Das Haus des Heimatlosen -  Herold Belger,  Kristiane Lichtenfeld

Das Haus des Heimatlosen (eBook)

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2010 | 1. Auflage
420 Seiten
Verlag Hans Schiler
978-3-89930-288-2 (ISBN)
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Der große Roman des kasachischen Autors über die Deportation der Wolgadeutschen und ihre Entrechtung nach dem Überfall Hitlerseutschlands auf die UdSSR 1941. Selbst als Sechsjähriger in den Strudel des Ereignisse gerissen und mit dem Vater in einen kasachischen Aul verschlagen, vermittelt Belger dem Leser die Vorgänge auch innerhalb der Fiktion als authentisch.

- 3- (S. 23-24)

-c) in den zur Ansiedlung bestimmten Kolchosen ist entsprechende massenpolitische Aufklärungsarbeit unter den Kolchosbauern durchzuführen.

9. Die Partei-Gebietskomitees sowie die Exekutivkomitees der Gebietssowjets der vorgeschriebenen Gebiete sind zu verpflichten, bis spätestens 6. September d.J. dem Rat der Volkskommissare der Kas. SSR und dem ZK der KP (Bolschewiki) Kasachstans zu melden, in welchen Kreisen und in welcher Zahl die Ansiedlung der Deutschen vorgesehen ist, unter Angabe dessen, wie viele in vorhandenen Kolchosen und wie viele an neuen Standorten angesiedelt werden." (Beschluss des Rates der Volkskommissare der Kasachischen SSR und des ZK der KP (Bolschewiki) Kasachstans vom 1. September 1941. Sondermappe) In dem niedrigen, stickigen Raum herrschte noch Dämmer. Die Fenster waren mit vergilbtem Zeitungspapier verklebt, in einer unteren Ecke aber ließ ein abgerissener Fetzen ein Bündel heller Lichtstrahlen hereinfallen.

Der Gast nahm die ihm ungewohnte Behausung in Augenschein. Seinen Blick fesselte eine große, mit Metallplatten beschlagene Truhe, die, an vielen Stellen abgestoßen, schon einiges mitgemacht haben musste. Auf ihr türmte sich ein Berg sorgfältig zusammengelegter bunter Decken. Näher zum Eingang, auf einem nicht geweißten Herd, stand ein riesiger verschmutzter Kochkessel. An der Wand hing ein aus gefärbtem Garn gewebter Sack, aus welchem hölzerne Schöpflöffel, Quirle, Teigrollen und Tabletts ragten. An einem Nagel daneben hingen ein Schafpelz, eine mächtige Fellmütze mit langen Ohrenklappen, darüber geworfen waren eine weißgegerbte Peitsche und Zaumzeug. Der höhere Teil des Fussbodens, gegenüber der Tür, war mit hausgewebtem Kelim ausgelegt.

Unter einer großen Flickendecke hervor streckten sich in mehrere Richtungen lange nicht gewaschene, aufgeplatzte Kinderfüße. Unmöglich auszumachen, wie viele Schlingel dort, gleich jungen Staren im Nest, unter einer Decke schliefen. David Pawlowitsch kannte aus der Kindheit so manche Kolonistenmärchen von nomadisierenden Kirgisen, die unweit der deutschen Siedlungen in Filzjurten hausten, Pferdefleisch aßen und Stutenmilch tranken. Er erinnerte sich, wie man bisweilen die Kinder geschreckt hatte:

Pass ja auf, sonst kommt der Kirgise, stecdich in den Sack und schleppt dich weg, verkauft dich in die Sklaverei oder nimmt dich zum Schafehüten und Pferdestehlen. Bei den deutschen Kolonisten hießen sie alle Kirgisen: die Kalmücken, Baschkiren, Kasachen und Gott weiß wer noch. War er jetzt vielleicht unter solche Nomaden geraten? Ein Gesicht, tiefdunkel wie Gusseisen, bleckte plötzlich in breitem Lächeln die Zähne, und durch schmale Schlitze blitzten zwei kohlschwarze verwegene äuglein. Der Gast machte eine grimmige Miene, und sofort tauchte der Kopf wieder unter die Decke.

Gleich aber hob sich der Deckenrand erneut, und der Kopf schob sich abermals ein wenig vor. Der Gast zwinkerte dem Wildfang zu. Der streckte ihm plötzlich die Zunge heraus und antwortete seinerseits mit keckem Zwinkern. Der Gast musste lachen. "He, kleiner Teufel, wie heißt du?" "A?" "Wie du heißt, frag ich." "Che-che... Ich Asker." "Dann komm mal her, Asker." Der Wildfang, nacktbäuchig, kroch unter der Decke hervor, setzte sich an den Rand des Kelims, zog seine geblümten Kattunhosen hoch, und laut mit der Zunge schnalzend, schüttelte er den Kopf. "Komm schon, hab keine Angst." Das Kerlchen kratzte sich mit beiden Händen seinen prallen Bauch und schnalzte abermals gedehnt. "Wie alt bist du?" Der Wildfang klapperte mit den Lidern und kniff dann die Augen zusammen. "Was?" "Was - was! Wie viel Jahre, verstehst du? Jahre, Jahre- Eins, zwei, drei, vier-""

Erscheint lt. Verlag 1.1.2010
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-89930-288-5 / 3899302885
ISBN-13 978-3-89930-288-2 / 9783899302882
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