God hates us all (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
256 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-22469-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

God hates us all -  Hank Moody
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Sex ist auch keine Lösung, oder?
Hank Moody - schlagfertig, versoffen, ein hemmungsloser Frauenheld. 'God Hates Us All' - so heißt der legendäre Roman, in dem er seine turbulente Zeit als abgebrannter Student und Kleindealer verarbeitet. Sie wissen es vermutlich: Hank Moody ist die Hauptfigur der preisgekrönten TV-Kultserie 'Californication', und seinen Roman gibt es nur im Fernsehen - oder? Irrtum: 'God Hates Us All' erscheint jetzt wirklich. Endlich erfahren wir, was der sympathische Anarcho-Lebenskünstler in jungen Jahren zwischen Selbstfindung, Kiffen, Party und Rock'n'Roll getrieben hat. Ob Sie 'Californication' kennen oder nicht: Hank Moodys Charme kann niemand widerstehen.

Hank Moody, geboren in New York, in L. A. ansässig, gelang mit seinem Roman God Hates Us All der kommerzielle Durchbruch als Autor. Die Verfilmung unter dem Titel A little thing called love wurde ein großer Erfolg, der Autor hingegen distanziert sich vehement von der Hollywood-Version seines Buches. Derzeit kuriert Moody seine massive Schreibblockade unter der Sonne Kaliforniens. Mit seiner Ex-Frau Karen hat er eine gemeinsame Tochter.

2

Am Sederabend bei Kirschenbaums im Frühjahr 1984 küsste ich, vollgepumpt mit Hormonen und koscherem Manischewitz-Wein, die damals dreizehnjährige Tana Kirschenbaum während der traditionellen Suche nach dem Afikoman. Ich versuchte sogar, ihre – damals schon bemerkenswerten, inzwischen einfach umwerfenden – Brüste zu befummeln, aber zu meiner großen Bestürzung ließ sie mich nicht ran. Nicht, weil sie mich nicht mochte. Tana wusste einfach nur gut genug, dass man mir nicht trauen konnte. Und während mir also eine potenzielle Eroberung entging, fand ich gleichzeitig eine Schwester. In den Jahren danach war Tana die Chefstrategin meiner romantischen Irrungen und Wirrungen: Sie half mir beim Sortieren meiner Gefühle, wenn Liebe im Spiel war, und hörte sich geduldig meine Sünden an, wenn nicht. Als Gegenleistung erhielt sie meinen weisen Rat zu ihren eigenen Herzensangelegenheiten, die für meinen Geschmack viel zu viel aus langen, bedeutungsvollen Umarmungen und viel zu wenig aus handfestem Schmutz bestanden. »Er ist definitiv schwul«, war meine häufigste Feststellung.

Mit Ausnahme des letzten Thanksgiving – kaum zu glauben, dass seit meinem langen Wochenende glorreicher Undankbarkeit schon ein Jahr vergangen war – haben wir fast jeden größeren Feiertag bei den Kirschenbaums begangen. Meine eigenen Eltern verfügen über so gut wie keine familiären Bindungen: Moms bierernster Protestantenclan wohnt fast vollständig in ihrem Heimatstaat Indiana, und Dads bucklige Verwandtschaft – sie vom Glauben abgefallene Katholiken zu nennen würde die Tiefe des Falls nur unzureichend wiedergeben – ist allem Anschein nach immer in irgendeine Art Blutfehde verstrickt, die den Kontakt von Angesicht zu Angesicht unmöglich macht. Larry Kirschenbaum, der meinen Vater dreimal wegen Trunkenheit am Steuer verteidigt hat, könnte man von allen Menschen noch am ehesten als seinen Freund bezeichnen. Was allerdings nicht bedeutet, dass mein Vater nicht jedes Mal, wenn wir uns ins Auto stapeln, um zu den Kirschenbaums zu fahren, den Verdacht äußert, Larry habe uns nur eingeladen, damit er die ganze Feier von der Steuer absetzen könne.

Dieses Jahr ist der Tisch für 13 Personen gedeckt, für Kirschenbaum-Maßstäbe ein kleiner Kreis. Niemand ist nüchtern genug, um bei der Afikoman-Suche das Dessert zu finden. Ich bin relativ sicher, dass Dottie, Tanas Mutter – die abgesehen von ihren übertrieben getuschten Wimpern noch bemerkenswert gut erhalten ist –, mit mir flirtet. Anders kann ich mir ihr unstillbares Interesse an meinem momentanen Job als Eisverkäufer im Carvel, Ecke Jerusalem Avenue, jedenfalls nicht erklären.

Dotties bestrumpfter Fuß schiebt sich mein Bein hinauf und bestätigt diese Theorie. Peinlich genug, weil ich neben ihrem Ehemann sitze. Doppelt peinlich, weil ich mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehe, dass Dottie und mein Vater sich schon mehr als einmal zu lustvollen Gymnastikübungen getroffen haben. Auf jeden Fall glotzt mich Dad – der den ganzen Abend lang Tanas prachtvollen Vorbau fixiert hat – mit einem Blick an, der äußerst einschüchternd wirken würde, wenn er nicht von Scotch durchtränkt wäre. Ich bin erleichtert zu sehen, dass Mom viel zu apathisch ist, um die Szene zu bemerken – dank Dr. Marty Edelman, einem Kieferorthopäden, dessen letzter Urlaub in Napa Valley offensichtlich ohne ein einziges Detail abgelaufen war, das nicht erwähnenswert oder zu unbedeutend schien.

Ich kann mir zwar durchaus Schlimmeres vorstellen, als meinen Fudgie the Whale in Dotties Cookie Puss zu versenken, um bei der Carvel-Eisverkäufer-Terminologie zu bleiben, aber die Vorstellung, dass mein Vater auch schon drin war, ist irgendwie doch zu ödipal, um angenehm zu sein. Ich entschuldige mich also und gehe auf eine Zigarette nach draußen.

Onkel Marvin wartet bereits auf der Außentreppe. Er ist zwar nicht mein Onkel – rein verwandtschaftlich gehört er zu Tana –, aber bei jedem Anlass fester Bestandteil des Inventars, genau wie die Platzdeckchen aus Stoff. Ein oder zwei Jahre nördlich der sechzig, hat er immer noch eine volle, glänzend graue Mähne; weniger ein Zeichen seiner Männlichkeit, sondern vielmehr eine grausame Erinnerung an vergangene Zeiten: In den Siebzigern war er bei der New Yorker Polizei, bis sechs Kugeln ins Bein und in den Unterleib ihm die Frühpensionierung, ein ständiges Hinken und einen nur noch mithilfe eines Urinbeutels funktionierenden Harntrakt einbrachten. Tana behauptet, er bessere seine Rente auf, indem er in Teilzeit Zwangsversteigerungen durchführe – so kurz nach der amerikanischen Sparkassenkrise ein florierendes Geschäft –, aber nichts von diesem Geld scheint in seine Garderobe zu fließen: Polyesterhose, Hemd mit langem Kragen und eine schwarze Lederjacke, die, wie auch Onkel Marvin selbst, schon bessere Zeiten gesehen hat.

»Onkel Marvin«, sage ich.

Er grunzt mich an, als wäre ich ein Idiot. Ich bin nicht beleidigt, wir hatten schon ganze Konversationen, die aus nicht viel mehr bestanden. Er sieht mir zu, wie ich meine Zigarettenpackung ein paar Sekunden lang gegen meinen Handrücken klopfe, bevor er in seine Jacke greift und eine selbst gedrehte Zigarette und ein Briefchen Streichhölzer herauszieht. Er nimmt eins zwischen zwei Finger und zündet es direkt innerhalb seiner hohlen Hände an, ein natürlicher Schutzwall gegen den scharfen, eisigen Wind. Ziemlich cooler Trick, muss ich zugeben. Als er die Kippe mit ein paar Zügen anraucht, kontere ich, indem ich mein Zippo zweimal kurz über den Oberschenkel ziehe, einmal zum Öffnen, einmal zum Anreiben. Mit der Flamme zünde ich meine filterlose Camel an und nehme einen tiefen Zug.

Das ist nicht nur das Einzige, was ich an meiner kurzen Zeit am College gelernt habe, sondern auch das Nützlichste. Plötzlich bemerke ich einen Geruch, der noch exotischer ist als meine Lieblingsmischung aus türkischem und amerikanischem Tabak.

»Riecht gar nicht wie eine Zigarette«, sage ich.

»Ihr dummen Kinder, ihr erkennt gutes Gras nicht mal, wenn man es euch um die Ohren haut.«

»Ich hab schon Marihuana geraucht«, gebe ich schnell zurück, bevor ich im Coolness-Wettbewerb noch von einem eierlosen alten Mann geschlagen werde, der angezogen ist wie Serpico.

»Aber meine Nichte nicht, da kannst du einen drauf lassen.«

»Ich dachte ja, für uns gilt: ›Sag Nein zu Drogen‹ …«

»Ein Rat«, sagt er, während er den Rauch durch seine geschlossenen Zähne bläst, »den du von mir niemals hören wirst.«

Er bietet mir einen Zug an, aber ich lehne ab. »Ich bin gerade in einer Scotch-und-Kippen-Phase«, erkläre ich.

»Dann geh lieber rein, sonst kriegst du keinen mehr ab.«

Unterhaltungen mit Onkel Marvin sind aufgrund seiner ihm ureigenen Aversion gegenüber Höflichkeiten meistens kurz, aber ich hab’s nicht eilig, wieder reinzugehen, viel größer ist mein Ehrgeiz, unseren kleinen Wettbewerb weiterzuführen.

»Okay, ist angekommen. Ich hab vor, in die Stadt zu ziehen.«

»New York City?« Seine Augen werden schmal. »Jeder, den ich kenne, zieht da weg. Die Stadt ist ein gottverdammter Sündenpfuhl.«

»Umso besser, dann finde ich leichter eine Wohnung.«

»Witzig«, sagt er, ohne zu lachen.

Ein, zwei Minuten vergehen ohne ein Wort, woraus ich ableite, dass unsere Konversation beendet ist. »Danke wie immer fürs Gespräch«, sage ich, werfe meine Kippe auf den Boden und trete sie mit der Fußspitze aus. »Ich geh besser mal rein, bevor mein Vater sich an deine Nichte ranmacht.«

»Wart mal … Wenn du wieder in die Stadt fährst, kannst du mir was mitbringen.« Er hält zur Erklärung den Joint hoch.

»Du weißt ja, ich würde dir nur zu gern helfen, Onkel Marvin, aber ich habe keine Ahnung, wo …«

»Du gehst zu meinem Kumpel. Hier …« Er zieht ein Bündel Geldscheine aus seiner Brusttasche, schält sechs Zwanziger ab und drückt sie mir in die Hand. »Das reicht für ein Quarter.«

»Ein Quarter?«

»Eine Quarter Ounce, sieben Gramm. Die erlaubte Höchstmenge für den Eigenbedarf. Und lass dich nicht bescheißen: Keine Stiele und Samen, die bringen nur totes Gewicht.«

Um ganz ehrlich zu sein, bin ich dankbar, eine Aufgabe zu haben, die nichts mit Eiscreme zu tun hat.

Am nächsten Morgen stehe ich früh auf, ziehe mich im Dunkeln an und schleiche aus dem Haus, bevor meine Eltern aufwachen und dumme Fragen stellen können. Einen fünfzehnminütigen Fußmarsch später sitze ich in einem Zug der Long Island Rail Road, nur eine weitere Gestalt im morgendlichen Viehtrieb nach New York City. Ich finde einen Sitzplatz neben einem Arschloch im Anzug hinter seinem Wall Street Journal. Der Waggon wackelt leicht hin und her, während der Zug an endlosen Reihen trostloser Wohnblöcke für die Arbeiterklasse vorbeirattert. Ich überlege gerade, ob »Arbeiterklasse« ein Oxymoron ist, als eine kühle Blondine im Röckchen an mir vorbeistolziert. Während meiner Zeit mit Daphne habe ich unter anderem gelernt, dass ich beim Sex nicht gerade der größte Fetischist bin, aber auf die Kombination von Socken und Turnschuhen fahre ich einfach total ab. Die nächste halbe Stunde beschäftige ich mich mit der Frage, ob es einen »Mile High Club« auch für Züge gibt. An der Penn Station erhebt sich die Herde, zu den Ausgängen getrieben von Instinkt und Koffein. Ich lasse mich treiben und schwimme mit einer Welle der Gruppendynamik Richtung Seventh Avenue.

Onkel Marvins Connection wohnt in Alphabet City, was bequemes Reisen leider unmöglich macht. Abgesehen von der Taxi-Variante natürlich, aber noch...

Erscheint lt. Verlag 24.7.2017
Übersetzer Julia Paiva Nunes
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel God hates us all
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte californication • David Duchovny • eBooks • Roman • Romane • Sex
ISBN-10 3-641-22469-1 / 3641224691
ISBN-13 978-3-641-22469-1 / 9783641224691
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