Der Brombeergarten (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
512 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-22382-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Brombeergarten -  Cathy Bramley
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Und plötzlich ist das Gras auf meiner Seite wieder grün ...
Mit Ende Zwanzig erfüllt sich Tilly Parker den Traum von einem eigenen Garten. Und die Gärtner-Community, der sie beitritt, nimmt sie mit offenen Armen auf. Gemeinsam mit ihrer neuen Freundin Gemma veranstaltet sie Gartenfeste, backt Obstkuchen und verkauft selbstgemachte Marmelade. Alles scheint perfekt, bis plötzlich der attraktive Aidan in Tillys Leben tritt: Er stellt ihre geordnete Welt auf den Kopf. Auch wenn Tilly es nicht zugeben will, sie könnte sich in ihn verlieben ...

Cathy Bramley lebt mit ihrem Mann, ihren beiden Töchtern und ihrem Hund in einem kleinen Dorf in Nottinghamshire. Sie war schon immer eine Leseratte und las früher oft mit der Taschenlampe unter der Bettdecke. Damit war erst Schluss, als ihr Mann ihr einen E-Reader mit Beleuchtung schenkte. Nachdem sie achtzehn Jahre lang eine Marketingagentur geleitet hatte, startete sie als Autorin noch einmal neu durch. Von ihrem Erfolg war sie dabei wohl als einzige selbst überrascht.

Kapitel 1

Ich zog den Reißverschluss meines Mantels zu, setzte eine wollene Baskenmütze auf und wickelte mir einen überlangen Schal um den Hals, bis nur noch Nase und Augen zu sehen waren. Ich hätte für jeden Verständnis gehabt, der bei meinem Anblick auf den Gedanken gekommen wäre, ich wollte inkognito aus meinem neuen kleinen Reihenhaus verschwinden. Aber so war es nicht. Dafür gab es keinen Grund; hier kannte mich sowieso kein Mensch.

Das liebte ich ja so daran. Und natürlich den originalen, antiken Kamin mit den hübschen alten Kacheln im Wohnzimmer. Der war ausgesprochen schön.

Hier in Kingsfield, einer Kleinstadt am Rande von Derbyshire, konnte ich einen neuen Anfang machen. Auch wenn ich nur schlappe zwanzig Meilen weit weggezogen war, würde sich mein Leben allein schon dadurch entschieden zum Guten wenden, dass mir das mitleidige Lächeln und das verlegene Schweigen von Nachbarn und Bekannten erspart blieben, so viel stand fest.

Nebenbei war auch die Haustür mit dem Buntglaspaneel ausgesprochen hübsch. Am Tag der Besichtigung war es mir nicht einmal aufgefallen. Jener Dezembertag war wie im Traum verflogen. Ich hatte mich, ohne mir große Hoffnungen zu machen, in der Vorschule All Saints zu einem Bewerbungsgespräch eingefunden, und vollkommen unerwartet wurde mir die Stelle sofort angeboten. Nur so aus Jux und Tollerei ging ich von der Schule schnurstracks in ein Maklerbüro und ließ mir dort das Angebot zu einem »überaus charmanten Haus in begehrter Lage« zeigen, »ideal für Madame«. Zehn Minuten später stand ich zur Besichtigung auf der Matte. Die Innenausstattung war veraltet, die Küche winzig, und die Kacheln im Badezimmer hielt nur noch der Schimmel zusammen, doch das Haus lag nur fünf Minuten von der Schule entfernt, und mir gefiel der klare offene Grundriss. Im Briefkasten steckte eine Werbebroschüre für Kleingartenparzellen, und mir kam die Erleuchtung.

Ein glücklicher Zufall, gelinde gesagt, doch ich griff, ohne zu zögern, zu. Wetten, dass ich schon bei der Wahl eines Takeaway länger gebraucht habe!

Ich hielt mit der einen Hand die Haustür auf und manövrierte mit der anderen vorsichtig, an den restlichen Umzugskartons vorbei, mein Fahrrad über die Schwelle, darauf bedacht, nach dem gestrigen Malheur mit der Anglepoise-Lampe, an der Tapete im Flur nicht noch mehr Schaden anzurichten. Draußen warf ich einen Blick in den Himmel.

Wenn James jetzt hier wäre …

Schon standen mir wieder die Tränen in den Augen, und ich blieb einen Moment stehen. Ich musste mir wirklich abgewöhnen, jeden Gedanken mit diesem Satz einzuleiten, doch da es Neujahr war, übte ich Nachsicht mit mir.

Wäre James jetzt tatsächlich hier, würde er in die Wolken blicken und sagen: »Ah, Cumulus und Cirrus (oder so was in der Art) – das perfekte Wetter für ein Fünfzehn-Kilometer-Pensum einen steilen Bergpfad hinauf.«

Da er aber nun mal nicht hier war, musste es genügen, dass der Himmel vielversprechend blau und von hauchzarten Wolkenfetzen durchzogen war – für einen Neujahrstag wahrlich nicht schlecht.

Ich drehte mich zu den Garderobenhaken im Flur um und beschloss, auf die gelbe Signalweste zu verzichten. Bevor es richtig dunkel sein würde, wäre ich längst wieder zuhause, und so wichtig ich meine Verkehrssicherheit nahm, war sie in diesem Fall mit meinem Mantel unvereinbar. Ich habe da einen Standard, von dem ich nicht gerne Abstriche mache. Der Fahrradhelm dagegen war ein Muss, und so stülpte ich ihn mir über die Baskenmütze.

Ich stieg auf das Fahrrad, steckte meine Hausschlüssel in die Tasche, fuhr los und war ausnahmsweise einmal dankbar für die Polster am Hintern, das Ergebnis eines langen Jahres, in dem ich im Wesentlichen darauf gesessen und mich in Selbstmitleid ergangen hatte.

»Immer schön nach vorne sehen, Tilly!«, hätte meine liebe alte Mum gesagt.

Auch wenn ich mich in meiner neuen Umgebung noch nicht so gut auskannte, wusste ich in diesem Fall den Weg recht gut; die Kleingartenkolonie Ivy Lane lag nur zwei Minuten mit dem Fahrrad von der Wellington Street entfernt, meiner neuen Adresse. Tatsächlich hätte ich zu Fuß hingehen können. Doch seit einiger Zeit fuhr ich lieber mit dem Rad, denn ich hatte begriffen, wie viel angenehmer es war, mit einem fröhlichen Winken an den Leuten vorbeizufahren, als zu einem Plausch stehen bleiben zu müssen.

Zur Mittagszeit waren am Neujahrstag die Straßen wie leergefegt. In der ganzen Wellington Street kam ich an keinem einzigen Auto oder Fußgänger vorbei. Kaum verwunderlich, wenn man bedenkt, dass die meisten meiner neuen Nachbarn das neue Jahr enthusiastisch mit Feuerwerk und lauten Partys und sogar, wenn ich mich recht entsinne, irgendwann nach zwei Uhr, mit einer betrunkenen Polonaise durch die Straße willkommen geheißen hatten. Ich bog in die nächste Straße mit einer kleinen Einkaufspassage ein. Der Zeitungskiosk hatte geöffnet, im Pub an der Ecke brannte Licht, das Café, der Makler und die anderen kleinen Läden hingegen hatten geschlossen. Ich radelte an meiner neuen Schule vorbei; schon in wenigen Tagen fing meine Arbeit dort an. Bei dem bloßen Gedanken bekam ich Muffensausen und trat schneller in die Pedale.

Die Ivy Lane war der Wellington Street ziemlich ähnlich: größere Doppelhäuser am einen Ende, am anderen Reihenhäuser. Die Kleingärten lagen ziemlich versteckt, und ich musste zwei Mal die Straße rauf- und runterfahren, bevor ich in der Häuserzeile eine Lücke entdeckte. Ich streckte die Hand aus, um niemand Bestimmtem anzuzeigen, dass ich nach rechts abbiegen wollte, und fuhr bis zum Ende der schmalen Gasse.

»Danke«, sagte ich zu dem Holzschild, das mich am Eingang der Gartenkolonie Ivy Lane willkommen hieß.

Den Eingang bildete ein imposantes Metalltor mit einem riesigen Vorhängeschloss, das ein Gefühl der Sicherheit vermittelte, aber auch etwas Einschüchterndes hatte. Ich trat auf die Bremse und zog den braunen Briefumschlag aus der Tasche. Mit dem Kleingartenvorstand hatte ich vor meinem Umzug alle Formalitäten per E-Mail geregelt, und dies war heute mein erster Besuch. Eine Dame namens Christine vom Vorstand der Kolonie hatte mir zusammen mit einem Willkommensbrief einen Schlüssel zum Vorhängeschloss geschickt sowie einen Plan, auf dem meine Parzelle 16B markiert war, genauer gesagt, ein halber Garten, da jemand anders die 16A gepachtet hatte.

Ein Schloss schwer wie ein Shetlandpony aufzuschließen, noch dazu an der Innenseite des Tors, und gleichzeitig das Fahrrad zwischen den Knien zu halten war ein Fehler. Doch als ich ihn bemerkte, hatte ich schon beide Arme zwischen den Gitterstäben durchgeschoben und war wild entschlossen. Nach zwanzig Sekunden Fummelei fiel das Schloss zu Boden. Ich war drin. Ich hatte alle Ketten gesprengt.

Von der Anstrengung und dem Erfolg schweißgebadet, schob ich mich und meinen Drahtesel durchs Tor und schloss von innen wieder ab.

Zwischen den Parzellen verlief in der Mitte der Anlage eine asphaltierte Straße, breit genug für ein Auto. Zu beiden Seiten war der Grund in säuberliche Rechtecke aufgeteilt und jede Parzelle vom Nachbargrundstück durch einen breiten Grasstreifen getrennt. Beim Anblick der Symmetrie und der klaren Ordnung schlug mir das Herz höher. Ich bevorzugte es schön ordentlich. Auf der einen Seite grenzte Ivy Lane an die Gärten einer Straße mit Reihenhäusern, auf der anderen an eine Wand aus Hecken und Bäumen. Ich schob mein Rad die Straße entlang und zählte dabei die Holzpfähle an den Enden der Parzellen ab, auf denen die Nummern standen. A oder B war darauf allerdings nicht verzeichnet – woher sollte ich also wissen, welches auf der Sechzehn meine Hälfte war? Das Gelände schien so weitläufig zu sein, dass ich das andere Ende nicht sehen konnte, doch ich schätzte es auf insgesamt etwa dreißig Parzellen. Zu meiner Überraschung hatte die Anlage weit mehr als nur Gemüsebeete zu bieten: Auf fast jeder Parzelle stand ein Baum, jetzt mitten im Winter natürlich kahl, doch ich malte mir aus, was für einen prächtigen Anblick sie im Sommer boten. Außerdem erfreuten sich Schuppen offenbar großer Beliebtheit, von stylischen kleinen Hütten mit Stores an den Fenstern bis hin zu maroden, aus Wellplatten und alten Türen zusammengestoppelten Gebilden. Gewächshäuser, Gartenmöbel, Picknicktische, Wasserfässer, sogar der eine oder andere Gartengrill … Allem Anschein nach wurde die Ivy Lane intensiv genutzt.

Vor einem niedrigen Holzbau ungefähr in der Mitte, der an einen Kricketpavillon erinnerte, blieb ich stehen. Drinnen brannte kein Licht, und der Bau war, wie die übrige Kolonie, geschlossen. Mobile Toilettenhäuschen und eine Garage vervollständigten die Verwaltungszentrale der Kolonie.

Ich verdrängte das Gefühl, unbefugt anderer Leute Grundstück zu betreten, und setzte meine Erkundung fort, bis ich zur Parzelle Nummer 16 kam.

Oh.

Trotz des ernüchternden Anblicks konnte ich mir ein schiefes Grinsen nicht verkneifen. Die Sorge, meine Hälfte nicht zu erkennen, hätte ich mir sparen können.

Auf der an der Straße gelegenen Hälfte sprossen üppige Büschel, in denen ich Lauchzwiebeln erkannte und die mich vage an die missratene Haartransplantation meines letzten Schuldirektors erinnerten, nur in diesem Fall grün und nicht schwarz. Dahinter machte ich eine Reihe Rotkohl von beachtlicher Größe aus sowie riesige grüne Stängel – ich kniff die Augen zusammen und sah genauer hin. Rosenkohl! Du liebe Güte, wer hätte gedacht, dass Rosenkohl an solch hohen dicken Stängeln wächst! Und direkt dahinter erblickte ich ein verworrenes Geflecht von Stöcken und Schnüren, die etwas als Rankhilfe dienten, von dem nur kahle...

Erscheint lt. Verlag 9.7.2018
Übersetzer Anke Kreutzer, Eberhard Kreutzer
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Ivy Lane
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Brombeeren • eBooks • Frauenromane • Garten • Kräutergarten • Liebesromane • Romane für Frauen • Schrebergarten • Sommer
ISBN-10 3-641-22382-2 / 3641223822
ISBN-13 978-3-641-22382-3 / 9783641223823
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