Zeit der Kastanienblüte (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
464 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-42654-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Zeit der Kastanienblüte -  Maeve Binchy
Systemvoraussetzungen
6,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Blicken Sie hinter die Türen der Chestnut Street in Dublin: Mit ihrem unnachahmlichen Gespür für das Erzählenswerte im Alltäglichen, das Anrührende und Unterhaltsame im Leben ganz gewöhnlicher Menschen gewährt die irische Bestsellerautorin Maeve Binchy ihren Lesern Einblick in die Schicksale der Bewohner der Chestnut Street. Teils romantisch, teils tragisch, teils heiter und immer warmherzig und berührend sind die Momentaufnahmen, die Maeve Binchy in 'Zeit der Kastanienblüte' vereint hat. Die Autorin lässt die Leser und Leserinnen teilhaben am bunten Treiben, am Weinen und Lachen, Lieben und Streiten von Menschen, die sich bald nicht mehr wie Figuren in einem Buch anfühlen, sondern wie Freunde. Wie auch schon ihre anderen Romane, darunter 'Der grüne See', 'Die irische Signora' und 'Ein Haus in Irland', die in England, den USA und in Deutschland zu Bestsellern wurden, geht Maeve Binchys Roman 'Zeit der Kastanienblüte' zu Herzen und begeistert durch seine besondere Atmosphäre.

Maeve Binchy wurde in Dublin geboren, studierte Geschichte und arbeitete als Lehrerin. 1969 ging sie als Kolumnistin zur Irish Times. Sie hat zahlreiche Romane, Kurzgeschichten und Theaterstücke geschrieben. Ihre Romane, darunter »Der grüne See«, »Die irische Signora« und »Ein Haus in Irland« wurden in England, den USA und in Deutschland zu Bestsellern. Auch »Cathys Traum«, »Wiedersehen bei Brenda« und »Insel der Sterne« landeten gleich nach Erscheinen sofort ganz oben auf den internationalen Bestsellerlisten.Maeve Binchy starb am 30. Juli 2012.

Maeve Binchy wurde in Dublin geboren, studierte Geschichte und arbeitete als Lehrerin. 1969 ging sie als Kolumnistin zur Irish Times. Sie hat zahlreiche Romane, Kurzgeschichten und Theaterstücke geschrieben. Ihre Romane, darunter »Der grüne See«, »Die irische Signora« und »Ein Haus in Irland« wurden in England, den USA und in Deutschland zu Bestsellern. Auch »Cathys Traum«, »Wiedersehen bei Brenda« und »Insel der Sterne« landeten gleich nach Erscheinen sofort ganz oben auf den internationalen Bestsellerlisten. Maeve Binchy starb am 30. Juli 2012.

Dolly und ihre Mutter


*

 

 

Nur weil ihre Mutter schön war, hatte sie es so schwer. Wäre ihre Mutter rund und pummelig oder dürr und voller Falten gewesen, hätte Dolly sich mit dem Erwachsenwerden um einiges leichter getan, aber so gab es nicht die geringste Hoffnung für sie. Mutter war groß und gertenschlank, und ihr Lächeln wirkte auf jeden ansteckend. Und wenn sie lachte, drehten sich sogar Fremde mit einem beifälligen Blick nach ihr um. Zudem war Mutter eloquent und nie um eine Antwort verlegen. Sie besaß das Talent, ihre langen, lilafarbenen Seidenschals so elegant zu drapieren, dass sie beim Gehen schmeichelnd ihre Figur umspielten. Band Dolly sich einen Schal um den Hals, sah sie damit aus, als sei sie bandagiert oder ein Fußballfan. Dick, untersetzt, farblos und uncharmant, wie sie war, fiel es ihr bisweilen nicht schwer, ihre eigene Mutter zu hassen.

Allerdings hielt dieses Gefühl meist nie lang an, und von Hass konnte eigentlich auch nicht die Rede sein. Niemand vermochte Mutter zu hassen – schon gar nicht ihre linkische Tochter, die von ihr stets wie eine Prinzessin behandelt wurde und deren Vorzüge hervorzuheben Mutter nicht müde wurde. Dollys schöne, dunkelgrüne Augen zum Beispiel, in denen man sich Mutters Ansicht nach so leicht verlieren konnte. Doch Dolly hatte ihre Zweifel. Bisher war weit und breit niemand in Aussicht, der lang genug hineingeschaut hätte, um festzustellen, dass ihre Augen tatsächlich grün waren. Ganz zu schweigen davon, hoffnungslos in deren Tiefen zu versinken. Und immer wieder musste Vater herhalten, um Dollys wunderbares Haar zu bewundern. »Sieh doch nur, wie dick und gesund es ist. Shampoo-Hersteller werden unsere Doll noch auf Knien anflehen, Reklame für sie zu machen.« Mit milder Überraschung, aber gehorsam, wandte Vater dann seine Aufmerksamkeit Frau und Tochter zu, mit staunenden Augen, als wäre dem Hobbyornithologen der Anblick eines seltenen Eisvogels vergönnt. O ja, was für ein prachtvolles Gefieder. Nicht eine kahle Stelle, pflegte er zerstreut zu erwidern.

Dolly war weniger begeistert von ihrem mausgrauen Haar. Außer dass es dicht und üppig wuchs, gab es nicht viel Positives darüber zu berichten. Und genau das hob Mutter in ihren überschwenglichen Komplimenten immer wieder hervor.

Alle Mädchen an ihrer Schule liebten Dollys Mutter. Sie war stets freundlich zu ihnen, interessierte sich für ihre Angelegenheiten und vergaß nie ihre Namen. Die Mädchen kamen gern in das Haus in der Chestnut Street, vor allem am Samstagnachmittag. Dollys Mutter stellte ihnen dann ihre ausgemusterten Schminkutensilien zur Verfügung: alte Lippenstiftstummel, fast leere Lidschattendöschen, eingetrocknete Puderreste. Im Haus gab es einen großen Spiegel mit Beleuchtung wie in einer Künstlergarderobe; vor dem konnten die Mädchen ausgiebig üben. Dollys Mutter stellte nur eine Bedingung. Bevor sie nach Hause gingen, mussten alle Spuren der Kriegsbemalung mit Kleenex und Coldcream wieder getilgt sein. Mutter überzeugte sie davon, dass auf diese Weise ihre Haut frisch und gesund bleiben würde, so dass Dollys Freundinnen das Abschminken fast ebenso viel Spaß machte wie das Bemalen ihrer jungen Gesichter.

Hin und wieder fragte Dolly sich, ob ihre Freundinnen tatsächlich ihretwegen oder doch nur wegen ihrer Mutter kamen. In der Schule ignorierten sie sie meistens, und nach dem Unterricht blieb Dolly meist allein zurück, während die anderen Arm in Arm davoneilten. Nie war sie auf dem Pausenhof von einer Gruppe lachender Mädchen umringt, niemand wollte mit ihr nach der Schule zum Bummeln gehen, und im Sportunterricht wurde sie normalerweise stets als Letzte in eine Mannschaft gewählt. Sogar die arme Olive, die richtig schwabbelig war und dicke, runde Brillengläser trug, wurde oft noch vor Dolly auserkoren. Wäre Mutter nicht gewesen, hätte in der Schule wahrscheinlich niemand Notiz von ihr genommen. Eigentlich hätte Dolly dankbar sein müssen, denn im Gegensatz zu allen anderen in ihrer Umgebung hatte sie eine Mutter, die allgemein beliebt und anerkannt war. Normalerweise wusste Dolly das auch sehr zu schätzen, aber am glücklichsten war sie doch, wenn sie mit ihrer Katze spielte.

Für den Wohltätigkeitsbasar ließ sich Mutter immer einen anderen originellen Kuchen einfallen, jedoch nie üppig verzierte Torten, die die anderen Mütter in Verlegenheit gebracht hätten, oder trockene Napfkuchen, für die Dolly sich hätte schämen müssen. Mal war der Kuchen über und über mit Smarties dekoriert, ein andermal mit Kapuzinerkresseblüten, die man bedenkenlos mitessen konnte – zumindest laut Zeitungsartikel, den Mutter beigelegt hatte. Für das Schultheater stellte Mutter stets die tollsten Utensilien zur Verfügung und beschwerte sich nie, wenn sie die Sachen nicht mehr zurückbekam. Einmal hatte Mutter Miss Power sogar um das Strickmuster ihres Pullovers gebeten und das gute Stück tatsächlich nachgestrickt. Aber in einer anderen Farbe, wie sie Miss Power erklärte, damit sie nicht wie Zwillinge aussahen. Die arme Miss Power – im Gegensatz zu Mutter ein unscheinbares Mauerblümchen – hatte vor Freude rosige Wangen bekommen und auf einmal richtig sympathisch gewirkt.

Nun stand Dollys sechzehnter Geburtstag bevor, der groß gefeiert werden sollte. Mutter besprach alles ausgiebig mit ihrer Tochter.

»Sag mir doch mal, wie du dir deine Party vorstellst, und dann will ich noch wissen, wie die anderen aus deiner Klasse feiern werden. Es gibt nichts Schlimmeres als eine Mutter, die völlig danebenliegt und ihre Tochter ins Kino oder zu McDonald’s schleppt wie ein kleines Mädchen.«

»Du machst doch nie was falsch, Mutter«, erwiderte Dolly dumpf.

»O doch, das kann mir auch passieren, Doll, Schätzchen. Ich bin immerhin gefühlte hundert Jahre älter als du und alle deine Freundinnen zusammen. Meine Ideen stammen quasi noch aus dem letzten Jahrhundert. Deshalb bin ich darauf angewiesen, dass du mir genau sagst, wie du dir das vorstellst.«

»Du bist doch keine hundert Jahre älter als wir.« Dolly räusperte sich. »Du warst dreiundzwanzig bei meiner Geburt, und jetzt bist du noch keine vierzig Jahre alt.«

»Oh, aber bald werde ich es sein.« Mutter seufzte und warf einen kurzen Blick in den Spiegel, aus dem ihr ein makelloses Gesicht entgegensah. »Bald bin ich eine runzlige, bucklige, exzentrische Vierzigjährige.« Sie brach in perlendes Gelächter aus, und Dolly stimmte mit ein. Diese Vorstellung war einfach lächerlich.

»Was hast du eigentlich an deinem sechzehnten Geburtstag gemacht?«, fragte Dolly. Panisch versuchte sie, den Moment so lang wie möglich hinauszuzögern, an dem sie zugeben musste, dass sie keine Ahnung hatte, wie ihre Party aussehen sollte, und dass sie sich im Grunde schrecklich davor fürchtete.

»Ach, Liebes, das ist schon eine Weile her. Ich weiß aber noch, dass es ein Freitag war, weshalb wir dasselbe getan haben wie alle anderen auch. Das heißt, wir haben uns eine Musiksendung im Fernsehen angeschaut, Ready, Steady, Go!. Und dazu gab es Würstchen und eine Geburtstagstorte und Musik von den Beatles auf meinem alten Plattenspieler. Anschließend sind wir in einen Coffeeshop weitergezogen, wo viel gelacht wurde und wir einen Eiskaffee nach dem anderen tranken. Und dann sind wir alle mit dem Bus wieder nach Hause gefahren.«

»Das hört sich lustig an«, sagte Dolly sehnsüchtig.

Mutter seufzte. »Na ja, damals herrschte noch tiefstes Mittelalter. Heutzutage ist man viel fortschrittlicher. Wahrscheinlich wollt ihr alle in die Disko gehen, oder? Was haben denn die anderen Mädchen an ihrem Geburtstag gemacht? Jenny ist doch bereits sechzehn, Mary auch. Und Judy?« Fragend sah Mutter sie an, während sie die Namen von Dollys Freundinnen auflistete. Ihr lag sehr viel daran, dass sich ihre Tochter auf keinen Fall ausgeschlossen fühlte.

»Ich glaube, Jenny ist einfach ins Kino gegangen«, erwiderte Dolly.

»Sie hatte natürlich auch Nick.« Dollys Mutter nickte weise. Die Mädchen vertrauten ihr alle ihre kleinen Geheimnisse an.

»Und was Judy gemacht hat, weiß ich nicht«, antwortete Dolly verstockt.

»Wieso denn nicht, Schätzchen? Sie ist doch deine Freundin.«

»Ich weiß es trotzdem nicht.«

Mutters Gesichtsausdruck wurde merklich weicher. Offensichtlich hatte sie sich für eine andere Vorgehensweise entschieden, als sie beschwichtigend fortfuhr: »Ist schon gut, vielleicht hat sie ja gar nichts unternommen. Oder nur im Kreis ihrer Familie gefeiert. Und das kannst du selbstverständlich nicht wissen.«

Dolly fühlte sich schlechter denn je zuvor. Wie stand sie nun da vor ihrer Mutter? Ihre Freunde feierten ohne sie, und sie selbst war so bedauernswert, dass sie eine peinliche Party geben musste, um sich deren Freundschaft zu erkaufen. Dolly wurde das Herz schwer. Sie wusste, dass man ihren hängenden Mundwinkeln ansah, wie sie sich fühlte. Wie gern hätte sie ihrer klugen, liebenswerten Mutter ein Lächeln geschenkt, die nur versuchte, ihr zu helfen. Sie hatte ihr immer geholfen, sie aufgebaut, sie bewundert. Doch Dolly wollte einfach kein Lächeln gelingen.

Mutter hätte jeden Grund gehabt, sich bei dieser zutiefst undankbaren Tochter als Märtyrerin zu fühlen. Aber dafür war sie nicht der Typ. Ganz im Gegensatz zu Judys Mutter, die permanent jammerte und sich über ihre Töchter beklagte, die ihr das Leben schwermachten. Und was Jenny betraf – deren Mutter konnte einem manchmal vorkommen wie eine Geheimagentin, so argwöhnisch überwachte sie auch noch die harmlosesten Aktivitäten ihrer Tochter. Marys Mutter wiederum war völlig anders: Gramgebeugt unter der Last der Verantwortung für eine Tochter im Teenageralter,...

Erscheint lt. Verlag 27.7.2015
Übersetzer Gabriela Schönberger
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Freundschaft • Große Gefühle • Irland • Kurzgeschichtensammlung • Liebe • Maeve Binchy • Neuanfang • Veränderung • Wohlfühlroman
ISBN-10 3-426-42654-4 / 3426426544
ISBN-13 978-3-426-42654-8 / 9783426426548
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 1,1 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von T.C. Boyle

eBook Download (2023)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
20,99
Roman

von Fatma Aydemir

eBook Download (2022)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
12,99
Roman. Jubiläumsausgabe

von Umberto Eco

eBook Download (2022)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
12,99