Schwerelos (eBook)

eBook Download: EPUB
2011 | 1. Auflage
256 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-20531-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schwerelos -  Ildikó von Kürthy
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Werd endlich unvernünftig! Geschafft! Jetzt muss ich nur noch «Ja» sagen. Happy End, endlich. Gäbe es da nicht ... ... meine beste Freundin. Die betrügt ihren Mann aus Überzeugung. ... meine Cousine. Die übergibt sich während einer Beerdigung, ist schwanger, weiß aber nicht genau, von wem. ... meinen Schulfreund. Der will unbedingt Vater werden, ist schwul, hat sich aber trotzdem schon mal beim Geburtsvorbereitungskurs angemeldet. ... meine geliebte, tote Tante. Die ist nicht totzukriegen, liebt das Leben in Wolkenkratzern und schreibt einen beunruhigenden Brief aus dem Jenseits. Und ich frage mich plötzlich, ob «Ja» die falsche Antwort ist ... «Amüsant und trotzdem nachdenklich.» (Joy) «Eine herrlich komische Geschichte. Fazit: charmante, kluge Unterhaltung!» (Für Sie)

Ildikó von Kürthy ist Journalistin und eine der meistgelesenen deutschen Schriftstellerinnen. Sie lebt mit ihrer Familie in Hamburg. Ihre Bücher sind Nummer-1-Bestseller, wurden mehr als sieben Millionen Mal verkauft und in 21 Sprachen übersetzt.Ildikó von Kürthy ist Gastgeberin des Podcasts «Frauenstimmen», sie berichtet auf Facebook und Instagram über Wichtiges und Nichtiges und schreibt einen regelmäßigen Newsletter. Neuigkeiten und aktuelle Tourdaten auf: www.ildikovonkuerthy.de

Ildikó von Kürthy ist Journalistin und eine der meistgelesenen deutschen Schriftstellerinnen. Sie lebt mit ihrer Familie in Hamburg. Ihre Bücher sind Nummer-1-Bestseller, wurden mehr als sieben Millionen Mal verkauft und in 21 Sprachen übersetzt. Ildikó von Kürthy ist Gastgeberin des Podcasts «Frauenstimmen», sie berichtet auf Facebook und Instagram über Wichtiges und Nichtiges und schreibt einen regelmäßigen Newsletter. Neuigkeiten und aktuelle Tourdaten auf: www.ildikovonkuerthy.de

«Hauptsache Liebe?»


Auf dem Grabstein steht mein Name – und das ist schon mal kein guter Anfang. Was mir die Stimmung zusätzlich vermiest: Mein Name ist auch noch falsch geschrieben. Ich bin bei so was normalerweise wirklich nicht kleinlich, aber bei einer derart existenziellen Angelegenheit, also ich weiß nicht, ich finde, da darf man doch etwas mehr Sorgfalt erwarten.

Meine Füße fühlen sich taub an, ich möchte fast sagen wie abgestorben, und durch den Schnee dringen Geräusche nur gedämpft zu mir.

Ich habe nie darüber nachgedacht, wie das aussehen würde: mein Name auf einem Grabstein. Warum auch? Erst neulich habe ich mir den Kopf über neue Visitenkarten zerbrochen. Ich bin nicht in dem Alter, wo man sich fragt, wie sich der eigene Name auf poliertem schwarzem Granit machen würde.

Aber wie so häufig im Leben war auch in diesem Fall der Tod ungebeten und überraschend hereingeschneit und hatte den Beteiligten keine Zeit gelassen, sich über ein ansprechendes Grab-Design zu verständigen.

Ich muss es ganz klar so sagen: Diese Grabstätte sieht unmöglich aus.

Meine Eltern, als nächste Verwandte verantwortlich für die Beerdigung, hatten sowohl Kosten als auch Mühen gescheut und im Internet bei «traurigaberguenstig.de» für 499 Euro einen Kiefernsarg für Selbstabholer gekauft.

Den Grabstein hatte meine Mutter ausgesucht. Sie ist eine wunderbare Frau, die mit einem aufsehenerregend schlechten Geschmack ausgestattet ist und dem Wunsch, in ihrem Leben möglichst viele Schnäppchen zu ergattern.

Die Prospekte mit den Sonderangeboten, die dem «Wiesbadener Kurier» beiliegen, liest sie noch aufmerksamer als die Todesanzeigen. Ihre Lieblingsseiten kommentiert sie dann gerne beim Frühstück, was bis heute zu gewöhnungsbedürftigen Äußerungen führt wie: «Eins achtzig für hundert Gramm Leberkäse? Haben wir noch Platz in der Kühltruhe? Das ist ein Jahrhundert-Tiefstand!»

Ich glaube nicht, dass ich, solange ich finanziell von meinem Elternhaus abhängig war, jemals ein Kleidungsstück getragen habe, das nicht runtergesetzt war oder aus einer fragwürdigen Aktion stammte wie «Nehmen Sie vier, bezahlen Sie zwei».

Auch bei der Grabsteinbeschaffung war es meiner Mutter gelungen, sich an ihrem bewährten Prinzip «günstig und geschmacklos» zu orientieren. Sie hatte sich für das Auslaufmodell «Tower of Trauer» entschieden: einen hohen, schmalen Stein, angeblich nur «mit kleinen Mängeln», der aussieht wie ein ausgebranntes Hochhaus.

Was meine Mutter ganz offensichtlich nicht bedacht hatte, war: Mein Name braucht viel Platz, und zwar mehr, als dieses spindeldürre Grabmal bietet. Ein langer Name trifft hier also auf einen schmalen Stein, und beide gehen, ähnlich wie Dick und Doof, eine recht unansehnliche Paarung ein.

Um alle wesentlichen Informationen unterzubringen, hatte der Steinmetz in seiner Not sowohl meinen Vor- als auch meinen Nachnamen in der Mitte getrennt – und dabei leider einen Bindestrich vergessen. Irgendwie sieht es jetzt so aus, als hätten in diesem Einzelgrab zwei zwergwüchsige Schwestern platz- und kostensparend ihre letzte Ruhe gefunden.

ROSE

MARIE

GOLD-

HAUSEN

Das hat man eben davon, wenn man sich nicht selbst um alles kümmert, denke ich verbittert, während jemand, für meinen Geschmack etwas zu schwungvoll, ein Bund frühe Tulpen in die offene Grube schmeißt.

Die Eiseskälte kriecht mir in alle Knochen. Neben meinen frierenden Eltern bin ich die Einzige, die hier ausharren muss, bis die Schlange der Beileidsbekunder abgearbeitet und auch der letzte zum Leichenschmaus unterwegs ist.

Ein unappetitliches Keuchen reißt mich aus meinen düsteren Überlegungen. Zunächst sehe ich nur einen Haufen Rosen auf zwei knöchrigen Säbelbeinchen. Ein dürrer, alter Mann, der unter der Last eines riesigen Blumenkranzes beinahe zusammenbricht, bahnt sich seinen Weg durch die Trauergemeinde.

Es ist Heinz-Peter. Der alte Angeber hat sich seinen Auftritt bis fast zum Schluss aufgehoben. Nach der Scheidung keinen Cent rausrücken wollen, aber dann bei der Beerdigung mit einer Tonne roter Rosen anrücken. Die langstieligen, versteht sich. Auf der Trauerschleife steht: «Ein letzter Gruß für dich, liebe Rosemarie. In tiefer Trauer. Dein Heinz-Peter.»

Du Lump, denke ich, das Einzige, worum du trauerst, ist doch die Abfindung, die sie dir aus deinen maroden Rippen geleiert hat. Ich muss mich zurückhalten, ihn nicht ins offene Grab zu schubsen. Aber ich weiß, das wäre das Letzte, was meine geliebte Tante gewollt hätte. Sie hat sich ja wohl kaum nach sechs Monaten von Heinz-Peter scheiden lassen, um dann eine Ewigkeit mit ihm auf engstem Raum verbringen zu müssen.

«Heinzelmann» hatte sie ihn nach vier Wochen Ehe getauft. Und das war nicht nett gemeint, sondern die angemessene Bezeichnung für den albernen Gernegroß, als den sie ihn zunehmend empfand.

«Heinzelmann war ein Fehler», hatte sie zu mir vor einem Jahr gesagt, als sie übers Wochenende nach Berlin gekommen war. «Ist es nicht absurd, dass ich mit siebenundsiebzig Jahren tatsächlich nochmal an den falschen Mann gerate? Als hätte ich in all den Jahren nichts gelernt.» Sie schüttelte den Kopf, eher belustigt als zornig, denn sie hatte es sich abgewöhnt, sich zu ärgern. «Das kostet Zeit und Kraft, und von beidem habe ich nicht mehr viel. Was ich aber gelernt habe, ist, die Fehler, die ich mache, schnell zu korrigieren. Die Scheidung läuft bereits. Ich kann unmöglich mit diesem selbstgefälligen Gockel zusammenbleiben.»

Wir hatten in Hamburg auf einer Bank an der Alster gesessen. Rosemarie hatte den Ehering von ihrem schmalen Finger gestreift, gegen die Wintersonne gehalten und mich gefragt: «Was meinst du, Marie, einer meiner Backenzähne braucht eine neue Goldkrone. Soll ich den Ring einschmelzen lassen?»

Seit acht Jahren trafen wir uns immer im Januar, um gemeinsam zurückzuschauen und Vorsätze zu fassen. Wir lachten von morgens bis abends, jammerten, fluchten und durchlebten die Freuden und Kümmernisse des vergangenen Jahres noch einmal gemeinsam. Meine Wünsche und guten Absichten schrieb ich in eines dieser potthässlichen, in chinesische Billigseide gebundenen Notizbücher, in die ich schon meine Träume notiert hatte, als sie sich noch hauptsächlich um Ferien auf dem Ponyhof, die Liebe zu meinem Grundschullehrer, die Liebe zu meinem Flötenlehrer und die Liebe zu meinem Turnlehrer drehten.

Meine Tante und ich erstellten Listen, was wir in Zukunft besser machen wollten, was wir lassen wollten und was wir zwar lassen wollten, aber ehrlicherweise niemals lassen würden. Die Liste mit den guten Vorsätzen, die man sich nicht mehr guten Gewissens machen kann, wurde im Laufe der Jahre immer länger. Tante Rosemarie fand, das sei ein gutes Zeichen. «Eine Liste mit guten Vorsätzen ist wie ein Kleiderschrank: Beide muss man regelmäßig ausmisten. Eine Hose, die du länger als zwei Jahre nicht getragen hast, gehört in die Altkleidersammlung. Jeder gute Vorsatz, den du nicht erfüllst, braucht eine Ausrede, warum du ihn nicht erfüllt hast. Das verschwendet Energie. Also sollten wir alle Kleider, Männer und Vorsätze loswerden, die nicht mehr zu uns passen. Ich kann wirklich von Glück sagen, dass mein erster Mann so zeitig gestorben ist und ich die letzten dreiundzwanzig Jahre Zeit hatte, das Leben, die Männer und mich selbst von anderen Seiten kennenzulernen. Deshalb tauge ich nicht mehr für die traditionelle Ehe.»

«Ich ja schon. Bloß will mich keiner heiraten.»

«Wie lange bist du jetzt mit Frank zusammen?»

«Fast acht Jahre.»

«Marie, tu mir bitte den Gefallen und sag nicht automatisch Ja, bloß weil dich jemand fragt, ob du ihn heiraten willst. Drei Monate Bedenkzeit sind das Minimum.»

«Nach fast acht Jahren könnte man wohl kaum von einer vorschnellen Entscheidung sprechen.»

«Je länger man auf etwas wartet, desto leichter vergisst man, ob das Warten überhaupt lohnt. Die Länge des Wartens ist kein Qualitätsbeweis. Ich hätte mir zwei meiner drei Ehen sparen können, wenn ich nicht im Überschwang der Gefühle vorschnell Ja gesagt hätte.»

«Du bist eben viel impulsiver als ich. Du weißt doch, wie rational ich bin. Ich habe noch nie etwas aus dem Überschwang meiner Gefühle heraus entschieden.»

«Im Grunde haben wir das gleiche Problem: Ich mache meine Fehler aus Unvernunft, du aus Vernunft. Lass dir Zeit, Marie, und so tantig das jetzt auch klingen mag: Bau nicht nur auf deinen Verstand. Hör auf dein Herz.»

«Mein Herz hat doch nie sprechen gelernt. Wozu auch? Es hätte ihm ja niemand zugehört.»

«Ach, Liebchen, wenn man dich so reden hört, könnte man meinen, du seist immer noch das unsichere Mädchen mit der Zahnspange, das die Pausen auf dem Schulhof allein verbringt.»

«Wer einmal schüchtern und unsicher ist, bleibt es eben sein Leben lang.»

«Zum Glück irrst du dich. Bitte versprich mir etwas, Marie: Vergiss endlich die Zahnspange und sei ein bisschen mehr wie deine Haare!»

Ich hatte ja keine Ahnung, dass das ihr letzter Wunsch sein würde.

Mein Haar führt tatsächlich ein Eigenleben. Das war schon immer so. Völlig unbeeindruckt von meinen Styling-Versuchen, entscheidet es sich mehrmals am Tag für eine neue Frisur. Leider haben mein Haar und ich nicht den gleichen Geschmack.

Meine Güte, wie beneide ich Frauen mit glatten, gescheitelten Haaren, die immer gleich gut aussehen! So eine Frisur würde mich nicht ständig verunsichern und viel besser zu mir und meinem sicherheitsbedürftigen Gemüt passen. Man...

Erscheint lt. Verlag 11.3.2011
Illustrationen Tomek Sadurski
Zusatzinfo 2-farb., zahlr. Ill.
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Belletristik • Beziehung • buch für frauen • Familie • Frauenroman • Hamburg Roman • Heirat • Hochzeit • Hochzeit Buch • Liebe • Liebesroman
ISBN-10 3-644-20531-0 / 3644205310
ISBN-13 978-3-644-20531-4 / 9783644205314
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 14,0 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von T.C. Boyle

eBook Download (2023)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
20,99
Roman

von Fatma Aydemir

eBook Download (2022)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
12,99
Roman. Jubiläumsausgabe

von Umberto Eco

eBook Download (2022)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
12,99