Der Sieger bleibt allein (eBook)

(Autor)

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2013 | 2. Auflage
512 Seiten
Diogenes (Verlag)
978-3-257-60263-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Sieger bleibt allein -  Paulo Coelho
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In Der Sieger bleibt allein nimmt Paulo Coelho das Thema seines Weltbestsellers Elf Minuten wieder auf: die Liebe, die uns ebenso oft zerstört, wie sie uns erlöst. Ein spannender Roman über die dunkle Seite der Liebe. An der französischen Côte dAzur kommen die Reichen und Berühmten zusammen, diejenigen, die es bis ganz nach oben geschafft haben. Auch Igor, der aus Russland anreist, ist besessen von Luxus und Erfolg und ebenso von der Liebe oder was er dafür hält.

Paulo Coelho, geboren 1947 in Rio de Janeiro, lebt mit seiner Frau Christina Oiticica in Genf. Alle seine Romane, insbesondere ?Der Alchimist?, ?Veronika beschließt zu sterben? und ?Elf Minuten?, wurden Weltbestseller, in 88 Sprachen u¨bersetzt und u¨ber 320 Millionen Mal verkauft. Die Themen seiner Bu¨cher regen zum Nachdenken an und dazu, den eigenen Weg zu suchen.

Paulo Coelho, geboren 1947 in Rio de Janeiro, lebt mit seiner Frau Christina Oiticica in Genf. Alle seine Romane, insbesondere ›Der Alchimist‹, ›Veronika beschließt zu sterben‹ und ›Elf Minuten‹, wurden Weltbestseller, in 88 Sprachen u¨bersetzt und u¨ber 320 Millionen Mal verkauft. Die Themen seiner Bu¨cher regen zum Nachdenken an und dazu, den eigenen Weg zu suchen.

[13] 3 Uhr 17

Die kompakte Beretta PX4 ist etwas größer als ein Handy, wiegt etwa 700 Gramm und hat zehn Schuss. Klein und leicht, wie sie ist, zeichnet sich die Waffe unter der Kleidung nicht ab; daneben hat sie einen weiteren großen Vorzug: Das Projektil durchschlägt den Körper des Opfers zwar nicht, zerstört aber alles auf seinem Weg.

Die Chancen, einen Schuss mit diesem Kaliber zu überleben, sind relativ hoch. Es gibt Tausende von Fällen, in denen keine lebenswichtige Arterie durchtrennt wurde und das Opfer genügend Zeit hatte, zu reagieren und den Angreifer zu entwaffnen. Ein erfahrener Schütze kann jedoch zwischen einem schnellen Tod für sein Opfer – indem er zwischen die Augen oder auf das Herz zielt – und einem langsamen Tod wählen, indem er den Lauf der Waffe in einem bestimmten Winkel bei den Rippen ansetzt und abdrückt. Das Opfer wird nicht gleich merken, dass es tödlich getroffen wurde – und versuchen, sich zu verteidigen, zu fliehen, um Hilfe zu rufen. Das Opfer hat noch Zeit, seinen Mörder zu erkennen, während seine Kräfte langsam schwinden und es, ohne dass es recht weiß, wie ihm geschieht, ohne größere sichtbare Blutungen zu Boden sinkt.

Die Beretta PX4 ist keine Waffe für Profis. Oder vielmehr, wie jemand vom britischen Geheimdienst im ersten James-[14] Bond-Film anmerkt, während er dem Titelhelden seine alte Pistole abnimmt und eine neue übergibt: »Sie ist eher etwas für Frauen als für Spione.« Aber Igor ist kein Profi, und für das, was er vorhat, gibt es nichts Besseres.

Er hat seine Beretta auf dem Schwarzmarkt gekauft, die Waffe würde daher nicht identifizierbar sein. Im Magazin sind fünf Patronen, obwohl er nur eine einzige abschießen will, deren Spitze er vorher mit einer Nagelfeile kreuzweise eingekerbt hat. Sie würde, sobald sie auf etwas Festes traf, in vier Teile zerbersten.

Er wird die Beretta aber nur benutzen, wenn er keine andere Wahl hat. Er kennt andere Methoden, eine Welt auszulöschen, ein Universum zu zerstören, und sie würde die Botschaft ganz sicher verstehen, wenn er sein erstes Opfer getötet hatte. Sie würde wissen, dass er dies aus Liebe tat, keinerlei Groll hegte, sie zurücknehmen und ihr keine Fragen zu den vergangenen zwei Jahren stellen würde.

Er hofft, dass sechs Monate sorgfältiger Planung Erfolg bringen werden, ganz sicher aber kann er sich erst morgen sein. Er will die Erinnyen, die antiken Rachegöttinnen und Wächterinnen der sittlichen Ordnung mit ihren schwarzen Schwingen, über diese weiß-blaue Welt kommen lassen, in der Diamanten, Botox und schnelle Wagen tonangebend sind. Diese Träume von Macht, Erfolg, Ruhm und Geld – all das kann er von einem Augenblick zum nächsten zunichtemachen.

Er hätte längst auf sein Zimmer gehen können, denn das Ereignis, auf das er gewartet hatte, ist schon um 23 Uhr 11 über die Bühne gegangen. Ein Mann war in Begleitung [15] einer schönen Frau hereingekommen, beide in Abendgarderobe für eine weitere dieser Galas, die jeden Abend im Anschluss an die offiziellen Dinners veranstaltet werden und besser besucht sind als irgendeine der vielen Filmpremieren hier beim Festival in Cannes.

Igor hatte die Frau keines Blickes gewürdigt und sein Gesicht hinter einer französischen Zeitung versteckt (eine russische hätte Verdacht erweckt). Letztlich war diese Vorsichtsmaßnahme überflüssig gewesen, denn Frauen wie sie, die sich für die Königinnen der Welt halten, nehmen ihre Umgebung kaum wahr, sondern sind nur darauf aus, zu glänzen; sie blenden die anderen Frauen bewusst aus – weil deren möglicherweise wertvollerer Schmuck oder exklusivere Kleidung bei ihnen sonst Depressionen, schlechte Laune und Minderwertigkeitskomplexe auslösen.

Ihr elegant gekleideter Begleiter mit den ergrauten Schläfen war an die Bar gegangen und hatte einen Champagner bestellt, der angesagte Drink für eine Nacht, die viele Kontakte, gute Musik und einen wunderbaren Blick aufs Meer und auf die im Hafen ankernden Jachten versprach.

Igor bemerkte, wie respektvoll der Mann sich benahm und dass er sich bei der Bedienung bedankte, als er die Gläser in Empfang nahm, und ein gutes Trinkgeld zurückließ.

Die drei kannten sich. Igor verspürte eine ungeheure Freude, als das Adrenalin in sein Blut schoss. Am nächsten Tag würde er dafür sorgen, dass die Frau von seiner Anwesenheit erfuhr. Irgendwann würden sie einander wieder begegnen.

Und Gott allein wusste, wie diese Begegnung ausgehen würde. In einer Moskauer Kirche war eine Woche lang eine [16] Reliquie der heiligen Magdalena gezeigt worden. Als orthodoxer Christ hatte Igor fünf Stunden lang Schlange gestanden, nur um, als er endlich vor der Reliquie stand, an ihrer Echtheit zu zweifeln. Dennoch hatte er dort vorn ein Gelübde abgelegt und einen Schwur getan. Und jetzt wollte er nicht wortbrüchig werden.

Er hatte zu der Heiligen gebetet, damit sie ihn beschütze und ihm helfe, sein Ziel ohne allzu viele Opfer zu erreichen. Und er hatte gelobt, bei einem bekannten Maler, der in einem Kloster in Nowosibirsk lebte, eine goldene Ikone in Auftrag zu geben, sobald alles vorüber und er wieder in seiner Heimat wäre.

Es ist drei Uhr morgens, und in der Bar des Hotels Martinez riecht es nach Zigaretten und Schweiß. Obwohl Jimmy, der an jedem Fuß einen andersfarbigen Schuh trägt, schon nicht mehr Klavier spielt und die Kellnerin todmüde ist, wollen die Gäste noch immer nicht gehen. Eine Stunde wollen sie unbedingt noch ausharren, denn vielleicht (hoffentlich) passiert ja endlich etwas.

Das Filmfestival von Cannes hat vor vier Tagen begonnen, und noch immer ist nichts passiert. An den verschiedenen Tischen der Bar hoffen alle das Gleiche: irgendeinem der Mächtigen dieser Welt zu begegnen. Die schönen Frauen warten auf einen Produzenten, der sich in sie verliebt und ihnen eine wichtige Rolle in seinem nächsten Film gibt. Ein paar Schauspieler unterhalten sich lachend und tun so, als ginge sie das alles nichts an, haben dabei aber immer den Eingang im Blick.

Jemand wird kommen. Jemand muss kommen. Die [17] jungen Regisseure – den Kopf voller Ideen, ihre Lebensläufe, Seminararbeiten und an der Universität gedrehten Videos in der Tasche – warten auf einen Glücksfall: jemanden, der nach der Rückkehr von einem Fest einen leeren Tisch sucht, einen Kaffee bestellt, eine Zigarette anzündet und gerade offen für ein neues Abenteuer ist.

Wie naiv!

Selbst wenn so einer noch auf einen Nightcap hereinschauen würde, wäre das Letzte, was er hören wollte: »Ich habe hier ein neues Projekt, das noch niemand gemacht hat.« Doch die Verzweiflung täuscht den Verzweifelten. Hin und wieder betreten einige dieser Mächtigen die Bar, werfen einen Blick in die Runde und gehen dann hinauf auf ihre Zimmer. Sie machen sich keine Gedanken. Sie wissen, dass sie nichts zu befürchten haben. Die Mächtigen, die zur Superklasse gehören, sind nachtragend und kennen ihre Grenzen. Man gelangt nicht in ihre Welt, indem man andere austrickst – auch wenn das so kolportiert wird. Sollte es aber tatsächlich etwas Neues, Unerwartetes geben, das zu entdecken lohnt – sei es in der Welt des Films, der Musik, oder der Mode –, dann wird es durch Marktforschung ermittelt und nicht per Zufall in Hotelbars gefunden.

Die Angehörigen der Superklasse, die Reichen und Mächtigen, sind jetzt mit den Mädchen im Bett, die sie bei einer Party aufgetan haben und die alles mitmachen. Oder sie lesen online in den letzten Nachrichten nach, was darin über die Presseerklärung steht, die sie während des Tages abgegeben haben. Sie nehmen die unvermeidliche Schlaftablette und trinken Tee, der Abnehmen ohne Mühen verspricht. Sie füllen die Liste für das Frühstück auf dem [18] Zimmer am nächsten Morgen aus und hängen sie dann über das »Nicht stören«-Schild am Türknauf. Die Angehörigen der Superklasse schließen die Augen und denken dabei: Hoffentlich kann ich schnell einschlafen, morgen habe ich um zehn Uhr einen Termin.

In der Hotelbar wissen alle, dass die Mächtigen im Hotel sind. Und wenn sie dort sind, haben sie selber eine Chance.

Es kommt ihnen nicht in den Sinn, dass die Mächtigen nur mit anderen Mächtigen reden: Sie müssen sich hin und wieder treffen, zusammen essen und trinken, Festivals Glanz verleihen, der Illusion Nahrung geben, dass die Welt des Luxus und des Glamours für alle erreichbar ist, die genügend Mut haben, beharrlich eine Idee zu verfolgen. Sie müssen Kriege verhindern, wenn sie nicht lukrativ sind, und die Aggressivität zwischen Ländern oder Unternehmen anheizen, wenn sie spüren, dass ihnen das mehr Macht und mehr Geld bringen könnte. Sie müssen so tun, als seien sie glücklich, obwohl sie Sklaven ihres eigenen Erfolges geworden sind. Sie müssen darum kämpfen, ihren Reichtum und ihren Einfluss zu mehren, auch wenn sie schon viel von beidem haben. Denn aus Eitelkeit stehen die Angehörigen der Superklasse ständig in Konkurrenz miteinander und schauen immer auf den, der gerade ganz oben steht.

In der Welt der Träume würden die Mächtigen jetzt noch auf ein Glas in der Bar bleiben und mit den Schauspielern, den Regisseuren, Stylisten und Schriftstellern reden, die dort mit vor Müdigkeit geröteten Augen herumsitzen und sich gleichzeitig fieberhaft überlegen, wie sie wieder in ihre gemieteten Zimmer in entlegenen Orten der Umgebung [19] zurückkommen, von denen aus sie am nächsten Morgen erneut zu dem Marathon der Bittstellerei, der...

Erscheint lt. Verlag 22.1.2013
Übersetzer Maralde Meyer-Minnemann
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Bestseller • Brasilianischer Bestsellerautor • Cannes • Cannes Filmfestspiele • Côte d'Azur • Filmstar • Glamour • Liebesgeschichte • Longseller • Russischer Millionär • Südfrankreich • tragisch
ISBN-10 3-257-60263-4 / 3257602634
ISBN-13 978-3-257-60263-0 / 9783257602630
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