Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande (eBook)

Roman
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2013 | 1. Auflage
320 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-41818-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande -  Gernot Gricksch
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Piet und seine Kirschkernspucker-Freunde aus alten Zeiten müssen sich auch mit 40 Lebensjahren noch den Widrigkeiten des Lebens stellen. Die lang ersehnte Lebensweisheit und eine lässige Abgeklärtheit lassen leider auf sich warten. Stattdessen winken die erste Midlife-Crisis, eine späte Schwangerschaft, die immer wieder turbulente Liebe und die Rettung eines vernachlässigten Mädchens. Wenn dazu die eigenen Kinder genauso viel Mist bauen wie man selbst früher, ist das Chaos komplett. Aber mit guten Freunden ist alles zu schaffen. Sogar das Leben. Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande von Gernot Gricksch ist eine unterhaltsame Geschichte über Männerfreundschaft.

Gernot Gricksch, geboren 1964, ist Kolumnist, Kinokritiker und Autor von Romanen, Sachbüchern und Drehbüchern. Er ist einer der meistverfilmten deutschen Autoren und lebt mit seiner Familie in Hamburg. Gernot Gricksch versteht es wie kaum ein anderer deutscher Unterhaltungsautor, sein Publikum zum Lachen zu bringen, zu Tränen zu rühren und dabei so einiges über das Innenleben von Männern zu verraten, was »echte Kerle« nur zu gerne für sich behalten und viele Frauen gerade deswegen hochspannend finden. Zu Gernot Grickschs größten Erfolgen gehören »Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande« und »Freilaufende Männer«. Sein Roman »Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe« wurde 2006 mit dem Literaturpreis DeLiA als bester Liebesroman des Jahres ausgezeichnet, die eigene Drehbuchadaption mit dem Norddeutschen Filmpreis und dem Bayerischen Filmpreis. Nach »Freilaufende Männer« wurde 2012 der Roman »Das Leben ist nichts für Feiglinge« mit Wotan Wilke Möhring verfilmt.

Gernot Gricksch, geboren 1964, ist Kolumnist, Kinokritiker und Autor von Romanen, Sachbüchern und Drehbüchern. Er ist einer der meistverfilmten deutschen Autoren und lebt mit seiner Familie in Hamburg. Gernot Gricksch versteht es wie kaum ein anderer deutscher Unterhaltungsautor, sein Publikum zum Lachen zu bringen, zu Tränen zu rühren und dabei so einiges über das Innenleben von Männern zu verraten, was »echte Kerle« nur zu gerne für sich behalten und viele Frauen gerade deswegen hochspannend finden. Zu Gernot Grickschs größten Erfolgen gehören »Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande« und »Freilaufende Männer«. Sein Roman »Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe« wurde 2006 mit dem Literaturpreis DeLiA als bester Liebesroman des Jahres ausgezeichnet, die eigene Drehbuchadaption mit dem Norddeutschen Filmpreis und dem Bayerischen Filmpreis. Nach »Freilaufende Männer« wurde 2012 der Roman »Das Leben ist nichts für Feiglinge« mit Wotan Wilke Möhring verfilmt.

2002


Moment mal«, sagte ich zu der Frau am Verkaufstresen. »Dieses Schokoladencroissant kostet neunzig Cent?«

Die Frau nickte und zeigte auf das kleine Pappkärtchen in der Auslage, auf dem die Preise der einzelnen Backwaren ausgewiesen waren. »Ja, steht da doch.«

»Aber vor einem halben Jahr hat es noch neunzig Pfennige gekostet, dann müsste es jetzt fünfundvierzig Cent kosten. Ein Cent sind zwei Pfennige«, erklärte ich.

Die Frau zuckte mit den Schultern. Sie kannte diese Diskussion offenbar zur Genüge.

»Inflation«, sagte sie.

Ein Fremdwort, das ich nicht von ihr erwartet hätte. Nicht von einer Frau, die fünf verschiedene Farbtöne auf ihren künstlichen, krallenartigen Fingernägeln untergebracht hatte. Fingernägeln, die vermutlich jede dritte Brötchentüte zerrissen, die sie anfasste.

»Das wäre eine Preissteigerung von hundert Prozent in wenigen Wochen«, sagte ich. »Wenn es dafür eine logische und zwingende Begründung gäbe, hätten wir das Stadium einer wirtschaftlichen Katastrophe erreicht. Alles, was Karl Marx einst prophezeit hat, würde damit eintreten.«

Die Frau schaute mich ungemein gelangweilt an.

»Eine derartig hohe Preissteigerung setzt voraus, dass irgendetwas im Betriebs- und Handelskreislauf eine überproportionale Teuerung erfahren hat«, fuhr ich fort. »Stark erhöhte Rohstoffpreise oder Energiekosten zum Beispiel, explodierende Einfuhrzölle, rasant steigende Löhne …«

Als ich die Löhne erwähnte, lachte die Frau spöttisch auf.

»Ich darf vermuten, dass sich Ihr Gehalt in den letzten Wochen nicht verdoppelt hat?«, sagte ich mit ironischem Unterton und grinste sie fragend an.

Die Frau grinste gequält zurück. Als sie die Schlange von Menschen betrachtete, die sich im Laufe meiner hochgestochenen wirtschaftstheoretischen Abhandlung hinter mir gebildet hatte und mich mit wütenden Blicken bedachte, verschwand ihr Grinsen.

»Wollen Sie das Croissant jetzt oder nicht?«, fragte Kralli, die Bäckereifrau.

»Ich will mein Croissant!«, rief Nele, die geduldig neben mir ausgeharrt, jetzt aber keine Geduld mehr mit ihrem Papa hatte.

Ich seufzte. Ich nahm mein Portemonnaie und wühlte eine Weile darin herum, weil ich die neuen Münzen immer noch nicht so recht auseinanderhalten konnte. Dann reichte ich der Verkäuferin einen Euro. Sie gab mir zehn Cent und meiner Tochter das Croissant.

»Guten Appetit, Kleine«, wünschte sie Nele, und ihr Blick sagte: Tut mir leid, dass du so einen nervigen Vater hast.

 

Ich bin nicht geizig. Wirklich nicht. Es ging mir nicht ums Geld, als ich mich über die Euro-Verarsche empörte, sondern ums Prinzip. Es kotzte mich einfach an, dass irgendwelche Schlipsträger einfach mal auf die Schnelle ein paar Millionen abgriffen, indem sie den normalen Leuten wie mir hier zehn und da zwanzig Cent aus der Tasche fischten. Ich wollte diesen gierigen Typen kein Geld geben. Ich hätte es lieber in die Elbe geworfen, als die Parasiten in den Konzernen und Banken damit zu mästen. Aber fragte mich jemand? Nein. So etwas konnte mich echt wütend machen.

Vielleicht wäre das ein gutes Thema für meinen nächsten Roman?, überlegte ich. Vielleicht könnte ich meiner Wut über diese wertlosen Menschen, die seltsamerweise immer noch als Elite gehandelt wurden, in meinem nächsten Krimi Luft machen? Meinen Erstling hatte ich vor einiger Zeit beim Verlag abgegeben, und alle waren zu meiner (und vermutlich auch ihrer eigenen) Überraschung begeistert gewesen. Ich hatte für meinen ersten Krimi einen Helden erfunden, der hauptberuflich als Taxifahrer in Hamburg unterwegs war und nur durch Zufall in einen Mordfall verwickelt wurde. Ein Ermittler wider Willen. Ein Krimi mit viel Hamburger Lokalkolorit. Mein Lektor war sogar so begeistert, dass er fragte, ob ich nicht gleich mit der Arbeit an einem zweiten Teil anfangen wolle. Eine Serie von hanseatischen Lokalkrimis würden sie gerne von mir haben – und das, bevor der erste Teil überhaupt erschienen war. Ich war hocherfreut, natürlich. Und da ich Krimis nach wie vor nicht mochte, fiel es mir doppelt so leicht, sie zu schreiben. Vielleicht war das der Geheimtipp zum Bestseller: leidenschaftsloses Runterschreiben. Denn ich selbst fand meinen Krimi, ehrlich gesagt, zutiefst mittelmäßig.

 

Als wir von unserem Bäckereieinkauf zurückkamen, goss ich Nele einen Orangensaft ein, den sie mit auf ihr Zimmer nahm, um dort mit diesen komischen neuen Plastikpüppchen zu spielen, die in ihrem gesamten Freundeskreis offenbar ein Muss waren: Polly Pocket. Hässliche Dinger. Ich dagegen setzte mich an den Schreibtisch, schaltete den Computer ein und öffnete ein neues Dokument. Ich tippte den Arbeitstitel meines zweiten Krimis ein: Tod in der Vorstandsetage.

* * *

Sven hasste sich für das, was er dachte. Es war nicht fair, das wusste er. Aber er konnte die Gedanken, dieses Gefühl, einfach nicht abschütteln.

Sven saß mit Jörn auf der Terrasse eines dänischen Ferienhauses. Jörn hatte Scholle gebraten und einen raffinierten Kartoffelsalat mit Kapern gemacht. Die Sonne schien. Es war ein herrlich warmer Tag für Ende Mai. Eine Flasche guter Wein stand auf dem Tisch. Und die beiden hatten vor nicht einmal zwei Stunden Sex gehabt.

»Schön, oder?«, sagte Jörn und schaute über die Dünen aufs Meer.

Nein, dachte Sven, es ist nicht schön. Aber er sagte: »Ja.«

Wenn Sven Jörn ansah, spürte er nicht mehr dasselbe wie noch vor zwei Jahren. Sven fragte sich, was genau es für ein Missklang war, der sich in seine Gefühle gedrängt hatte, was es war, was ihn an Jörn zu stören begann. Es war nichts Großes, nichts Spektakuläres. Es war ein kleines Stechen. Ein Unbehagen. Ein Verlust von irgendwas. Nur von was?

»Ich liebe den frischen Fisch hier«, sagte Jörn. »Wir sollten morgen gleich noch mal welchen holen.«

Sven nickte. Er nahm einen Bissen von der Scholle. »Lecker«, sagte er.

Und dann gestand er sich ein, was es war, was ihn an Jörn störte: Sein Mann war nicht mitgewachsen. Sven hatte in den letzten Jahren eine fast atemberaubende Karriere hingelegt, war binnen kürzester Zeit eine große Nummer in der Kulturszene geworden, hatte seitdem den ganzen Tag mit faszinierenden Menschen zu tun, mit Schauspielern und Künstlern, Mäzenen und preisgekrönten Literaten. Nicht solchen Unterhaltungsschreibern wie Piet. Nein, richtigen Schriftstellern. Um Sven herum schwirrte ein Volk von schillernden Persönlichkeiten. Es war ein Mikrokosmos aus Menschen, die es geschafft hatten, der Anonymität und dem Mittelmaß zu entkommen. Und er, Sven, war ein Teil dieser Welt. Was Sven sagte, war plötzlich wichtig. Weitreichend. Beeindruckend.

Jörn aber war ein arbeitsloser … Kaufmann. Zugegeben, auch Jörn hatte am Theater gearbeitet, so hatten sie sich schließlich kennengelernt. Doch während Sven sich im kreativen Bereich austobte, war Jörn immer ein Zahlenmensch gewesen. Ein Organisator. Ein solider Berechner. Das hatte Sven sogar gefallen. Damals. Das Bodenständige. Das Verlässliche. Das Behütende. Denn sein eigenes Leben war bis vor zwei Jahren noch unbeständig gewesen. Es war nicht klar gewesen, ob er sich zeitlebens von Job zu Job, von Bühnenbild zu Bühnenbild würde hangeln müssen. Jörn war sein Anker gewesen. Er hatte ihn unterstützt und abgesichert. Emotional. Und auch finanziell. Jetzt aber war es umgedreht: Sven war der große Zampano. Der umjubelte Künstler. Und Jörn war … Jörn war seine Hausfrau. Sven hasste sich für diese Gedanken. Er wollte es nicht so sehen. Er wollte Jörn weiterhin respektieren. Ich liebe ihn doch noch, sagte er sich. Aber dann fragte er sich: Tue ich das wirklich? Er wusste es nicht. Und es tat ihm weh, es nicht zu wissen. Nicht zu wissen, wo Liebe aufhörte und Vertrautheit anfing. Und nicht zu wissen, ob es nach der Vertrautheit noch weiter bergab ging. Zur Routine? Oder war das vielleicht ganz normal? Eine Transformation von großer Leidenschaft zu etwas anderem? Zu etwas weniger Spannendem, aber irgendwie Beruhigendem? War es das, was man »sesshaft werden« nannte? Gehörte das so? War das genug? Wollte er mit Jörn nun viele Jahre lang gemessenen Schritts auf dem breiten, sicheren, aber abwechslungsarmen Lebensweg dahinschlendern und all die Abenteuerparcours ignorieren, die rechts und links abzweigten? War er dafür nicht zu gut? Sven wusste, dass er einen arroganten Zug entwickelt hatte. Er war ehrlich genug mit sich selbst, um sich das einzugestehen. Es war ein schmaler Grat zwischen Selbstbewusstsein und Überheblichkeit, und er fand nicht immer die richtige Balance. Wenn man so schnell und so spektakulär Erfolge feierte wie er, war man plötzlich von Menschen umgeben, die einem erzählten, wie großartig man war. Man wurde überallhin eingeladen. Auf Partys musste Sven sich nicht mehr um Gesprächspartner sorgen. Er war derjenige, der belagert wurde, beweihräuchert, umschwärmt. Jörn passte nicht ins Bild. Es war nicht so, dass Sven sich für ihn schämte. Ganz ehrlich nicht. Aber er war auch nicht mehr stolz auf ihn. Jörn war eine Selbstverständlichkeit geworden. Alltag. Ein kleiner Mann. Ein toller Mann, nach wie vor. Aber klein. Und Sven wuchs. Und wuchs. Und wuchs. Und er fing an, auf seinen Mann hinabzuschauen.

Mein Gott, dachte Sven, wir sitzen hier in einem Ferienhaus in Dänemark. In Pillepalle-Dänemark! Nebenan wohnte diese Familie aus Pinneberg, die sie immer so übertrieben freundlich grüßten, als wollten sie unbedingt demonstrieren, dass sie nichts gegen Schwule hätten. Sven, über den Theater heute neulich ein vierseitiges Porträt veröffentlicht hatte, hatte die Einladung des...

Erscheint lt. Verlag 26.6.2013
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Adoption • Deutschland • Familie • Frauen • Freundschaft • Hamburg • Kinder • Leben • Liebe • Männer • Männerfreundschaft • Metadat25 • Midlife Crisis
ISBN-10 3-426-41818-5 / 3426418185
ISBN-13 978-3-426-41818-5 / 9783426418185
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