Angst und Schrecken in Las Vegas (eBook)

Eine wilde Reise in das Herz des Amerikanischen Traumes
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2012 | 1. Auflage
256 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-10251-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Angst und Schrecken in Las Vegas -  Hunter S. Thompson
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Ein journalistischer Auftrag, bei dem Raoul Duke von seinem Anwalt Dr. Gonzo begleitet wird, führt zu einem unglaublichen Trip, der eine ganze Generation geprägt hat. Mit Johnny Depp und Benicio Del Toro von Terry Gilliam kongenial verfilmt, bleibt Hunter S. Thompsons schonungslose Beschreibung des Drogenkonsums und der radikalen Freiheitssuche der 60er bis heute unerreicht.


Hunter S. Thompson wurde 1937 in Louisville, Kentucky, geboren. Er begann seine Laufbahn als Sportjournalist, bevor er Reporter für den Rolling Stone und als Begründer des Gonzo-Journalismus zu einer Ikone der Hippiebewegung wurde. Zu seinen großen Büchern zählen neben Fear and Loathing in Las Vegas die journalistischen Romane Hells Angels, Königreich der Angst und Rum Diary. Thompson nahm sich am 20.02.2005 in seinem Wohnort Woody Creek, Colorado, das Leben.

Wir waren irgendwo bei Barstow am Rande der Wüste, als die Drogen zu wirken begannen. Ich weiß noch, daß ich so was sagte wie: »Mir hebt sich die Schädeldecke; vielleicht solltest du fahren . . .« Und plötzlich war ein schreckliches Getöse um uns herum, und der Himmel war voller Viecher, die aussahen wie riesige Fledermäuse, und sie alle stürzten herab auf uns, kreischend, wie ein Kamikaze-Angriff auf den Wagen, der mit hundert Meilen Geschwindigkeit und heruntergelassenem Verdeck nach Las Vegas fuhr. Und eine Stimme schrie: »Heiliger Jesus! Was sind das für gottverdammte Biester?«

Dann war es wieder still. Mein Anwalt hatte sich das Hemd ausgezogen und goß sich Bier auf die Brust, um den Bräunungsprozeß zu fördern. »Weswegen schreist du so rum, zum Teufel?« murrte er, mit geschlossenen Augen in die Sonne starrend. Er trug eine von diesen spanischen Sonnenbrillen, die um die Schläfen reichen. »Schon gut«, sagte ich. »Du bist jetzt mit Fahren dran.« Ich stieg in die Bremsen und manövrierte den Großen Roten Hai an den Rand der Landstraße. Keinen Zweck, die Fledermäuse zu erwähnen, dachte ich. Das arme Schwein wird sie bald genug selbst sehen.

Es war fast Mittag, und über hundert Meilen lagen noch vor uns. Harte Meilen. Sehr bald würden wir beide völlig weggetreten sein. Aber es gab kein Zurück, keine Zeit, sich auszuruhen. Wir mußten fahren bis zum Ende. Die Presse-Anmeldung für das fantastische Mint 400 war schon angelaufen, und wir mußten vor vier Uhr da sein, um in unsere schalldichte Suite einzuchecken. Ein schniekes Sport-Magazin in New York hatte für uns reserviert und außerdem für dieses riesige rote Chevy-Kabrio geblecht, das wir uns am Sunset Strip gemietet hatten . . . und ich war schließlich ein Profi-Journalist; also hatte ich die Verpflichtung, mit der Story rüberzukommen, was auch geschehen mochte.

Die Redakteure von der Sportzeitschrift hatten mir außerdem 300 Dollar in bar gegeben, und das meiste davon war schon für äußerst gefährliche Drogen ausgegeben. Der Kofferraum des Wagens sah aus wie ein mobiles Labor des Rauschgiftdezernats. Wir hatten zwei Beutel Gras, fünfundsiebzig Kügelchen Meskalin, fünf Löschblattbögen extrastarkes Acid, einen Salzstreuer halbvoll mit Kokain und ein ganzes Spektrum vielfarbiger Upper, Downer, Heuler, Lacher . . . sowie eine Flasche Tequila, eine Flasche Rum, einen Karton Budweiser, einen halben Liter unverdünnten Äther und zwei Dutzend Knick-und-Riech.

Den ganzen Kram hatten wir in der Nacht zuvor zusammengerafft, auf einer wilden Höllenfahrt durch den gesamten Los-Angeles-Bezirk; von Topanga bis Watts griffen wir uns alles, dessen wir habhaft werden konnten. Nicht, daß wir das ganze Zeug für den Trip wirklich brauchten, aber wenn man sich einmal darauf einläßt, eine ernsthafte Drogen-Sammlung anzulegen, neigt man eben dazu, extrem zu werden.

Echte Sorge machte mir nur der Äther. Nichts auf der Welt ist hilfloser und unverantwortlicher und entarteter als ein Mensch in den Klauen eines Äther-Rausches. Und ich wußte, daß wir sehr bald das verfluchte Zeug antesten würden. Wahrscheinlich schon an der nächsten Tankstelle. Fast alles andere hatten wir schon ausprobiert, und jetzt – ja, es war Zeit für eine ausgiebige Nase Äther. Und dann die nächsten hundert Meilen abreißen in schauderhaftem Stupor, sabbelnd wie Spastiker. Die einzige Möglichkeit, auf Äther noch einigermaßen durchzublicken: man muß eine Menge Knick-und-Riech weghauen – nicht alle auf einmal, sondern regelmäßig, gerade genug, um bei neunzig Meilen durch Barstow noch klar zu sehen.

»Mann, so reist sich’s richtig«, sagte mein Anwalt. Er lehnte sich vor, um das Radio voll aufzudrehen, summte den Rhythmus mit und brabbelte die Wörter: »One toke over the line, Sweet Jesus . . . One toke over the line . . .«

Ein Zug zuviel? Du armer Narr! Warte nur, bis du die gottverdammten Fledermäuse siehst. Ich konnte das Radio kaum hören . . . hing ganz außen auf meinem Sitz und rackerte mich mit dem Kassetten-Rekorder ab, aus dem in voller Lautstärke »Sympathy for the Devil« brüllte. Das war das einzige Band, das wir hatten, also spielten wir es ununterbrochen, immer wieder, als eine Art ausgedrehten Kontrapunkt zum Radio. Und auch,um unseren Rhythmus auf der Straße beizubehalten. Eine stete Fahrweise ist gut für den Benzinverbrauch  – und auch wegen was anderem, das uns zu der Zeit wichtig schien. Ehrlich. Auf einem Trip wie diesem muß man vorsichtig sein mit dem Benzinverbrauch. Jede plötzliche Beschleunigung vermeiden, die einem das Blut in den Hinterkopf staucht.

Mein Anwalt sah den Tramper lange vor mir. »Komm, den Jungen nehmen wir ein Stück mit«, sagte er, und bevor ich irgendein Gegenargument loslassen konnte, hatte er schon angehalten, und dies bedauernswerte Okie-Bürschchen kam zum Wagen gerannt mit einem breiten Grinsen im Gesicht: »Hundsverdammt! Bin noch nie in ’nem Kabrio gefahren!«

»Tatsächlich?« sagte ich. »Na, dann wird’s wohl mal Zeit, oder?«

Das Bürschlein nickte beifällig, als wir losbrausten.

»Wir sind deine Freunde«, sagte mein Anwalt. »Wir sind nicht wie die anderen.«

Mein Gott, dachte ich, er ist ausgeflippt. »Keine solchen Sprüche mehr«, sagte ich scharf, »sonst setz’ ich dir die Blutegel an.« Er grinste, schien zu verstehen. Glücklicherweise war der Lärm im Wagen so schrecklich – Fahrtwind und Radio und Kassetten-Rekorder zusammen  –, daß der Junge auf dem Rücksitz nicht ein Wort verstehen konnte, was wir sagten. Oder doch?

Wie lange können wir durchhalten? fragte ich mich. Wie lange, bis einer von uns zu tönen beginnt und den Jungen vollquasselt? Was wird er dann von uns denken? Dieselbe verlassene Wüste war die letzte bekannte Heimstatt der Manson-Familie. Wird er diese grimmige Assoziation haben, wenn mein Anwalt anfängt, herumzuschreien von Fledermäusen und riesigen Mantarochen, die sich auf den Wagen stürzen. Wenn ja – nun, dann müssen wir ihm eben den Kopf abhacken und ihn irgendwo begraben. Denn es ist wohl einmal klar, daß wir ihn nicht laufenlassen dürfen. Er wird uns sofort bei irgendeiner hinterwäldlerischen Nazi-Gesetzeshüter-Vertretung melden, und die werden uns aufspüren wie Bluthunde.

Jesus! Habe ich das gesagt? Oder nur gedacht? Hab’ ich gesprochen? Hörten sie mich? Ich warf einen Blick auf meinen Anwalt, aber er schien selbstvergessen – beobachtete die Straße, fuhr unseren Großen Roten Hai mit hundertundzehn oder so. Kein Ton ließ sich vom Rücksitz vernehmen.

Vielleicht sollte ich mich mal mit dem Jungen unterhalten, dachte ich. Vielleicht bleibt er ruhig, wenn ich die Sache erkläre.

Klar. Ich drehte mich auf dem Sitz herum und schenkte ihm ein Riesenlächeln . . . seine Schädelform bewundernd.

»Überhaupt«, sagte ich, »gibt es da etwas, das du wohl wissen solltest.«

Er starrte mich an, ohne mit den Wimpern zu zucken. Knirschte er mit den Zähnen?

»Kannst du mich hören?« rief ich.

Er nickte.

»Das ist gut«, sagte ich, »denn ich möchte, daß du etwas weißt: Wir sind auf dem Weg nach Las Vegas, um den Amerikanischen Traum zu finden.« Ich lächelte. »Darum haben wir auch diesen Wagen gemietet. Anders geht es nämlich nicht. Kannst du das kapieren?«

Er nickte wieder, aber seine Augen blickten nervös.

»Ich möchte, daß du den gesamten Hintergrund erfährst«, sagte ich. »Denn es handelt sich um eine schicksalsschwere Aufgabe – mit einem Beiklang äußerster persönlicher Gefahr . . . Teufel auch, ich hab’ ja ganz das Bier vergessen; willst du eins?«

Er schüttelte den Kopf.

»Wie wär’s mit etwas Äther?« fragte ich.

»Was?«

»Schon gut. Kommen wir mal direkt auf den Kern der Sache. Also, hör zu, vor ungefähr vierundzwanzig Stunden saßen wir in der Polo Lounge des Beverly Hills Hotels  – im Innenhof selbstverständlich –, und wir saßen da unter einer Palme, als dieser uniformierte Zwerg mit einem rosa Telefon zu mir kam und sagte: ›Dies muß der Anruf sein, auf den Sie schon die ganze Zeit gewartet haben, Sir.‹«

Ich lachte und riß eine Bierdose auf, daß der Schaum auf den Rücksitz spritzte, während ich weitersprach. »Und ahnst du das? Er hatte recht! Ich hatte den Anruf erwartet, aber ich wußte nicht, von wem er kommen würde. Kannst du mir noch folgen?«

Das Gesicht des Jungen war eine Maske purer Furcht und Verwirrung.

Ich blubberte weiter: »Ich möchte, daß du weißt, wer der Mann am Steuer ist. Mein Anwalt! Nicht irgendein Penner, den ich am Strip aufgelesen habe. Scheiße, sieh ihn dir an! Er sieht nicht aus wie du oder ich, stimmt’s? Das kommt, weil er ein Ausländer ist. Meiner Meinung nach ist er wahrscheinlich Samoaner. Aber das macht nichts, oder? Hast du etwa Vorurteile?«

»Um Himmels willen, nein!« platzte er heraus.

»Hab’ ich auch nicht erwartet«, sagte ich. »Trotz seiner Rasse ist dieser Mann für mich äußerst wertvoll.« Ich schielte zu meinem Anwalt, aber der war im Geist ganz woanders.

Ich drosch mit der Faust auf den Fahrersitz. »Das ist wichtig, gottverdammt! Das ist eine wahre Geschichte!« Der Wagen schleuderte unheilvoll, fing sich jedoch wieder. »Nimm deine Hände von meinem verdammten Nacken!« schrie mein Anwalt. Der Junge hinten sah aus, als sei er bereit, auf Teufelkommheraus aus dem Wagen zu springen.

Unsere Vibrations wurden böse – aber warum? Ich war verwirrt, frustriert. Kam denn keine Kommunikation in diesem Wagen zustande? Waren wir degeneriert zu tumben Tieren?

Schließlich war meine...

Erscheint lt. Verlag 21.12.2012
Übersetzer Teja Schwaner
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Fear and Loathing in Las Vegas
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 1960er • 1960er, Drogensucht • 60erJahre • Amerika • Auftrag • Drogen • Drogensucht • eBooks • Exzess • Freiheitssuche • Journalist • Kult • LasVegas • Roman • Romane • USA • Verfilmung
ISBN-10 3-641-10251-0 / 3641102510
ISBN-13 978-3-641-10251-7 / 9783641102517
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