Ein Start ins Leben (eBook)

Roman | Das meisterhafte Debüt der Booker-Prize-Preisträgerin
eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
224 Seiten
Eisele eBooks (Verlag)
978-3-96161-512-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ein Start ins Leben -  Anita Brookner
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Im Alter von vierzig Jahren wurde Dr. Weiss klar, dass die Literatur ihr Leben ruiniert hatte. Das meisterhafte Debüt der Booker-Preisträgerin erstmals auf Deutsch Die »letzte große Autorin des 20. Jahrhunderts«. Daily Telegraph »Ein Vergnügen! Unterhaltsam und wunderbar geschrieben.« The Times   Von klein auf flüchtet sich Ruth Weiss in die Welt der Bücher, wo sie Antworten auf ihre Fragen sucht. Ihre nicht erwachsen werden wollenden Eltern sind ihr dabei keine Hilfe. Mutter Helen, eine ehemals gefeierte Schauspielerin, verbringt ihre Tage rauchend und immer einen Drink in der Hand im Bett. Vater George, einst Buchhändler und Helens größter Verehrer, sehnt sich nach einer Frau, die ihm ein gemütliches Heim schafft. Und die verwitwete Haushälterin Mrs. Cutler ist mehr damit beschäftigt, Helen bei Drinks und Zigaretten Gesellschaft zu leisten, als sich um Ruth oder den Haushalt zu kümmern. Ein Studienjahr in Paris soll die große Wendung in Ruths Leben bringen. Dort erfährt die junge Frau zum ersten Mal, was Freiheit bedeutet. Wird sie hier endlich ihrer Einsamkeit entkommen? Schon Anita Brookners Debüt ist ein vollendetes Stück Literatur. Tessa Hadley zählte Ein Start ins Leben im Guardian zu einem ihrer besten Romane und nannte ihn »schwarzhumorig, düster, und sehr, sehr witzig.« »Ein großer, intensiver Roman, der sehr an den brillanten Erzähler Balzac erinnert.« WDR 4, Elke Heidenreich 

Anita Brookner, 1928 in London geboren, studierte Kunstgeschichte am King's College und absolvierte ein postgraduales Studium an der Universität von Paris. Brookner wurde Expertin für französische Kunst des 18. und 19. Jahrhunderts und übernahm 1967 als erste Frau die Slade-Professur der Schönen Künste in Cambridge. 1981 erschien ihr literarisches Debüt Ein Start ins Leben. Ihr Roman Hotel du Lac wurde 1984 mit dem Booker Prize ausgezeichnet. Obwohl Anita Brookner erst in ihren Fünfzigern literarisch zu schreiben begann, verfasste sie bis zu ihrem Tod 2016 in London insgesamt 24 Romane. Sie gilt als meisterhafte Stilistin. Mit Ein tugendhafter Mann erscheint einer der besten Romane Anita Brookners erstmals in deutscher Sprache.

Anita Brookner, 1928 in London geboren, studierte Kunstgeschichte am King's College und absolvierte ein postgraduales Studium an der Universität von Paris. Brookner wurde Expertin für französische Kunst des 18. und 19. Jahrhunderts und übernahm 1967 als erste Frau die Slade-Professur der Schönen Künste in Cambridge. 1981 erschien ihr literarisches Debüt Ein Start ins Leben. Ihr Roman Hotel du Lac wurde 1984 mit dem Booker Prize ausgezeichnet. Obwohl Anita Brookner erst in ihren Fünfzigern literarisch zu schreiben begann, verfasste sie bis zu ihrem Tod 2016 in London insgesamt 24 Romane. Sie gilt als meisterhafte Stilistin.

JULIAN BARNES


NACHRUF AUF ANITA BROOKNER,
erschienen in The Guardian am 18. März 2016.


Es gab niemanden, der ihr auch nur ansatzweise vergleichbar gewesen wäre.


Nur zu leicht verwechselte man Anita Brookner mit ihren unglücklichen Protagonistinnen – allesamt alte Jungfern – aber die Gewinnerin des Booker Prize war eine Romanschriftstellerin von unvergleichlichem Witz und Lebensklugheit, und eine der angesehensten Kunsthistorikerinnen der jüngeren Geschichte.

Anita beugte sich bei unserem Mittagessen über den Tisch, um zu inspizieren, was ich auf dem Teller hatte. „Wie schmeckt das?“, fragte sie. Und dann, mit einem breiteren, erwartungsvolleren Lächeln: „Enttäuschend?“

Anita erzählte mir, dass sie gerade einen Roman fertiggestellt habe, und dann fügte sie in gedämpftem, vertraulichem Ton hinzu: »Er handelt von … einer einsamen Frau.«

Anita, die grundsätzlich als Erste da war, egal wie früh ich kam, begrüßte mich mit ihrem üblichen, beunruhigenden Einstieg: »Na, was hast du Schönes für mich?«

So ein Mittagessen dauerte nie länger als 75 Minuten, für gewöhnlich bestellte sie Fisch und hinterher einen schwarzen Kaffee, zu dem sie zwei Zigaretten rauchte. (Eine ganze Weile waren es Sovereigns, eine Art Benson & Hedges für Arme: Das war das einzige nicht vollkommen elegante Element ihres Auftritts, das ich jemals an ihr beobachtet habe.)

Anita erzählte mir, dass sie gerade einen weiteren Roman fertiggestellt habe, und dass sie jetzt, wo sie ihn vom Schreibtisch habe, tun könne, was sie wolle.

»Tja, in deinem Fall«, witzelte ich, »heißt das wohl, dass du jetzt noch mal den gesamten Proust liest.« Es folgte eine leicht erschrockene Schweigepause. »Wie hast du das jetzt erraten?« In regelmäßigen Abständen fragte sie mich, wie alt ich sei. Ich gab Auskunft, und dann antwortete sie mit einer Art enthusiastischer Melancholie: »Da hast du ja noch zehn gute Jahre vor dir.« Die Frage wurde über die nächsten Jahrzehnte wiederholt, und auf meine Antwort erwiderte sie jedes Mal dasselbe. Allerdings fiel mir auf, dass der Enthusiasmus im Laufe der Zeit zu einer Art mitleidiger Hoffnung zusammenschrumpfte.

Sie war geistreich, funkelnd intelligent, reserviert und unberechenbar, und zwar noch viel mehr, als sie selbst beabsichtigte. Ich wüsste keinen Romanschriftsteller, bei dem es unwahrscheinlicher wäre, dass er eine Autobiographie verfasst. Sie war entschieden moralisch, ohne moralinsauer zu sein, und entschieden wahrheitsliebend. Einmal war ich für ein Interview bei einem Lokalradiosender in London, und das Team befand sich immer noch im Schockzustand, weil tags zuvor Anita einen ihrer (seltenen) Auftritte bei ihnen gehabt hatte. Ich erkundigte mich, was passiert war. »Sie hat jede Frage wahrheitsgemäß beantwortet«, erwiderten sie. Allerdings, und so etwas waren sie eben nicht gewöhnt. Ich kannte sie – nicht besonders gut – über dreißig Jahre. Es gab niemanden, der ihr auch nur ansatzweise vergleichbar gewesen wäre, und niemanden, dessen Präsenz auch nur annähernd denselben Effekt gehabt hätte. Ich war nicht der Einzige, der anders sprach, wenn er ihr gegenübersaß. Ich unterzog Vokabular und Grammatik blitzschnell noch einmal einer kritischen Prüfung, bevor sie meinen Mund verließen; ich merkte, wie ich bei meinen eigenen Äußerungen in Gedanken die Interpunktion berücksichtigte – ich setzte sogar geistige Semikolons, unglaublich! Sie selbst blieb immer ruhig, amüsiert, beherrscht. Aber dann sagte man so was wie: »Was hältst du von Boucher?« (oder irgendeinem anderen von ungefähr tausend Malern), und sie verwandelte sich und war lebendiger als bei allen anderen Gelegenheiten. Sie antwortete sehr präzise, intensiv, ausführlich, mit großer Leidenschaft und leuchtenden Augen, und manchmal ließ sie dabei sogar ein persönliches Detail mit einfließen. Sie erzählte mir einmal, die glücklichste Zeit ihres Lebens sei die gewesen, als sie in Frankreich ihre Doktorarbeit über Greuze geschrieben und dafür im Bus durch den Nebel zu Kunstgalerien in der Provinz gefahren sei. Dabei hatte man das Gefühl, dass der Nebel ein sehr wichtiger Bestandteil dieses Glücks gewesen war.

Bei all dem darf man nicht vergessen, dass sie über einen viel längeren Zeitraum über Kunst nachdachte, schrieb und lehrte, als sie Romane schrieb. Wenn wir nicht die »Booker-Prize-Gewinnerin Anita Brookner« zu betrauern hätten, würden wir uns an eine der glänzendsten, scharfsinnigsten Verfasserinnen von Kunstbüchern in neuerer Zeit erinnern, und an eine Lehrerin, die zu lebenslanger hingebungsvoller Arbeit inspirierte. Ihr Schwerpunkt war die französische Kunst des 18. und 19. Jahrhunderts: Sie schrieb brillant über Watteau und David und mit ähnlichem Sachverstand über die zwei Gegenpole der französischen Kunst Mitte des 19. Jahrhunderts – Delacroix und Ingres. Ihre Texte über Kunst sind akademisch im besten Sinne des Wortes: Anspruchsvoll und kompakt, das Ergebnis eingehender Forschung, bleiben sie jedoch auch verständlich für normale, intelligente Leser. Ihre Präzision ist ebenso zwingend wie ihr Stil, und wenn sie einmal negative Urteile fällt, sind sie ätzend. So verdammt sie »den unsterblichen und morbiden Flair«, den Baudelaire Delacroix zu verpassen versuchte, und zeigt sich unnachsichtig, was den »infantilen Schutzanstrich« angeht, den William Blake und andere sich zulegten. Ihre Kritik war erwachsen, ebenso wie ihre Weltsicht. Ein Satz aus ihrer stichhaltigen, umwerfend komischen Kritik einer Neuausgabe des Buches Hiob: »Bildad der Schuchiter teilt die öde Auffassung, dass Leiden den Menschen nobler mache.«

Wir lernten uns 1984 kennen, nachdem wir beide auf die Shortlist des Booker Prize gekommen waren. Als unsere gemeinsame Lektorin Liz Calder sie anrief, um ihr die Neuigkeit mitzuteilen, erwiderte Anita: »Ich glaube, dann gehe ich jetzt mal los und lasse mir ein Paar Schuhe neu besohlen. Damit ich mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Tatsachen stehen bleibe.« Als sie den Preis gewann, ging sie aufs Podium, nahm den Scheck in Empfang, wandte sich mit tadelloser Haltung ans Publikum und begann: »Wenn ich aufstehe, laufe ich normalerweise erst mal 50 Minuten.« Es folgte eine Pause mit perfekt kalkulierter Länge, bevor sie hinzufügte: »In Pantoffeln.« Hinterher kam Malcolm Bradbury (den ich noch nie getroffen hatte) zu mir und legte mir einen Arm um die Schulter. »Tja«, sagte er. »Ich finde nicht, dass du hättest gewinnen sollen. Aber ich finde auch nicht, dass du gegen so ein Buch hättest verlieren sollen.« Das war eine unehrenhafte Bemerkung, die sich später allerdings als ein wenig prophetisch herausstellte. Die (hauptsächlich männliche) Presse nannte sie »Die bescheidene Anita« und schob sie – unter Missachtung ihrer herausragenden Karriere als Kunsthistorikerin – in die Schublade der einsamen alten Jungfer, deren Leben gescheitert ist, und die sich jetzt damit tröstet, dass sie jedes Jahr einen Roman schreibt. Das vornehme Äquivalent zur Schachtel Pralinen quasi. Die erste Zeile ihres ersten Romans Ein Start ins Leben deuteten sie autobiographisch: »Im Alter von vierzig Jahren wurde Dr. Weiss klar, dass die Literatur ihr Leben ruiniert hatte.« Doch Dr. Brookners Leben war nicht von der Literatur ruiniert worden. Mit vierzig war Dr. Brookner gerade zur ersten Slade-Professorin der Schönen Künste in Cambridge ernannt worden. Die Literatur hatte geholfen, ihr die Welt zu erklären, und sie tat es weiterhin. Und später, als sie selbst mit dem Romaneschreiben begann, bescherte ihr die Literatur eine weitere Portion vom Ruhm, wenn auch ganz anderer Art.

Sie hielt die Welt oft auf Distanz, aber das machte sie nicht einsam. Sie war über vierzig, als sie endlich dem emotionalen Pandämonium des Zusammenlebens mit ihren Eltern entkam (die sie »schmerzhaft« liebte), und danach lebte sie genau so, wie es ihren Wünschen entsprach, glaube ich. Damit will ich nicht sagen, dass sie nie größere emotionale Erschütterungen erfahren hätte, sondern einfach, dass sie – wenn man das denn jemals wirklich selbst entscheidet – auf ihre Art lebte. Wenn sie etwas nicht tun wollte, lehnte sie ab. Sie empfand es als ihre gesellschaftliche Pflicht, zu bestimmten Partys zu gehen, aber ihre Strategie sah so aus, dass sie pünktlich zu Anfang da war, dann eine schnelle Runde drehte, sich bei ihren Gastgebern bedankte, und genau in dem Moment wieder ging, wenn die lautesten Gäste durch die Tür kamen. Einmal erklärte sie sich bereit, zu unserem gemeinsamen Verlag zu kommen und ihren neuesten Roman zu signieren. Man hatte einen nicht allzu bedrohlichen Stapel von 100 Exemplaren hingelegt. Sie setzte sich, zückte ihren Stift, signierte 25 und sagte dann: »Ich glaube, das reicht, oder?« Und dann ging sie. Ich schickte ihr immer Kunstpostkarten, wenn ich auf Reisen im Ausland war, bis mir irgendwann auffiel, dass sie das nie erwähnte, also hörte ich damit auf, und auch das blieb unerwähnt. Einmal sah ich eine Vorankündigung für einen Filmabend im National Film Theatre, der wie für Anita gemacht schien: eine Zusammenstellung der frühesten Filmaufnahmen in und um Paris. Ich rief sie an und hatte gerade ein Viertel meines Anlaufs zu einem begeisterten Vorschlag vorgebracht, als sie mich unterbrach mit einem: »Nein, ich glaube, eher nicht …« Ich fühlte mich linkisch, tölpelhaft, als hätte ich irgendeine Grenze überschritten. Das hatte ich auch, und ich machte nie wieder einen Vorstoß in dieser Richtung. Einmal im Jahr ein Mittagessen, gelegentlich mal ein...

Erscheint lt. Verlag 7.9.2018
Übersetzer Wibke Kuhn
Vorwort Julian Barnes
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Balzac • Booker-Preis • Die Frau in der Gesellschaft • Emanzipation • Englische Literatur • Leben • literarische Wiederentdeckung • London • Moderne Klassiker • Paris • Roman • Singles • Start
ISBN-10 3-96161-512-8 / 3961615128
ISBN-13 978-3-96161-512-4 / 9783961615124
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