Eigentlich wollt' ich Blumen kaufen (eBook)

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2013 | 1. Auflage
192 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-41715-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Eigentlich wollt' ich Blumen kaufen -  Evelyn Sanders
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'Eigentlich wollt' ich Blumen kaufen' ist der erste Geschichtenband der Bestsellerautorin Evelyn Sanders und diente schon vielen Lesern als »Einstiegsdroge« für ihre turbulenten Romane. Da geht es um Urlaubspannen und Äpfelklau beim Nachbarn, um Benni, den Lehrerschreck, und die Kunst des Haarefärbens, vor allem aber immer wieder ums Schenken - zu Weihnachten, zum Geburtstag und überhaupt.

Evelyn Sanders' Fähigkeit, den Alltag auf die Schippe zu nehmen, ist unerreicht. Die geborene Berlinerin, gelernte Journalistin, fünffach gestählte Mutter und vielfach gekrönte Bestsellerautorin lebte in der Nähe von Heilbronn. Sie verstarb im Dezember 2022. 

Evelyn Sanders' Fähigkeit, den Alltag auf die Schippe zu nehmen, ist unerreicht. Die geborene Berlinerin, gelernte Journalistin, fünffach gestählte Mutter und vielfach gekrönte Bestsellerautorin lebte in der Nähe von Heilbronn. Sie verstarb im Dezember 2022. 

Die feine Küche


Gibt’s hier irgendwo eine Zitruspresse?«

Seit mindestens fünf Minuten trabte ich durch diese Lehrküche, hatte bereits sämtliche Schubladen durchstöbert und machte mich nun an die Unterschränke. »Muss ich jetzt tatsächlich fünf Zitronen mit der Hand auspressen?«

»Vorhin habe ich eine gesehen«, sagte Irmchen, die große Schlanke mit dem ironischen Blick, »aber ich weiß nicht mehr, wo!«

Das half mir nun auch nicht weiter. Als ich mich gerade entschlossen hatte, nun doch auf Handbetrieb umzusteigen, drückte mir jemand das Gesuchte in die Hand. Es bestand aus Pressglas und hatte seine beste Zeit zweifellos schon hinter sich.

Überhaupt schien das ganze Interieur dieser Küche im dritten Stock eines Hauses irgendwo in der Heidelberger Innenstadt aus mehreren Epochen zusammengestückelt, wobei das Mobiliar noch das Modernste war und wohl aus den frühen Siebzigern des vorigen Jahrhunderts stammte. Die Elektroherde waren auch nicht jünger, eher im Gegenteil, und was ich mir so an ›Handwerkszeug‹ zusammengesucht hatte, konnte teilweise schon als antik bezeichnet werden. Jetzt wunderte ich mich auch nicht mehr, dass Stefanie vor unserer Abfahrt eine ihrer eisernen Bratpfannen eingepackt und zwei unterschiedlich große Messer mitgenommen hatte. »Die sind wenigstens scharf!«

Weshalb ich mich für diesen Kochabend angemeldet hatte, ist mir immer noch rätselhaft, es muss wohl an Stefanies blumigen Schilderungen gelegen haben.

»Man kann ja nie genug lernen, und Spaß macht’s auch«, hatte sie schließlich in den Telefonhörer gekichert, »komm doch am Mittwoch mal mit! Da wird’s bestimmt interessant, das Motto lautet nämlich Huhn mal anders.«

»Wie anders? Etwa mit Federn?«

»Woher soll ich das wissen? Geflügel hatten wir noch nicht!«

Also hatte ich mein Übernachtungsköfferchen gepackt und war zu meiner Tochter gefahren, um nun in dieser Lehrküche zu stehen und den Worten des Meisters zu lauschen, der in einem Nobelhotel zweiter Küchenchef war und uns zehn Frauen heute Abend an seinem kulinarischen Wissen teilhaben ließ. Er hieß Marcel, Ende zwanzig, gut aussehend und erstaunlicherweise schlank. Seine Schülerinnen waren es auch, jedenfalls die jüngeren; die anderen befanden sich eher so im Zwischenbereich mit Tendenz nach oben, sowohl altersmäßig als auch vom Gewicht her. Und sie hießen nicht Cordy, Tina, Annette oder Ecki, sondern Marianne, Irmchen, Edelgard und Waltraud. Die ersten vier kannte ich schon lange, die anderen waren mir unbekannt. Ich musste aber ganz schnell lernen, dass man sich bei solchen Veranstaltungen duzt, weil das bequemer ist. Übrigens war Irmchen auch zum ersten Mal dabei und kämpfte mit den gleichen Schwierigkeiten.

Nachdem der finanzielle Teil dieses Abends abgehakt war – Honorar für Marcel und Eigenanteil für die Zutaten –, sollten wir drei Gruppen bilden, denn jede würde etwas anderes kochen müssen. Stefanie, Cordy (eigentlich heißt sie Cordula), Tina und ich entschieden uns für Hähnchen im Salzmantel mit karamellisiertem Fenchel und Pfannenrisotto. Das klang so schön nach gehobener Küche, obwohl ich gar kein Risotto mag. Ecki ging lieber zur Maispoularde mit hausgemachten Nudeln, sie hasste Fenchel, weil sie als Kind immer so viel Fencheltee trinken musste, und die dritte Gruppe würde Stubenküken mit Safrankartoffeln zubereiten, ein Gericht, das Cordy von vornherein abgelehnt hatte. »Ich schmeiße doch keine Babys in den Kochtopf!«

Nun standen wir für das Salzmantelhuhn Zuständigen etwas hilflos in unserem Kochviereck, bestehend aus Herd, drei Arbeitsplatten und Spülbecken, und begannen mit den Vorbereitungen. Cordy zupfte Thymianblätter von den Stengeln – und es waren sehr viele trockene Blättchen von sehr vielen trockenen Stengeln –, Steffi schälte Knoblauchzehen, Tina heulte in die Zwiebeln, und ich sollte Zitronen auspressen, schälen und die Schale in ganz kleine Stückchen schneiden. Als der Saft von den ersten zwei Früchten auf meine Schuhe tropfte, fiel mir endlich auf, dass die Zitruspresse keinen Boden mehr hatte. Natürlich hätte ich das gleich sehen müssen, aber zu Hause habe ich für derartige Tätigkeiten ein Gerät mit Stecker dran …

Die Schale von einer bereits ausgepressten Zitrone zu entfernen ist sehr mühsam, besonders dann, wenn man ein Messer hat, das mindestens fünf Jahre alt und offenbar noch nie geschärft worden ist. Jetzt wusste ich wenigstens, weshalb Stefanie ihr eigenes Messer dabeihatte. Ich wollte es mir leihen, aber sie zerhackte immer noch Knoblauchzehen. Und danach hatte Cordy schon Bedarf angemeldet, weil der Thymian ebenfalls zerkleinert werden musste. Na gut, dann würde ich mich eben weiterhin mit diesem stumpfen Ding behelfen müssen. (Wann genau ich mir die beiden Fingernägel abgesäbelt habe, ließ sich später nicht mehr feststellen, sie sind wohl irgendwie zwischen den Zitronenschalenschnipseln verlorengegangen.)

 

Marcel schritt kontrollierend von Tisch zu Tisch, legte mit Hand an oder erteilte fachmännischen Rat, doch bevor er die rohen Poularden auseinandernahm, rief er uns zusammen. Ein paar kräftige Schnitte, zwei Drehungen mit der Hand … und schon lag das Vieh komplett tranchiert vor ihm.

»Das würde ich niemals so hinkriegen!«, murmelte ich leise, aber er hatte es trotzdem gehört. »Am besten ist es, wenn Sie sich das Huhn gleich vom Metzger zerteilen lassen, man braucht ja doch ziemlich viel Übung dazu.«

Ich nickte und stellte mir gleichzeitig das Gesicht unseres Metzgers vor, wenn ich ihn bitten würde, ein Huhn zu sezieren! Der ist doch auf Schweine und Rinder trainiert, und die haben keine Flügel, dafür immer vier Beine!

Momentan war das jedoch alles nebensächlich, denn unser Salzmantelhuhn sollten wir gar nicht zerschnippeln, es musste im Gegenteil ganz bleiben und voll gestopft werden mit jenem Brei, an dessen Zutaten wir uns immer noch abarbeiteten …

Bekanntlich steht einem gewerblichen Koch eine bestimmte Menge Flüssigkeit pro Tag zu, denn kochen macht durstig, und ganz besonders dann, wenn man acht Stunden oder länger vor dem Herd steht. Ob dieser Flüssigkeitsbedarf auch heute noch mit einer genau festgelegten Menge Bier gedeckt werden darf, weiß ich nicht, immerhin stammt diese Behauptung von Sohn Sascha und liegt auch schon ein paar Jahrzehnte zurück. Jedenfalls hatte Marcel auch unseren zu erwartenden Durst berücksichtigt und entsprechend vorgesorgt. Allerdings gab es kein Bier, sondern durchaus trinkbaren Weißwein, dessen Ankauf insofern zwingend gewesen war, als in unseren Fenchelsud laut Rezept ein »ordentlicher Schuss Wein« gehörte. Die Maispoularde brauchte auch welchen. Dass von der dritten Flasche aber gerade mal noch ein paar Esslöffel voll übrig geblieben waren, hat später lediglich unseren Maître de cuisine verstört.

Dafür wurde die Stimmung etwas gelockerter. Irmchen, mit den Stubenküken befasst, hatte sie nunmehr als Teigklöpse in den Ofen geschoben und ein bisschen Erholung verdient, während Ecki und Annette Kartoffeln schälten, der Länge nach teilten und dann versuchten, sie zur Form eines kleinen Ruderkahns zurechtzuschnitzen. Man nennt das tournieren, aber bei Alfred Biolek sieht das Ergebnis bestimmt ganz anders aus.

»Haben Sie schon mal … äh, also, hast du schon mal Fenchel gekocht?«, wollte ich von Irmchen wissen, in der ich eine gewiefte Köchin vermutete.

»Wieso gekocht?«, kam es etwas irritiert zurück. »Den brüht man doch bloß auf! Für Kleinkinder. Ich habe immer fertige Teebeutel benutzt.«

Na bravo! »Du stehst wohl nicht allzu oft in der Küche, oder irre ich mich da?«

»Du irrst dich nicht! Ich bin Geschäftsfrau mit einem Zehnstundentag und habe den Küchentrakt vollständig meinem Mann überlassen. Der ist Rentner, relativ lernfähig und hat Zeit.«

»Und weshalb stellst du dich trotzdem hierher?«

Sie lächelte verschmitzt. »Aus taktischen Gründen! Mein Sohn präsentiert uns am übernächsten Wochenende seine neue und endgültig letzte Freundin, also quasi meine potenzielle Schwiegertochter, die offenbar noch weniger Lust zum Kochen hat als ich. Nun soll ich aber so tun, als sei ich eine begnadete Köchin, und muss in Gegenwart von Audrey etwas ganz Tolles auf den Tisch zaubern. Ich glaube, die Küken kriege ich jetzt einigermaßen hin, und wenn die tournierten Kartoffeln wie Kaminholz aussehen, dann kann ich immer noch hoffen, das Mädchen kennt die Originalversion gar nicht. Hinterher gibt’s Crème brûlée, das Zeug kann man in der ›Metro‹ fertig kaufen und muss es bloß noch aufkochen und kalt stellen, aber es macht viel her!«

Nur mühsam konnte ich mir das Lachen verbeißen. »Aus welchem Teil der Welt kommt denn deine zukünftige Schwiegertochter?«

»Aus Kingston.«

»Wie – aus Jamaika??«

»Nee, aus England. Irgendwo im Nordosten.« Irmchen seufzte. »Ich weiß gar nicht, weshalb ich mir so viel Mühe mache, die Engländer können doch sowieso nicht kochen. Sind Sie … du schon mal auf der Insel gewesen?«

Sofort dachte ich an Saschas erste Frau, an die englische Hochzeit, an den denkwürdigen Sunday-Lunch und nickte. »Du hast recht, Kochen ist wirklich nicht ihre Stärke.« Dann fiel mir noch etwas ein. »Was wirst du denn am zweiten Tag servieren?«

»Da gehen wir essen!«

Ich wollte gerade bei den Damen mit der Maispoularde ein bisschen kiebitzen, als ich gerufen wurde. »Willst du nicht endlich an deinen Arbeitsplatz zurückkehren?«, forderte Steffi mich auf. »Du verpasst sonst den Höhepunkt!«

Was um alles in der Welt sollte das wohl sein? Den...

Erscheint lt. Verlag 1.2.2013
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Geschichten • Großfamilie • Mitbringsel
ISBN-10 3-426-41715-4 / 3426417154
ISBN-13 978-3-426-41715-7 / 9783426417157
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