Durchs Bild gelaufen (eBook)

Mein total glamouröser Alltag als Komparsin
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
272 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-44100-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Durchs Bild gelaufen -  Angela Peltner
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Angela Peltner ist jung und braucht das Geld. Die einschlägigen Studentenjobs hat sie schon durch. Und so beschließt sie, als Komparsin beim Film anzuheuern. Was sie dort in über 1000 Einsätzen erlebt - von tobsüchtigen Regisseuren, selbstherrlichen Schauspielern und langen Stunden, die sie wartend auf Bierbänken verbringt -, davon handelt dieses Buch. Aber es gibt auch die schönen Momente: Sie tanzt mit Tom Hanks, verarztet Liam Neeson - und erlebt immer wieder den Kick, wenn sie nicht durchs Bild laufen, sondern sogar ein paar Worte sagen darf.

Angela Maria Peltner wurde in Magdeburg geboren und lebt seit 2002 in Berlin. Neben dem Studium kam sie 2009 eher unverhofft zum Job als Komparsin. Seit 2011 hat sie regelmäßig Kurzeinsätze bei GZSZ und SOKO Wismar. Weitere Rollen hatte sie vornehmlich im ZDF und der ARD, aber auch in der Werbung läuft sie zuweilen durchs Bild.

Angela Maria Peltner wurde in Magdeburg geboren und lebt seit 2002 in Berlin. Neben dem Studium kam sie 2009 eher unverhofft zum Job als Komparsin. Seit 2011 hat sie regelmäßig Kurzeinsätze bei GZSZ und SOKO Wismar. Weitere Rollen hatte sie vornehmlich im ZDF und der ARD, aber auch in der Werbung läuft sie zuweilen durchs Bild.

»Die schönste Gage

nach dem Scheck

ist der Beifall.«

 

Roberto Blanco

7. Durchs Bild gelaufen – Mein erstes Mal


Das erste Mal ist immer was Besonderes. Mein Herz jedenfalls raste an besagtem Freitag, und ich hatte schwitzige Hände. Meine Haare, am Vorabend extra gewaschen, kamen mir am Morgen schon wieder fettig vor. Mein Schlaf war unruhig gewesen, und ich hatte alle 30 Minuten die Uhrzeit kontrolliert, wie ein Soldat auf Patrouille. Natürlich war ich bereits vor dem Weckerklingeln wach und versuchte, Unmengen an Klamotten (so viele, dass die Menge selbst für zehn Drehs übertrieben gewesen wäre) in einen Koffer zu pressen.

Schließlich ist ein Komparse nichts ohne sein wichtigstes Argument, die Kleidung.

Sein Komplize, der Koffer, kommt voll auf seine Kosten, wenn es zweimal die Woche von der Agentur heißt: »Nimm bitte dreimal verschiedene Wechselgarderobe mit. Denk dran: nichts Weißes und nichts Schwarzes. Gern grün, blau, braun, keine Muster und Marken, keine Streifen und Karos. Nicht zu grell – gell!«

 

Und da man am Anfang immer zu viel mitnimmt (Anfängerding), habe ich mit Schlagseite (wegen des Koffers) superpünktlich meine Wohnung verlassen, um eine frühere Bahn zu bekommen, so wie es mir in der E-Mail vorgeschlagen worden war. (Das ist auch so etwas, das man nur beim ersten Mal macht.)

Als Komparse kommt man ordentlich herum. Da kann man für eine Fahrt zum Drehort schon mal eine geschlagene Stunde brauchen. Denn genau so lange dauerte meine erste Fahrt, die mich nach Wannsee in die Klinik Heckeshorn führte.

Die ehemalige Lungenklinik lag inmitten einer perfekten Idylle, scharf umzäunt von pompösen Villen, die so prunkvoll waren, dass der Stuck auch noch für die Außenfassade gereicht hat. Die Namen auf den Klingelschildern wurden ausschließlich mit ominösen Anfangsbuchstaben (W.J.) abgekürzt, weil die ausgeschriebenen Namen wahrscheinlich zu Fantumulten geführt hätte.

Das stillgelegte Krankenhaus lag direkt am Wannsee und verfügte nicht nur über eine eigene Bushaltestelle. Passenderweise hießen das Klinikgelände, der Wald drumherum, die Straße mit den pompösen Villen und last, but not least eben die Bushaltestelle einfach »Heckeshorn«, weil, wie ich später erfahren hatte, das Wannseeufer »Heckeshorn« hieß. Hier ganz in der Nähe, quasi ein Kirschkernweitwurf entfernt, lag auch das Haus der Wannsee-Konferenz, wo sich schon am frühen Morgen kleine Kohorten an geschichtshungrigen Rentnern versammelt hatten. Entgegen meinem Reflex, auf die Menschen zuzugehen, entfernte ich mich von ihnen und ging in einen kleinen, lichten Wald.

Irgendwie hatte ich bei dem Namen »Heckeshorn« ein gruseliges, altherrschaftliches Haus vor Augen gehabt, doch da wurde ich enttäuscht. Das Gebäude bestand in Wahrheit aus mehreren schnöden Klinkerbauten, die schätzungsweise Ende der 50er Jahre in Betrieb gegangen waren. Im Hauptgebäude gab es einen 100 Meter langen, hippen Glasdurchgang, der vom West- zum Ostflügel führte und der, weil er so hip war, sehr oft in Filmen gezeigt wurde. Schon ein Gebäude von denen allein war ziemlich riesig, und man konnte sich ohne Brotkrumen ganz leicht darin verirren. Schließlich rede ich hier von einem echten, großen Krankenhaus – von den immer gleichen ellenlangen Fluren, den standardmäßigen mintfarbenen Linoleumböden, dem hellen Licht und den weißen Wänden. Die bestimmt fünf, sechs Etagen des stillgelegten Krankenhauses waren aber nicht alle in Betrieb. Meist verschanzten sich die Filmteams mit ihren Tonwagen und Kameras in der ersten Etage. Ich habe beim Fernschauen darauf geachtet, ob es wirklich immer der gleiche Krankenhausflur war, über den die nationalen wie internationalen Schauspieler gewatschelt sind. Und ja, sind sie. Alle diese Formate, vom Sat-1-Mehrteiler Der Doc und die Hexe über SOKO Wismar und Unknown Man, wurden in derselben ersten Etage gedreht. Die immer gleichen Krankenhausflure, Akten, Türen, Gerätschaften. Doch bevor ich das alles verstanden habe, war ich schon völlig hin und weg. Nicht wegen des mintfarbenen Bodens, nein, direkt vor mir sah ich es. Hell erstrahlt. Einzigartig: das Filmset. Ich war am Ziel.

 

Ich fühlte mich ein bisschen wie die Neue in der Schule, als ich zum ersten Mal das Set betrat. Mein Gefühl zumindest schwankte zwischen Eroberungswillen und Fluchtgedanken. Ich kannte ja niemanden. Niemand da, mit dem ich mir mein Pausenbrot teilen konnte. Überall auf den Fluren liefen Menschen mit Walkie-Talkies herum. Es knackste und rauschte und brabbelte, und dabei waren alle ganz furchtbar in Hektik. Meine spontane Assoziation dazu: Bienenschwarm. Das ist übrigens an jedem Set das Gleiche, wie ich im Laufe der Zeit herausfand. Die Menschen rennen eigentlich mehr, als das sie gemütlich von A nach B gehen. Sie stehen eigentlich nur, wenn gedreht wird. Das muss sehr erholsam für die Crew sein, denn sobald Pause ist, sagt ihnen irgendjemand was in ihre Kopfhörer, auf das sie irgendwie angemessen reagieren müssen.

Da stand ich also inmitten der mir fremden, völlig betriebsamen Menschen und kam mir in meinem extrafeinen Sonntagskostümchen ein bisschen overdressed vor. Der Rest der Filmcrew war, soweit ich das überblicken konnte, in legerer, ehrlicher Arbeiterklamotte (Multifunktionshose, North-Face-Jacke, Karabinerhaken und Bergsteigerschuhe) unterwegs. Warum die anderen so praktisch gekleidet waren, wurde mir allerdings schmerzlich bewusst, als ein Kamikaze-Kameramann mit seiner Kamera nebst Rolli unter den Füßen und mit gut und gern 15 km/h direkt auf mich zugerast kam. Gut, dass ich halbwegs hollywoodreif zur Seite springen konnte. Der Sprung hatte aber auch was Gutes. Ich wurde wahrgenommen. »Wo soll’s denn hingehen, junge Frau?«, fragte mich der Kameraassistent, während er an seinem Karabiner werkelte.

»Ähm, hallo … Ich bin Komparsin. Komparsin Angela Maria. Ich weiß nicht, wo ich hinsoll.« Der Kameraassistent winkte ab. »Ach, Komparsin. Da biste hier völlig falsch. Da musste jetzt den Gang runter, nach links und dann die Treppe in den dritten Stock hoch, ab da musste dich durchfragen.«

Und so habe ich an meinem ersten Drehtag etwas sehr Wichtiges gelernt: Wer nicht fragt, bleibt dumm!

Wenn man erst mal den Mund aufmacht, geht alles ganz schnell. Nach nur fünf Minuten Herumirren auf drei mintfarbenen Fluren stand plötzlich und wie aus dem Nichts ein Komparsenbetreuer vor mir, der nur zum Einsatz kommt, wenn der Regieassi Hilfe bei der Koordinierung der Komparsen braucht. Er machte auf der Komparsenliste ein Häkchen hinter meinem Namen. Das Häkchen ist so was wie der offizielle Arbeitsbeginn, genauso wie Abstempeln. Ab dem Punkt läuft das Zahnrad von ganz alleine. Dann gilt die Devise: einfach treiben lassen.

 

Für gewöhnlich gilt gleich nach der Begrüßung die oberste Komparsenmaxime: Mach das, was dein Betreuer oder dein Regieassistent zu dir sagt. Der Regieassistent wird immer »Regieassi« genannt. Weil es schlicht und ergreifend kürzer ist. Nennen wir ihn Robert.

Regieassi Robert: »Geh erst mal in den Fitting Room. Klamotten hast du dabei?« Ich wollte nicht schon am ersten Tag als vorwitzig gelten, wenn ich ihm gesagt hätte, dass ich in dem Monster von Koffer neben mir nur Luft mitgebracht hätte und leider für meine Klamotten kein Platz mehr gewesen sei. Ich schluckte die Antwort runter und dackelte brav zum Ende des Flures, direkt in den Fitting Room hinein.

»Fiting Room« steht dabei übrigens nicht für einen Raum voller Sportgeräte und schwitzender Menschen, sondern ist die coolere Bezeichnung für »Raum mit unfassbar vielen Klamotten drin«. Unweigerlich fragte ich mich, warum ich meinen Riesenkoffer mit mir hergeschleppt hatte, wenn es hier doch eh ein ganzes Zimmer voll von Kostümen gab. In diesem Zimmer gab es drei Dirigenten, auch Kostümbildnerinnen genannt, die schon fleißig an zwei Komparsinnen zugange waren. Alle drei trugen sie einen ausgeprägten Strichmund mit sich rum, den sie uns auch ungeniert präsentierten. Mir schienen die Frauen irgendwie überfordert. Dabei bin ich doch so ein Frauenfreund. Aber an diesem Tag, das spürte ich sofort, würde es nicht leicht werden. Aber ich nahm all meinen Charme zusammen, den ich unbeachtet vor mich hin sprühte, und war bereit für den Blick in den Koffer.

»Hallo, ich bin Angela. Ich habe heute mal meinen ganzen Kleiderschrank dabei.« Ich lachte. Keine Reaktion der Kostümbildnerin. Daraufhin wuchtete ich voller Optimismus den Koffer auf einen kleinen Tisch und zog als Erstes meinen Joker heraus. Einen bunten japanischen Kimono. Auf diesen Kimono, seit je unter den Top Five aller meiner Kleidungsstücke und dann auch noch ein Erbstück, hatte ich alle meine Hoffnungen gesetzt, der Kostümbildnerin ein kleines verhuschtes Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Hatte ich den Kimono doch einst meiner Oma abgeschwatzt. Ich war mächtig stolz, ihn zu besitzen. Die Kostümbildnerin reagierte anders als erwartet, nämlich entsetzt. »Um Himmels willen!«, schlug sie die Hände über dem Kopf zusammen. »Das Ding ist viel zu bunt, weißt du, wie das flimmert? Das geht gar nicht in der Kamera. Zeig mal deine anderen Sachen.«

Leicht verunsichert zog ich das nächste Teil aus meinem Koffer, einen himmelblauen Frotteemantel. Jetzt verdrehte die Kostümbildnerin sogar ihre Augen und sagte schließlich in resigniertem Ton. »Nein …, dann lass lieber das bunte Ding an.« Yes! Wahnsinn, so hatte ich meinen Kimono doch noch durch ihre eisenharte Kontrolle...

Erscheint lt. Verlag 25.11.2016
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Aushilfsjobs • Berlin • Dreharbeiten • Erfahrungsberichte • Film • Filmkulisse • Filmset • Geschenk Serienfan • Gute Zeiten • Gute Zeiten, Schlechte Zeiten • GZSZ • GZSZ-Schauspielerin • Hinter den Kulissen • Komparse • Komparsenrolle • Liam Neeson • Regisseur • RTL • schlechte Zeiten • SOKO Wismar • Statist • Studentenjobs • Tom Hanks • wahre Erfahrungsbücher • Wahre GEschichte • wahre Geschichte Bücher • wahre Geschichte Frau
ISBN-10 3-426-44100-4 / 3426441004
ISBN-13 978-3-426-44100-8 / 9783426441008
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 1,1 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von T.C. Boyle

eBook Download (2023)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
20,99
Roman

von Fatma Aydemir

eBook Download (2022)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
12,99
Roman. Jubiläumsausgabe

von Umberto Eco

eBook Download (2022)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
12,99