Hundert Jahre Einsamkeit (Neuübersetzung) (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
528 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-31707-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hundert Jahre Einsamkeit (Neuübersetzung) -  Gabriel García Márquez
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Das Jahrhundertbuch in Neuübersetzung. Ein Klassiker, den zu lesen sich lohnt: immer noch und immer wieder. Mit seinem Roman »Hundert Jahre Einsamkeit«, der sich weltweit mehr als 30 Millionen Mal verkaufte, gelang Gabriel García Márquez 1967 der Durchbruch als Schriftsteller. Die Familiensaga um das kolumbianische Dorf Macondo gehört inzwischen zu den modernen Klassikern der Weltliteratur. »Hundert Jahre Einsamkeit« erzählt die Geschichte vom Aufstieg und Niedergang der Familie Buendía und des von ihr gegründeten Dorfes Macondo, das zunächst wie das Paradies erscheint. Durch Sümpfe und Urwald, durch eine undurchdringliche Sierra von der Außenwelt abgeschnitten, ist Macondo der einzigartige Schauplatz einer Welt, in der sich geschichtliche Entwicklungen, alle Träume, Alpträume und Entdeckungen des Menschen noch einmal wiederholen. Erzählt wird vom Leben und Sterben der Buendías, von ihrer Abenteuerlust und ihrer Erfindungsgabe, von ihren Triumphen und Niederlagen, von Wahnvorstellungen, von der unbändigen, aber auch fatalen Vitalität ihrer Männer und der Klugheit ihrer Frauen. Phantastische und realistische Elemente stehen unmittelbar nebeneinander, Mythos und Wirklichkeit verschmelzen. Im Mikrokosmos Macondo enthüllt Gabriel García Márquez die geschichtliche Wirklichkeit Lateinamerikas und die Tragödie seiner Verlorenheit und Einsamkeit. Stärker als die bisherige deutsche Fassung arbeitet die Neuübersetzung der vielfach ausgezeichneten Übersetzerin und García-Márquez-Spezialistin Dagmar Ploetz die unterschiedlichen stilistischen Ebenen des Romans heraus: pathetisch, witzig, lapidar, episch, poetisch. So gelingt ein Blick auf die Welt, der auch den Erfahrungen des 21. Jahrhunderts noch mühelos standhält. 

Gabriel García Márquez, geboren 1927 in Aracataca, Kolumbien, arbeitete nach dem Jurastudium zunächst als Journalist. García Márquez hat ein umfangreiches erzählerisches und journalistisches Werk vorgelegt. Seit der Veröffentlichung von »Hundert Jahre Einsamkeit« gilt er als einer der bedeutendsten und erfolgreichsten Schriftsteller der Welt. 1982 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Gabriel García Márquez starb 2014 in Mexico City.

Gabriel García Márquez, geboren 1927 in Aracataca, Kolumbien, arbeitete nach dem Jurastudium zunächst als Journalist. García Márquez hat ein umfangreiches erzählerisches und journalistisches Werk vorgelegt. Seit der Veröffentlichung von »Hundert Jahre Einsamkeit« gilt er als einer der bedeutendsten und erfolgreichsten Schriftsteller der Welt. 1982 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Gabriel García Márquez starb 2014 in Mexico City.

Viele Jahre später, vor dem Erschießungskommando, sollte Oberst Aureliano Buendía sich an jenen fernen Nachmittag erinnern, als sein Vater ihn mitnahm, das Eis kennenzulernen. Macondo war damals ein Dorf von zwanzig Häusern, aus Lehm und Pfahlrohr am Ufer eines Flusses gebaut, dessen glasklares Wasser dahinschoss in einem Bett glatt polierter Steine, weiß und riesig wie prähistorische Eier. Die Welt war so neu, dass viele Dinge noch keinen Namen hatten, und wer von ihnen sprechen wollte, musste mit dem Finger auf sie zeigen. Jahr für Jahr im Monat März schlug eine zerlumpte Zigeunerfamilie ihr Zelt in Dorfnähe auf und kündigte unter großem Tamtam von Pfeifen und Trommeln die neuesten Erfindungen an. Zuerst brachten sie den Magneten mit. Ein stämmiger Zigeuner mit wildem Bart und den Krallen eines Sperlings stellte sich als Melquíades vor und schritt zur schauerlichen Vorführung dessen, was er als achtes Weltwunder der weisen Alchimisten aus Mazedonien anpries. Zwei Metallbarren hinter sich her schleifend, zog er von Haus zu Haus, und alle Welt verfiel in Angst und Schrecken, als Kessel, Bratpfannen, Zangen und Kohlebecken von ihrem Platz polterten, Nägel und Schrauben sich verzweifelt aus dem ächzenden Holz zu winden suchten, sogar Langvermisstes gerade dort auftauchte, wo man es am meisten gesucht hatte, und nun alles in wilder Auflösung hinter den magischen Eisen des Melquíades herrumpelte. »Die Dinge haben ein Eigenleben«, verkündete der Zigeuner mit hartem Akzent, »es geht nur darum, ihre Seele zu wecken.« José Arcadio Buendía, dessen rabiate Einbildungskraft immer über den Scharfsinn der Natur hinausging, ja noch Wunder und Magie übertraf, meinte, man könne sich dieser nutzlosen Erfindung bedienen, um der Erde das Gold zu entreißen. Melquíades, der ein ehrlicher Mann war, warnte ihn: »Dafür taugt sie nicht.« Doch José Arcadio Buendía glaubte zu jener Zeit nicht an die Ehrlichkeit der Zigeuner, also tauschte er sein Maultier und ein paar junge Ziegenböcke gegen die Magneteisen. Úrsula Iguarán, seine Frau, die damit rechnete, das kümmerliche Haushaltsbudget mit diesen Tieren aufzubessern, konnte es ihm nicht ausreden. »Bald haben wir Gold genug, um auch noch das Haus damit zu pflastern«, erwiderte ihr Mann. Mehrere Monate lang bemühte er sich, die Richtigkeit seiner Mutmaßungen zu beweisen. Stück für Stück erkundete er die Gegend, sogar den Grund des Flusses, indem er die zwei Eisenbarren hinter sich her zog und dabei laut die Zauberformel des Melquíades aufsagte. Zutage förderte er jedoch nur eine Rüstung aus dem 15. Jahrhundert, deren Einzelteile durch eine Rostkruste verschweißt waren und aus deren Innerem es wie aus einem riesigen, mit Steinen gefüllten Kürbis hallte. Nachdem es José Arcadio Buendía und den vier Männern seiner Expedition gelungen war, die Rüstung zu zerlegen, fanden sie darin ein verkalktes Gerippe, das ein Kupfermedaillon mit einer Frauenlocke um den Hals trug.

Im März kamen die Zigeuner wieder. Diesmal hatten sie ein Fernrohr dabei und eine trommelgroße Lupe, die sie als letzte Entdeckung der Amsterdamer Juden präsentierten. Sie setzten eine Zigeunerin ans andere Ende des Dorfes und bauten das Fernrohr am Eingang des Zeltes auf. Nach Zahlung von fünf Reales durften die Leute durch das Fernglas schauen und sahen die Frau zum Greifen nah. »Die Wissenschaft hat die Entfernungen aufgehoben«, posaunte Melquíades. »In Kürze wird der Mensch alles sehen können, was irgendwo auf der Erde geschieht, ohne aus dem Haus zu müssen.« An einem glühend heißen Mittag fand eine erstaunliche Vorführung der riesigen Lupe statt: Ein Haufen Heu wurde mitten auf die Straße geschafft und durch die Bündelung der Sonnenstrahlen in Brand gesetzt. José Arcadio Buendía, der den Misserfolg mit den Magneten noch nicht verwunden hatte, kam auf die Idee, diese neue Erfindung als Kriegswaffe zu nutzen. Wieder versuchte Melquíades, ihm das auszureden. Am Ende jedoch überließ er ihm die Lupe im Tausch für die zwei Magnetbarren und drei Münzen aus der Kolonialzeit. Úrsula weinte fassungslos. Das Geld stammte aus einer Schatulle mit Goldstücken, die ihr Vater im Laufe eines entbehrungsreichen Lebens angehäuft und die sie in Erwartung einer Gelegenheit, sie gut anzulegen, unter dem Bett vergraben hatte. José Arcadio Buendía machte nicht einmal den Versuch, sie zu trösten, so sehr ging er in seinen Experimenten zur Kriegstaktik auf, die er, auch bei Gefahr um Leib und Leben, mit der Selbstlosigkeit eines Wissenschaftlers betrieb. Um zu beweisen, was die Lupe bei feindlichen Truppen anrichten konnte, setzte er sich selbst den gebündelten Strahlen aus und erlitt dabei Brandverletzungen, die zu Geschwüren wurden und erst nach langer Zeit abheilten. Unter dem Protest seiner Frau, die über einen derart gefährlichen Erfindungseifer besorgt war, hätte er beinahe das Haus in Brand gesteckt. Er verbrachte lange Stunden in seinem Zimmer, stellte Berechnungen über die strategischen Möglichkeiten seiner neuartigen Waffe an, bis er ein Handbuch von erstaunlicher didaktischer Klarheit und zwingender Überzeugungskraft verfasst hatte. Er ergänzte es durch zahlreiche persönliche Erfahrungsberichte sowie mehrere Bögen erläuternder Zeichnungen und schickte es an die Behörden durch einen Boten, der die Bergkette überquerte, durch endlose Sümpfe irrte, sich wilde Flüsse stromaufwärts quälte und fast ein Opfer der Raubtiere, der Verzweiflung und der Pest geworden wäre, bevor er einen Verbindungsweg zur Maultierpost erreichte. Obwohl eine Reise in die Hauptstadt zu jener Zeit so gut wie unmöglich war, wollte José Arcadio Buendía, sobald die Regierung das befehle, den Versuch wagen, um den Militärs seine Erfindung praktisch vorzuführen und sie höchstpersönlich in die komplizierte Kunst des solaren Kriegs einzuweisen. Mehrere Jahre lang wartete er auf eine Antwort. Müde des Wartens, beklagte er schließlich bei Melquíades das Scheitern seiner Initiative, worauf der Zigeuner einen überzeugenden Beweis seiner Anständigkeit lieferte: Er gab José Arcadio Buendía die Dublonen im Tausch für die Lupe zurück und überließ ihm zudem einige portugiesische Landkarten und mehrere Navigationsinstrumente. Eigenhändig schrieb er ihm eine knappe Zusammenfassung der Studien des Mönchs Hermann auf, damit er das Astrolabium, den Kompass und den Sextanten bedienen konnte. José Arcadio Buendía verbrachte die langen Regenmonate in einem Zimmerchen, das er hinten an das Haus angebaut hatte, auf dass niemand seine Experimente störe. Nachdem er die häuslichen Verpflichtungen nunmehr völlig vernachlässigte, verbrachte er ganze Nächte im Hof, um den Lauf der Sterne zu beobachten, und holte sich fast einen Sonnenstich bei dem Versuch, eine Methode zur exakten Bestimmung des Mittags zu entwickeln. Als er sich sachkundig in Gebrauch und Anwendung seiner Instrumente gemacht hatte, gewann er eine Vorstellung des Raums, die ihm erlaubte, unbekannte Meere zu befahren, nicht bewohnte Gebiete zu erkunden und mit prächtigen Geschöpfen Umgang zu pflegen, ohne sein Kabinett verlassen zu müssen. Damals gewöhnte er sich an, völlig in sich versunken durchs Haus zu wandern und Selbstgespräche zu führen, während Úrsula und die Kinder sich im Garten krumm arbeiteten, Bananen- und Malangastauden anbauten, Yukka und Kürbis, Yamswurzeln und Auberginen. Plötzlich, ohne jede Ankündigung, fand seine fieberhafte Aktivität ein Ende und machte einer Art Staunen Platz. Mehrere Tage lang war er wie unter einem Bann, murmelte unablässig eine Litanei erstaunlicher Mutmaßungen vor sich hin, ohne den eigenen Folgerungen Glauben zu schenken. Endlich, an einem Dienstag im September, brach mit einem Schlag alles, was ihn quälte, aus ihm heraus. Die Kinder sollten sich für den Rest ihres Lebens an den feierlich erhabenen Ernst erinnern, mit dem ihr Vater sich an das Kopfende des Tisches setzte und ihnen, vor Fieber zitternd, gezeichnet von langen Nachtwachen und einer unerbittlichen Fantasie, seine Entdeckung offenbarte:

»Die Erde ist rund wie eine Orange.«

Úrsula verlor die Geduld. »Wenn du wahnsinnig werden musst, dann bitte allein«, schrie sie. »Und wehe du trichterst den Kindern deine Zigeunerideen ein.« José Arcadio Buendía blieb gleichmütig, ließ sich von der Verzweiflung seiner Frau, die in einem Wutausbruch das Astrolabium auf dem Boden zerschmetterte, nicht einschüchtern. Er baute sich ein neues, versammelte die Männer des Dorfes in seinem Zimmer und bewies ihnen anhand von Theorien, die keiner verstand, dass man nur immer gen Osten segeln musste, um wieder den Ausgangspunkt zu erreichen. Das ganze Dorf war davon überzeugt, dass José Arcadio Buendía den Verstand verloren hatte, bis Melquíades kam und die Dinge zurechtrückte. Er pries öffentlich die Intelligenz eines Mannes, der allein durch astronomische Spekulation eine Theorie entwickelt hatte, die durch die Praxis schon belegt, aber noch nicht bis nach Macondo vorgedrungen war, und machte ihm, als Zeichen seiner Bewunderung, ein Geschenk, das entscheidenden Einfluss auf die Zukunft des Dorfes haben sollte: ein alchimistisches Labor.

Melquíades war bestürzend schnell gealtert. Bei seinen ersten Besuchen hatte er ebenso alt wie José Arcadio Buendía gewirkt. Während dieser jedoch sein ungeheuere Kraft bewahrte und immer noch ein Pferd an den Ohren packen und zu Boden werfen konnte, schien den Zigeuner ein hartnäckiges Leiden zu verzehren. In Wirklichkeit handelte es sich um Nachwirkungen vieler seltener Krankheiten, die er sich auf seinen unzähligen Reisen um die Welt zugezogen hatte. Wie er José Arcadio erzählte, während er half, das Labor aufzubauen, war ihm allerorten der Tod auf den Fersen, schnüffelte an seinen Hosen, entschloss sich aber nicht...

Erscheint lt. Verlag 8.6.2017
Übersetzer Dagmar Ploetz
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Die Liebe in den Zeiten der Cholera • Familie • Garcia Marquez • Generationen-Roman • Magischer Realismus • Neu-Übersetzung • Nobelpreis • Südamerika
ISBN-10 3-462-31707-5 / 3462317075
ISBN-13 978-3-462-31707-7 / 9783462317077
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