Weiße Magie - direkt ins Schwarze (eBook)

Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
352 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-43298-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Weiße Magie - direkt ins Schwarze -  Steve Hockensmith
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Mit Tarot auf Mörderjagd Die geläuterte Ex-Hochstaplerin Alanis McLachlan ist sesshaft geworden: In ihrem Tarotladen in Berdache, Arizona, geht sie dem ehrbaren Geschäft des Kartenlegens nach. Da taucht plötzlich ein Geist aus ihrer Vergangenheit auf - und droht sie in Dinge zu verwickeln, von denen sie für ihr Leben genug hatte. Doch letztendlich gibt es kein Entrinnen: Erneut muss sie mit Hilfe ihres redseligen Tarot-Handbuchs einen Mörder finden!  

Steve Hockensmith, geboren 1968 in Kentucky, hat als Journalist gearbeitet, bevor er sich ganz auf das Schreiben von Büchern verlegt hat. Er lebt mit seiner Familie in Kalifornien.   

Steve Hockensmith, geboren 1968 in Kentucky, hat als Journalist gearbeitet, bevor er sich ganz auf das Schreiben von Büchern verlegt hat. Er lebt mit seiner Familie in Kalifornien.   

TEIL 1

Lauter clevere Deutungen


»Trink was … geht auf meine Rechnung«, hörst du jemanden sagen. Und denkst: »Oh Gott – wer ist der Verrückte?« Doch dann siehst du eine riesige Hand, die dir aus einer Wolke einen Gral reicht. ÜBERRASCHUNG, es ist das Universum! Und was bietet es dir da aus heiterem Himmel an? Einen Cosmopolitan? Nein, das ist etwas viel Bedeutsameres, viel Wahrhaftigeres, sehr viel Transformierenderes (auch wenn ein richtig guter Cosmopolitan da auf jeden Fall mithalten kann). Du könntest es sogar dein Schicksal nennen. Aber erkennst du, worin das Geschenk besteht? Oder lehnst du den Kelch ab – und begreifst erst später, dass du vor Durst fast gestorben wärst?

Miss Chance, ›Der Weisheit unerschöpfliche Wege‹

Ich glaube, meine Einstellung zu den Geistern und Gespenstern der eigenen Vergangenheit hat der berühmte Ghostbuster Ray Parker jr. mal am besten zusammengefasst: »I ain’t afraid of no ghost.« Ziemlich weise.

Ich bin nicht mit allem einverstanden, was Mr Parker zu dem Thema zu sagen hatte. Die Geisterjagd, zum Beispiel, macht mir keinen Spaß. Aber so wie er habe auch ich keine Angst vor Geistern. Denn ich glaube, es gibt gar keine.

Und deshalb bin ich auch nicht in Ohnmacht gefallen oder habe kreischend nach dem Telefon gegriffen, als ich mich vor Kurzem plötzlich mit einem Toten unterhielt. (Who you gonna call? Niemanden. Denn wer kennt schon einen Ghostbuster?) Ich habe einfach nur versucht, mein Hirn zu justieren.

»Hallo Biddle«, sagte ich. »Dann bist du also … gar nicht tot.«

»Es fällt jedenfalls noch nicht auf.«

Er zwinkerte mir lächelnd zu.

Die Falten in seinem schmalen dunklen Gesicht waren neu. Das Grau in seinem ordentlich gestutzten Bart war neu. Ja sogar der Bart selbst war neu. Aber das Lächeln war noch ganz das alte, und das Zwinkern ebenfalls.

Das war kein Geist.

Biddle lebte.

Biddle ist nie tot gewesen. (Das versteht sich eigentlich von selbst, wenn jemand noch lebt, ich weiß. Aber das hier war ein besonderer Fall.)

Biddle stand im »Weiße Magie – gut & günstig«, der Touristenfalle für Esoterik-Klimbim und Kartenlegen, die ich von meiner Mutter, einer Trickbetrügerin, geerbt hatte. Und er lächelte. Augenzwinkernd, der verfluchte Mistkerl. So als wäre er nur ein alter Freund, der auf einen Überraschungsbesuch hereinschneit.

Was er vermutlich auch war. Nur war dieser alte Freund der Lebensgefährte meiner Mutter gewesen, und zwar in jeder Hinsicht, auch in krimineller. Und dieser Überraschungsbesuch fand dreißig Jahre nach dem Abend statt, an dem ich zusehen musste, wie er von ein paar richtig mies gelaunten (und richtig gut bewaffneten) Gangstern in Ohio in ein Maisfeld gezerrt wurde, aus dem er nie wieder zurückkam. Bis heute.

Das war sehr lange her, aber ich hatte um ihn geweint, ihn vermisst, mich irgendwann schließlich damit abgefunden. Und jetzt besaß er die Frechheit, direkt aus der Hölle in meinen Laden in Berdache, Arizona, zu spazieren und mir zuzuzwinkern?

Unglaublich.

Aber typisch Biddle.

Und während mir dieser Gedanke durch den Kopf schoss – Das ist so typisch Biddle –, traf mich die Erkenntnis wie ein Schlag: Er war es tatsächlich.

 

Man muss sich nur mal Folgendes vorstellen –

Man steht im Supermarkt an der Kasse und plötzlich fällt einem auf, dass der pummelige Typ hinter einem in der Schlange mit dem Einkaufswagen voller Eiergrog und Rentierfutter der Weihnachtsmann ist.

Es klopft an der Haustür, und wenn man öffnet, steht mit bierernster Miene und dem ›Wachturm‹ in der Hand der Osterhase davor.

Man geht zur Stadtverwaltung, um seinen Führerschein erneuern zu lassen und … ja, genau! Auf einmal erkennt man die kleine koboldartige Frau hinter dem Tresen, die sich um den Papierkram kümmert: Es ist Mrs Gollumina, die Fantasiefreundin, die man mit sechs Jahren hatte.

Genau so war das mit Biddle.

 

Lass die Leute nie merken, dass du ins Schwitzen kommst, hatte Biddle immer zu mir gesagt. Und wenn wir schon dabei sind, nie blinzeln. Lass sie, verdammt noch mal, nicht mal merken, dass du atmen musst.

Ich hatte immer versucht, dem gerecht zu werden, auch nach seinem Verschwinden noch. Und ich hatte mich ziemlich gut geschlagen. Aber kommt’s darauf wirklich an?

Scheiß drauf.

Wir müssen schwitzen. Wir müssen blinzeln. Wir müssen atmen.

Also ließ ich’s zu.

Biddle hatte mir zwar nie gesagt, dass mir die Knie nicht weich werden dürfen, aber auch das ließ ich zu.

»Ich setz mich mal kurz hin, wenn’s okay ist«, sagte ich und wankte, plötzlich schwitzend, blinzelnd und keuchend, auf das Sofa in der Ecke zu. Mir gelang es, mich im letzten Augenblick noch umzudrehen und fallen zu lassen, bevor meine Beine unter mir nachgaben.

»Wie geht’s denn immer so?«, sagte ich.

Es sollte lässig klingen.

Tat’s aber nicht.

Biddle wirkte plötzlich verloren. Das Augenzwinkern war verschwunden.

»Tut mir leid, Engel«, sagte er. »Ich wusste nicht, wie ich das hier anstellen soll. Anruf, Brief, E-Mail – das fühlte sich alles nicht richtig an. Aber ich hätte dich wohl irgendwie vorwarnen sollen.«

Ich versuchte, einmal ganz tief Luft zu holen. Aber Einatmung und Ausatmung wollten nicht zusammenarbeiten.

»Engel.« Stimmt. So hatte er mich immer genannt. Meinen richtigen Namen konnte er nicht benutzen, weil ich keinen hatte. War ich diese Woche Cindy oder Jane? Marcia oder Alice? Sabrina, Jill oder Kelly? Wie immer mein Name auch lautete, sicher war nur, dass meine Mutter ihn in ein paar Wochen sowieso wieder ändern würde – zeitgleich mit ihrem eigenen.

Ich sah auf das große Aquarium neben dem Sofa. Auf dessen Grund lag ein Porzellanschiff, und in dem kleinen Rumpf stand eine wasserdichte Schatzkiste mit Asche – die Überreste meiner Mutter.

Meine Mutter zumindest würde nicht wiederauferstehen wie ein Axtmörder in einem Slasherfilm. Ich hatte ihre Leiche gesehen. Sie war tot, tot, tot.

Endlich gelang es mir, wieder durchzuatmen. Ich habe vielleicht sogar gelächelt.

»Keine Sorge, Biddle«, sagte ich. »Du hast bloß das Pflaster abgerissen, das ist alles. Ich werde mich schon wieder erholen.«

Es klang noch immer nicht lässig, aber wenigstens hyperventilierte ich nicht mehr.

Ich klopfte auf den Plüschsessel neben dem Sofa. »Setz dich und erzähl mal, was du in den letzten dreißig Jahren so getrieben hast.«

Biddle nahm das Zwinkern wieder auf. Er wirkte fast stolz.

»Ach, weißt du«, sagte er, als er auf mich zukam. »So dies und das.«

Sein Blick schweifte durch den Laden, über all die Glasvitrinen und Regale voller Runensteine und Kristalle, Zauberkästen und Handbücher der Numerologie und Astrologie und die Touristenführer an die Orte in der nahe gelegenen Wüste, wo angeblich magische Kräfte wirbelten. Wenigstens lachte er nicht, das musste man ihm lassen. Auch wenn er mir schon vor sehr, sehr langer Zeit deutlich gemacht hatte, was er von solchen Dingen hielt.

 

»AHH … DIE KONKURRENZ«, hatte Biddle mal gesagt, als ich mir in einem Motel die Sendung von Fernsehprediger Jimmy Swaggart ansah (vielleicht war’s auch Jim Bakker – die beiden hatte ich nie auseinanderhalten können). »Kennst du den Unterschied zwischen dem und einem, der aus der Hand liest? Weißt du, was den von uns unterscheidet?«

Ich zuckte die Achseln.

Biddle klopfte auf den Fernseher. »Der zieht seine Show hier drin ab.«

Dann wechselte er den Sender, und unser damaliger Präsident – der jahrelang als Schauspieler in Filmen auftrat, bevor er dasselbe hinterm Rednerpult tat – erschien auf dem Bildschirm.

Biddle lachte.

»Das gilt auch für den da.«

Eine uralte Geschichte, ich weiß. Aber wie viel Zeit auch vergeht, manche Dinge ändern sich nie.

 

Biddle machte es sich in dem Sessel bequem. Er war nicht nur älter geworden. Er wirkte auch dünner und kleiner. Und zog sich sogar an wie ein alter Mann: Er trug ein kurzärmeliges Hemd, das locker über eine ausgebeulte, weitgeschnittene khakifarbene Hose hing, und dazu blendend weiße Sneakers, die ideal für einen flotten Morgenspaziergang durchs Einkaufszentrum geeignet waren, um die Pumpe in Schwung zu bringen.

Der Biddle, an den ich mich erinnerte, liebte schwarze Rollkragenpullover, Lederjacken und maßgeschneiderte dreiteilige Anzüge. Er war halb Shaft, halb James Bond gewesen.

Oder vielleicht auch nicht. Vielleicht hatte ich mir nur gewünscht, dass er so wäre – der Ersatzvater, den ich mir aus Filmen und Fernsehsendungen zusammengebastelt hatte und der für meine Erziehung genauso verantwortlich gewesen ist wie Biddle oder meine Mutter.

Also konnte ich der langen Liste von Fragen, die ich an ihn hatte, noch diese hinzufügen: »Wer bist du eigentlich?« Die musste allerdings erst mal warten. Eine andere drängelte sich mit den Ellenbogen ganz nach vorne durch.

»Warum jetzt?«

»Dreimal darfst du raten«, sagte Biddle.

Ich nickte.

Da genügte auch einmal raten. Obwohl es gar kein Raten war.

»Wie hast du denn herausgefunden, dass sie tot ist?«, fragte ich.

»Oh, ich habe sie schon vor Jahren aufgespürt. Bin natürlich nie hier gewesen, aber...

Erscheint lt. Verlag 9.2.2018
Reihe/Serie Alanis McLachlan
Übersetzer Britta Mümmler
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 3. Fall • Alanis Mclachlan • Amateurdetektivin • amerikanische Krimis • Arizona • Berdache • Biddle • Cosy Crime • detektivroman • Esoterikladen • Kartenlegen • Tarot • Tarotkarten • Tarotkrimi • Tarotladen • Trickbetrüger • Wahrsagerei
ISBN-10 3-423-43298-5 / 3423432985
ISBN-13 978-3-423-43298-6 / 9783423432986
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