziplinarverfahren, das die Universität sofort einleiten würde. Sie wusste ebenso, dass sie die Tatsache, eine Frau zu sein, blutjung dazu (es war ihr erstes Semester), nicht vor der fälligen Strafe retten würde.

Sie verlor ihre Freunde schnell aus den Augen, spürte Panik in der finsteren Nacht, kaum erleuchtet von den matten Laternen, lief wahllos mal in die eine, mal in die andere Richtung, spürte die Januarkälte nicht mehr, sondern die Hitze einer unbekannten Gefahr; instinktiv wollte sie sich vom Tumult absetzen und rannte vom Platz in eine schmale Nebenstraße fast ohne Demonstranten, das Gros hatte sich andere Wege gewählt oder wollte sich nicht allzu sehr zerstreuen, damit man wieder zusammenfinden und noch einen vergeblichen Anlauf unternehmen konnte, denn Furcht und Wut wuchsen, die Gemüter waren erhitzt, der Puls beschleunigt, jede Berechnung verbannt. Sie rannte entsetzt weiter, als wäre der Teufel hinter ihr her, sah dabei aus dem Augenwinkel niemanden mehr, weder rechts noch links, und flog mit dem Gedanken voran, nie mehr innezuhalten oder erst, wenn sie sich sicher fühlte, wenn sie außerhalb der Stadt oder zu Hause wäre, und da kam ihr in den Sinn, sich umzublicken, ohne die Geschwindigkeit zu drosseln – vielleicht hatte sie ein seltsames Geräusch gehört, ein lebhaftes Schnauben oder Stampfen, das Geräusch eines Sommerurlaubs im Dorf, auf dem Land, ein Geräusch aus der Kindheit –, und da sah sie hinter, fast über sich die Riesengestalt eines berittenen Grauen mit geschwungenem Knüppel, im Begriff, ihr einen Hieb auf Nacken, Hintern oder Rippen zu versetzen, der sie zweifellos zu Boden geworfen und bewusstlos oder benommen zurückgelassen hätte, ohne reagieren oder weiterfliehen zu können, dazu verdammt, einen zweiten und dritten abzubekommen, wenn der Polizist erbarmungslos war, wenn nicht, zumindest weggeschleift und in Handschellen in einen Wagen gesteckt zu werden, womit die Gegenwart ins falsche Gleis geraten würde, die Zukunft auf ewig verloren nach ein paar Minuten Unbesonnenheit und Pech. Sie sah das Gesicht des schwarzen Pferdes und, wie ihr schien, auch das des grauen Mannes, obwohl seine Stirn von dem Helm, sein Kinn von dem Riemen verdeckt wurde, der verstärkt war und etwas nach oben gerutscht. Berta strauchelte, erstarrte nicht vor Schreck, sondern beschleunigte mit der letzten Kraft der Verzweiflung sinnlos ihren Lauf, das tut man letztlich immer, auch wenn man bereits verurteilt ist, was vermögen schon zwei Mädchenbeine gegen die eines schnellen Vierbeiners, und dennoch forcieren diese Beine den Lauf wie bei einem unwissenden Tier, das immer noch hofft, entkommen zu können. Da tauchte aus der Nebengasse ein Arm auf, eine Hand zog energisch an ihr, brachte sie aus dem Gleichgewicht und zu Fall, entriss sie jedoch dem sicheren Zusammenprall mit Knüppel, Pferd und Reiter. Die trieb es voran, die Trägheit trug sie noch einige Meter weiter, ein Pferd kann nicht scharf bremsen, und vermutlich würden sie es auf sich beruhen lassen, sich andere Umstürzler zum Bestrafen suchen, es gab Hunderte davon in der Nähe. Die Hand stellte sie mit einem weiteren Ruck wieder auf die Beine, und Berta fand sich vor einem gut aussehenden jungen Mann, der alles andere als ein Student oder Demonstrant zu sein schien: Umstürzler trugen weder Krawatte noch Hut, der junge Mann jedoch schon, dazu einen Mantel, der elegant sein wollte, lang, marineblau und mit hochgeschlagenem Kragen. Er machte einen altmodischen Eindruck, dieser Hut mit der schmalen Krempe, als hätte er ihn geerbt.

»Bloß weg, Mädchen«, sagte er. »Und zwar fix.« Erneut zog er an ihr, wollte sie fortreißen, sie führen, retten.

Bevor sie jedoch durch das Gässchen verschwinden konnten, tauchte der berittene Polizist wieder auf, er hatte sich beeilt, zu seiner Beute zurückzukehren. Hatte sein Reittier gewendet und kam im Galopp heran, als machte es ihn wütend, ein Stück Wild zu verlieren, das er sich herausgepickt hatte und schon im Sack oder beinahe. Jetzt würde er sich zwischen zwei entscheiden müssen, Berta oder dem jungen Mann, der es gewagt hatte, sie ihm zu entreißen, aber wenn er schnell und treffsicher zuschlug, konnte er vielleicht beide erjagen, vor allem wenn ihm einer der Seinen zur Hilfe käme, in der Nähe war keiner zu sehen, die meisten verausgabten sich nach Herzenslust auf dem Platz,...

Erscheint lt. Verlag 22.5.2019
Übersetzer Susanne Lange
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Anspruchsvolle Literatur • Bedrohung • Berta Isla • Doppelleben • Ehefrau • Falklandkrieg • Geheimdienst • Geheimnis • Javier Marias • Javier Marías • Liebe • Madrid • Mein Herz so weiß • Oxford • Spanien • Spion • Spionage • Tomas Nevinson • Valentinstag • Warten
ISBN-10 3-10-490916-4 / 3104909164
ISBN-13 978-3-10-490916-5 / 9783104909165
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