Belgravia (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
448 Seiten
C. Bertelsmann (Verlag)
978-3-641-20517-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Belgravia -  Julian Fellowes
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Der Erfolgsautor mit der großen Familiensaga nach »Downton Abbey«
»Belgravia« - mit seinem neuen Roman setzt der Schöpfer der Erfolgsserie »Downton Abbey« Julian Fellowes dem nobelsten Londoner Stadtteil ein großartiges Denkmal. Dabei entführt er seine Leser mitten ins 19. Jahrhundert, wo alter Hochadel, neureiche Unternehmer und korrupte Dienstboten aufeinandertreffen und die Liebe sich den Standesgrenzen widersetzt ... Überaus spannend lässt Julian Fellowes in »Belgravia« eine versunkene Welt lebendig werden.

Julian Fellowes wurde 1949 in Ägypten geboren, wuchs in England auf und studierte in Cambridge. Er ist Schauspieler und preisgekrönter Autor von Romanen, Drehbüchern und Theaterstücken; für »Gosford Park« wurde er mit einem Oscar ausgezeichnet, die Serie »Downton Abbey« hat ihn weltweit berühmt gemacht. 2009 wurde er in den Adelsstand erhoben. Julian Alexander Kitchener-Fellowes, Baron Fellowes of West Stafford, lebt mit seiner Frau Emma im Südwesten der englischen Grafschaft Dorset.

Eine zufällige Begegnung

1841

Die Kutsche kam zum Halten. Es schien kaum ein Moment vergangen, seit Anne eingestiegen war. Eigentlich lohnte es nicht, den Wagen anspannen zu lassen, um vom Eaton Square zum Belgrave Square zu fahren, und wenn es nach Anne gegangen wäre, dann hätte sie den Weg zu Fuß zurückgelegt. Aber natürlich ging es in solchen Fällen nicht nach Anne. Nie. Ein weiterer Moment verstrich, dann war der Kutscher abgestiegen und öffnete den Schlag. Er streckte ihr den Arm entgegen, um ihr beim Aussteigen Halt zu geben. Anne blieb kurz stehen und atmete einmal tief durch. Das Haus, in dem sie erwartet wurde, gehörte zu den glanzvollen klassischen Bauten im Zuckerbäckerstil, die in Belgravia, das erst seit Kurzem so hieß, in den letzten zwanzig Jahren aus dem Boden gestampft worden waren. Ihre Architektur barg für Anne Trenchard wenig Geheimnisse, denn ihr Mann hatte das ganze letzte Vierteljahrhundert damit verbracht, an Plätzen, Prachtstraßen und Crescents solche Privatpalais zu errichten, standesgemäße Domizile für die Reichen im England des neunzehnten Jahrhunderts. Er arbeitete mit den Gebrüdern Cubitt zusammen und verdiente dabei ein Vermögen.

Zwei andere Damen wurden vor Anne ins Haus eingelassen, und der Lakai hielt erwartungsvoll die Tür auch für Anne auf, sodass ihr nichts übrig blieb, als die Stufen hochzusteigen und in die weitläufige Eingangshalle zu treten. Dort stand ein Dienstmädchen bereit, um ihr das Umschlagtuch abzunehmen; die Haube behielt Anne jedoch auf. Sie war es inzwischen gewöhnt, von Leuten eingeladen zu werden, die sie kaum kannte, und der heutige Nachmittag machte da keine Ausnahme. Der Schwiegervater ihrer Gastgeberin, der verstorbene Duke of Bedford, war ein Kunde der Cubitts gewesen, und James Trenchard hatte für ihn viele Arbeiten am Russell Square und am Tavistock Square ausgeführt. Heutzutage gab sich James natürlich gern als Gentleman, den es nur zufällig in die Geschäftsräume der Cubitts verschlagen hatte, und manchmal nahm man ihm das sogar ab. Er hatte erfolgreich Freundschaft oder zumindest freundliche Bekanntschaft mit dem Duke und dessen Sohn, Lord Tavistock, geschlossen. Dessen Gemahlin hingegen, Lady Tavistock, hatte sich stets als überlegene Gestalt im Hintergrund gehalten, führte sie doch als eine der Palastdamen der jungen Queen ein ganz anderes Leben. Anne hatte mit ihr in all den Jahren kaum mehr als ein paar höfliche Worte gewechselt, aber James bildete sich ein, dies genüge als Grundlage, um die Bekanntschaft fortzuführen. Der alte Duke starb zu gegebener Zeit, und als der neue Duke James’ Hilfe in Anspruch nehmen wollte, um den Londoner Besitz der Familie weiter auszubauen, hatte James einen dezenten Hinweis fallen lassen, dass Anne gern einmal den »Nachmittagstee« erleben würde, eine Neuerung der Duchess, über die so viel gesprochen wurde. Tatsächlich kam in Kürze eine Einladung.

Man konnte nicht behaupten, dass Anne Trenchard den gesellschaftlichen Alpinismus ihres Mannes missbilligte. Sie hatte sich daran gewöhnt. Sie sah, wie viel Vergnügen er daran hatte – oder zu haben glaubte –, und missgönnte ihm seine Träume nicht. Sie teilte sie einfach nicht mit ihm, genauso wenig wie in Brüssel vor fast dreißig Jahren. Sie war sich im Klaren darüber, dass die Damen, die sie in ihren Häusern empfingen, auf Anweisung ihrer Gatten handelten, die diese Anweisungen erteilten, weil James ihnen nützlich sein konnte. Nachdem sie ihm die kostbaren Einladungen zu Bällen, zum Lunch oder zum Dinner und nun zum neuartigen »Tee« überreicht hatten, nutzten sie seine Dankbarkeit zu ihren eigenen Zwecken. Anne erkannte – James leider nicht –, dass sie ihren Mann an der Kandare seines eigenen Snobismus führten. Ihr Mann hatte sich die Trense selbst in den Mund geschoben und die Zügel in die Hände von Männern gelegt, die sich nichts aus ihm machten, sondern nur auf die Profite aus waren, die er ihnen verschaffen konnte. Annes Aufgabe dabei war es, vier- bis fünfmal am Tag die Kleider zu wechseln, mit abweisenden Damen in großen Salons herumzusitzen und dann wieder nach Hause zu fahren. Sie hatte sich an dieses Leben gewöhnt. Die Lakaien und der ganze Prunk, der von Jahr zu Jahr zuzunehmen schien, machten sie inzwischen weder nervös, noch ließ sie sich davon beeindrucken. Sie betrachtete dieses Leben realistisch als das, was es war: der Ausdruck einer anderen Lebensart. Mit einem Seufzer erklomm sie in der Eingangshalle die große Treppe mit dem vergoldeten Handlauf, die sie unter einem lebensgroßen Porträt ihrer Gastgeberin in Regency-Toilette vorbeiführte, gemalt von Thomas Lawrence. Anne fragte sich, ob das Bild womöglich nur eine Kopie war, die die Londoner Besucher beeindrucken sollte, während das Original fröhlich und allen Blicken verborgen im ländlichen Herrensitz der Familie hing.

Als sie den oberen Treppenabsatz erreicht hatte, strebte sie auf einen weiteren großzügigen Salon zu, diesmal ausgeschlagen mit zartblauem Damast, mit einer hohen, freskenbemalten Decke und vergoldeten Türen. Eine große Schar von Damen saß auf Sesseln, Sofas und Ottomanen, balancierte Teller und Tassen und verlor häufig die Kontrolle über beides. Eine Handvoll Gentlemen, modisch auf der Höhe der Zeit und offensichtlich Geschöpfe des Müßiggangs, saß plaudernd dazwischen. Einer von ihnen blickte auf und nahm Annes Ankunft zur Kenntnis, doch Anne sah einen leeren Sessel am Rand der Gesellschaft und steuerte lieber diesen an. Ihr Weg führte sie an einer alten Dame vorbei, die gerade nach einem Teller Sandwiches tastete, der über ihren ausladenden Rock hinabzugleiten drohte; Anne fing ihn für sie auf. Die Unbekannte strahlte. »Gut gemacht.« Sie biss von ihrem Sandwich ab. »Nicht, dass ich einem leichten Imbiss mit Kuchen und Tee abgeneigt wäre, der die Zeit bis zum Dinner überbrückt. Aber warum können wir uns dazu nicht an einen Tisch setzen?«

Anne hatte ihren Sessel erreicht und hielt sich nach der relativ freundlichen Gesprächseröffnung ihrer Nachbarin auch für befugt, den Platz neben ihr einzunehmen. »Ich glaube, der Sinn des Ganzen ist es, nirgendwo festzusitzen. Wir können uns alle frei bewegen und uns unterhalten, mit wem wir möchten.«

»Nun, ich möchte mich gerne mit Ihnen unterhalten.«

Ihre Gastgeberin eilte leicht besorgt herbei. »Mrs Trenchard, wie nett von Ihnen hereinzuschauen.« Das klang nicht so, als würde von Anne erwartet, sehr lange zu bleiben, was Anne durchaus recht war.

»Ich freue mich sehr, dass ich hier sein darf.«

»Wollen Sie uns nicht vorstellen?«, fragte die alte Dame, zu deren Rettung Anne herbeigeeilt war. Der Duchess widerstrebte es sichtlich, ihren Pflichten nachzukommen, doch ihr wurde bewusst, dass ihr nichts anderes übrig blieb, und sie lächelte spröde.

»Darf ich Mrs James Trenchard vorstellen.« Anne neigte kurz den Kopf und wartete.

»Die Dowager Duchess of Richmond.« Sie sprach den Namen mit einer ungeheuren Endgültigkeit aus, als hätte sich damit alles Weitere ein für allemal erübrigt. Schweigen trat ein. Sie sah Anne prüfend an, ob sie auch angemessene Ehrfurcht zeigte, doch der Name hatte Anne vielmehr in eine Art Schockzustand versetzt, wenn man eine plötzliche Traurigkeit und wehmütige Sehnsucht nach früheren Zeiten so nennen konnte. Bevor sie Worte fand, die den Moment hätten retten können, sprudelte ihre Gastgeberin schon weiter. »Und jetzt müssen Sie mir erlauben, Sie Mrs Carver und Mrs Shute vorzustellen.« Offensichtlich hatte sie irgendwo ein Grüppchen unmaßgeblicher Damen zusammengetrieben, die sie den wahrhaft Großen vom Leib halten wollte. Doch die alte Duchess wollte nichts davon wissen.

»Entreißen Sie sie mir noch nicht. Ich kenne Mrs Trenchard.« Mit einem Ausdruck höchster Konzentration forschte die alte Dame in dem Gesicht ihres Gegenübers.

Anne nickte. »Sie haben ein wunderbares Gedächtnis, Duchess. Ich dachte, ich hätte mich so verändert, dass Sie mich nicht wiedererkennen würden, aber Sie haben recht. Wir sind uns begegnet. Ich war auf Ihrem Ball. In Brüssel, vor der Schlacht von Waterloo.«

Die Duchess of Bedford staunte. »Sie waren auf diesem berühmten Ball, Mrs Trenchard?«

»In der Tat.«

»Aber ich dachte, Sie hätten erst vor Kurzem …« Sie fing sich gerade noch rechtzeitig. »Ich muss nachsehen, ob alle haben, was sie brauchen. Entschuldigen Sie mich bitte.« Sie eilte davon und ließ die beiden Damen allein, die einander eingehend musterten.

Schließlich ergriff die alte Duchess das Wort. »Ich erinnere mich gut an Sie.«

»Wenn es so ist, dann bin ich beeindruckt.«

»Natürlich kannten wir einander eigentlich gar nicht, nicht wahr?« In dem runzligen Gesicht konnte Anne immer noch die Spuren der Königin von Brüssel erkennen, die dort uneingeschränkt geherrscht hatte.

»Nein. Mein Mann und ich wurden Ihnen aufgedrängt, und ich fand es sehr gütig von Ihnen, uns überhaupt hereinzulassen.«

»Ich erinnere mich. Mein verstorbener Neffe war in Ihre Tochter verliebt.«

Anne nickte. »Das mag sein. Ganz sicher aber war sie in ihn verliebt.«

»Nein, ich glaube, er war es wirklich. Damals war ich überzeugt davon. Als der Ball zu Ende war, hatten der Duke und ich eine ausführliche Unterredung darüber.«

»Das kann ich mir vorstellen.« Beide wussten ganz genau, wovon sie sprachen, aber was hatte es für einen Sinn, die alten Geschichten wieder auszugraben?

»Wir sollten das Thema ruhen lassen. Dort drüben ist meine Schwester. Es würde sie erschüttern, selbst nach so vielen Jahren.« Anne blickte zur anderen Seite des Saals hinüber, wo sie eine imposante...

Erscheint lt. Verlag 14.11.2016
Übersetzer Maria Andreas
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Belgravia
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte bestseller taschenbuch • Downton Abbey • Eaton Place • eBooks • Eine Klasse für sich • England • Familiensaga • Gosford Park • Großbritannien • Historische Romane • Historischer Roman Bestseller • London • London SW1 • Past Imperfect • Roman • Romane • Snobs • spiegel bestseller • SPIEGEL-Bestseller
ISBN-10 3-641-20517-4 / 3641205174
ISBN-13 978-3-641-20517-1 / 9783641205171
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