Die fünfte Welle (eBook)

Band 1 - Roman

(Autor)

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2014 | 1. Auflage
496 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-12015-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die fünfte Welle -  Rick Yancey
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Die erste Welle brachte Dunkelheit. Die zweite Zerstörung. Die dritte ein tödliches Virus. nach der vierten Welle gibt es nur noch eine Regel fürs Überleben: Traue niemandem! Das hat auch Cassie lernen müssen, denn seit der Ankunft der Anderen hat sie fast alles verloren: Ihre Freunde und ihre Familie sind tot, ihren kleinen Bruder haben sie mitgenommen. Das Wenige, was sie noch besitzt, passt in einen Rucksack. Und dann begegnet sie Evan Walker. Er rettet sie, nachdem sie auf der Flucht vor den Anderen angeschossen wurde. Eigentlich weiß sie, dass sie ihm nicht vertrauen sollte. Doch sie geht das Risiko ein und findet schon bald heraus, welche Grausamkeit die fünfte Welle für sie bereithält ...

Rick Yancey ist ein preisgekrönter Autor, der mit seiner Trilogie »Die fünfte Welle« die internationalen Bestsellerlisten stürmt. Wenn er nicht gerade schreibt, darüber nachdenkt, was er schreiben könnte, oder das Land bereist, um übers Schreiben zu reden, verbringt er seine Zeit am liebsten mit seiner Familie in seiner Heimat Florida.

II. TEIL – WONDERLAND

25. Kapitel

Nennt mich Zombie.

Kopf, Hände, Füße, Rücken, Bauch, Beine, Arme, Brust – alles tut mir weh. Selbst Blinzeln tut weh. Deshalb versuche ich, mich nicht zu bewegen, und ich versuche, nicht zu viel an die Schmerzen zu denken. Ich versuche, nicht zu viel nachzudenken, Punkt. In den vergangenen drei Monaten habe ich genug von der Seuche gesehen, um zu wissen, was mir bevorsteht: ein totaler Systemausfall, beginnend mit dem Gehirn. Der Rote Tod verwandelt das Gehirn in Kartoffelbrei, bevor sich die übrigen Organe verflüssigen. Man weiß nicht mehr, wo man ist, wer man ist, was man ist. Man wird zu einem Zombie, einem wandelnden Toten – wenn man noch die Kraft hätte, um zu wandeln, die man nicht hat.

Ich sterbe. Das weiß ich. Siebzehn Jahre alt, und die Party ist zu Ende.

Kurze Party.

Vor sechs Monaten waren meine größten Sorgen, die Chemieprüfung zu bestehen und einen Ferienjob zu finden, der gut genug bezahlt war, damit ich die Überholung des Motors meiner 69er Corvette fertigstellen konnte. Und als das Mutterschiff zum ersten Mal auftauchte, nahm das natürlich einen Teil meiner Gedanken in Anspruch, doch nach einer Weile verblasste es und hatte nur noch einen fernen vierten Rang inne. Ich sah mir wie alle anderen die Nachrichten an und verbrachte zu viel Zeit damit, Links zu witzigen YouTube-Videos darüber weiterzuleiten, aber ich glaubte nie, dass es mich irgendwann persönlich betreffen würde. Im Fernsehen all die Demonstrationen, Protestmärsche und Ausschreitungen zu sehen, die vor dem ersten Angriff stattfanden, war, als würde man sich einen ausländischen Spielfilm oder Nachrichtenbeitrag anschauen. Es hatte nicht den Anschein, als würde mich irgendetwas davon betreffen.

Sterben ist dem Ganzen gar nicht so unähnlich. Man hat nicht das Gefühl, als sei man davon betroffen … bis man davon betroffen ist.

Ich weiß, dass ich sterbe. Das muss mir niemand sagen.

Chris, der Typ, der sein Zelt mit mir geteilt hat, bevor ich krank wurde, sagt es mir trotzdem: »Mann, ich glaube, du stirbst.« Er hockt mit weit aufgerissenen Augen vor dem Zelteingang und blickt starr über den schmutzigen Lumpen, den er sich an die Nase presst.

Chris ist gekommen, um nach mir zu sehen. Er ist ungefähr zehn Jahre älter als ich, und ich habe den Eindruck, dass er mich als eine Art kleinen Bruder betrachtet. Oder vielleicht ist er auch nur gekommen, um nachzusehen, ob ich noch lebe; er ist in diesem Teil des Flüchtlingslagers für die Entsorgung zuständig. Die Feuer brennen Tag und Nacht. Tagsüber hängt dichter, beißender Nebel über dem Lager, das den Wright-Patterson-Luftwaffenstützpunkt umgibt. Nachts taucht der Schein des Feuers den Rauch in ein tiefes Purpurrot, als würde die Luft selbst bluten.

Ich ignoriere seine Bemerkung und frage ihn, was er aus Wright-Patterson gehört hat. Der Stützpunkt ist komplett abgeriegelt, seit die Zeltstadt nach dem Angriff auf die Küsten aus dem Boden schoss. Niemand darf hinein oder heraus. Sie versuchen, den Roten Tod in Schach zu halten, oder zumindest sagen sie uns das. Hin und wieder kommen ein paar gut bewaffnete und in Chemikalienschutzanzüge verpackte Soldaten mit Wasser und Essensrationen zum Haupttor heraus und sagen uns, es bestünde kein Grund zur Besorgnis, dann verschwinden sie wieder nach drinnen und überlassen uns unserem Schicksal. Wir brauchen Medikamente. Sie sagen uns, es gäbe kein Mittel gegen die Seuche. Wir brauchen sanitäre Einrichtungen. Sie geben uns Schaufeln, damit wir einen Graben ausheben. Wir brauchen Informationen. Was zum Teufel geht vor sich? Sie sagen uns, sie wüssten es nicht.

»Sie wissen gar nichts«, sagt Chris zu mir. Er ist ziemlich dünn, hat schütteres Haar und war Buchhalter, bevor die Angriffe Buchhaltung überflüssig machten. »Niemand weiß irgendwas. Nur einen Haufen Gerüchte, bei denen alle so tun, als würde es sich um Neuigkeiten handeln.« Er wirft mir einen Blick zu, dann sieht er weg. Als täte es weh, mich anzusehen. »Möchtest du das Neueste hören?«

Nicht wirklich. »Klar.« Damit er dableibt. Ich kenne den Typen erst seit einem Monat, aber sonst ist niemand mehr übrig, den ich kenne. Ich liege auf einem alten Feldbett, und meine Aussicht besteht aus einem kleinen Stück Himmel. Im Rauch ziehen vage, menschenförmige Silhouetten wie Figuren aus einem Horrorfilm vorbei, und manchmal höre ich jemanden schreien oder weinen, doch ich habe seit Tagen mit niemand anderem mehr gesprochen.

»Die Seuche ist nicht ihre, sondern unsere«, sagt Chris. »Sie ist nach dem Stromausfall aus irgendeiner streng geheimen Regierungseinrichtung entwischt.«

Ich huste. Er zuckt zusammen, geht aber nicht weg, sondern wartet, bis sich mein Anfall wieder legt. Irgendwo unterwegs hat er eines seiner Brillengläser verloren. Mit seinem linken Auge blinzelt er ununterbrochen. Er tritt auf dem schlammigen Boden von einem Fuß auf den anderen. Er möchte gehen; er möchte nicht gehen. Dieses Gefühl kenne ich.

»Wäre das nicht ironisch?«, keuche ich. Ich schmecke Blut.

Er zuckt mit den Schultern. Ironie? Es gibt keine Ironie mehr. Vielleicht gibt es aber auch so viel davon, dass man es nicht mehr Ironie nennen kann. »Die Seuche ist nicht unsere. Denk doch mal nach. Die ersten beiden Angriffe treiben die Überlebenden ins Landesinnere, wo sie in Lagern wie diesem hier Schutz suchen. Das konzentriert die Bevölkerung und schafft die perfekte Brutstätte für das Virus. Millionen Pfund Frischfleisch bequem an einem Ort versammelt. Das ist genial.«

»Das muss man ihnen lassen«, sage ich in dem Versuch, ironisch zu sein. Ich möchte nicht, dass er geht, aber ich möchte ebenso wenig, dass er redet. Er hat die Angewohnheit, Schimpftiraden loszulassen, und ist einer von den Typen, die zu allem eine Meinung haben. Aber irgendetwas passiert, wenn jeder, den man kennenlernt, innerhalb weniger Tage, nachdem man ihn kennengelernt hat, stirbt: Man wird plötzlich weniger wählerisch, mit wem man herumhängt. Man sieht über viele Fehler hinweg. Und man gibt etliche persönliche Marotten auf, wie etwa die große Lüge, dass es einem keine Scheißangst einjagt, seine Eingeweide in Suppe verwandelt zu bekommen.

»Sie wissen, wie wir denken«, sagt er.

»Woher zum Teufel willst du wissen, was sie wissen?« Ich werde langsam sauer. Ich bin mir nicht sicher, warum. Vielleicht bin ich eifersüchtig. Wir haben uns das Zelt geteilt, das gleiche Wasser, das gleiche Essen, und ich bin derjenige, der stirbt. Was macht ihn so besonders?

»Ich weiß es nicht«, antwortet er schnell. »Das Einzige, was ich weiß, ist, dass ich nichts weiß.«

In der Ferne ertönt ein Gewehrschuss. Chris nimmt es kaum zur Kenntnis. Gewehrfeuer ist im Lager nichts Außergewöhnliches. Schüsse auf Vögel. Warnschüsse für die Gangs, die es auf unsere Vorräte abgesehen haben. Manche Schüsse signalisieren einen Selbstmord von jemandem, der sich im Endstadium befindet und beschließt, der Seuche zu zeigen, wer der Boss ist. Als ich ins Lager kam, hörte ich die Geschichte von einer Mutter, die zuerst ihre drei Kinder und anschließend sich selbst umbrachte, anstatt dem Vierten Reiter entgegenzutreten. Ich konnte mich nicht entscheiden, ob sie tapfer oder dumm war. Und dann hörte ich auf, mir Gedanken darüber zu machen. Wen interessiert schon, was sie war, wenn sie inzwischen tot ist?

Er hat nicht mehr viel zu sagen, deshalb sagt er es schnell, um sich aus dem Staub machen zu können. Wie viele der Nicht-Infizierten ist Chris extrem nervös und wartet ständig auf die nächste Hiobsbotschaft. Kratziger Hals – vom Rauch oder …? Kopfschmerzen – vom Schlafmangel oder vom Hunger oder …? Das ist der Moment, in dem man den Ball zugespielt bekommt und aus dem Augenwinkel den hundertzwanzig Kilo schweren Linebacker mit vollem Tempo auf einen zurasen sieht – nur dass der Moment niemals endet.

»Ich komme morgen wieder«, sagt er. »Brauchst du irgendwas?«

»Wasser.« Obwohl ich es nicht bei mir behalten kann.

»Bringe ich dir, Kumpel.«

Er erhebt sich. Alles, was ich jetzt noch sehe, sind seine schlammbedeckte Hose und seine schmutzverkrusteten Stiefel. Ich weiß nicht, woher ich es weiß, aber ich weiß, dass ich Chris zum letzten Mal gesehen habe. Er wird nicht wiederkommen, und wenn er es doch tut, werde ich es nicht mehr zur Kenntnis nehmen. Wir verabschieden uns nicht. Inzwischen sagt niemand mehr auf Wiedersehen. Seit das Große Grüne Auge am Himmel aufgetaucht ist, hat das Wort eine völlig neue Bedeutung angenommen.

Ich beobachte, wie der Rauch umherwirbelt, als er geht. Dann hole ich die Silberkette unter der Decke hervor. Ich streiche mit dem Daumen über die glatte Oberfläche des herzförmigen Medaillons, halte es mir im schwindenden Licht dicht vor die Augen. Der Verschluss ging in der Nacht kaputt, als ich es ihr vom Hals riss, aber es ist mir gelungen, ihn mithilfe einer Nagelschere zu reparieren.

Ich blicke zum Zelteingang und sehe sie dort stehen, doch ich weiß, dass es sich nicht wirklich um sie handelt, sondern dass das Virus sie mir zeigt, da sie dasselbe Medaillon trägt, das ich in der Hand halte. Der Krankheitserreger zeigt mir alle möglichen Dinge. Dinge, die ich sehen möchte, und Dinge, die ich nicht sehen möchte. Das kleine Mädchen im Zelteingang ist beides.

Bubby, warum hast du mich verlassen?

Ich öffne den Mund. Ich schmecke Blut. »Geh weg.«

Ihr Abbild beginnt zu flimmern. Ich reibe mir die Augen, und anschließend sind meine Fingerknöchel feucht vor Blut.

Du bist...

Erscheint lt. Verlag 14.4.2014
Übersetzer Thomas Bauer
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The Fifth Wave Vol. 1
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Aliens • Apokalypse • Außerirdische • dystopie fantasy • eBooks • Fantasy • New York Times Bestseller • New York Times Bestseller, Weltuntergang, Apokalypse, Tribute von Panem, Außerirdische • New York Times Bestseller, Weltuntergang, Apokalypse, Tribute von Panem, Außerirdische, Aliens • tribute von panem • Weltuntergang
ISBN-10 3-641-12015-2 / 3641120152
ISBN-13 978-3-641-12015-3 / 9783641120153
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