Katzenglück und Dolce Vita (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
268 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-75205-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Katzenglück und Dolce Vita -  Hermien Stellmacher
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Karla hat die Arbeit in der Werbeagentur satt und träumt von einem Neuanfang als Illustratorin. Überraschend bekommt sie eine erste Chance und zeichnet während eines Urlaubs in der Toskana Entwürfe für ein Buch mit Katzengeschichten. Doch dabei kommt ihr so allerhand in die Quere ...

Nicht nur muss ihr Freund aus beruflichen Gründen nach München zurückreisen, ein hartnäckiger Verehrer rückt Karla auf die Pelle und sie wird von der Großfamilie des Hausverwalters vereinnahmt - auch das Zeichnen von Katzen ist schwieriger als gedacht. Zum Glück stellen sich im Garten des Ferienhauses sehr rasch lebende Modelle ein, und Karla findet in dem Maler Lucien einen Vertrauten und Berater.

Gerade als sie sich am Ziel ihrer Träume glaubt, holen sie die Schatten der Vergangenheit ein ...



<p>Hermien Stellmacher, geboren 1959, wuchs in Amsterdam auf. Im Alter von 15 Jahren zog sie nach Deutschland. Sie illustrierte zahlreiche Kinder- und Jugendb&uuml;cher. Seit einigen Jahren schreibt sie haupts&auml;chlich f&uuml;r Erwachsene, zum Teil unter dem Pseudonym Fanny Wagner. Wenn sie nicht gerade in der Provence weilt, lebt sie mit ihrem Mann und zwei Katern in einem kleinen Dorf in der Fr&auml;nkischen Schweiz.</p>

Hermien Stellmacher, geboren 1959, wuchs in Amsterdam auf. Im Alter von 15 Jahren zog sie nach Deutschland. Sie illustrierte zahlreiche Kinder- und Jugendbücher. Seit einigen Jahren schreibt sie hauptsächlich für Erwachsene, zum Teil unter dem Pseudonym Fanny Wagner. Wenn sie nicht gerade in der Provence weilt, lebt sie mit ihrem Mann und zwei Katern in einem kleinen Dorf in der Fränkischen Schweiz.

1


Es sei ganz einfach, hatte der Mann an der Rezeption erklärt. »Gleich gegenüber gibt es Fahrkarten, und dann gehen Sie immer geradeaus. Sie können die Haltestelle gar nicht verfehlen.«

Ich überquerte die Gasse. Der Himmel über Bologna war strahlend blau. Im Tabacchi-Laden roch es nach Zigarren und gebrannten Kaffeebohnen. Der Inhaber sortierte Lottoscheine und diskutierte lautstark mit der Kundschaft. Ich kämpfte mich zu ihm durch, vorbei an Vitrinen und Regalen, in denen alles von Bürobedarf bis hin zu Süßkram und Zigaretten feilgeboten wurde.

»Buongiorno«, sagte ich. »Due biglietti per l'autobus, per favore.«

Der Mann riss zwei Fahrscheine von einer Rolle und knallte sie auf die Theke. »Due sessanta.« Ohne sich weiter um mich zu kümmern, setzte er das Gespräch mit den anderen fort. Ich legte zwei Euro sechzig auf ein kleines Tablett und ging hinaus.

Linie 28, 9:47 Uhr.

Die Busfahrkarten in der Hand, wiederholte ich die Zahlen wie ein Mantra.

Überall wurden Rollgitter hochgezogen, im Kosmetikgeschäft LUSH waren die Türen bereits offen. Der Seifengeruch, der mir in die Nase stieg, erinnerte mich an die Sendlinger Straße. Doch damit waren die Gemeinsamkeiten zwischen München und Bologna auch schon abgehakt. Die Geräuschkulisse war eine andere, die Leute sahen entspannter aus.

Ich selber war kein bisschen gelassen. Heute ging es um alles oder nichts. Ums Gehenkönnen oder Bleibenmüssen.

Die Straße mündete in eine große Piazza. Überwältigt von der Architektur und den intensiven Rot- und Ockertönen blieb ich stehen. Monumentale Bauten mit Torbögen, prächtige Palazzi mit gotischen Fenstern und Dachzinnen säumten den Platz. Dahinter ragten zwei mittelalterliche Türme in den Frühlingshimmel. Im Straßencafé vor einem Arkadengang richteten schwarz beschürzte Kellner alles für den Tag her.

Linie 28, 9:47 Uhr.

Ich eilte weiter. Immer geradeaus. Tauben- und Touristenscharen ausweichend kam ich zu einer vielbefahrenen Straße. Die Fußgängerampel sprang auf Grün, das Straßenschild bestätigte mir, dass ich richtig war: Via Dell'Indipendenza.

Ob der Name ein gutes Omen war? Vielleicht kam ich meiner eigenen Unabhängigkeit heute schon ein Stück näher. Beschwingt von dieser Vorstellung ging ich unter alten Arkaden weiter. Unter meinen Füßen Mosaiken, über mir prächtig bemalte Decken, wie in einem Freiluftmuseum.

Linie 28, 9:47 Uhr.

Als ich die Bushaltestelle entdeckte, entspannte ich mich. Jetzt konnte nichts mehr schiefgehen. Doch diese Zuversicht verschwand schlagartig, als ich mir den Fahrplan anschaute: Die Linie 28 war nicht aufgelistet.

»Autobus ventotto?«, fragte ich einen Mann mit Aktentasche. Zur Sicherheit malte ich mit dem Finger eine 28 in die Luft.

Er zog die buschigen Augenbrauen hoch. »Per la fiera?«

Fiera war die Messe. Ich nickte.

Der Mann deutete zuerst in die Richtung, aus der ich gekommen war, dann machte er eine Handbewegung nach rechts. »Parte dalla fermata Ugo Bassi.«

Ich sah auf die Uhr. 9:42. Panik machte sich in mir breit. Die Tasche unter den Arm geklemmt, rannte ich im Zickzack über die stark befahrene Straße, wich hupenden Autos und Bussen aus und erreichte mit klopfendem Herzen die andere Straßenseite. Dort kämpfte ich mich durch die Menschenmassen zurück.

An der Kreuzung suchte ich die Wände nach einem Straßenschild ab. Via Ugo Bassi. Außer Atem bog ich in den nächsten Arkadengang ein und rannte weiter.

Linie 28, 9:47 Uhr.

Kein Busschild weit und breit. Erst hinter der zweiten Querstraße entdeckte ich die Haltestelle und erreichte den Bus in letzter Sekunde.

Ich schaffte es noch, die Fahrkarte zu entwerten, dann fuhren wir schon los. Ich klammerte mich, obwohl ich nicht umfallen konnte, an einer Stange fest und versuchte, tief durchzuatmen. Nicht einfach bei den vielen Gerüchen um mich herum.

Der Franzose hinter mir benutzte ein süßliches Aftershave, das perfekt zu seiner näselnden Stimme passte, die Asiaten rechts von mir bevorzugten Sandelholz, die Italienerinnen zur anderen Seite rochen nach Zitrone und Moschus. Eine Mischung, die meine empfindliche Nase auf eine harte Probe stellte.

Auch sonst war die Gesellschaft kunterbunt. Jung und alt, seriös und leger. Sie unterhielten sich in so vielen Sprachen, dass die Kinder- und Jugendbuchmesse den Zusatz international redlich verdient hatte.

Während der Bus in die nächste Straße einbog, fiel mein Blick auf zwei Studenten, die zusammengequetscht auf einem Einzelsitz vor mir saßen. Sie sahen sich Illustrationen auf einem Bildschirm an.

»Boah! Wie hast du das denn gemacht?« Das Mädchen vergrößerte die Darstellung mit zwei Fingern. »Photoshop? Oder Mix?«

Der junge Mann schüttelte lachend seine Rastazöpfe. »1.0. Ganz ohne Technik. Einfach mit Pinsel und Farbe.«

Von einfach konnte kaum die Rede sein. Die ganze Illustration war in einem dunklen Petrolblau angelegt und zeigte mehrere fantasievoll gemalte Holzhäuser, die auf hohen Stelzen durch silbrige Nebelschwaden ragten. Auf dem höchsten Dach tanzte ein Paar vor einer Mondsichel.

Das Mädchen wischte über den Bildschirm. Eine dicke Seerobbendame kam zum Vorschein. In transparentem Tüll, mit einem hellblauen Hut und roten Stöckelschuhen saß sie gedankenverloren auf einer Parkbank.

Unsicher fasste ich durch das weiche Leder meiner Schultertasche nach meinem iPad. Die Zweifel und Ängste, die mich begleiteten, seit ich ernsthaft zu illustrieren begonnen hatte, waren sofort zur Stelle.

»Du wirst dich ganz schön blamieren«, tuschelten sie. »Deine Arbeiten sind nicht annähernd so gut!«

Um zu verhindern, dass der letzte Rest meines Selbstbewusstseins die Flucht ergriff, sah ich stur zum Fenster hinaus. Lebensmittelläden, Waschsalons und Reparaturwerkstätten wechselten sich mit Cafés ab, Schilder wiesen Touristen den Weg zum Hotel. Durch die einmündenden Straßen konnte ich immer wieder einen Blick auf die Innenstadt erhaschen, wo die höher steigende Sonne die Farben der Häuser leuchten ließ.

Mit jeder Haltestelle wurde die Idee verlockender, einfach im Bus sitzen zu bleiben und ins Zentrum zurückzufahren. Ich würde mit Marius frühstücken, mit ihm die Stadt erkunden und morgen in den Urlaub in die Toskana aufbrechen. Als hätte ich nie vorgehabt, die Messe zu besuchen.

In diesem Moment hielt der Bus vor einem großen Hallenkomplex. Die Türen öffneten sich zischend, und ich wurde mit den anderen Fahrgästen hinausgedrängt. In diesem Teil von Bologna herrschte die Farbe Grau vor. Nur über dem Eingangsbereich der Messe flatterten bunte Fahnen etwas Farbe ins Bild.

Meine Ängste und Zweifel waren mit ausgestiegen und ließen nicht locker. »Willst du dir das wirklich antun?«, raunten sie. »Du hast einen festen Job, du verdienst gut und wenn du das jetzt alles …«

Ich versuchte, sie nicht zu beachten, und nahm das letzte bisschen Mut zusammen. Ich hatte jede freie Minute in die Arbeiten dieser Mappe investiert. Wenn ich jetzt kniff, war alles umsonst gewesen.

Ich reihte mich in die Schlange vor den Kassen ein. Die letzten Monate kamen mir in den Sinn. Meine Freizeit war ohnehin schon eng bemessen gewesen. Doch seit ich diesen Wechsel ernsthaft in Erwägung gezogen und nebenbei angefangen hatte, zu illustrieren, war rein gar nichts mehr übrig geblieben. Sogar eines der wenigen Wochenenden, an dem auch Marius Zeit gehabt hätte, war meinem Traum, Bücher zu illustrieren, zum Opfer gefallen.

Endlich war ich an der Reihe und gab meine Personalien in den Registriercomputer ein – Name: Karla Becker, Alter: 38, Wohnhaft: München, Germany. In der Sparte ›Beruf‹ gab es eine große Auswahl, und ich schwankte zwischen Mediendesignerin und Illustratorin. Das eine war ich bereits, das andere wollte ich werden …

Ich entschied mich für Letzteres. Auch wenn ich noch keine Veröffentlichung vorzuweisen hatte, behielt ich damit mein Ziel fest im Auge.

 

Rote Hinweisschilder zeigten mir den Weg zur Halle 30, wo ich Termine vereinbart hatte. Ich beschleunigte mein Tempo, vorbei an Aufstellern und Werbetafeln, die Verlage und Sonderschauen anpriesen. Doch kurz darauf hielt ich abrupt an.

Links und rechts standen riesige Pinnwände, die über und über mit Angeboten und Arbeitsproben bedeckt waren. Viele Illustratoren hatten Visitenkarten beigefügt, manche Bewerbungen waren als raffinierte Pop-ups gestaltet.

Verwirrt überflog ich die Texte. Zeichner aus aller Welt priesen sich und ihre Arbeiten an. Nur ich hatte nichts dergleichen vorbereitet. Meine Zweifel meldeten sich auf der Stelle zurück.

Ich überlegte, wie der Text meiner Annonce aussehen könnte: »Kreative Senior-Artdirektorin möchte wieder ein selbstbestimmtes Leben führen. Zeichnet gut, tanzt mit allen Computerprogrammen Tango und ist zu (fast) allem bereit!«

Ich verwarf die Idee. Ich würde es wie geplant durchziehen. Es musste auch so klappen.

Ich folgte den Wegweisern um die trostlosen Gebäude herum. Am Ziel angekommen, blieb ich vor einer verspiegelten Tür stehen. Ich überprüfte mein Make-up und zog meinen Blazer zurecht. War das dunkle Agentur-Outfit nicht zu spießig für diese Messe? Hätte ich lieber etwas Bunteres anziehen sollen?

Abgesehen davon, dass ich auch privat nur Grau und Schwarz trug, war es für solche Überlegungen...

Erscheint lt. Verlag 8.5.2017
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Bestseller • Beststeller • Cottage mit Kater • Enddreißiger • Frauenroman • Frauenunterhaltung • Illustratorin • insel taschenbuch 4574 • IT 4574 • IT4574 • Italien • Kater • Katze • Katzen • Katzenbücher • Liebe • Malerin • Neuanfang • Sommer • Toskana • Urlaubslektüre
ISBN-10 3-458-75205-6 / 3458752056
ISBN-13 978-3-458-75205-9 / 9783458752059
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