Schmetterlinge im Winter (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
352 Seiten
Diana Verlag
978-3-641-21116-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schmetterlinge im Winter -  Sarah Jio
Systemvoraussetzungen
8,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Kailey kommt gerade von einem romantischen Dinner mit ihrem Verlobten Ryan, als sie auf der Straße einem obdachlosen Mann begegnet. Sie sieht ihm in die Augen und erkennt sofort: Es ist Cade, ihre große Jugendliebe. Der Mann, der von einem auf den anderen Tag verschwunden ist und der vor vielen Jahren ihr Herz gebrochen hat. Dieses Wiedersehen führt Kailey in ihre Vergangenheit zurück und stellt sie vor die schwerste Entscheidung ihres Lebens. Doch gerade als sie zu wissen glaubt, wem ihr Herz und ihre Zukunft gehören, hebt das Schicksal ihre Welt erneut aus den Angeln.

Sarah Jio ist New-York-Times-Bestsellerautorin, Journalistin und Kolumnistin. Ihre Romane werden in über 30 Ländern veröffentlicht. Sie lebt mit ihren drei Söhnen und ihrem Golden Retriever in Seattle, USA.

Zwei

19. April 1996

Glaubst du an Seelenverwandtschaft?«, fragt Tracy und blickt von ihrem Buch auf, mit dem sie in unserer gemeinsamen Wohnung in Seattle auf dem Futon liegt. Wir hatten uns augenblicklich in das Studio mit der einen Wand aus nicht verputzten Ziegelsteinen und den raumhohen Fenstern verliebt, auch wenn es kleiner war als mein früheres Kinderzimmer. Fünfunddreißig Quadratmeter – eindeutig zu klein für zwei Menschen, aber Hochschulabsolventen, die im coolsten Gebäude der First Avenue von Seattle mit Blick auf die Elliott Bay wohnen wollen, müssen Kompromisse eingehen. Zum Glück schnarcht Tracy nicht.

»Nein«, antworte ich, während ich zusehe, wie sie mit ein paar geübten Handbewegungen ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zusammenbindet. Mit ihren hohen Wangenknochen, der schlanken Figur und der angeborenen Eleganz ist sie eine natürliche Schönheit, die als Model viel Geld verdienen könnte, aber Tracey würde sich eher die Augen ausstechen, als vor einer Kamera zu posieren.

Wir hatten uns in Chicago ein Zimmer im Studentenwohnheim geteilt, und nach Abschluss unseres College-Studiums haben wir uns die Karte der USA gründlich angesehen und uns schließlich für Seattle entschieden. Eine Woche später haben wir unsere Habseligkeiten in den Kofferraum des alten Subaru von Traceys Vater gepackt und uns auf den Weg in die regenreichste Stadt Amerikas gemacht – und auf der langen Fahrt ziemlich schief, aber begeistert gesungen, weil die Stereoanlage kaputt war. Gleich im ersten Monat bekam ich einen Job als Lokaljournalistin beim Seattle Herald, während Tracy für die Aufnahmeprüfung an der medizinischen Fakultät büffelte. Wir lebten unsere Jugendträume aus.

»Jeden Abend zu Hause rumhocken geht gar nicht«, sagt Tracy, legt ihr Buch weg und schiebt sich die Brille höher auf die Nase.

Ich schenke mir eine Tasse Kaffee aus der Kaffeemaschine ein, die meine Großmutter mir gekauft hat, eine Woche bevor ich ans College gegangen bin. Dann lasse ich mich auf den abgewetzten roten, eiförmigen Ikea-Sessel am Fenster fallen. Wir beide könnten glatt für Ikea Reklame machen.

»Hast du dein Horoskop heute schon gelesen?«, fragt Tracy.

»Du weißt doch, dass ich an den Kram nicht glaube, Tracy.«

»Okay«, erwidert sie, »dann lese ich es dir eben vor.« Sie nimmt die Zeitung vom Sofatisch, schlägt sie auf und liest. »Oha«, sagt sie schließlich. »Neue Liebe wartet auf dich.« Sie nickt. »Aber hier steht: ›Du musst dich dafür öffnen. Anstatt dich zu Hause zu verkriechen, solltest du spontane und überraschende Dinge tun. Wer weiß, wem du begegnest.‹«

Ich verdrehe die Augen.

»Geh heute Abend mit uns aus!«, sagt Tracy.

Sie hat einen neuen Freund namens Mark, der am Uniklinikum seine Facharztausbildung zum Chirurgen macht. Er ist groß, hat schütteres Haar und lacht laut. Wenn sie beide mal einen freien Abend haben, was selten vorkommt, lädt er sie zu Konzerten oder ins Theater ein, oder sie gehen am Green Lake spazieren. Manchmal denke ich, ich brauche auch einen Mark in meinem Leben. Manchmal fände ich es schön, wenn mich jemand ins Theater oder auf den Wochenmarkt oder in ein Symphoniekonzert begleiten würde. »Mark hat Tickets für Mazzy Star im Crocodile.«

»Und wenn ich mitkomme«, frage ich und hebe fragend die Brauen, »muss ich dann mit einem Blind Date rechnen?«

»Na ja«, sagt Tracy verschmitzt, »Marks Freund Eric kommt auch mit.«

»Ich weiß nicht«, sage ich und schaue hinaus auf die Bucht, wo gerade eine Fähre ablegt.

»Komm einfach mit«, sagt Tracy. »Du stehst doch auf Mazzy Star.«

»Stimmt«, sage ich erfreut.

Sie nickt. »Also abgemacht.«

Es hat angefangen zu regnen, und Tracy, Mark und ich drängeln uns unter die Markise des Klubs, wo eine Frau mit kurzem Pony und Nasenring unsere Tickets kontrolliert. Drinnen ist es schummrig, irgendeine düstere Musik, die ich nicht kenne, tönt aus den Lautsprechern. Die Luft ist zum Schneiden dick vom Zigarettenrauch, und jeder Dritte in dem Laden trägt ausgetretene Doc Martens. Ich liebe Seattle.

»Eric kommt gleich«, sagt Mark. »Was trinkt ihr beiden denn?«

»Ich nehme einen Wodka Soda«, sagt Tracy.

»Für mich das Gleiche«, sage ich.

Als Mark sich an der Bar anstellt, knufft Tracy mich in die Rippen. »Mark sagt, Eric ist einer der besten Assistenzärzte in der Chirurgie.«

Ich zucke die Schultern.

Tracy lächelt. »Amüsier dich einfach. Wer weiß, vielleicht gefällt er dir ja. Außerdem …«

Ich mache einen Schritt rückwärts, als jemand mich anrempelt. Er hält eine Kamera mit einem riesigen Objektiv hoch, die er sinken lässt, nachdem er ein Foto geschossen hat. »Sorry«, sagt er. »Ich hab euch nicht gesehen.« Er ist ein bisschen älter als ich, hat dunkles Haar und einen Bartschatten. Seine Stiefel und das verwaschene karierte Hemd deuten darauf hin, dass er irgendwie mit der Musikszene zu tun hat, doch gleichzeitig wirkt er irgendwie – anders. Ich weiß nicht, ob sein Grinsen selbstbewusst ist oder nur dreist. Oder beides.

»Abgefahrene Bühnenbeleuchtung«, sagt er und hebt die Kamera wieder ans Auge. Es blitzt mehrmals. »Hope hat echt ’ne geile Stimme. Dabei ist sie kein bisschen eingebildet, nicht so ’ne Diva, die sich für die Größte hält.«

Ich kneife die Augen zusammen. »Du redest ja, als würdest du sie kennen.«

»Tu ich auch«, sagt er und lächelt nur mich an.

Also doch dreist.

»Ich hab sie vor fünf Jahren unter meinem Label rausgebracht«, sagt er. »Nur ein Soloalbum, aber ich glaub, es hat sie ins Geschäft gehievt.«

»Dein Label?«

Er zwinkert mir zu. »Ich bin im Musikbiz.«

Biz.

»Du hättest mal ihr Demoband hören sollen«, fährt er fort. »Der reine Wahnsinn.« Er klopft sich auf die Brust. »So was geht unter die Haut.«

»Wie meinst du das?«, frage ich vorsichtig und neugierig zugleich.

Er kommt ein bisschen näher. »Gute Musik bewegt. Sie kann dein Leben verändern.« Er nimmt meine Hand und drückt sie mir auf die Brust. Ich bekomme eine Gänsehaut. »Genau hier. Gute Musik geht zu Herzen.« Er lässt meine Hand wieder los, aber ich lasse sie auf meiner Brust liegen. »Nach solchen Musikern bin ich immer auf der Suche.«

Mark kommt mit unseren Drinks.

»Ich bin Cade«, sagt der Mann mit der Kamera, während er mir in die Augen sieht. Als er mir die Hand entgegenstreckt, kommt es mir vor, als wären wir beide die Einzigen im Raum.

Ich schüttle ihm lahm die Hand. »Kailey Crain.«

»KC«, sagt er grinsend.

Mark räuspert sich, dann sehe ich, dass ein ziemlich großer Typ mit lockigem braunen Haar neben ihm steht. Er trägt sein Hemd in der Jeans, die ein paar Zentimeter zu kurz ist. »Kailey, das ist Eric.«

»Tja«, sagt Cade mit einer angedeuteten Verbeugung. »War nett, dich kennenzulernen. Viel Spaß.«

Ich spüre Erics Blick auf mir. »Mark sagt, du schreibst«, sagt er eifrig.

»Na ja«, erwidere ich und trinke einen Schluck von meinem Drink. Er ist verdammt stark und riecht nach Franzbranntwein. Ich schüttle mich, als er mir durch die Kehle rinnt. »Ich arbeite als Reporterin beim Herald. Aber mein Lieblingsthema sind Lebensmittel.«

Unwillkürlich wandert mein Blick zum anderen Ende des Raums, wo Cade gerade einer attraktiven Blondine eine Hand auf die Schulter legt. »Und du?«, frage ich Eric, reiße mich von der Szene los und schaue Eric an. »Was ist dein chirurgisches Spezialgebiet?«

»Füße«, sagt er.

Ich lache, dann reiße ich mich zusammen, als ich sehe, dass sein Gesicht unbewegt bleibt, nicht einmal den Ansatz eines Lächelns zeigt.

»Soll das heißen, das ist kein Witz? Du … du spezialisierst dich auf … Füße?«

»Ja«, sagt er, ohne eine Miene zu verziehen. »Ich bin da vielleicht voreingenommen, aber ich finde, die Zehen, die Fußgelenke, die Fersen und so weiter gehören zu unseren faszinierendsten Körperteilen. Meinst du nicht auch?«

»Na ja«, sage ich und muss mich nun wirklich anstrengen, nicht loszuprusten, »ich muss zugeben, dass ich noch nie über … äh, meine Füße nachgedacht habe. Aber wahrscheinlich sind sie ziemlich … cool? Immerhin bringen sie uns dahin, wo wir hinwollen.«

Er betrachtet meine Füße. Im selben Moment kommt die Vorgruppe auf die Bühne und stimmt ein Stück an, das ich nicht kenne. Begeisterter Applaus. Nach zwei Stücken beugt der Fußchirurg sich vor. »Das mag vielleicht ein bisschen direkt klingen«, sagt er lächelnd, »aber ich wette, du hast sehr schöne Füße. Die würde ich mir gern irgendwann mal ansehen.«

Ich verschlucke mich fast an meinem Wodka. »Weißt du was«, sage ich und schiebe mich Richtung Tresen vor, »ich glaub, ich brauch noch einen Cocktail.«

»Ich gebe dir einen aus«, sagt der Fußchirurg.

»Nein, nein«, erwidere ich hastig. »Die Schlange ist endlos. Ich … ich mach das schon.«

Er nickt und trinkt einen Schluck von seinem Bier. Dann sagt er etwas zu Mark, dem ich in dem Moment am liebsten den Hals umdrehen würde. Und Tracy ebenfalls. Ich schaffe es zum Tresen und bestelle mir noch einen Wodka Soda, diesmal einen doppelten.

»Für mich das Gleiche«, sagt Cade, der plötzlich neben mir steht.

Ich schenke ihm ein nervöses Lächeln, dann wende ich mich der Bühne zu.

»Wie läuft’s mit...

Erscheint lt. Verlag 10.9.2018
Übersetzer Charlotte Breuer, Norbert Möllemann
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Always
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte eBooks • Erste Liebe • Frauenroman • Frauenromane • Große Gefühle • Jugendliebe • Liebesroman • Liebesromane • New-York-Times-Bestsellerautorin • Romane für Frauen • Schicksalsschlag • schwere Entscheidung • Seattle • Vergangenheit
ISBN-10 3-641-21116-6 / 3641211166
ISBN-13 978-3-641-21116-5 / 9783641211165
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 2,7 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von T.C. Boyle

eBook Download (2023)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
20,99
Roman

von Fatma Aydemir

eBook Download (2022)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
12,99
Roman. Jubiläumsausgabe

von Umberto Eco

eBook Download (2022)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
12,99