Hurra (eBook)

Wien - Zürich - Wien. Anleitung zum Doppelleben in 111 Schritten

(Autor)

eBook Download: EPUB
2012 | 1. Auflage
248 Seiten
Czernin Verlag
978-3-7076-0415-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hurra -  Doris Knecht
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Wie geht man als gelernte Wienerin mit den Schweizer Sitten um? Wie findet man neue Freunde? Wie lebt man als Frau unter Männern? Und: Wie bekommt man Zwillinge, die ihre Mutter einst eine 'ganz normale Frau mit einem Gehirn, mit Stöckelschuhen, feschen Blusen und einem an der rechten Hand festgewachsenen Gin-Tonic-Glas', in konsequent grenzwertigen Situationen bringen? Als Doris Knecht im Oktober 2000 nach Zürich übersiedelte, um Redakteurin des 'Tages Anzeiger Magazin' zu werden, glaubte sie, das Leben in Zürich werde sich vom Leben in Wien nicht wesentlich unterscheiden. Sie irrte, wie sie im Jänner 2001 berichten konnte: 'Im Unterschied zu allen nicht an Beatmungsgeräten angeschlossenen Wienern denkt der männliche Zürcher nämlich nicht 24 Stunden am Tag an Sex. Falls er überhaupt je an Sex denkt, kann er es ausgezeichnet verbergen. Das finde ich beunruhigend.' Diese Erkenntnis, in ihrer ersten 'Magazin'-Kolumne mitgeteilt, stieß bei den Zürcherinnen und Zürchern auf erhebliches Interesse, weshalb der ersten Kolumne viele weitere folgten - bislang mehr als 130. In diesem Sinne ist 'Hurra' eine amüsante Fortsetzungskolumne in mehr als 100 Kapiteln: eine kontinuierliche Erzählung vom Pendeln zwischen zwei Städten, vom Dasein ohne Kinder und mit ihnen. Wie im richtigen Leben ungefähr. Noch mehr Kolumnen von Doris Knecht: Band 2: So geht das! Wie man fidel verspießert Band 3: Gut, ihr habt gewonnen. Neue Geschichten vom Leben unter Kindern Band 4: Darf's sonst noch was sein? Mehr Geschichten vom Leben unter Kindern

Doris Knecht, geboren in Vorarlberg, ist Kolumnistin des Kurier und schreibt eine wöchentliche Kolumne für den Falter, die nun iin bereits vier Czernin-Bänden zusammengefasst wurde. Sie lebt mit ihrer Familie in Wien und im Waldviertel.

Doris Knecht, geboren in Vorarlberg, ist Kolumnistin des Kurier und schreibt eine wöchentliche Kolumne für den Falter, die nun iin bereits vier Czernin-Bänden zusammengefasst wurde. Sie lebt mit ihrer Familie in Wien und im Waldviertel.

Don’t try this at home


Wann immer ich versuche, ein gewisses Bildungsniveau zu beweisen, mache ich mich sofort zum Affen. Die Zuschriften, die mich erbost bezüglich Montaigne korrigieren, den ich letztes Mal bemühte, sind sicherlich bereits auf dem Postweg, mit Feder und Tinte verfasst, wie ich das von echten Montaigne-Experten erwarte. Die Zurechtweisung bezüglich Chandler ist schon da und kam passenderweise per E-Mail, denn „I’m old, tired and full of no coffee“ entstamme, so Leser Y. G. R., keineswegs dem Roman „The Big Sleep“, sondern finde sich in „Playback“, was ich momentan nicht verifizieren kann, da meine Ausgaben dieser Werke sich in Wien befinden, ich aber nicht. Wir sind auf Reisen, der Lange, die Mimis und ich.

Und im Unterschied zu Montaigne kamen wir auf unserer Reise auch nach Zürich, und da wir gerade beim Zurechtweisen sind, muss mich zuerst schnell über zwei augenfällige Veränderungen beschweren: Erstens beliebt der Zürcher Autofahrer vor dem Zebrastreifen nicht mehr stets stehen zu bleiben, wie er das bis März absolut verlässlich getan hat. Ich habe während meiner Zeit in Zürich meine Wiener Gäste gerne mit einem kleinen Kunststück in hysterisches Geschrei versetzt, indem ich – don’t try this at home, kids! – mit geschlossenen Augen, ohne vorher rechts und links geschaut zu haben, auf den Zebrastreifen trat und diesen immer lebend und unversehrt überschritt. In Wien, wo es Autolenkern ebenfalls gesetzlich vorgeschrieben ist, vor Zebrastreifen zu halten, würde man mit hundertprozentiger Sicherheit beim ersten derartigen Versuch totgefahren werden. In Zürich nun gleichfalls; und damit ist ein weiterer Schritt in Richtung EU-Tauglichkeit getan.

Zweitens ist das Personal in den Lokalen unfreundlicher geworden; wie ich zuerst ein wenig im Café „Gloria“ und dann wesentlich massiver im „Terrasse“ beobachten durfte. Im Garten des „Terrasse“ wurde ich beinahe wirklich böse und hatte mir auch schon ausgedacht, wie ich reagieren würde, wenn mir dieser offenbar enorm wichtige Mensch, der die Kellner herumkommandierte, tatsächlich blöd gekommen wäre. Er intensivierte dann aber nur die Missbilligung in seinem Blick. Unser Vergehen war offensichtlich; a) konsumierten der Lange und ich samstagmittags um halb zwei an einem Tisch, der eindeutig mit Messern und Gabeln gekennzeichnet war, nur mehrere Getränke, b) greinte währenddessen eine der Mimis auf meinem Schoss. Beides ist, so teilten mir die Blicke von Herrn Wichtig unmissverständlich mit, im „Terrasse“ streng verboten.

Doch, ich erspare wann immer möglich den anderen Gästen gediegener Restaurants meine greinenden Kinder, schon weil ich in meiner Prä-Mimi-Zeit allen anderen Eltern dankbar war, dass ich im gediegenen Restaurant ohne Kindergeschrei speisen durfte. Ich vergesse so was nicht. Allerdings handelt es sich beim Garten des „Terrasse“ um eine begrünte Verkehrsinsel zwischen, wenn ich mich recht erinnere, einer zwei- und einer dreispurigen Straße, wo also von vornherein nicht die Ruhe einer nächtlichen Kathedrale herrscht. Egal, ansonsten war es toll in Zürich, und natürlich hab ich Haemmerli getroffen; über beides wird noch zu berichten sein.

Haemmerli B. Goode


Auf unserer Reise verschlug es uns auch in Gegenden, in denen Sätze mit den Worten beginnen können: „Als ich gestern gerade die Fransen meiner Teppiche kämmte, klingelte es an der Tür und …“ Nein, Sie wollen ganz bestimmt nicht wissen, wie der Satz weitergeht.

Diese Konversation wurde nicht in Zürich geführt, in Zürich war es schön. Ich trank mit Haemmerli, die Mimis krallten sich glücklich in Rosis und Kathis große, weiche Brüste (so was kriegen sie ja zu Hause nicht), verschliefen aber Rosis komplettes Gartenfest, weshalb ihre Schönheit und Anmut von Dr. Robert und den anderen Zürcher Freunden im Dunkeln kaum ausreichend gewürdigt werden konnte. Und, ach ja!, wir wohnten bei Ossi, mit dem ich, wer sich erinnert, früher schon wohnte.

Sie haben Ossi wohnungstauschtechnisch ja schwer im Stich gelassen, Leserinnen und Leser, wofür ich Ihnen insgeheim herzlich danke. Auf diese Weise konnten der Lange, die Mimis und ich zusammen in meinem Ex-Zimmer in meinem Ex-Bett schlafen, weil Ossi noch immer allein in meiner Ex-Unterkunft lebt. Es ist quasi alles unverändert; selbst das Platzerl, an dem früher meine Filterkaffeemaschine wohnte, war noch unverbaut, sodass ich dort den Flascherlwärmer der Mimis parken konnte – ein Gerät von radikaler Funktionalität, das Ossi mit ähnlichem Misstrauen anäugte, wie einst mein Kaffeebrühgerät. Es war alles fast wie früher, und eine Stunde oder so fläzten Ossi und ich wie einst auf seinem Sofa und sprachen über die Liebe und Verwandtes. Es war sehr heimelig.

Auch mit Haemmerli hab ich über Amouröses gesprochen, und zwar höchst Erbauliches. Denn Haemmerli tut Gutes, hat folglich ein feines Karma und wird deshalb mit Glück in der Liebe belohnt: Derartige Gerechtigkeit ist vorbildlich und selten. Ich weiß, dass Sie jetzt spitz sind auf all die amourösen Details, die mir Haemmerli in der Abendsonne vor der „Sport-Bar“ erzählte, aber ich finde ausnahmsweise die politischen interessanter. Denn Haemmerli ist derzeit hauptberuflich Lobbyist für das Gute, indem er einerseits mithilft, die Schweizer Goldreserven für die nächste Generation zu bewahren und ansonsten unter den Armen zu verteilen und veranstaltet Partys, auf denen für eine bessere Welt im Allgemeinen, ein Partnerschaftsgesetz für Lesben und Schwulen im Besonderen gesoffen wird. Vor der „Sport-Bar“ hat mir Haemmerli jedenfalls einen hübschen, von Mickry 3 (drei junge Künstlerinnen, von denen Sie noch hören werden, falls Sies nicht eh schon gehört haben) gestalteten Flyer in die Hand gedrückt, auf dem ich etwas wie verliebte Penisse und tanzende Muschis erkannte. Das tat, wie ich von Haemmerli erfuhr, auch eine fürs Drucken zuständige freisinnige Dame, und die fand das arg obszön und gar nicht schön und wollte intervenieren. Aber Haemmerli hatte glücklicherweise schon gedruckt.

Supermummys Rise and Fall


Mizzi ruft mich an und fragt, wie es mir und den Mimis geht, und ich sage, Mizzi, die Mimis sind die süßesten Babys der Welt, wenn sie nicht gerade brüllen, aber sie brüllen die meiste Zeit, es ist unfassbar anstrengend, und ich komme zu nichts mehr und habe mich seit Tagen nicht angezogen, was egal ist, weil ich ja doch nur von früh bis spät von oben bis unten voll gekotzt werde, und ich bin zu erschöpft, mir zu überlegen, was ich gerne machen würde, wenn ich nicht so erschöpft wäre. Mizzi sagt, na endlich, denn sie hat dieses Gequatsche von wegen es ist alles nur eine Frage der Organisation von diesen ach so gelassenen Supermamis so was von über, sie kann es nicht mehr hören, dass Kind und Beruf und Haushalt alles kein Problem ist, und sie bedankt sich, sagt Mizzi, im Namen aller Mütter, die bereits bei einem Kind nicht mehr wissen, wo ihnen der Kopf steht, ganz herzlich für dieses Eingeständnis meiner Durchschnittlichkeit und dafür, dass es mir manchmal richtig dreckig geht.

Bitte, gern geschehen. Denn: Oh ja, manchmal geht es mir richtig dreckig. Manchmal, wenn die Mimis abends die Dämmerung anplärren, setze ich mich dazu und plärre ein bisschen mit. Es war ein erfolgreicher Vormittag, wenn es mir gelungen ist, mich zu duschen. Meine derzeit anspruchsvollste Lektüre ist Rezepte von Gerichten, die ich zubereiten würde, wenn ich mal Zeit hätte. Oder wenn ich es schaffen würde, aus dem Haus zu kommen, um die Zutaten zu besorgen. Kürzlich wollte ich schnell was einkaufen – Windeln und Poposalbe und Feuchttücher und solches Zeug -, und als ich endlich beide brüllenden Mimis eingepackt und auf der Straße hatte, die eine umgehängt im Babysack, die andere im Buggy, da stellte ich fest, dass ich in Pantoffeln war. Und ich fing fast an zu weinen, als ich mein Spiegelbild im Schaufenster des Drogeriemarktes sah: bleich, schwabbelig, ungeschminkt, mit strähnigem Haar. Ich hörte erst auf zu schluchzen, als ich feststellte, dass mich das Schicksal von gemusterten Leggings verschont hatte. Es gibt vielleicht noch Hoffnung. Der Grad meines fortschreitenden Derangements lässt sich am besten so veranschaulichen: An einem guten Tag überfällt mich der Drang, mich zu betrinken, erst gegen fünf Uhr am Nachmittag. An einem sehr guten Tag gebe ich ihm nicht vor halb sechs nach. So, jetzt ist es heraussen: Supermami wohnt hier nicht mehr.

My Back shoes


Mit einem Zwillingskinderwagen durch Wien zu gehen, ist nämlich, als hätte man ein Schild mit den Worten „BITTE QUATSCHEN SIE MICH BLÖD AN!“ um den Hals. Dabei sind die Mimis nur Zwillinge. Keine siamesischen Zwillinge. Ich machs jetzt immer wie ein beliebter österreichischer Ex-Nachrichtenmoderator, der einst in einem Interview gefragt wurde, warum er, wenn er auf der Straße gehe, immer vor sich hin pfeife. Er antwortete: Weil niemand einen pfeifenden Mann anquatscht. Das gilt, wie ich bestätigen kann, auch für eine pfeifende Frau, die einen Zwillingswagen schiebt; deshalb mach ich das neuerdings auch. Momentan pfeif ich „My Back Pages“, meinen aktuellen Dylan-Lieblingssong; weil er so schön ist und weil sein Refrain so schön zu meinem derzeitigen Leben passt. „Ah, but I was so much older then, I’m younger than that now.“

Das bezieht sich leider auch auf meinen Umgang mit Stöckelschuhen. Ich musste meine Stilettos entsorgen, alle acht Paar. Sie passen einfach nicht mehr zu meinem Leben als Mimimama. Ich muss hier etwas ausholen: Man kann Stilettos auf verschiedene Arten tragen; wie ein 21-jähriges Model, das dem „Vogue“-Cover entgegenstöckelt, wie eine Nutte auf der Langstraße oder wie eine...

Erscheint lt. Verlag 1.5.2012
Verlagsort Wien
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Anleitung • Doppelleben • Eltern • Falter • Familie • Familienkolumne • Humor • Hurra • Kinder • Knecht • Knecht; Hurra; Zürich; Doppelleben; Anleitung; Schritte; Tagesanzeiger; Kolumne; Falter; Kinder; Mimis; Familie; Eltern; Mutter; Wien; Familienkolumne; Lifestyle; lebensnah; Humor • Kolumne • lebensnah • lifestyle • Mimis • Mutter • Schritte • Tagesanzeiger • Wien • Zürich
ISBN-10 3-7076-0415-2 / 3707604152
ISBN-13 978-3-7076-0415-3 / 9783707604153
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