Die Zauberflöte (eBook)
448 Seiten
Manesse (Verlag)
978-3-641-10100-8 (ISBN)
Emanuel Schikaneder (1751-1812), ein aus Straubing stammender Theatermann, machte in Wien Karriere. Gemeinsam mit seinem Freund Mozart gelang ihm mit der «Zauberflöte» ein Geniestreich. In seinem künstlerischen Rang zuweilen verkannt, trug ihm sein denkwürdiges Libretto letztlich dauerhaften Ruhm ein.
Erster Auftritt
Das Theater ist eine felsichte Gegend, hie und da mit Bäumen überwachsen; auf beiden Seiten sind gangbare Berge, nebst einem runden Tempel.
Tamino kommt in einem prächtigen javonischen5 Jagdkleide rechts von einem Felsen herunter, mit einem Bogen, aber ohne Pfeil; eine Schlange verfolgt ihn.
– No. 1 Introduktion6 –
TAMINO
Zu Hilfe! zu Hilfe! sonst bin ich verloren
Der listigen Schlange7 zum Opfer erkoren –
Barmherzige Götter! schon nahet sie sich
Ach rettet mich! ach schützet mich.
(Er fällt in Ohnmacht; sogleich öffnet sich die Pforte des Tempels; drei verschleierte Damen kommen heraus; jede mit einem silbernen Wurfspieß.)
DIE DREI DAMEN
Stirb Ungeheur, durch unsre Macht!8
Triumph! Triumph! sie ist vollbracht
Die Heldentat! Er ist befreit
Durch unsres9 Armes Tapferkeit.
ERSTE DAME
(ihn betrachtend)
Ein holder Jüngling sanft und schön!
ZWEITE DAME
So schön, als ich noch nie gesehn.
DRITTE DAME
Ja ja gewiss! zum Malen schön.
ALLE DREI
Würd’ ich mein Herz der Liebe weihn,
So müsst’ es dieser Jüngling sein.
Lasst uns zu unsrer Fürstin eilen
Ihr diese Nachricht zu erteilen
Vielleicht dass dieser schöne Mann
Die vor’ge Ruh ihr geben kann.
ERSTE DAME
So geht und sagt es ihr,
Ich bleib indessen hier. –
ZWEITE DAME
Nein nein, geht ihr nur hin,
Ich wache hier für ihn!
DRITTE DAME
Nein nein, das kann nicht sein,
Ich schütze ihn allein.
ALLE DREI
(jede für sich)10
Ich sollte fort! Ei ei! wie fein!
Sie wären gern bei ihm allein
Nein nein, das kann nicht sein!
(eine nach der andern,
dann alle drei zugleich)
Was wollte ich darum nicht geben,
Könnt’ ich mit diesem Jüngling leben!
Hätt’ ich ihn doch so ganz allein!
Doch keine geht, es kann nicht sein.
Am besten ist es nun ich geh.
Du Jüngling schön und liebevoll,
Du trauter Jüngling lebe wohl
Bis ich dich wiederseh.
(Sie gehen alle drei zur Pforte des Tempels ab, die sich selbst öffnet und schließt.)
TAMINO (erwacht, sieht furchtsam umher) Wo bin ich! Ists Fantasie, dass ich noch lebe? oder hat eine höhere Macht mich gerettet? (steht auf, sieht umher) Wie? – Die bösartige Schlange liegt tot zu meinen Füßen? – (Man hört von fern ein Waldflötchen, worunter das Orchester piano akkompagniert11.12 Tamino spricht unter dem Ritornell13.) Was hör ich? Wo bin ich? Welch unbekannter Ort! – Ha, eine männliche Figur nähert sich dem Tal. (versteckt sich hinter einem Baume)
Zweiter Auftritt
Papageno kommt den Fußsteig herunter, hat auf dem Rücken eine große Vogelsteige, die hoch über den Kopf geht, worin verschiedene Vögel sind; auch hält er mit beiden Händen ein Faunen-Flötchen, pfeift und singt.
– No. 2 Aria14 –
PAPAGENO
[pfeift von ferne]
[heraus]
Der Vogelfänger bin ich ja –
Stets lustig heißa hopsasa!
Ich Vogelfänger bin bekannt15
Bei Alt und Jung im ganzen Land.
Weiß mit dem Locken umzugehn
Und mich aufs Pfeifen zu verstehn [pfeift]
Drum kann ich froh und lustig sein
Denn alle Vögel sind ja mein.
[pfeift]
Der Vogelfänger bin ich ja –
Stets lustig heißa hopsasa!
Der Vogelfänger ist bekannt16
Bei Alt und Jung im ganzen Land.
Ein Netz für Mädchen möchte ich
Ich fing sie dutzendweis für mich [pfeift]
Dann sperrte ich sie bei mir ein,
Und alle Mädchen wären mein.
[pfeift]
Wenn alle Mädchen wären mein,
So tauschte ich brav Zucker ein:
Die welche mir am liebsten wär,
Der gäb ich gleich den Zucker her.
Und küsste sie mich zärtlich dann.
Wär sie mein Weib und ich ihr Mann.
Sie schlief’ an meiner Seite ein,
Ich wiegte wie ein Kind sie ein.17
[pfeift], (will nach der Arie nach der Pforte gehen)
TAMINO (nimmt ihn bei der Hand) He da!
PAPAGENO Was da!
TAMINO Sag mir, du lustiger Freund, wer du seist?
PAPAGENO Wer ich bin? (für sich) Dumme Frage! (laut) Ein Mensch, wie du. – Wenn ich dich nun fragte, wer du bist? –
TAMINO So würde ich dir antworten, dass ich aus fürstlichem Geblüte bin.
PAPAGENO Das ist mir zu hoch. – Musst dich deutlicher erklären, wenn ich dich verstehen soll!
TAMINO Mein Vater ist Fürst, der über viele Länder und Menschen herrscht; darum nennt man mich Prinz.
PAPAGENO Länder? – Menschen? – Prinz? –
TAMINO Daher frag ich dich! –
PAPAGENO Langsam! lass mich fragen. – Sag du mir zuvor: Gibts außer diesen Bergen auch noch Länder und Menschen?
TAMINO Viele Tausende!
PAPAGENO Da ließ’ sich eine Spekulation mit meinen Vögeln machen.
TAMINO Nun sag du mir, in welcher Gegend wir sind. –
PAPAGENO In welcher Gegend? (sieht sich um) Zwischen Tälern und Bergen.
TAMINO Schon recht! aber wie nennt man eigentlich diese Gegend? – wer beherrscht sie? –
PAPAGENO Das kann ich dir ebensowenig beantworten, als ich weiß, wie ich auf die Welt gekommen bin.
TAMINO (lacht) Wie? Du wüsstest nicht, wo du geboren, oder wer deine Eltern waren? – –
PAPAGENO Kein Wort! – Ich weiß nicht mehr und nicht weniger, als dass mich ein alter, aber sehr lustiger Mann auferzogen und ernährt hat.
TAMINO Das war vermutlich dein Vater? –
PAPAGENO Das weiß ich nicht.
TAMINO Hattest du denn deine Mutter nicht gekannt?
PAPAGENO Gekannt hab ich sie nicht; erzählen ließ ich mirs einige Mal, dass meine Mutter einst da in diesem verschlossenen Gebäude bei der nächtlich sternflammenden Königin gedient hätte. – Ob sie noch lebt, oder was aus ihr geworden ist, weiß ich nicht. – Ich weiß nur so viel, dass nicht weit von hier meine Strohhütte steht, die mich vor Regen und Kälte schützt.
TAMINO Aber wie lebst du?
PAPAGENO Von Essen und Trinken, wie alle Menschen.
TAMINO Wodurch erhältst du das?
PAPAGENO Durch Tausch. – Ich fange für die sternflammende Königin und ihre Jungfrauen verschiedene Vögel; dafür erhalt ich täglich Speis’ und Trank von ihr.
TAMINO (für sich) Sternflammende Königin! – Wenn es etwa gar die mächtige Herrscherin der Nacht wäre! – Sag mir, guter Freund! warst du schon so glücklich, diese Göttin der Nacht zu sehen?
PAPAGENO (der bisher öfters auf seiner Flöte geblasen) Deine letzte alberne Frage überzeugt mich,...
Erscheint lt. Verlag | 29.11.2012 |
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Verlagsort | Zürich |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Anthologie • eBooks • Kunst • Lesebuch • Libretto • Literatur • Märchen • Musik • Mythen • Oper • Opernbegleiter • Sammlung |
ISBN-10 | 3-641-10100-X / 364110100X |
ISBN-13 | 978-3-641-10100-8 / 9783641101008 |
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