Gustafssons Jul (eBook)

Eine schwedische Weihnachtsgeschichte

(Autor)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
160 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-43260-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gustafssons Jul -  Lars Simon
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
»God Jul« im tief verschneiten Schweden Zehn Jahre lang hat sich Carl-Johann Gustafsson (81) von seiner Familie zurückgezogen - das soll sich jetzt ändern. Gemeinsam mit der Familie will er Weihnachten auf seinem Landgut feiern, wie früher. Seine Kinder und Enkelkinder folgen der Einladung nur widerwillig, denn die Familienbande existieren schon lange nicht mehr. Aber niemand will etwas verpassen, und womöglich wird ja das Erbe verteilt ... Am Ende kommt es dann ganz anders als gedacht, doch glücklicherweise haben die gute Seele des Hauses, Diener Alfred, und der Weihnachtsmann höchstselbst ihre Finger im Spiel.

Lars Simon, Jahrgang 1968, hat nach seinem Studium lange Jahre in der IT-Branche gearbeitet, bevor er mit seiner Familie nach Schweden zog, wo er als Handwerker tätig war. Heute lebt und schreibt der gebürtige Hesse wieder in der Nähe von Frankfurt am Main. Bisher sind von ihm bei dtv eine dreibändige Comedy-Reihe, das Weihnachtsbuch >Gustafssons Jul< sowie die Urban-Fantasy-Reihe um Zauberlehrling Lennart Malmkvist und seinen sprechenden Mops Bölthorn erschienen. Lars Simon ist ein Pseudonym.

Lars Simon, Jahrgang 1968, hat nach seinem Studium lange Jahre in der IT-Branche gearbeitet, bevor er mit seiner Familie nach Schweden zog, wo er als Handwerker tätig war. Heute lebt und schreibt der gebürtige Hesse wieder in der Nähe von Frankfurt am Main. Bisher sind von ihm bei dtv eine dreibändige Comedy-Reihe, das Weihnachtsbuch ›Gustafssons Jul‹ sowie die Urban-Fantasy-Reihe um Zauberlehrling Lennart Malmkvist und seinen sprechenden Mops Bölthorn erschienen. Lars Simon ist ein Pseudonym.

2


Stefan Gustafsson stand mit prüfendem Blick über ein Gemälde gebeugt. Es war selten schön. Aufkommender Expressionismus des frühen zwanzigsten Jahrhunderts, verzeichneter Künstler. Das hatte er sofort erkannt. Deswegen hatte er das Gemälde diesem unwissenden Landei auf einem Flohmarkt vor den Toren Stockholms für schlappe dreitausendfünfhundert Kronen abgeschwatzt, obwohl es seiner Meinung nach gut das Dreißigfache wert war.

Da betrat der Postbote das Ladengeschäft. Stefan Gustafsson begrüßte ihn mit einem mürrischen Nicken, obwohl er eigentlich kein mürrischer Typ war. Was er allerdings hasste, war, gestört zu werden, wenn er in ein Kunstwerk versank. Insbesondere, wenn er gerade darüber nachdachte, ob er seinem Bruder von diesem Bild erzählen und es tatsächlich zum Verkauf anbieten sollte oder ob er es lieber in seine persönliche Sammlung integrieren wollte, von der niemand außer ihm wusste.

Stefan Gustafsson streckte die Hand aus und nahm die Tagespost in Empfang. Nachdem sich die Glastür der Kunstgalerie hinter dem Postbeamten geschlossen hatte, wollte er den Stapel Briefe schon achtlos auf den Biedermeiersekretär legen, da fiel ihm ein Umschlag ins Auge, der sich von den anderen deutlich abhob. Format, Papier und Handschrift – alles schien durch eine exponierte Schlichtheit auffallen und damit sagen zu wollen, dass er es nicht mit der Nachricht eines gewöhnlichen Menschen zu tun hatte. Hier schrieb jemand, der keinen Zweifel daran ließ, dass er sich für etwas Besonderes hielt, und der sich auch nicht scheute, diese Selbsteinschätzung, die vermutlich irgendwo zwischen Gott, Papst und schwedischem König angesiedelt war, der ganzen Welt mitzuteilen. Aber stilvoll und dezent natürlich.

Stefan Gustafsson kannte den Absender nur zu gut und ließ die anderen Briefe auf den Tisch fallen. Diesen einen jedoch öffnete er sofort, mit einem Jugendstilbrieföffner aus massivem Sterlingsilber und in Form einer Meerjungfrau, deren weiche Züge und elegante Rundungen ihn stets an seine Frau erinnert hatten, als sie noch nicht so fett gewesen war. Er zog das schwere, selbstverliebte Büttenpapier mit dem Wasserzeichen aus dem Umschlag, faltete es auseinander und las.

Eine Minute später griff er zum Telefon.

»Gustafsson«, meldete sich eine weibliche Stimme nach kurzem Klingeln.

»Stell dir vor, mein Vater hat uns zu Weihnachten eingeladen!«, platzte er heraus und sparte sich die Begrüßung.

»Ach, du bist es, Stefan. Was sagst du?«, fragte Sofia unaufgeregt. Ihre Tonlage ließ keine Zweifel aufkommen, dass es ihrem Gemüt nicht entsprach, sich allzu schnell über etwas zu freuen.

Ganz anders dagegen Stefan Gustafsson. »Mein Vater hat uns zu Weihnachten eingeladen!«, wiederholte er lautstark.

Sofia sagte nichts, und doch schien ihr Mann die unausgesprochene Aufforderung deutlich zu verstehen, er möge gefälligst etwas mehr Informationen preisgeben.

»Hör dir das an«, sagte Stefan Gustafsson daraufhin und begann, den Brief vorzulesen.

Liebe Familie,

ich habe beschlossen, dieses Jahr ein großes Familienweihnachtsfest mit Euch zu feiern, und lade Euch daher herzlich zu mir ein. Eure jeweiligen Lebenspartner selbstredend ebenfalls, sofern Ihr noch welche habt.

Kommt bitte am 22. Dezember so, dass wir um 19 Uhr gemeinsam zu Abend essen können. Wir werden die Feiertage bis zum 27. Dezember 12 Uhr gemeinsam verbringen und gewiss vieles zu besprechen haben.

Ich wünsche mir, dass Ihr zahlreich, pünktlich, frohgemut und ohne Geschenke erscheint.

U.A.w.g. bis 1. Dezember.

Herzliche Grüße

Vater/Großvater/Urgroßvater

»Was hat das denn zu bedeuten?«, fragte Sofia. »Erst schlägt dein Vater zehn Jahre lang alle Weihnachtseinladungen aus, ob von Birgitta oder von uns, und jetzt das. Sehr seltsam.« Skepsis mischte sich in ihre Stimme – zumindest meinte Stefan Gustafsson diesen Unterton wahrzunehmen.

»Tja, ich weiß auch nicht, was ihn dazu bewogen haben könnte. Vielleicht kommt er endlich zur Vernunft? Vielleicht ist es auch Altersmilde? Es soll ja Zeichen und Wunder geben.«

»Vielleicht ist es auch Alzheimer«, mutmaßte Sofia spitz. »Er ist und bleibt ein herrschsüchtiger Tyrann, der sich in dieser Rolle prächtig gefällt. Dieser Wandel kommt mir sehr plötzlich. Am Ende führt er etwas im Schilde. Denk doch nur an euer letztes Telefonat.«

Ja, das tat Stefan. Das Gespräch hatte Anfang des Jahres stattgefunden, und aus emotionaler Sicht war es eher suboptimal vonstattengegangen. Wegen einer Vollmacht für den Ankauf einer größeren Sammlung hatten sie sich gestritten. Er und sein Vater. Und sie hatten sich gegenseitig einige sehr unschöne Begriffe an den Kopf geworfen. – Anfang des Jahres? So lange war das schon wieder her? Vielleicht ging es seinem Vater nicht gut?

»Wie dem auch sei, wir werden hinfahren«, unterbrach Sofia vehement seine Gedanken und verscheuchte damit das aufgekommene schlechte Gewissen aus dem Herzen ihres Mannes. »Ich schreibe ihm, dass wir dabei sind. Dann kannst du es gleich Bengt sagen, wenn er wieder ins Geschäft kommt, damit er sich nichts anderes vornimmt, und ich rufe Jan-Erik an.«

»So wie ich meinen Vater kenne, hat er mit Sicherheit alle einzeln eingeladen. Sie haben den Brief bestimmt auch heute in der Post gehabt«, sagte Stefan Gustafsson, der sich keinen Reim auf den plötzlichen Eifer seiner Gattin machen konnte. »Aber gut, meinetwegen. Ich sage es ihm. Er wird darüber sicher nicht sehr erbaut sein. Ich meine, mich zu erinnern, dass er neulich erst etwas von einem Winterurlaub erzählt hat.«

»Das ist mir egal. Jan-Erik wollte dieses Jahr mit Viola zu ihren Eltern nach Göteborg fahren und dort feiern, aber diesen Zahn werde ich ihm ziehen. Sag Bengt, worum es geht. Ich erwarte Zusammenhalt.«

»Was meinst du? Worum soll es denn gehen?«, fragte Stefan Gustafsson erstaunt.

Am anderen Ende der Leitung schnaubte Sofia verzweifelt auf, und Stefan Gustafsson konnte förmlich sehen, wie sie resigniert die Augen schloss und ratlos den Kopf schüttelte. »Glaubst du denn ernsthaft, dahinter steckt nur ein Fest im trauten Kreise der Familie?«, hob sie an. »Blödsinn! Ich kenne den alten Mann anscheinend besser als sein eigener Sohn. Was wird er wohl mit dieser Einladung bezwecken?«

»Bezwecken? Es ist Weihnachten und …« Stefan Gustafsson zögerte. Dann verstand er, worauf seine Frau hinauswollte. »Du glaubst, es könnte bedeuten, dass er sich endlich von seinen Anteilen trennen und sie uns überschreiben will, mir und Magnus?« Da ging die Ladentür erneut, und ein junger Mann in bestem Zwirn trat ein. »Bengt kommt gerade«, sagte er knapp.

»Ja, genau das glaube ich«, überging seine Frau diese Mitteilung. »Du weißt, wie er ist. Immer alles regeln, alles unter Kontrolle bringen, und am besten noch mitsprechen, wenn der Sargdeckel schon geschlossen ist. Ich bin jedenfalls gespannt, was er sich ausgedacht hat. Hin müssen wir auf jeden Fall! Wer weiß, was wir sonst verpassen? Ich rufe Jan-Erik an, und du redest jetzt gleich mit Bengt. Hej då und bis später.« Sie legte auf.

»Ist etwas passiert? Warum schaust du so verstört?«, wollte Bengt wissen. Er zog seinen Mantel aus und hängte ihn an die Garderobe. Dann trat er zu seinem Vater an den Sekretär und sah ihn fragend an.

»Hast du heute schon in deinen Briefkasten geschaut?«, erkundigte sich Stefan Gustafsson. Er spürte, wie der Gedanke an die von seiner Frau vermuteten Möglichkeit der Erbregelung Besitz von ihm ergriff. Ja, je länger er darüber nachdachte, desto logischer erschien ihm diese Schlussfolgerung.

»Nein, das mache ich immer erst abends. Warum? Was ist denn los?«, fragte Bengt.

Stefan Gustafsson erhob sich und hielt ihm das Schreiben des Familienoberhauptes unter die Nase. »Wir fahren an Weihnachten zu Großvater aufs Gut und feiern da alle zusammen.«

Bengt las konzentriert. Schließlich blickte er auf. »Schön, aber daraus wird nichts. Du weißt, ich will in den Skiurlaub …«

»Dann sagst du den eben ab.«

»Das ist schlecht, denn ich will mit Lisa fahren. Sie hat sonst keine Zeit mehr dieses Jahr«, verteidigte Bengt sein Vorhaben etwas ungelenk.

»Dann kommt deine Bekannte eben mit«, sagte Stefan Gustafsson. »Großvater schreibt explizit, dass jeder der Familie mit Partner eingeladen ist, und das verstehe ich mehr als Aufforderung denn als Anregung.«

»Sie heißt Lisa, und sie ist mehr als eine Bekannte

»Meinetwegen. Bei deinen vielen Frauen blickt doch keiner mehr durch.«

»Wir sind seit fast sechs Monaten zusammen!«

»Uns hast du sie jedenfalls noch nicht vorgestellt.«

»Sie arbeitet viel …«

»Das mag sein, aber an Heiligabend wird sie ja wohl freihaben, oder? Ihr kommt mit. Und wenn sie nicht will, dann eben du allein. Punkt.«

»Es ist doch nur Weihnachten«, widersprach Bengt und schüttelte verwundert den Kopf. »Was ist denn bloß los, dass du so einen Wind machst?«

Stefan Gustafsson legte seine Hände auf Bengts Schultern und sah ihn mit festem Blick an, während er ihm mit gesenkter Stimme und der Art eines sich an der Grenze seiner Belastbarkeit befindenden Psychotherapeuten erklärte, was sein Sohn nicht zu begreifen imstande schien. »Du erkennst wohl den Ernst der Lage nicht, Bengt, hm?«, fragte er. »Mit einer deiner zahlreichen Bekannten kannst du noch unzählige Male irgendwohin fahren, aber was glaubst du, macht mein...

Erscheint lt. Verlag 13.10.2017
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte eingeschneit • Familienfeier • Familienstreit • Schnee • Schweden • Versöhnung • Weihnachten • Weihnachtsessen • Weihnachtsmann • Weihnachtsmärchen • zerstrittene Familie
ISBN-10 3-423-43260-8 / 3423432608
ISBN-13 978-3-423-43260-3 / 9783423432603
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 1,1 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von T.C. Boyle

eBook Download (2023)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
20,99
Roman

von Fatma Aydemir

eBook Download (2022)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
12,99
Roman. Jubiläumsausgabe

von Umberto Eco

eBook Download (2022)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
12,99