Die geheimen Worte (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
432 Seiten
Diana Verlag
978-3-641-14502-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die geheimen Worte -  Rebecca Martin
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Wenn die Liebe verbotene Wege geht
Bad Kreuznach, 1840: In der aufstrebenden Kurstadt verlieben sich die Schwestern Anne und Sophie in den englischen Gast James Bennett. Es ist für beide der Beginn einer heimlichen Leidenschaft: Anne ist verheiratet und Mutter einer kleinen Tochter, während die viel jüngere Sophie ihr Leben selbstbestimmt gestalten möchte. Die Katastrophe ist unausweichlich, als James beide Schwestern zurückweist. Erst vier Generationen später kommt ans Licht, was damals geschah ...

Rebecca Martin studierte Englisch und Deutsch in Frankfurt am Main und in Dublin, Irland. Ihre Leidenschaft gehört dem Reisen und dem Schreiben. Ihr Roman 'Die verlorene Geschichte' gelangte sofort nach Erscheinen auf die SPIEGEL-Bestsellerliste, gefolgt von 'Der entschwundene Sommer', 'Die geheimen Worte' und 'Das goldene Haus' und die 'Die vergessene Freundin'. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in einem kleinen Dorf im Nahetal.

Erstes Kapitel

Frankfurt am Main, Mai 1923

Die Stimmen der anderen verklangen langsam in der Ferne. Marlene hatte lange überlegt, sich einfach zurückfallen zu lassen, unsicher, ob nicht irgendjemand ihr Tun bemerken musste, das dann zu unangenehmen Fragen oder Zurechtweisungen führen würde. Dann waren Mama und Tante Ottilie aber doch zu sehr in ihr Gespräch vertieft gewesen, und Papa hatte sich kurz vorher mit dem fünfzehnjährigen Gregor, ihrem jüngeren Bruder, seitwärts in die Büsche geschlagen. Wohin Marlene ihnen im Übrigen gerne gefolgt wäre, aber dazu war sie mit ihren knapp zwanzig Jahren mittlerweile ja zu alt. Sie hatte nur sehnsüchtig auf die Stimmen der beiden hören können, die in der Ferne leiser und leiser wurden.

Frei sein … Marlene blieb erstmals seit ihrer »Flucht« stehen und atmete tief durch. Seit sie Eltern, Bruder und Tante verlassen hatte, war sie nur gelaufen und gelaufen, ohne nach rechts oder links zu blicken; in Gedanken verloren an das, was die Zukunft bringen würde. Sie hatte einfach nicht anhalten können. Sie hatte weggemusst von ihrer Familie, weg von jenen, die das Morgen planten, ohne sie einmal nach ihren Wünschen zu befragen. Mit jeder Minute mehr war es Marlene enger um die Brust gewesen. Dann hatte sie es einfach nicht länger ausgehalten: die Gespräche nicht und nicht den langweiligen Spaziergang, auf dem sie sich gesittet zu verhalten hatte und es allen vollkommen gleichgültig war, wonach ihr der Sinn stand.

Als ob ich noch ein kleines Mädchen wäre …

Tatsächlich drehte sich in letzter Zeit alles nur noch um die bevorstehende Verlobung mit Albert Schwedt. Mama redete unablässig davon, sprach darüber, was es bei der Feier zu essen geben sollte, wo das Fest stattfinden musste, welches Kleid die Tochter tragen, welche Musik gespielt, welche Gäste geladen und welche Ringe Marlene und Albert tauschen würden.

Die Hochzeit muss einfach perfekt sein.

Auch Tante Ottilie suchte die Nichte beinahe tagtäglich über deren Zukunftspläne auszuhorchen, darüber, wie viele Kinder sie sich wünschte und ob Marlene wohl gern einen großen Garten hätte.

»Dann«, sagte Tante Ottilie bedeutsam, »wirst du allerdings auch einen Gärtner bezahlen müssen. Ein großer Garten braucht ganz unbedingt einen Gärtner.«

Vater war der Einzige, der schwieg, was diesen »Weiberkram« anging, aber auch er blickte stolz drein, zufrieden über die gute Verbindung, die sich da anbahnte. Wirtschaftlich betrachtet war die Hochzeit in diesen schweren Zeiten »eine prächtige Sache«. Nur auf Marlene hörte niemand, und niemand kümmerte es, dass sie überhaupt nicht heiraten wollte.

Jetzt nicht, vielleicht nie …

Einmal hatte sie versucht, mit Mama darüber zu sprechen.

»Aber«, hatte die geantwortet und nur den Kopf geschüttelt, »Frauen müssen heiraten – du willst doch nicht als alte Jungfer enden, Liebes. Und Albert ist doch gar kein schlechter Kerl, gut aussehend, nicht auf den Kopf gefallen, Erbe eines beträchtlichen Vermögens, das sich auch in diesen schweren Zeiten der Inflation nicht mindert.«

Nein, die Schwedts mussten sich wirklich nicht die geringsten Sorgen machen. Sie besaßen Land, Häuser, ausgedehnte Waldungen.

»Und«, endete Mama meist, »ihr habt schon als Kinder so schön miteinander gespielt.«

Marlene schüttelte ihren hellbraunen Lockenkopf, den sie heute locker im Nacken zusammengebunden hatte.

Gewiss, sie mochte Albert, aber heiraten? Sie waren Freunde. Sie hatten miteinander gespielt und waren sich nie fremd gewesen, aber man heiratete doch keinen Freund.

Oder etwa doch?

Zum ersten Mal, seit sie gedankenverloren einfach weiter gelaufen war, hob die junge Frau den Kopf und blieb gleich darauf unvermittelt stehen.

Wo bin ich?

Für die erste Wegstrecke hatte sie sich einfach in entgegengesetzter Richtung zu Eltern, Bruder und Tante bewegt. Sie hatte ja nur fortgewollt, doch als sie sich nun wieder umsah, war ihr die Umgebung vollkommen unbekannt.

Marlene legte den Kopf in den Nacken und schaute nach oben, wo sich zwischen den lichten Buchen blauer Himmel und Sonne zeigten. Aber auch so konnte sie nicht erkennen, wo sie sich befand.

Fliegen müsste man können.

Sie lachte, aber es heiterte sie nicht auf. Marlene fühlte sich mit einem Mal kläglich. Kalt wurde ihr, dann schlagartig warm. Sie fuhr sich mit dem rechten Ärmel über das Gesicht. Im Wald mochte es schattig sein, aber die Luft war stickig, und man spürte die Hitze, die wohl noch zugenommen hatte, seit sie das Ausflugsschiff verlassen hatten.

Hatte sie sich etwa verlaufen? Sie hatte nicht gedacht, dass das möglich war. Sie waren schließlich nicht zum ersten Mal hier. Vater mochte den Niederwald zwischen Assmannshausen und Rüdesheim, und eigentlich kannten sie ihn doch alle wie ihre Westentasche.

Vater kennt ihn wie seine Westentasche …

Nochmals blickte Marlene sich unruhig um, doch um sie war nur Wald, so weit sie blicken konnte: Wald, Bäume, Bäume und noch mehr Bäume, Wald, der ihr jetzt mit jedem Atemzug düsterer erschien. Warum sprach man eigentlich immer von lichten Buchenwäldern? Hier war nichts Helles, alles war dunkel, drückend und bedrohlich, und die Geräusche, ein Knacken hier, ein Rascheln dort, eben noch unbemerkt, ließen Marlene jetzt zusammenzucken.

Warum habe ich nicht besser aufgepasst?

Eine neuerliche Gänsehaut überlief ihren Körper. Wieder drehte sie sich langsam um ihre eigene Achse. Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Noch immer zeigte sich nichts Bekanntes, und inzwischen war sie sich auch unsicher, aus welcher Richtung sie eigentlich gekommen war.

Den ersten schwachen Blitz, der den Himmel über ihr durchzuckte, bemerkte Marlene kaum, erst der darauffolgende Donner ließ sie zusammenfahren. Unwillkürlich beschleunigte die junge Frau ihre Schritte. Noch regnete es nicht, aber sicherlich würde sehr bald ein heftiger Schauer niedergehen. Dunkler und dunkler wurde es, sodass sie mittlerweile schon nicht mehr sehr weit blicken konnte. Trotz der Schwüle war das Sommergewitter für sie unerwartet gekommen.

Wie spät es wohl war? Wie viel Zeit war vergangen, seit sie Eltern, Bruder und Tante verlassen hatte?

Marlene hob ihre schmale Damenarmbanduhr an die Augen, auf andere Weise konnte sie das Zifferblatt kaum erkennen. Eine knappe halbe Stunde mochte vergangen sein, seit sie festgestellt hatte, dass sie sich verlaufen hatte. Entschlossen war sie danach noch eine Weile geradeaus in eine Richtung gelaufen, voll der Hoffnung, sehr bald etwas Bekanntes zu sehen, doch sie hatte sich geirrt.

Ich erkenne immer noch nichts. Was, wenn ich in die völlig falschen Richtung unterwegs bin?

Ein neuer Blitz zuckte über den grau-schwarz dräuenden Himmel, dieses Mal so hell und kräftig, dass die junge Frau ihn auch unten im Wald gut sehen konnte. Der Donner krachte nur wenig später. Nicht zum ersten Mal zuckte Marlene zusammen. Gleich darauf ließ die Angst sie schneller laufen, dann rannte sie einige Meter und stockte erneut.

Was sollte das? Sie wusste ja gar nicht, wohin sie sich retten, wo sie Schutz finden konnte. Es war deshalb auch sinnlos, blindlings loszuhetzen wie ein Tier …

Ich muss nachdenken.

Marlene schaute sich um. Erneut krachte der Donner, und doch konnte sie nicht sagen, was sie in diesem Moment schlottern ließ, die Kälte oder die Furcht vor dem Gewitter, oder doch eine Mischung aus beidem? Sie konnte nur hoffen, dass man sie inzwischen vermisste und sich auf die Suche nach ihr gemacht hatte …

Der Gedanke daran, wie ein dummes Kind zurückgebracht zu werden, verärgerte sie allerdings bei aller Furcht. Sollte sie tatsächlich auf die anderen warten – oder doch versuchen, sich selbst zu retten? Nein, es behagte Marlene wirklich nicht, hier einfach zitternd stehen zu bleiben und sich ihrem Schicksal zu ergeben.

Ich bin nicht dumm.

Sie konnte selbst für sich sorgen, das war es ja, was sie beweisen musste und wollte. Vielleicht würden ihre Eltern dann auch einsehen, dass nur sie selbst, über ihr Leben bestimmen konnte. Heutzutage durften Frauen doch auch wählen – auch wenn Mama keinen Gebrauch davon machte, Marlene würde es tun, sobald sie alt genug war.

Heute bestimmen Frauen selbst über ihr Leben, und ich werde das auch tun.

Entschlossen schob die junge Frau das Kinn vor. Ein erneuter Blitz erhellte ihre düstere Umgebung und schälte mit einem Mal etwas aus der Dämmerung heraus, das ihr vage bekannt vorkam. Endlich erinnerte sie sich an etwas …

Marlene kniff die Augen zusammen. Da war doch diese Höhle, hier ganz in der Nähe – doch, ja, sie erkannte diesen Baum dort, dessen Stamm im unteren Bereich zweigeteilt war und weiter oben zu einem zu werden schien –, ein künstlicher Gang, der sich wie eine Schlange über den Waldboden zog, auf den sie immer kurz nach dem Aufstieg von Assmannshausen aus stießen....

Erscheint lt. Verlag 9.3.2015
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Bad Kreuznach • Bad Kreuznach, historisches Frankfurt, Kurstadt, Dreiecksgeschichte, verbotene Liebe, Schwesterngeschichte, Familiengeheimnis • Dreiecksgeschichte • eBooks • Familiengeheimnis • Familiensaga • Frauenromane • Historische Liebesromane • Historische Romane • Historisches Frankfurt • Kurstadt • Liebesromane • Romane für Frauen • Schwesterngeschichte • Verbotene Liebe
ISBN-10 3-641-14502-3 / 3641145023
ISBN-13 978-3-641-14502-6 / 9783641145026
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