Die falsche Tochter (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2012 | 1. Auflage
544 Seiten
Diana Verlag
978-3-641-09182-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die falsche Tochter -  Nora Roberts
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Als die Archäologin Callie Dunbrook an den Fundort eines fünftausend Jahre alten menschlichen Schädels gerufen wird, ahnt sie nicht, dass dieses Projekt auch ihre eigene Vergangenheit heraufbeschwören wird. Zuerst muss sie erfahren, dass sie ausgerechnet mit ihrem Exmann Jake eng zusammenarbeiten soll, und dann sieht sie plötzlich ihre ganze Identität infrage gestellt. Denn eine fremde Frau, angeblich ihre leibliche Mutter, behauptet, dass Callies Eltern sie als Kind entführt haben. Heimlich stellt Callie Nachforschungen an - und fördert Erschreckendes zutage ...

Nora Roberts wurde 1950 in Maryland geboren. Ihren ersten Roman veröffentlichte sie 1981. Inzwischen zählt sie zu den meistgelesenen Autorinnen der Welt: Ihre Bücher haben eine weltweite Gesamtauflage von über 500 Millionen Exemplaren. Auch in Deutschland erobern ihre Bücher und Hörbücher regelmäßig die Bestsellerlisten. Nora Roberts hat zwei erwachsene Söhne und lebt mit ihrem Ehemann in Maryland.

Unter dem Namen J. D. Robb veröffentlicht Nora Roberts seit Jahren ebenso erfolgreich Kriminalromane.

1


Das Bauvorhaben am Antietam Creek wurde abrupt gestoppt, als die Schaufel von Billy Youngers Bagger den ersten Schädel zutage förderte.

Für Billy, der schwitzend und fluchend in seiner Baggerkabine gehockt hatte, war es eine unliebsame Überraschung. Ihm war es vollkommen egal, was mit dem Gelände geschehen sollte, und selbst in dieser grauenhaft feuchten Julihitze gefiel ihm nichts besser, als mit der Baggerschaufel in das Erdreich zu fahren und große Brocken herauszuholen. Ein Job war nun einmal ein Job, und Dolan bezahlte gut, fast so viel, dass es Bill für die ständigen Tiraden seiner Frau entschädigte.

Missy war entschieden gegen die Bebauung des Grundstücks und hatte Billy an diesem Morgen bereits mit schriller Stimme einen Vortrag gehalten, während er versucht hatte, sein Spiegelei und die Würstchen zu essen. Mit ihrem verfluchten Nörgeln hatte sie ihm regelrecht das Frühstück verdorben, dabei musste ein Mann doch etwas Anständiges im Magen haben, wenn er den Rest des Tages schuften sollte. Den ganzen Vormittag hatten ihm die wenigen Bissen, die er herunterbekommen hatte, wie ein Stein im Magen gelegen. Und als ihn jetzt aus der dunklen, fruchtbaren Erde ein schmutziger Schädel mit leeren Augenhöhlen angrinste, schrie der 233 Pfund schwere Billy entsetzt auf, sprang behände wie ein Tänzer von seiner Maschine herunter und rannte so schnell quer über die Baustelle davon, wie er in seinen besten Tagen auf der Highschool rund um den Sportplatz gerannt war.

Ihm war klar, dass ihn seine Kollegen gnadenlos mit dieser schreckhaften Reaktion aufziehen würden. Wahrscheinlich würde er am Ende seinem besten Freund die Nase blutig schlagen müssen, um zu beweisen, dass er trotz allem ein Mann war. Es dauerte eine Weile, bis Billy wieder zu Atem gekommen war und die ersten zusammenhängenden Sätze hervorbringen konnte. Er erstattete dem Vorarbeiter Bericht, der daraufhin sofort Ronald Dolan und den Bezirkssheriff informierte.

Als der Bezirkssheriff eintraf, hatten neugierige Arbeiter bereits weitere Knochen freigelegt. Der Sheriff ließ den Gerichtsmediziner holen, und schon bald tauchte auch ein Reporter von der Lokalzeitung auf, um Billy, Dolan und weitere Personen zu befragen. In Windeseile verbreiteten sich die ersten Gerüchte. Es war die Rede von Mord, von Massengräbern und Serienkillern, und als die Untersuchung abgeschlossen war und sich herausgestellt hatte, dass die Knochen sehr alt waren, wussten einige Leute nicht, ob sie erfreut oder enttäuscht sein sollten.

Für Dolan jedoch, der gegen Petitionen, Protestkundgebungen und Einwände gekämpft hatte, um das Bauprojekt auf dem fruchtbaren Ackerland durchzusetzen, spielte das Alter der Knochen keine Rolle. Allein die Tatsache, dass sie gefunden worden waren, war ihm ein Ärgernis.

Und als zwei Tage später Lana Campbell, eine Anwältin aus der Stadt, die es aufs Land verschlagen hatte, ihre Beine übereinander schlug und Dolan spöttisch anlächelte, musste er sehr an sich halten, um ihr nicht in ihr hübsches Gesicht zu springen.

»Die gerichtliche Verfügung ist glasklar«, erklärte Lana. Sie hatte am schärfsten gegen die Bebauung protestiert und jetzt allen Grund zum Lächeln.

»Sie brauchen keine gerichtliche Verfügung. Ich habe die Arbeiten ohnehin einstellen lassen und arbeite mit der Polizei und der Planungskommission zusammen.«

»Es ist nur eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme. Die Bezirksplanungskommission gibt Ihnen sechzig Tage Zeit, um einen Bericht vorzulegen und sie davon zu überzeugen, dass Sie mit der Bebauung fortfahren können.«

»Ich kenne die Bestimmungen, Schätzchen. Meine Firma baut seit sechsundvierzig Jahren Häuser in dieser Gegend.«

Dolan nannte die Anwältin absichtlich »Schätzchen«, um sie zu ärgern, doch Lana grinste nur. »Die Umweltschutzorganisation und die historische Gesellschaft haben mich engagiert, ich tue nur meine Arbeit. Mitglieder der archäologischen und anthropologischen Fakultäten der Universität von Maryland wollen das Gelände besichtigen. In ihrem Namen bitte ich Sie um Erlaubnis, dass sie Proben mitnehmen und untersuchen dürfen.«

»Engagierte Anwältin, Vertreterin der Universität.« Dolan, ein kräftig gebauter Ire mit rötlichem Gesicht, lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück. Seine Stimme triefte vor Sarkasmus. »Sie haben viel zu tun.«

Er hakte die Daumen in seine roten Hosenträger, die er immer über einem blauen Arbeitshemd trug. Er betrachtete sie als Teil seiner Uniform, die ihn als Mitglied der arbeitenden Klasse auswies, ohne die seine Stadt und das ganze Land nicht zu dem geworden wären, was sie waren. Wie auch immer sein Bankkonto aussehen mochte – und er kannte den Betrag bis auf den Penny genau –, er brauchte keine vornehmen Kleider oder schicke Autos, um etwas darzustellen. Im Unterschied zu der hübschen Anwältin aus der Stadt war er in Woodsboro geboren und aufgewachsen. Und niemand, weder sie noch sonst irgendjemand, musste ihm sagen, was seine Gemeinde brauchte. Er wusste besser als die meisten anderen Leute, was für Woodsboro gut war. Er war ein Mann, der nach vorn blickte und sich um seine Zukunft kümmerte.

»Wir haben beide viel zu tun, deshalb komme ich gleich auf den Punkt.« Lana war entschlossen, das siegessichere Grinsen von Dolans Gesicht zu wischen. »Sie können mit den Bauarbeiten erst fortfahren, wenn das Gelände vom Bezirk überprüft und freigegeben worden ist. Dazu müssen Proben entnommen werden. Falls Kunstgegenstände ausgegraben werden, nützen sie Ihnen sowieso nichts. Wenn Sie sich in dieser Angelegenheit kooperativ verhalten, können unsere PR-Probleme dadurch beigelegt werden.«

»Für mich sind es keine Probleme.« Dolan hob seine großen Arbeiterhände. »Menschen brauchen Häuser. Die Gemeinde braucht Jobs. Das Bauvorhaben am Antietam Creek schafft beides. So etwas nennt man Fortschritt.«

»Dreißig neue Häuser. Mehr Verkehr auf Straßen, die nicht dafür ausgelegt sind, Schulen, die bereits jetzt überfüllt sind, der Verlust von Freiflächen und Ackerland.«

Das »Schätzchen« hatte Lana nicht erschüttern können, doch jetzt spürte sie den alten Ärger wieder in sich aufsteigen. Sie holte tief Luft und stieß sie langsam wieder aus. »Die Gemeinde hat sich gegen das Bauprojekt gewehrt. So etwas nennt man Verlust von Lebensqualität. Aber das ist ein anderes Thema«, fügte sie hinzu, bevor er etwas erwidern konnte. »Bis die Knochen überprüft worden sind, arbeiten Sie nicht weiter.« Sie tippte mit dem Finger auf die gerichtliche Verfügung. »Sie werden diesen Prozess sicher beschleunigen wollen, indem Sie die Tests bezahlen, nicht wahr? Radiokarbonmethode.«

»Bezahlen …«

Na, dachte sie, wer ist jetzt der Sieger? »Das Land gehört Ihnen, und damit gehören Ihnen auch die Fundstücke.« Lana hatte ihre Hausaufgaben gemacht. »Sie wissen, dass wir Sie mit Gerichtsbeschlüssen und einstweiligen Verfügungen überschütten werden, bis das alles geklärt ist. Bezahlen Sie die zwei Dollar, Mr Dolan«, erklärte sie und stand auf. »Ihre Anwälte werden Ihnen das Gleiche raten.«

Lana wartete, bis sie Dolans Bürotür hinter sich geschlossen hatte. Erst dann ließ sie es zu, dass sich ein Grinsen auf ihrem Gesicht ausbreitete. Sie trat aus dem Gebäude und atmete die schwüle Sommerluft ein, während sie die Hauptstraße von Woodsboro entlangblickte. Beinahe wäre Lana wie eine Zehnjährige über den Gehweg gehüpft. Dies war jetzt ihre Stadt, ihr Zuhause. Sie hatte es schon so empfunden, als sie vor zwei Jahren von Baltimore nach Woodsboro gezogen war. Sie mochte diese kleine Stadt voller Tradition und Geschichte im Schatten der fernen Blue Ridge Mountains, die so weit vom großstädtischen Treiben Baltimores entfernt war.

Lana war in der Großstadt geboren und aufgewachsen und hatte sich mit der Entscheidung, nach Woodsboro zu ziehen, sehr schwer getan. Aber nachdem sie ihren Mann verloren hatte, konnte sie Baltimore, wo sie so viel an ihn erinnerte, nicht mehr ertragen. Steves Tod hatte sie völlig aus der Bahn geworfen, und es dauerte fast sechs Monate, bis sie die Trauer einigermaßen überwunden hatte und sich erneut dem Leben stellen konnte. Doch sie vermisste Steve noch immer schmerzlich. Er hatte eine große Lücke hinterlassen, die noch nicht wieder geschlossen war. Aber Lana musste funktionieren, schließlich hatte sie Tyler. Ihr Baby, ihren Jungen, ihren kleinen Schatz. Sie konnte ihm seinen Daddy nicht zurückbringen, aber sie konnte dafür sorgen, dass er eine schöne Kindheit hatte. In Woodsboro hatte Ty genug Platz zum Toben, er hatte einen Hund, Nachbarn und Freunde – und eine Mutter, die alles Menschenmögliche tat, um ihn sicher und glücklich aufwachsen zu lassen.

Im Gehen blickte Lana auf ihre Armbanduhr. Heute war Ty nach der Vorschule mit zu seinem Freund Brock gegangen. In einer Stunde würde sie bei Jo, Brocks Mutter, anrufen, um zu hören, ob alles in Ordnung war. An der Kreuzung blieb Lana stehen und wartete darauf, dass die Ampel grün wurde. Es herrschte nicht viel Verkehr, schließlich war Woodsboro eine Kleinstadt.

Lana sah allerdings nicht aus, als lebte sie in einer Kleinstadt. Ihre Garderobe stammte aus jenen Zeiten, als sie noch eine aufstrebende Anwältin in einer großen Kanzlei in der Stadt gewesen war. Jetzt hatte sie ihr Büro in einem Nest auf dem Land, das noch nicht einmal viertausend Einwohner hatte, aber das bedeutete nicht zwangsläufig, dass sie sich nicht weiterhin wie eine erfolgreiche Frau kleiden konnte. An diesem Tag trug sie einen hellblauen Anzug aus kühlem Leinen. Der klassische Schnitt betonte ihre zarte Gestalt. Die blonden Haare, die zu einem Bob geschnitten waren, umrahmten ihr hübsches,...

Erscheint lt. Verlag 29.6.2012
Übersetzer Margarethe Pée
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Archäologin • eBooks • Entführung • Ermittlungen • Exmann • Frauen • Frauenromane • Liebe • Liebesromane • Roman • Romane für Frauen • Spannung • Unterhaltung • Vergangenheit
ISBN-10 3-641-09182-9 / 3641091829
ISBN-13 978-3-641-09182-8 / 9783641091828
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