Im Land der sieben Schwestern (eBook)

Roman
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2014 | 1. Auflage
608 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-10986-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Im Land der sieben Schwestern -  Patricia Mennen
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Ihre Sehnsucht führt sie in ein fernes Land voller Gefahren und Magie
England, 1855. Als die junge Amber, Tochter aus gutem Hause, dem Offizier Ashton Cartwright begegnet und sich in ihn verliebt, beginnt für sie ein neues, aufregendes Leben. Mit ihrem frisch angetrauten Ehemann, dessen Truppe sich auf Indieneinsatz befindet, reist sie nach Assam, wo sie in der faszinierenden, fremden Kultur völlig aufgeht. Doch dann stirbt Ashton - offenbar wurde er durch eine gestohlene Statue mit einem Fluch belegt. Amber muss das Relikt zu seinem Ursprungsort, einem abgelegenen Bergdorf, zurückbringen. Nur der Amerikaner Rhys kann ihr dabei helfen - doch der ist genauso unausstehlich wie geheimnisvoll ...
Der Auftakt einer atemberaubenden Trilogie im farbenprächtigen Indien.

Patricia Mennen wurde in Augsburg geboren und wuchs in der kleinen mittelalterlichen Stadt Riedlingen an der Donau auf. In Würzburg und München studierte sie Germanistik, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaften. Ihre ständigen Begleiter sind ein Stift und ein Notizbuch, denn überall findet sie Ideen und Inspirationen. Patricia Mennen reist leidenschaftlich gern und hat bereits zahlreiche Romane, Kindersachbücher und Ratgeber veröffentlicht. Gemeinsam mit ihrer Familie lebt sie abwechselnd in der Nähe des Bodensees und in der Provence.

Prolog

Nagaland, Nordostindien

1850

Bong – Bogabong – Bogabong – Bong – Bong …

Sanft und warm begann sich der dumpfe Klang der Schlitztrommel über das von dichtem Urwaldgrün bedeckte Tal auszubreiten. Wie der gleichmäßig ruhige Schlag eines kräftigen Herzens gingen die erst leisen, dann langsam anschwellenden Schläge sogar auf die Vögel in den Wipfeln der Urwaldriesen über. Der sich stetig wiederholende Rhythmus half Lohang Hoto den Schmerz zu ertragen. Sein vor vielen Tagen tätowiertes Gesicht brannte immer noch, als wäre er in ein Ameisennest gefallen. Bis auf Lippen und Augen war die Haut mit den stammestypischen Tätowierungen des Königsclans überzogen. Die mit Ruß und Pflanzenfarbe getränkten Wunden, die der Schamane Honpa mit feinen Kata-Dornen in sein Fleisch gestochen hatte, waren noch immer entzündet. Doch der Schmerz, den er empfand, war nichts im Vergleich zu der tiefen Befriedigung, die sein Herz erfüllte. Sein Freund Nianu reichte ihm das Bambusrohr mit dem Opium und grinste ihn stolz an. Auch er und zwei weitere junge Männer der Wancho hatten sich dem Mannbarkeitsritus unterzogen, nachdem sie ihre ersten Köpfe erbeutet hatten. Im Gegensatz zu ihm beschränkten sich ihre Tätowierungen lediglich auf Stirn und Kinn. Lohang Hoto nahm dankbar einen tiefen Zug und ließ den Rauch langsam durch seine Nasenflügel wieder hinausgleiten. Dann reichte er die Pfeife an den Nächsten am Feuer weiter. Die Wirkung der Droge ließ nicht lange auf sich warten. Der Schmerz der frischen Wunden trat immer mehr in den Hintergrund und öffnete seinen Geist für die große Jagd, die seinem Volk Fruchtbarkeit und Wohlstand garantieren sollte. Gleichzeitig wuchs mit den zunehmend schneller werdenden Trommelschlägen sein Selbstbewusstsein. Das Blut des jungen Kopfjägers vom Stamm der Wancho geriet in Wallung. Seinen Stammesbrüdern schien es nicht anders zu ergehen. Lohang Hotos verschleierter Blick glitt über die mittleren Träger und Querbalken des Morungs weiter durch den Raum. Das lang gestreckte Wohnhaus der jungen Männer war voller bemalter Schnitzereien. An den Wänden hingen in dichten Reihen Schädel von Mithuns, Wasserbüffeln und Antilopen. Auf dem Boden neben dem Feuer stapelten sich die Schädel der bezwungenen Feinde. Wie von Zauberhand bewegt begannen die geschnitzten Tiere an den Balken lebendig zu werden. Der Tiger öffnete sein Furcht erregendes Maul und brüllte, dass die Wände zitterten. Das Reh neben ihm sprang erschreckt davon, während die Schlange sich über die Balken einen Weg zwischen die Männer suchte und sich prüfend vor ihnen aufrichtete. Lohang Hoto spürte, dass es Zeit war zu gehen. Er sprang auf, griff nach seinem Speer und prüfte, ob der Dao, der Kopfjägerdolch, an seinem Platz war.

»Die Geister sind mit uns!«, brüllte er außer sich vor Erregung. Seine von Schmerz und Drogen blutunterlaufenen Augen glühten wie irrlichternde Funken im flackernden Licht des Feuers. Nianu und die drei anderen ließen sich von seiner Begeisterung anstecken und stimmten in sein Kriegsgeheul ein. Mit den Füßen fest aufstampfend verließen sie das Schlafhaus der jungen Männer und gesellten sich zu den älteren Kriegern, die draußen bereits auf sie warteten.

Häuptling Po Ai nickte Lohang Hoto wohlwollend zu. Jedermann konnte sehen, wie stolz er auf seinen Sohn war. Nun war klar, dass der einmal ein großer und mächtiger Herrscher werden würde, denn nur besondere Krieger hielten dem Schmerz stand, der die Tätowierung des gesamten Gesichts hinterließ. Lohang Hoto war der Einzige im Königsclan, der überhaupt dazu bereit gewesen war.

Po Ai riss seinen Speer mit einer kraftvollen Bewegung in die Höhe. Sofort änderten die Männer am Songkong den Rhythmus der Schläge. Die über elf Meter lange Schlitztrommel, die aus einem einzigen ausgehöhlten Baumstamm gefertigt war, klang nun drohend und aggressiv. Ihr Hall drang über das Dorf hinaus bis weit in die vom Nebel verhangenen Dschungelberge vor.

Er war Warnung und Nachricht zugleich. Die Kopfjäger waren nun alle auf dem Dorfplatz versammelt und ließen sich von dem Rhythmus der Trommelschläge anstecken. Auf und ab wippend bildeten sie bald einen einzigen rhythmischen Körper, dessen Bewegung zunächst gleichmäßiger, dann immer kraftvoller wurde. Erst leise, dann lauter werdend stimmte der Schamane das Kriegslied an, in das nach und nach alle Männer einfielen. Der Gesang untermalte den Tanz der Krieger und ließ ihn noch wilder und ekstatischer werden, bis die Luft von der heraufbeschworenen Kraft so vibrierte, dass ein kleiner Funke ausreichen mochte, um die Situation explodieren zu lassen.

Da hob Po Ai erneut seinen Speer, und absolute Stille trat ein. Vor Anspannung erstarrten die Kopfjäger in ihrer jeweiligen Bewegung und richteten ihre erwartungsvollen Blicke auf den Anführer. Ihre Augen glühten vor Tatendrang und Kampfeslust. Kein Laut war zu hören. Selbst die Tiere des Urwalds waren verstummt. Dann streckte der Häuptling seinen Arm in Richtung des nebligen Regenwaldes aus. Weitere Anweisungen waren nicht nötig. Schweigend setzten sich die Wancho in Bewegung und trabten ihrem Anführer hinterher, bis das dunkle Dickicht des Waldes sie verschluckte.

Lohang Hoto gebührte die Ehre, den Angriff zu eröffnen. Mit erhobenem Speer und gezücktem Dao stürmte er auf das feindliche Dorf der Sema-Naga zu. Während er rannte, stieß er einen unbändigen Schrei aus und stürzte sich auf die Phalanx der Feinde, die zum Kampf bereit waren. Wie es Brauch war, hatte der Klang der Songkong die Bewohner des Dorfes gewarnt, und dessen Männer erwarteten sie mit entschlossenen Mienen. Frauen und Kinder hatten längst Zuflucht im Dschungel gesucht.

Lohan Hotos junges Herz war voller Ehrgeiz und Entschlossenheit. Mit raschen, weit ausholenden Schritten warf er sich mitten unter die Krieger. Sein neu gewonnenes Selbstbewusstsein verlieh ihm ungeahnte Kräfte, und er spürte, wie die Kraft der Schlange, die sie ihm in seinem Morung übertragen hatte, in seinen Körper floss. Der Kampf war kurz und heftig. Schon nach wenigen Augenblicken war Lohang Hoto in sein erstes Gefecht verwickelt. Aus der Gruppe löste sich ein kräftiger, junger Sema-Naga. Auch er trug die Tätowierungen der Wangjans, des Königsclans. Da er um gut einen Kopf größer als Lohang Hoto und viel kräftiger gebaut war, schien er seinem Gegner weit überlegen. Sein scharfer Dolch schien überall zu sein, so wild und kraftvoll zischte er durch die Luft. Lohang Hoto versuchte zunächst, den tödlichen Schlägen auszuweichen. Hierbei kam ihm zugute, dass er viel wendiger und schneller als der Sema-Naga war. Trotzdem streifte ihn der Dao des Feindes und verletzte ihn am rechten Oberarm. Wilder Schmerz durchflutete seinen Kampfarm und machte ihn unbrauchbar. Nur durch eine schnelle Drehung gelang es ihm, dem nächsten Stich auszuweichen. Doch durch diese abrupte Bewegung stand er nun im Rücken des Feindes. Bevor dieser sich ihm wieder zuwenden konnte, nahm er rasch seinen Dolch in die linke Hand und nutzte die Gelegenheit, ihm mit der Waffe einen tiefen Stoß zu versetzen. Der Sema-Naga stieß einen überraschten Schrei aus und sank tödlich getroffen zu Boden. Noch während er fiel, spürte Lohang Hoto die Kraft des Sterbenden auf sich übergehen. Ein tiefes Triumphgefühl überkam ihn und ließ ihn für einen Augenblick unaufmerksam werden. Erst als sich die Klinge eines anderen feindlichen Kriegers bereits seinem Hals näherte, nahm er aus den Augenwinkeln ihr Blitzen wahr. Mit einer reflexartigen Drehung wich er dem Schlag aus, bückte sich und rammte dem Gegner von unten die Waffe in den Bauch. Mit einem Gurgeln sank auch dieser nieder und bedeckte ihn unter seinem schweren Körper. Keuchend vor Anstrengung und Schmerz kroch er unter dem Toten hervor und hielt nach dem nächsten Gegner Ausschau. Doch die Sema-Naga hatten genug. In wilder Flucht suchten sie ihr Heil im Dickicht des Dschungels. In Lohang Hotos Ohren rauschte immer noch der Puls des Tötens, und er kämpfte gegen den Drang, die Flüchtenden zu verfolgen. Dann fiel sein Blick auf die beiden Toten, und er wusste, weshalb die Sema-Naga geflohen waren. Einer der Getöteten war der Sohn des Häuptlings der Sema-Naga, der andere aber der Häuptling selbst. Ehe er sich’s versah, wurde er von seinen Mitstreitern umringt und bejubelt. Lohang Hoto war ein Held geworden – ein mächtiger Krieger, der es verstand, Fruchtbarkeit und Wohlstand für sein Volk zu erkämpfen. Von allen Seiten klopften sie ihm anerkennend auf die Schulter und stimmten ein triumphierendes Geheul an.

In der folgenden Nacht feierten die Kopfjäger ihren großen Sieg mit Reisbier und frisch geschlachteten Schweinen. Sie hatten in der Dorfmitte ein großes Feuer entfacht, um das sich alle Bewohner versammelt hatten. Lieder wurden gesungen und Geschichten erzählt, und eine Geschichte wiederholte sich immer wieder. Es war die von Lohang Hoto, dem tapferen Häuptlingssohn, der bei der Kopfjagd zwei Feinde erlegt und dabei die Kraft und Fruchtbarkeit des berühmten Sema-Naga-Häuptlings und dessen Sohnes auf ihren Stamm übertragen hatte. Honpa, der Schamane, hatte noch in derselben Nacht eine Totenfigur gefertigt, auf deren Gesicht er die Tätowierungen des getöteten Häuptlings kopiert hatte. Er stellte sie Lohang Hoto vor die Füße und verneigte sich vor ihm.

»Rang und Baurang sind gleichermaßen mit dir«, erklärte Honpa mit einer leisen, vom Alter geschwächten Fistelstimme. »Sie sagen, dass dein Mut und deine Tapferkeit ihren Beifall gefunden haben. Die beiden Krieger, die du getötet hast, waren weit über ihren Stamm hinaus für ihre Kühnheit und Kraft bekannt. Nimm...

Erscheint lt. Verlag 17.2.2014
Reihe/Serie Amber-Saga
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 18. Jahrhundert • Abenteuer • Ahom-Palast • Assam • Buddhismus • Dschungel • eBooks • exotische Saga • exotische Saga, 18. Jahrhundert, Sarah Lark, Assam, Abenteuer, Dschungel, Nordostindien, Ahom-Palast, Fluch, Südtibet • Fluch • Frauenromane • Historische Romane • Indien • Liebesromane • Nordostindien • Romane für Frauen • Sarah Lark • Schicksalsschlag • Südtibet • Urvölker
ISBN-10 3-641-10986-8 / 3641109868
ISBN-13 978-3-641-10986-8 / 9783641109868
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