Die Herrin des Labyrinths (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2013 | 1. Auflage
368 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-0554-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Herrin des Labyrinths -  Andrea Schacht
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Ein geheimes Vermächtnis.

Nachdem ihre Mutter bei Unruhen in Ägypten umgekommen ist, wird Amanda von einer deutschen Familie adoptiert und wächst in Deutschland auf. Doch die vagen Erinnerungen an die ersten Lebensjahre führen dazu, dass sich sie ihr Leben lang mit der Frage beschäftigt: Wer bin ich? Nach einer gescheiterten Ehe und dem Tod ihrer Adoptiveltern lernt Amanda als erwachsene Frau eine alte Dame kennen, die sie bis zu deren Tod pflegt. Auf dem Sterbebett bittet Gita sie, das Kind ihrer seit Jahren verschollenen Tochter Josiane zu suchen, damit es sein Erbe antreten kann. Zögernd beginnt Amanda die beinahe aussichtslose Suche. Als einzige Hinweise erhält sie einen Brief, der die Nachricht über Josianes Tod enthält, eine alte Münze und ein seltsamen Rätselspruch ... 

Ein Roman über Tanz, Liebe und die Frage, welchen Weg man gehen muss, um sich selbst zu entdecken.



Andrea Schacht (1958-2017) hat zahlreiche historische Romane und Bücher, in denen Katzen eine Hauptrolle spielen, veröffentlicht. Als Aufbau Taschenbuch sind ebenfalls ihre Romane, 'Tigers Wanderung', 'Auf Tigers Spuren', 'Hexenkatze', 'Zauberkatze', 'Schiffbruch und Glücksfall' und 'Die Herrin des Labyrinths', 'Die keltische Schwester', 'Der fliegende Weihnachtskater' und 'Katzenweihnacht' lieferbar, als E-Book 'Der Tag mit Tiger' 'Die Katze mit den goldenen Augen' und 'Weihnachtskatze gesucht'.

Mehr zur Autorin unter www.andreaschacht.de

KAPITEL 24


Die Grenze

Ich kann nicht behaupten, dass Halimas Bericht meine innere Ruhe gefördert hätte. Zu meiner äußeren hatte es auch nicht beigetragen. Als erste Konsequenz gab es wieder eine Auseinandersetzung mit Ulli, der sich über mein langes Ausbleiben geärgert hatte. Seine Vorwürfe trafen mich tief, denn es steckte eine unleugbare Wahrheit darin. Ich hatte seine Existenz schlichtweg vergessen.

»Seit du mit dieser Zappeltante zusammen bist, bin ich völlig unwichtig geworden«, hatte er gefaucht. Eigentlich hatte ich ihm von meinen Vermutungen über meine Herkunft und Halimas Geschichte berichten wollen, aber er war viel zu wütend auf mich, und darum hüllte ich mich in trotziges Schweigen. Patrick hatte ihn auch wieder verärgert, erfuhr ich am nächsten Tag. Ulli hatte während seiner Abwesenheit den PC in seinem Zimmer benutzt und irgendetwas nicht richtig abgespeichert oder verändert. Patrick hatte sich ungewöhnlich heftig darüber aufgeregt und ein paar nicht wiedergutzumachende Bemerkungen losgelassen. Das war Ullis Bericht dazu, und da ich wusste, dass mein Sohn manchmal eine ausnehmend arrogante Art hatte, jemandem zu zeigen, für wie minderwertig er ihn hielt, verstand ich seinen Ärger. Ein Vermächtnis seines Vaters, wie ich nur allzu gut wusste. Patrick hüllte sich in störrisches Schweigen, als ich ihn zur Rede stellte, und weigerte sich, eine Entschuldigung auszusprechen. Ulli war auch nicht bereit, sich für sein ungefragtes Eindringen in Patricks Privatsphäre zu entschuldigen. Das wiederum machte mich ebenfalls ärgerlich, aber weil eine Annäherung der Standpunkte unmöglich und die Sache an sich banal war, ließ ich sie auf sich beruhen. Im Lichte der späteren Entwicklung hätte ich das besser nicht getan. Stattdessen schwankte ich zwischen Ärger und Mitleid, und diese Gefühlsmischung war natürlich kein Erfolgsrezept für ein Zusammenleben mit Ulli. Es gab immer häufiger Momente, in denen ich mich fragte, ob ich den Zustand nicht beenden sollte, und beinahe hätte dann ein heftiger Ausbruch das Ende unserer Beziehung abrupt herbeigeführt.

Nicole war am Mittwochabend vorbeigekommen und hatte ihre ganze Ausstattung dabei. Halimas Warnung schien mir nicht so wichtig zu sein, ich freute mich, dass sie mich besuchte.

»Hallo, hallo. Amanda, du hast doch deinen Keller jetzt ausgeräumt. Wollen wir nicht mal zusammen unten tanzen? Ich habe auch Musik mitgebracht.«

Sie schwenkte zwei CDs und sprühte vor Unternehmungslust. Ich hatte ihr natürlich davon erzählt, dass ich inzwischen Platz und große Spiegelflächen hatte, und ihr angeboten, dort zu üben, wenn sie Lust hatte. Nicole kam zwar ein bisschen ungelegen, denn gerade war Ulli wieder so weit besänftigt, dass ich ihm von den vergangenen Verwicklungen erzählen wollte, aber dann überwog die Eitelkeit bei mir. Den Nachmittag hatte ich mit Näharbeiten an meinem neuen Kleid verbracht und es soweit geändert, dass es jetzt perfekt saß, wenn ich mich vor den Spiegel stellte. Aber man blieb ja nicht ruhig stehen in derartigen Kostümen, auch unter Belastung mussten BH und Gürtel halten und durfte der Rock nicht rutschen. Ich nahm also den CD-Player, und wir beide verschwanden im Keller, um uns umzuziehen.

»Wir brauchen noch etwas für die Atmosphäre!«, sagte Nicole und stellte ein irdenes Schälchen auf. »Ich habe Räucherkegel mitgebracht.«

Ein blaues Rauchfädchen kringelte sich aus der Schale und füllte den Raum mit Rosenduft. Es war nicht unangenehm, und als ich die helle Beleuchtung ausmachte und den Deckenfluter gedimmt einschaltete, verlor mein Kellerraum wirklich etwas von seiner Nüchternheit.

»Ich habe noch einen alten Perserteppich. Den werde ich demnächst hier auslegen«, überlegte ich laut und schaltete den Player an. Dann drehte ich mich zu Nicole um, die mit geschlossenen Augen ein paar verblüffende Bewegungen machte.

»Was ist das denn für eine Stilrichtung? Turkish Trance?«, fragte ich, aber sie hauchte nur: »Pssst!« und wogte weiter mit den Armen in der Luft umher. Dann öffnete sie die Augen und erklärte mir: »Ich rufe die Göttin an. Das tue ich jetzt immer vor dem Tanzen.«

»Aha.« Nicole hatte also eine Verbindung zwischen Hexenkunst und Tanz gefunden. Aber da es ihr offensichtlich half, ihre Bewegungen zu koordinieren, war das zumindest eine harmlose und nützliche Einbildung. Sie tanzte gar nicht schlecht, während ich verschiedene Einzelbewegungen ausprobierte und dabei im Spiegel den Sitz meines Kostüms beobachtete. Ich hatte inzwischen gelernt, die aufsteigende Verzückung durch gezielte Konzentration unter Kontrolle zu halten, und fühlte mich einigermaßen sicher, wenn ich meinen Geist während des Tanzens auf ein bestimmtes Thema gerichtet hielt – entweder auf eine komplizierte Schrittfolge, die korrekte Ausführung einer schwierigen Körperhaltung oder eben auf das Kleid und seine Wirkung.

»Könnt ihr dieses verdammte Geheul endlich leiser stellen!« Ulli erschien genervt in der Kellertür und blieb wie vor den Kopf geschlagen stehen. »Was hast du denn da an? Bist du jetzt vollends verrückt geworden? Und macht diesen widerlichen Qualm aus!«

Eine Stichflamme heißer Wut schoss in mir hoch. Die mühsam zusammengekittete Harmonie zerbrach in Stücke, und ich sagte mit einer Ruhe, die mich selbst verblüffte: »Wenn dir nicht passt, was ich in meinem Haus anziehe, was ich in meinem Haus tue und welche Musik ich in meinem Haus höre, dann steht es dir jederzeit frei, deine Sachen zu packen und dir eine andere Unterkunft zu suchen.«

»So ist das also jetzt! Na gut!«

Mit einem Knall flog die Tür hinter ihm zu, und eine Wolke süßen Rauches wirbelte durch den Raum.

»Uh, was ist denn zwischen euch beiden passiert?« Nicole sah mich verstört an. »Ihr versteht euch normalerweise sonst so gut. Ulli ist doch so ein Lieber.«

»Ist er wohl nicht. Aber lass dich davon nicht stören.«

Nicole hatte indes schon angefangen, sich umzuziehen, und machte sich zum Aufbruch bereit.

»Wenn du noch ein bisschen tanzen willst, lass ich dir die CDs hier. Ruf mich morgen an, und erzähl mir, was los ist, ja?«

Man konnte ihren Abgang nur als fluchtartig bezeichnen, und ich blieb alleine inmitten von Duft und zarten Tongespinsten zurück. Nach oben gehen mochte ich noch nicht, zuerst musste ich mich etwas beruhigen. Ich nahm das letzte Räucherkegelchen aus der Packung, die Nicole mitgebracht hatte, und zündete es an. Anders als die vorherigen war es nicht rot, sondern hellbraun, aber der Rosenduft war mir sowieso schon zu süßlich geworden.

Es war eigentlich kein Tanz, es waren nur ganz vereinzelte Bewegungen, die ich machte, während ich die rotgoldene Flamme im Spiegel beobachtete. Funken und kleine Blitze sprühten da und dort auf, wo sich das Licht in den Strasssteinen brach, wie roter Nebel umwogte der Rock meine Beine. Ich löste die Haare, die ich zu einem Knoten aufgesteckt hatte, und ließ sie über den Rücken fallen. Allmählich entspannte ich mich wieder. Meine Handgelenke wurden weich und zogen kleine Wellen durch die Luft, meine Schultern lockerten sich, die Arme wanden sich schlangengleich nach oben. Meine verkrampfte Bauchmuskulatur löste sich, und die Bewegungen wurden runder. Meine Hüften kreisten, bildeten kleine und große, verschlungene und einfache Kreise, immer um eine Mitte, die sich tief in mir befand. Meine Gedanken schwebten mit dem Rauch, und ein vertrauter, sinnbetörender Duft umfing mich. Er erinnerte mich an Geborgenheit und Vertrauen, an eine beschützende, sanfte Liebe, an etwas, nach dem ich mich immer gesehnt hatte, was aber für immer verloren war. Es war ein Verlust, der unendlich weh tat und doch erträglich war, weil in ihm ein anderes Versprechen lag. Ich tanzte, weil ich sonst den Schmerz nicht ausgehalten hätte, und ich tanzte, weil es in mir danach verlangte. Ich tanzte und bat mit diesem Tanz darum, das Ziel meiner Sehnsucht zu finden.

Mit einem Klicken schaltete sich der Player aus, und mit einem Schlag wurde mir der Geruch bewusst. Sandelholz! Mich schüttelte es, und angeekelt packte ich das Räucherschälchen, brachte es in die Waschküche und ließ Wasser darüberlaufen. Dann riss ich die Kellerfenster auf und zog mich so hastig um, dass ich mir von den scharfkantigen Pailletten Kratzer an den ganzen Armen zuzog.

Ulli war natürlich nicht sofort ausgezogen. Er saß vor dem Fernseher, nahm aber offensichtlich nichts von der Sendung wahr, sondern starrte nur in eine Ecke. Als ich nähertrat, zuckte er zusammen und meinte: »Oh, da bist du ja.«

»Ja, da bin ich.«

Er seufzte tief auf und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. Meine Wut war verflogen, und er tat mir wieder leid.

»Amanda, ich weiß, ich wohne hier nur, weil du mich dazu eingeladen hast. Es ist dein Haus, und du hast selbstverständlich das Recht, darin zu tun und zu treiben, was du willst. Ich werde nichts mehr dazu sagen.«

»Ist schon in Ordnung, Ulli.«

Ich setzte mich zu ihm und lehnte meinen Kopf an seine Schulter. Ein Rest von dieser schmerzenden Sehnsucht war noch in mir, und seine körperliche Nähe wirkte tröstend auf mich. Er machte sich aber etwas steif und rückte von mir ab.

»Amanda, wenn du hier oder in deinem Studio tanzt, dann ist das ganz deine Sache. Aber ich habe ein Problem damit, wenn das bekannt wird. Bitte versteh mich richtig. Ich habe gerade eine Chance bekommen, in eine höhere Position aufzusteigen. Ich werde auch manchmal mit unseren Kunden gesellschaftlich zusammenkommen, und da kann ich es mir einfach nicht erlauben, wenn es...

Erscheint lt. Verlag 14.2.2013
Sprache deutsch
Original-Titel Die Herrin des Labyrinths
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Ägypten • Deutschland • Familiengeheimnis • Frauen • Liebe • Lucinda Riley • Mystik • Rachel Hore • Roman • Suche • Unterhaltung
ISBN-10 3-8412-0554-2 / 3841205542
ISBN-13 978-3-8412-0554-4 / 9783841205544
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