Die Inselärztin und das Glück (eBook)

Roman

(Autor)

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2014 | 1. Auflage
368 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-0632-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Inselärztin  und das Glück -  Carin Winter
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Viola Herz, Inselärztin auf Hiddensee, ist glücklich: Sie hat eine kleine Tochter bekommen. Viola freut sich auf die Taufe und den langersehnten Familienurlaub. Doch dann muss ihr Mann, der Biologe Florian, überraschend ins Amazonasgebiet fliegen. Gleichzeitig kommt ein Brief aus Indien: Zwei Waisenkinder suchen ein neues Zuhause. Viola macht sich auf eine schicksalhafte Reise ...

Carin Winter hat Medizin studiert und mehrere Jahre als Ärztin in einem Dorf gearbeitet; später entdeckte sie die Lust am Schreiben. Teile ihrer Familie stammen von Rügen, ein Großonkel war dort auch Arzt. Carin Winter lebt in Weil der Stadt.

Carin Winter hat Medizin studiert und mehrere Jahre als Ärztin in einem Dorf gearbeitet; später entdeckte sie die Lust am Schreiben. Teile ihrer Familie stammen von Rügen, ein Großonkel war dort auch Arzt. Carin Winter lebt in Weil der Stadt.

20

Georg war wieder in sein Geschäft zurückgegangen, und Viola wusste auf einmal, was sie nachher tun würde: den nächsten Vortrag in der Klinik ausfallen lassen und Georg besuchen. Egal was er sich dabei dachte. Und sie würde ihn auch nach Benno fragen. Er hatte kein Recht gehabt, ihr seinen Sohn zu verschweigen!

Ein wenig Herzklopfen bekam sie dann doch, als sie nach dem Essen aufstand und über die Straße ging. Gut, dass sie sich so elegant angezogen hatte. Das gab ihr Mut. Sollte er doch sehen, was er sich damals hatte entgehen lassen! Vorsichtig ging sie auf die breite Glastür zu und betrat den großen Raum mit hohen Regalen. Einige besondere Bücher wurden von kleinen versteckten Spots angestrahlt. Und eine angenehme Melodie erklang, die ankündigte, dass jemand in den Laden gekommen war.

Im Hintergrund saß Georg vor einem Computer. Er schob seinen Stuhl zurück und stand auf. Er hatte sich überhaupt nicht verändert. Wie immer mit glattgescheitelten Haaren und in dunklem Pulli über einem weißen Hemd und Bügelfaltenhose kam er auf sie zu und blieb dann auf einmal stehen. Seine Miene zeigte Verblüffung und eine Spur von Verunsicherung. Ganz ungewöhnlich für ihn. Doch er hatte sich schnell wieder gefasst.

»Viola«, sagte er mit leicht gehobenen Augenbrauen und reichte ihr die Hand, »was für eine Überraschung.«

»Ja, ich musste heute in die Sana-Klinik, und da dachte ich … nun, ich wollte einfach mal sehen, wie es dir geht. Und wie ich sehe, geht es dir gut.«

Sie war verlegen, aber er schien es nicht zu bemerken.

»Ich habe keinen Grund, zu klagen«, erwiderte er. »Das Geschäft läuft gut. Kann ich dir einen Kaffee anbieten?« Er hatte ganz offensichtlich keine Probleme mit dieser unverhofften Begegnung.

Viola nickte. »Danke, aber vielleicht lieber eine Schokolade. Ich muss außerdem bald wieder zurück.«

»Dann komm.« Georg wandte sich um und führte sie in eine Ecke mit schweren braunen Ledersesseln und einem niedrigen runden schwarzen Holztisch. Er hat immer noch eine Vorliebe für unvergängliche Qualität, dachte sie belustigt. Und er sieht immer noch gut aus mit den grauen Schläfen und der kräftigen Statur.

Als sie die Kaffeemaschine sah – Hightech vom Feinsten, auch eine Vorliebe von ihm –, musste sie lachen. Ihre Verlegenheit war mit einem Mal verschwunden. Sie ließ sich in einen Sessel fallen und war froh, dass sie den Entschluss gefasst hatte, hierherzukommen. Das alte Gespenst Wut, Enttäuschung und Kummer, das sich ab und zu immer noch einmal gerührt hatte, wenn sie an ihn dachte, war plötzlich verschwunden. Georg konnte sie nicht mehr verletzen.

»Sieht es in deiner Küche genauso aus?«, wollte sie wissen und nahm die Tasse vorsichtig entgegen.

»Natürlich«, bestätigte er und setzte sich ihr gegenüber. »Das weißt du doch.«

»Ich habe deine Wohnung nie ganz fertig eingerichtet gesehen«, erwiderte sie, während sie mit dem Löffel die Sahne auf ihrer Schokolade verteilte. »Bist du zufrieden?«

»Ja.« Georg lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. »Du hoffentlich auch. Ich habe gehört, dass du geheiratet hast, diesen Biologen. Und vor einem halben Jahr habt ihr eine Tochter bekommen.«

»Wer hat dir das denn erzählt?«, fragte Viola. Er schien ja sehr gut über sie informiert zu sein.

»Herr von Gramitz, er ist ein guter Kunde von mir.«

Aha, der Kunstsammler aus Kloster. Das hätte sie sich denken können. Er war schon damals ein Freund von Georg gewesen. Oft hatten sie zusammengesessen und sich ein besonders altes und wertvolles Buch angeschaut. Jetzt überbrachte er ihm offensichtlich auch regelmäßig Neuigkeiten von Hiddensee und von der verflossenen Verlobten.

»Und da habt ihr nichts anderes zu tun, als euch über mein Privatleben zu unterhalten?«, fragte sie etwas ungehalten nach.

»Das bist du doch von Hiddensee gewohnt«, entgegnete er. »Jeder weiß von jedem alles. Hier in Bergen ist es übrigens viel angenehmer. Man wird nicht dauernd beobachtet.«

»Bei uns wird nicht halb so viel gequatscht, wie du glaubst«, gab Viola entrüstet zurück. »Und außerdem sind die Menschen füreinander da, wenn mal jemand Hilfe braucht.«

»Schon gut. Ich weiß ja, dass du an dieser Insel hängst. Ich kann es zwar nicht verstehen, aber ich habe es schließlich akzeptiert.«

Viola wollte dieses Thema nicht weiter erörtern. Sie überlegte, wie sie ihn nach Benno fragen könnte. Endlich konnte sie Georg einmal verunsichern, wenn die ganze Geschichte stimmte. Und sie war neugierig, wie er reagieren würde.

»Vor ein paar Tagen war ein fünfzehnjähriger Junge in meiner Sprechstunde«, begann sie zögernd. »Und es ging unter anderem um Krankheiten in der Familie.«

»Und was hat das mit mir zu tun?«

»Er heißt Benno Kilian und ist dein Sohn.«

Georg richtete sich auf und beugte sich vor. Seine Hände krampften sich um dieTasse. »Mein Sohn?«, bemerkte er mit verwirrter Miene. Und Viola hatte tatsächlich das Vergnügen, ihn einmal außer Fassung zu sehen.

Er holte tief Luft und bemühte sich, wieder die Kon­trolle zu bekommen.

»Wer hat dir das gesagt? Und wie kommt er auf eure Insel? Als Urlauber?«

Viola überlegte. Eigentlich wollte Frau Kilian ja nicht, dass Georg erfuhr, wo sie mit Benno wohnte. Aber nun war es zu spät. Sie ärgerte sich über diese Frau und auch ein wenig über sich selbst. Sollte sie weitere Auskünfte verweigern? Doch dann schob sie alle Bedenken beiseite, es würde schon kein Weltuntergang werden.

»Familie Kilian ist vor einem halben Jahr nach Neuendorf gezogen. Bennos Mutter hat es mir erzählt.«

Georg schaute sie verblüfft an, dann schüttelte er den Kopf. »Unglaublich, seine Mutter hat alles getan, um ihn von mir fernzuhalten, und es ist ihr auch gelungen. Benno Kilian? So heißt er? Diesen Namen wollte sie ihm geben. Und nun wohnen sie in Neuendorf? So nah?« Er machte eine Pause, dann fragte er auf einmal lebhaft und mit einem Interesse, das Viola so gar nicht an ihm kannte: »Und wie sieht er aus? Wie geht es ihm?«

»Das werde ich dir gleich erklären«, antwortete Viola. »Aber zuerst will ich wissen, warum du es mir nicht erzählt hast.«

Er stand auf, holte sich eine zweite Tasse Kaffee und setzte sich dann wieder. Im Hintergrund bemerkte Viola, wie eine ältere Dame eine Kundin bediente und zwei junge Mädchen sich Bücher ansahen. Es war still im Raum, man hörte eine Uhr ticken, und vor dem Fenster klappte der Deckel einer Mülltonne.

Georg sah auf seinen Kaffee. »Das hatte nichts mit dir zu tun, war ja über zehn Jahre her. Offiziell habe ich die Vaterschaft nicht bekommen, weil er geboren wurde, als sie bereits mit dem anderen verheiratet war. Sie wollte nicht einmal Geld. Ich habe den Jungen kein einziges Mal gesehen.« Das klang bedauernd, aber auch zornig.

»Gut, aber ich meine, wenn man miteinander verlobt ist wie wir damals und vorhat zusammenzuleben, sollte so etwas eigentlich nicht verschwiegen werden.«

»Ich hätte es dir schon zur rechten Zeit gesagt«, gab Georg zu.

Ja, so kannte sie ihn. Er hatte immer seine eigenen Pläne, und die besprach er mit niemandem, bevor er den rechten Zeitpunkt für gekommen sah.

»Benno weiß nichts von dir«, teilte ihm Viola mit.

»Das habe ich mir gedacht, und doch ist er mein Sohn und der einzige Enkel meiner Mutter. Sie hat all die Jahre immer wieder von ihm gesprochen, sie hätte sich sehr gefreut über ihn.«

»Deine Mutter hat es gewusst? Und die junge Frau, hat sie die gekannt?«

»Ja, aber sie war auch der Meinung, dass ich mir eine so frühe Heirat gut überlegen sollte. Nun, das ist alles lange her.«

Georg lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Die Welt ist klein. Ausgerechnet auf Hiddensee müssen sie auftauchen, und du musst es erfahren. Ich muss überlegen, was ich jetzt mache.«

»Du sollst gar nichts machen«, beschwor ihn Viola. »Mach nicht alles noch komplizierter, als es schon ist. Lass sie in Ruhe. Ich bin auch nur hier, weil ich einige ­Informationen über Krankheiten in deiner Familie brauche. Benno ist mein Patient, und ich möchte wissen, ob es bei euch irgendetwas Beunruhigendes gibt.« Sie musste Georg einen plausiblen Grund für ihren Besuch präsen­tieren. Dass es reine Neugier war, durfte sie nicht zugeben.

Über das Thema Erkrankungen konnte ihr Georg genau und schnell Auskunft geben. Bei seinen Eltern und Verwandten gab es keinerlei Hinweise auf Hirntumore oder multiple Sklerose oder sonstige Krankheiten. Er könne auch noch gern seine Mutter anrufen, schlug er vor. Sie wohne seit einem halben Jahr bei ihm in der großen Wohnung und fühle sich da sehr wohl.

Viola erklärte ihm, dass dies nicht nötig sei.

Er hat also keine neue Frau kennengelernt, dachte sie. Und wahrscheinlich war das auch besser so. Georg konnte fürsorglich und zuvorkommend sein, und er war zuverlässig. Aber ein Zusammenleben mit ihm war ziemlich kompliziert, wie Viola damals festgestellt hatte. Vielleicht war seine Mutter die Einzige, die mit ihm auf Dauer zurechtkam.

Als sie wieder Richtung Klinik ging, war sie froh, Georg besucht zu haben. Sie blickte sich um. Überall waren die Menschen an diesem sonnigen Samstag draußen, arbei­teten im Garten oder saßen auf der Terrasse. Sie spürte die warmen Sonnenstrahlen auf ihrem Haar. Vor einer Garage wurde gegrillt, und es duftete verführerisch nach Würstchen. Auf den Beeten eines...

Erscheint lt. Verlag 10.3.2014
Reihe/Serie Die Inselärztin
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Ärztin • Deutschland • Familie • Frauen • Frauenunterhaltung • Gefühle • Glück • Hiddensee • Insel • Liebe • Partnerschaft • Roman • Romantik • Strand • Unterhaltung
ISBN-10 3-8437-0632-8 / 3843706328
ISBN-13 978-3-8437-0632-2 / 9783843706322
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