Mein Liebhaber, der Barmann und ich (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
336 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-688-11121-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mein Liebhaber, der Barmann und ich -  Louise Kean
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Glücklich verliebt, unglücklich verheiratet Die Britin Eve wacht auf einem Parkplatz in Las Vegas auf, neben ihr der Barmann, mit dem sie sich letzte Nacht vergnügt hat. Ihr langjähriger Freund Henry, den Eve liebt wie keinen Menschen zuvor, wird nicht begeistert sein. Noch weniger darüber, dass die Mittzwanzigerin ihre neue Bekanntschaft auch noch im Schnellverfahren geheiratet hat und sich nicht daran erinnern kann. Ein witziger Roman über die Liebe, das Leben und schlechte Karaokebars

Louise Kean, geboren 1974, arbeitete nach dem Studium an der University of East Anglia im Marketing einer großen internationalen Filmfirma in London. «Mein Liebhaber, der Barmann und ich» war ihr Debütroman.

Louise Kean, geboren 1974, arbeitete nach dem Studium an der University of East Anglia im Marketing einer großen internationalen Filmfirma in London. «Mein Liebhaber, der Barmann und ich» war ihr Debütroman.

2 Der Morgen danach


Seine Schulter, eine kräftige Schulter, lastet auf mir. Sein Bein, noch in Jeans, ist um mich geschlungen, ich kann mich nicht rühren. Sein Gesicht ist abgewandt, sein Haar hängt mir in die Augen. Ich glaube, ich könnte mich bewegen, versuche es aber nicht, bin noch im Halbschlaf. Es ist mir auch klar, dass die leichteste Kopfbewegung meinen Kater in Windeseile aus den Startblöcken treiben würde. Kater sind wie kleine gemeine Männchen in Turnschuhen und Trainingsanzügen, die direkt unter der Haut leben, ständig im Training für die leiseste Andeutung eines Morgens danach. Gib ihnen ein paar Gläser Rotwein, und sie schenken dir eine täuschend ruhige Nacht, bevor sie in tausend verrückten Sprüngen durch deinen Kopf schießen und alle paar Schritte gnadenlos eine Steinkeule gegen deine Schädeldecke schmettern. Doch dies ist nicht irgendein geringfügiger Kater. Nein, ich habe in den letzten zwölf Stunden schlicht und einfach Alkoholmissbrauch betrieben. Und der kleine Sadist, der schmerzhaft durch meinen Kopf rennt, hat sich aufgewärmt und ist bereit zum Leistungssport, sobald ich ihm einen Wink gebe.

Außerdem verrät mir der Geschmack in meinem Mund, dass ich getrunken habe. Es schmeckt nach der letzten Ruhestätte irgendeines einsamen Nagetiers, das vierzig Zigaretten am Tag geraucht hat und daran verendet ist. Außerdem bleibt der Geruch des Alkohols mehr als jeder andere an mir hängen, einschließlich all jener schönen Düfte, für die man so viel Geld ausgibt.

Selbst ohne den Kater würde ich mich nur ungern bewegen. Ich könnte stundenlang so verharren, wenn auch nicht für immer. Nichts tut weh, juckt, möchte weg oder will aufhören, die schlafende Gestalt neben mir zu betrachten. Es gibt kein Reden, Diskutieren, Vorher oder Nachher, keine Leichenschau. Ich muss mich keiner Zukunft stellen, ich kann diesen Zustand so lange wie möglich andauern lassen, indem ich gar nichts tue. Ich will nicht wegrennen, obwohl es wohl das Beste wäre. Ich will nicht rennen. Nur hier liegen. Doch er bewegt sich, stützt sich auf, wobei er meine linke Brust als Unterlage benutzt, was unglaublich wehtut. Ich wimmere innerlich, sage aber nichts. Er verlagert sein Gewicht, sein Arm rutscht ab, er plumpst auf mich, wobei seine Stoppeln, eine echte Matte, sich wie tausend Nadeln in meine Wange bohren. Zum ersten Mal kann ich sein Gesicht sehen, wenn ich ein wenig blinzle. Er ist schön. Das Haar fällt ihm in die Augen, die ohnehin geschlossen sind, und sein Mund ist leicht verzogen. Im Schlaf sieht er zornig und wunderbar traurig aus, hat bestimmt beunruhigende Träume. Die Sonne ist noch nicht ganz aufgegangen, doch selbst das Dämmerlicht lässt ihn leuchten. Ich bin ein wenig ehrfürchtig. Ich könnte stundenlang so daliegen, und er rührt sich nicht mehr. Schließlich zittern seine Lider, öffnen sich, und ich schaue ihm genau in die Augen.

Er lächelt, bewegt den Mund, und schon ist es vorbei. Er schießt abrupt in die Höhe, wirft mich zur Seite. Ich pralle mit der Hüfte gegen irgendeinen Haken und stoße mir den Kopf an der Rückseite des Fahrersitzes.

Er springt aus dem Auto, ich will mich aufrappeln, doch meine Gliedmaßen gehorchen mir nicht. Ich bin mir der Tatsache, dass meine Brust aus dem BH hängt, schmerzlich bewusst, bedecke mich, zu Tode beschämt, weil er mich dabei erwischt hat, wie ich ihn angeschaut habe, blinzelnd und mit offenem Mund. Bin beschämt, weil er mich fallen gesehen und gemerkt hat, dass ich es weniger eilig hatte als er, aus dem Wagen zu kommen, dass ich nicht den gleichen Fluchtreflex verspürte. In diesem Moment sehe ich wohl aus wie eine liebeskranke Psychopathin, die wie eine Klette an ihm hängt und behauptet, sie spüre schon sein ungeborenes Kind in sich wachsen. In Wahrheit kenne ich ihn ebenso wenig wie er mich. Ich weiß nur, dass er im Gegensatz zu mir atemberaubend aussieht, warum zum Teufel bin ich also noch hier? Er hat offensichtlich nicht damit gerechnet, mit mir aufzuwachen.

In dem Schweigen, das zwischen uns herrscht, dem ohrenbetäubenden, beschissenen Schweigen, höre ich zum ersten Mal die leise Radiomusik. Sie war wohl die ganze Zeit an, nur habe ich sie nicht gehört. Tony Bennett singt «The way you look tonight», und mir fällt wieder ein, wo ich bin. Ich bin in Las Vegas.

Er sucht in den Taschen seiner Jeans nach dem Handy, klopft seine Brust ab, obwohl er von der Hüfte aufwärts nackt ist. Er hat einen phantastischen Torso, wie gemeißelt und von der Sonne geküsst, die Haut spannt sich über den perfekten Rundungen seiner Muskeln, während bei mir eine Speckrolle über die Jeans hängt. Er sieht … mitgenommen, wie er ist, gut aus. Ich sehe nur mitgenommen aus. Ich manövriere mich aus dem Wagen und stelle fest, dass wir uns auf einem halb vollen McDonald’s-Parkplatz befinden und er an einem Laster lehnt, der neben diesem Auto steht. Seinem Auto? Beim dritten Versuch hat er das Handy in der Gesäßtasche gefunden und spricht leise, stützt den Kopf mit seiner riesigen Hand, reibt sich die Brust. Ich streife mühsam mein Top über, das sich prompt an meinen Brüsten verfängt und verdreht, und reibe mir die Augen, weil ich mir eine klarere Sicht erhoffe. Ob ich einfach gehen soll? Mich verabschieden? Er macht keinerlei Anstalten, sein Handy auszuschalten, dabei kenne ich ihn nicht einmal! Wir schulden einander nichts. Ich hoffe wenigstens, dass ich ihm nichts schulde – bitte mach, dass ich für den Sex nicht auch noch bezahlt habe! Obwohl es manches erklären würde.

Wie durch ein Wunder finde ich meine Handtasche auf dem Beifahrersitz. Ich schnappe sie mir, prüfe, ob ich keine Kreditkarte leichtfertig weggegeben habe, denn er sieht aus, als würde er mindestens einige tausend Dollar kosten. Doch meine Karten sind noch da, ebenso der Zimmerschlüssel und einige Dollarscheine, vor allem aber Pfundmünzen, die ich versehentlich im Portemonnaie gelassen habe. Ich stütze mich auf die Motorhaube, die sich schon aufheizt, und merke, dass die Sonne bereits hoch am Himmel steht. Mir ist unangenehm warm und ich fühle mich klebrig, mein Kopf hämmert, ich würde am liebsten an Ort und Stelle kotzen. Ich habe keine Ahnung, wo zum Teufel ich mich befinde.

Er redet noch immer, lacht leise, dehnt den Nacken, spannt die Schultern an. Ich muss los. Er will nicht mit mir reden und betet, dass ich weggehe. Ich wende mich ihm zu und schaue ihn an, damit er sieht, dass ich seine Aufmerksamkeit erregen will. Nach einer Ewigkeit merkt er es. Ich reagiere mit einem Zucken, das wie ein unbekümmertes Winken aussehen sollte, und will gehen, doch er packt meinen Arm und dreht mich zu sich. Er legt zwei Finger an die Lippen – was will er, mir ein Küsschen zuwerfen? Aber nein, es ist das internationale Zeichen für Zigarette, und ich zucke mit den Achseln, ohne in meiner Tasche nachzuschauen, flüstere «sorry» und gehe.

Ich kann nur langsam und mit gesenktem Kopf gehen, damit ich nicht die grelle Sonne sehen muss, die heller und heißer denn je auf meinen Kopf niederbrennt. Ich stelle fest, dass meine Füße in den Sandalen schmutzig sind. Schnitte ziehen sich über die Zehen meines rechten Fußes. Es ist keine intellektuelle Höchstleistung, wenn ich daraus schließe, dass ich nachts irgendwann hingefallen sein muss.

Etwas bohrt sich in meine Hüfte, steckt in meiner Tasche, und ich ziehe den Verschluss einer Coladose hervor. Gott, wie gern hätte ich jetzt eine Cola light. Ich brauche immer und ausnahmslos eine Cola light, um einen Kater zu überstehen, und immerhin ist das hier ein McDonald’s-Parkplatz. Doch im Restaurant dürfte es wohl noch heller sein als draußen, die Klimaanlage eisig, und ich würde ungeachtet der Übelkeit am Ende noch einen Burger essen. Diese drei Dinge zusammen würden mich in einen medizinischen Schockzustand versetzen, sodass es wohl empfehlenswerter ist, von meinen paar Dollars ein Taxi ins Hotel zu nehmen.

Ich höre Schritte hinter mir, drehe mich um und sehe, wie er auf mich zuläuft, sonnengebräunt, mit straffen Muskeln. Ich lege die Hand vor die Augen, die Sonne steht genau hinter ihm. Er redet schon los, bevor er stehen bleibt.

«Gott, es tut mir Leid, aber das war mein Boss. Bin spät dran, er hat getobt wie ein Irrer. Ich musste ihn beruhigen. Sollte eigentlich gar nicht hier sein.»

«Schon gut. Ich musste sowieso gehen. Kein Problem.»

Er lächelt, ich hasse ihn. Ich hasse ihn, weil er mir auf eine so offensichtliche Art zeigt, wie verdammt amerikanisch und wie verdammt gut aussehend er ist und dass er mir in seiner Nüchternheit unendlich weit überlegen ist. Er ist weder «gut für mich», noch denke ich, seht her, wen ich mir geangelt habe, weil wir so gotterbärmlich besoffen waren. Ich fühle mich gar nicht gut. Ich fühle mich so, wie man sich nach jedem One-Night-Stand fühlt, denn wenn man den Menschen wirklich gern hätte, würde man so etwas nicht tun. Man hätte geredet, eine Telefonnummer und einen Gutenachtkuss bekommen und wäre aufgeregt von dannen gezogen. Hätte keinen betrunkenen Fick auf dem Rücksitz eines Wagens gehabt, bei dem es einem scheißegal war, wer da eigentlich leckte und küsste und stöhnte.

Obwohl er so gut aussieht, verspüre ich momentan nicht den Drang, ihn zu packen und noch einmal von vorn zu beginnen. Nein, ich würde ihn lieber schlagen, weil er so überdeutlich erkennen lässt, dass ich nicht die langbeinige Blondine bin, neben der er gern überrascht aufgewacht wäre. Natürlich weiß ich, dass dies meine Gedanken sind und nicht seine, aber ich habe einen Kater und bin müde, und Männer denken ohnehin immer so.

«Ich muss jetzt wirklich los, und du musst sicher arbeiten.»

«Wo willst du denn hin? Ich meine, ich könnte dich mitnehmen.»

Mir liegt ein «Hast du...

Erscheint lt. Verlag 22.6.2018
Übersetzer Susanne Goga-Klinkenberg
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Casino • Geliebter • Heirat • Karaoke • Katastrophe
ISBN-10 3-688-11121-4 / 3688111214
ISBN-13 978-3-688-11121-3 / 9783688111213
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