Immer montags beste Freunde (eBook)

Spiegel-Bestseller
Der Junge, der mein Leben veränderte
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
304 Seiten
Diana Verlag
978-3-641-16660-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Immer montags beste Freunde -  Laura Schroff,  Alex Tresniowski
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Eine Frau, die alles hat. Ein Junge, dem alles fehlt. Eine untrennbare Freundschaft.
Laura ist eine erfolgreiche Verkaufsleiterin, die an einem normalen Montag durch die Straßen von New York hetzt. Sie hat keine Zeit, achtet kaum auf ihre Mitmenschen - auch nicht auf den kleinen Jungen, der sie um Kleingeld anbettelt. Sie ist schon an der nächsten Straßenecke, als sie plötzlich stehen bleibt - und umkehrt. Sie kauft dem hungrigen Maurice etwas zu essen und erfährt von seinem Leben. Von dem Tag an treffen sich Maurice und Laura jede Woche über Jahre hinweg, immer montags. Dies ist die Geschichte ihrer einzigartigen Freundschaft - die bis heute anhält.



Laura Schroff, geboren und aufgewachsen auf Long Island, hat als Verkaufsleiterin und Marketingspezialistin für mehrere große Medienunternehmen und bekannte Magazine gearbeitet, darunter People, InStyle und Brides. Sie war zudem Teil des Marketingteams, das USA Today zum Erfolg führte. Laura liebt es, Zeit in ihrem Ferienhaus auf Long Island zu verbringen und ihre Familie in New York und Florida zu besuchen. Heute lebt Laura mit ihrem Pudel Coco in New York City.

Spiegel-Bestseller

2

DER ERSTE TAG

Als wir über die Straße zu McDonald’s gingen, sagte keiner von uns ein Wort. Was wir da machten, war schon ziemlich komisch. Das fanden wir beide jedenfalls. Zwei Fremde, ein Erwachsener, ein Kind, die gemeinsam essen gingen.

Schließlich sagte ich: »Hi, ich heiße Laura.«

»Und ich Maurice«, erwiderte er.

Wir reihten uns in die Schlange ein. Ich bestellte, was er sich gewünscht hatte. Big Mac, Pommes, Schokoshake. Und dasselbe für mich. Wir suchten uns einen Tisch, setzten uns, und Maurice stürzte sich auf sein Essen.

Er ist völlig ausgehungert, dachte ich. Vielleicht weiß er nicht, wann er das nächste Mal wieder etwas bekommt.

Nach wenigen Minuten hatte er alles verputzt. Als er fertig war, fragte er mich, wo ich wohnte. Wir saßen am Fenster und konnten von dort aus mein Apartmenthaus sehen, das Symphony. Also zeigte ich darauf und sagte: »Direkt da drüben.«

»Wohnst du in einem Hotel?«, fragte er.

»Nein«, erwiderte ich. »In einem Apartment.«

»Wie die Jeffersons?«

»Die aus der Fernsehsendung? Nein, so groß ist es nicht. Es hat nur ein Zimmer. Wo wohnst du?«

Nach kurzem Zögern erzählte er, er wohne im Bryant, einem Sozialbau an der Ecke 56. Straße West und Broadway.

Ich fasste es nicht, dass er nur zwei Blocks von mir entfernt lebte. Unsere Welten wurden lediglich durch eine einzige Straße getrennt.

Später erfuhr ich, dass es ein riesiger Vertrauensvorschuss von Maurice gewesen war, mir zu erzählen, wo er wohnte. Normalerweise traute er Erwachsenen nicht, schon gar nicht weißen. Hätte ich darüber nachgedacht, wäre mir vielleicht klar geworden, dass sich noch nie jemand mit ihm unterhalten oder nach seiner Wohnung erkundigt hatte, dass noch nie jemand nett zu ihm gewesen war oder ihm etwas zu essen gekauft hatte. Wieso sollte er mir trauen? Wie konnte er wissen, dass ich keine Sozialarbeiterin war, die ihn aus seiner Familie reißen wollte? Als er später zu Hause einem seiner Onkel erzählte, eine Frau sei mit ihm zu McDonald’s gegangen, sagte der: »Sie will dich schnappen. Halt dich von ihr fern. Geh nicht mehr zu der Ecke, vielleicht kommt sie zurück.«

Ich dachte mir, ich sollte Maurice etwas von mir erzählen. Zum einen fand ich es gut, dass ich mit ihm essen gegangen war, zum anderen fühlte ich mich nicht ganz wohl dabei. Schließlich war er ein Kind und ich eine Fremde. Brachte man Kindern nicht immer bei, niemals mit Fremden mitzugehen? Verstieß ich gegen ein Tabu?

Ich kann mir vorstellen, dass einige mein Verhalten rundweg für falsch erklären. Dazu kann ich nur sagen: Tief in meinem Herzen weiß ich, dass es in dieser Situation das einzig Richtige gewesen ist. Dennoch konnte ich verstehen, dass er vielleicht skeptisch war. Also dachte ich mir, wenn ich ihm etwas von mir erzählte, wäre ich ihm nicht mehr ganz so fremd.

»Ich arbeite bei USA Today«, sagte ich und merkte, dass er keine Ahnung hatte, wovon ich sprach. Ich erklärte ihm, dass das eine neue Zeitung sei und wir uns bemühten, die wichtigste überregionale Zeitung des Landes zu werden. Außerdem verkündete ich, mein Job sei es, Werbeplatz zu verkaufen, womit die Zeitung sich finanziere.

Nichts davon half ihm weiter.

»Was machst du den ganzen Tag?«, fragte er.

Aha, er wollte etwas über meinen Stundenplan wissen. Also erläuterte ich ihm den: Verkaufsgespräche, Meetings, Arbeitsessen, Präsentationen, manchmal Geschäftsessen.

»Jeden Tag?«

»Ja, jeden Tag.«

»Lassen Sie auch mal was ausfallen?«

»Nur wenn ich krank bin«, antwortete ich. »Aber ich bin selten krank.«

»Sie lassen nie einfach so einen Tag ausfallen?«

»Nein, nie. Das ist mein Job. Außerdem habe ich großen Spaß dabei.«

Maurice begriff kaum etwas von dem, was ich sagte. Erst später erfuhr ich, dass er vor mir noch nie jemanden mit einem richtigen Job kennengelernt hatte.

***

Noch etwas wusste ich nicht, als ich an jenem Tag mit Maurice zusammensaß. Ich wusste nicht, dass er ein Messer in der Tasche seiner Jogginghose hatte.

Eigentlich war es kein richtiges Messer, sondern ein kleiner Kartonschneider. Er hatte ihn aus einem Geschäft am Broadway gestohlen. Wie wenig ich mit seiner Welt vertraut war, zeigte sich daran, dass ich nicht einen Moment daran dachte, dass er eine Waffe haben könnte. Ich konnte mir so etwas einfach nicht in seinen kleinen, zarten Händen vorstellen. Mir war die Vorstellung völlig fremd, er könnte eine Waffe benutzen oder gar eine brauchen, um sich vor der in seinem Leben allgegenwärtigen Gewalt zu schützen.

Einen großen Teil von Maurice’ Kindheit bescherte ihm der Mann, der ihm das Leben geschenkt hatte, den schlimmsten Schmerz und Kummer.

Maurice lebte nicht sehr lange bei seinem Vater, doch in der kurzen Zeit stellte er eine ständige Bedrohung dar – wie eine tickende Zeitbombe. Auch er hieß Maurice, nach seinem verschollenen Dad. Als er geboren wurde, wusste niemand, wie man den Namen aussprach. Also wurde er Morris genannt, bis er den Spitznamen Lefty bekam, weil er alle mit der Linken k.o. schlug, obwohl er Rechtshänder war.

Morris war nur knapp einen Meter sechzig groß, zäh und aggressiv. Er verhielt sich, als müsste er ständig etwas beweisen. Er lebte in einer bekanntermaßen gefährlichen Gegend im Osten Brooklyns, in einem Viertel namens Brownsville. Dort wurde in den Vierzigerjahren die berüchtigte Gang Murder Inc. gegründet und wüteten später ein paar der schlimmsten Verbrecherbanden des ganzen Landes. Morris gehörte in dieser Umgebung zu den gefürchtetsten Männern.

Er war ein sehr erfolgreicher Teil der verrufenen Tomahawks-Gang und hatte sich auf Raubüberfälle spezialisiert. Er raubte sogar Leute aus, die er kannte. Auf der Howard Avenue wurde gewürfelt – fünfzehn, zwanzig Leute trafen sich und warfen Zehner und Zwanziger in einen Pott. Morris spielte ganz gern. Eines Abends verkündete er, er werde den Pott mitnehmen. »Mir klaut niemand was«, entgegnete einer der Männer. Morris knockte ihn mit dem Knauf seiner Waffe aus, raffte mehrere Hundert Dollar an sich und ging einfach. Keiner sagte ein Wort. Am nächsten Tag stand Morris an ein Auto vor seinem Wohnhaus gelehnt, als die Männer vorbeigingen, die er beraubt hatte. Er lächelte und forderte sie damit heraus, etwas zu sagen. Wieder machte keiner den Mund auf.

In einer Frau namens Darcella fand Morris schließlich sein Gegenstück. Sie hatte helle Haut und weiche Gesichtszüge, war schlank und hübsch und eines von elf Kindern einer Alleinerziehenden namens Rose, die aus Baltimore nach Brooklyn gezogen war. Darcella wuchs mit ihren Brüdern auf und wurde ebenso tough wie sie. Sie war bekannt dafür, dass sie sich mit jedem anlegte, der ihren Weg kreuzte, ganz gleich, ob Mann oder Frau. Sie traktierte ihn unermüdlich mit blitzschnellen Schlägen. Man wusste nicht, ob sie verrückt war oder nur bösartig. Als Teenager war sie eines der wenigen weiblichen Mitglieder der Tomahawks, und sie trug die schwarze Lederjacke der Gang mit Stolz.

Dann verliebte sie sich in ein Gangmitglied, das sie mit seinem großspurigen Gehabe beeindruckte. Aber Morris und Darcella waren nie ein gutes Gespann. Sie waren sich zu ähnlich, zu explosiv. Dennoch wurden sie ein Paar. Sie nannte ihn Junebug, von Junior, da er genau genommen Maurice Jr. war. Er nannte sie Red, von Red Bone, einem Spitznamen für hellhäutige farbige Frauen. Bevor Darcella zwanzig wurde, hatte sie drei Kinder. Zwei Mädchen, Celeste und LaToya, und einen Sohn, den sie Maurice nannte.

Zum Unglück der Kinder kommunizierten Darcella und Morris meist nicht mit Worten, sondern in der Sprache der Gewalt. Vor allem Morris war schwer alkohol- und drogensüchtig. Wenn er kokste, kiffte oder trank, geriet er sehr leicht in Rage. Kam er in diesem Zustand nach Hause, traktierte er seine Familie mit Beschimpfungen und Fäusten. Er schlug seine Töchter regelmäßig auf den Kopf. Einmal verprügelte er Celeste so heftig, dass ihr das Trommelfell platzte. Darcella ohrfeigte, schlug und boxte er mit derselben Skrupellosigkeit, die alle in Brownsville in Angst und Schrecken versetzte. Auch sein einziger Sohn Maurice bekam seinen Teil ab. Wenn der Junge dann weinte, brüllte er: »Schnauze, du Scheißgör!«, und schlug ihn weiter.

Morris verschwand oft tagelang zu seiner Freundin Diane, um hinterher wieder zu Hause aufzutauchen und Darcella zu warnen, ja keinen anderen Mann anzuschauen. Irgendwann trieb Morris’ Untreue sie dazu, ihre Kinder zu nehmen und in die berüchtigten Marcy Projects in Bed-Stuy zu ziehen. Das war ein Wohnkomplex mit siebenundzwanzig sechsstöckigen Gebäuden. 1700 Wohnungen mit über 4000 Menschen. Drogen und Gewalt waren an der Tagesordnung. Also kaum eine geeignete Zufluchtsstätte. Dorthin wollte sich Darcella vor einer noch größeren Gefahr flüchten.

Morris fand sie natürlich. Eines Nachts drang er in ihre Wohnung ein und verlangte, Darcella zu sprechen. »Red, du darfst mich nicht verlassen«, heulte er. »Ich liebe dich.« Da der kleine Maurice zusah, blieb Darcella fest.

»Nein, auf gar keinen Fall«, sagte sie. »Du bist nicht gut für uns. Verschwinde.«

Da ballte Morris seine Linke zur Faust und schlug Darcella ins Gesicht. Sie fiel zu...

Erscheint lt. Verlag 5.10.2015
Übersetzer Marie Rahn
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel An Invisible Thread
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Biografie • Biographien • eBooks • Freundschaft • Memoir • Nächstenliebe • New York • Schicksal • Straßenjunge • Wahre GEschichte • Ziemlich beste Freunde
ISBN-10 3-641-16660-8 / 3641166608
ISBN-13 978-3-641-16660-1 / 9783641166601
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