Mikromechanische Analyse von Eigenspannungen in direktgefügten kohlenstofffaserverstärkten Kunststoff-Stahl-Schichtverbunden -  Steffen Rainer Tinkloh

Mikromechanische Analyse von Eigenspannungen in direktgefügten kohlenstofffaserverstärkten Kunststoff-Stahl-Schichtverbunden (eBook)

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2024 | 1. Auflage
168 Seiten
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978-3-7597-5544-5 (ISBN)
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Eigenspannungen in direktgefügten Werkstoffverbunden aus Stahl und kohlenstofffaserverstärktem Epoxidharz reduzieren die Grenzschicht- und Verbundfestigkeit und sind somit für die Festigkeitsbeurteilung von Strukturen zwingend zu berücksichtigen. Zur ganzheitlichen Beschreibung von Eigenspannungen wird in der vorliegenden Arbeit ein thermo-chemo-mechanisches Konstitutivmodell für die skalenübergreifende Bewertung von Eigenspannungsverteilungen vorgestellt. Die Analyse von repräsentativen Einheitszellen mit regulärer und stochastischer Verteilung von Fasern liefert in diesem Zusammenhang Informationen über die zugehörigen Deformations- und Spannungsfelder. Die Dehomogenisierung an makroskopisch hochbelasteten Bereichen, die durch lokale Spannungsüberhöhungen gekennzeichnet sind, zeigt die Auswirkung der gradientenbehafteten Deformation in der Mikrostruktur. Ein weiterer Aspekt dieser Arbeit ist die Entwicklung FFT-basierter Galerkin-Methoden, die es erstmalig erlauben, eine Bewertung der Auswirkung von Defektdichte, Heterogenität und Morphologie auf die Anwendbarkeit der inkrementellen Bohrlochmethode vorzunehmen. Es konnte nachgewiesen werden, dass die inkrementelle Bohrlochmethode insbesondere auf an der Oberfläche verlaufende Defekte sensitiv reagiert.

Kapitel 2


Grundlagen


2.1 Kontinuumsmechanik


Im folgenden Abschnitt sollen als Basis für die nachfolgenden Modelle und Theorien die Grundzüge der Kontinuumsmechanik einführend vorgestellt werden. Inhalt der klassischen Kontinuumsmechanik ist die materielle Beschreibung von Körpern, die aus dem Gebiet mit der Oberfläche bestehen (vergleiche Abbildung 2.1). Das Gebiet ist ein Zusammenschluss von materiellen Teilchen, wobei die diskrete Struktur (z.B. die atomare Gitterstruktur) dieser materiellen Punkte vernachlässigt wird. Jedem Teilchen wird entsprechend lediglich eine Materialeigenschaft zugewiesen. Der vom Körper umfasste Zusammenschluss materieller Teilchen wird als Kontinuum bezeichnet. Die Form des Körpers bedarf für die Herleitung keiner weiteren Definition und wird erst im späteren Verlauf im Zusammenhang mit der zu untersuchenden Problemstellung konkretisiert.

Die Kinematik beschreibt die Bewegung des Körpers über die Zeit t, indem jedem materiellen Punkt ein Positions- oder Ortsvektor x(t) im Euklid’schen Raum E3 zugeordnet wird. Entsprechend der Abbildung 2.1 wird die Referenzkonfiguration des Körpers zum Zeitpunkt t0 mit dem Ortsvektor X gekennzeichnet. Im Gegensatz zum Ortsvektor x(t) behält dieser seine Position hinsichtlich des fest gewählten Bezugspunktes bei und ändert sich nicht. Die Momentankonfiguration beschreibt die Bewegung des Körpers mithilfe des funktionalen Zusammenhangs nach

der die Positionen zu einem Zeitpunkt t aller materiellen Punkte des Körpers beinhaltet. Das Verschiebungsfeld u wird als Differenz aus Momentan- und Referenzkonfiguration definiert

Abbildung 2.1: Geometrische Beschreibung der Bewegung eines Körpers .

Weiterhin folgt jeweils die Einführung des Deformations- und Verschiebungsgradienten F und H zu

und

Zur Beschreibung der Deformation eines Körpers ist der Deformationsgradient ungeeignet, da dieser ebenfalls die Starrkörperbewegungen, die keine Formänderung hervorrufen, enthält. Mit der Definition des Deformationsgradienten können jedoch alternative Verzerrungsmaße eingeführt werden, die die reine Formänderung des Körpers beinhalten. Der auf die Referenzkonfiguration bezogene Green-Lagrange’sche Verzerrungstensor E wird häufig herangezogen, da sich für die Elemente des Verzerrungstensors physikalische Bedeutungen finden lassen [19].

Bei Betrachtung des genannten Dehnungstensors (2.5) kann eine anschauliche Unterteilung in lineare und quadratische Anteile vorgenommen werden. Für infinitesimal kleine Verschiebungen verschwinden die quadratischen Terme bei Linearisierung um die Referenzkonfiguration, sodass das lineare Deformationsmaß, auch bekannt als technische Verzerrung,

resultiert.

Neben der geometrischen Beschreibung des Körpers sind die lokalen Erhaltungsgleichungen, die zu erfüllen sind, wesentlicher Bestandteil der Kontinuumsmechanik. Neben der Massenerhaltung, die besagt, dass die Dichte in der Referenz- und Momentankonfi-guration unverändert bleiben muss

sind weiterhin die Kontinuitätsgleichungen des Impulses in allgemeiner Form

zu erfüllen. Der Spannungsvektor t ist nach dem Fundamentaltheorem Cauchys als das Produkt des Spannungstensors σ und des auf der Oberfläche gerichteten Normalenvektors n

definiert. Begrenzt man sich auf das statische Gleichgewicht und unter Vernachlässigung der Volumenlasten verschwinden die Beschleunigung und die spezifische Volumenkraft b, sodass lediglich

zu erfüllen bleibt. Unter Berücksichtigung des Gauß’schen Integralsatzes kann die Kontinuitätsgleichung in ein Volumenintegral überführt werden

sodass die lokale Form der Gleichgewichtsbedingung zu

folgt. Mit der Erhaltung der Drehimpulsbilanz

folgt die Symmetrie des Spannungstensors

Mit den aufgestellten kinematischen und kinetischen Gleichungen (siehe Gleichungen (2.6) und (2.12)) ist das resultierende Differentialgleichungssystem noch nicht lösbar. Mit der Einführung eines Konstitutivgesetzes wird die Verknüpfung von Deformation und Spannung vorgenommen, die sich aus experimentellen Beobachtungen ableitet. Ziel des Konstitutivmodells ist es, das mechanische Verhalten eines Werkstoffes zu beschreiben. Bekannte Kategorien der Konstitutivmodelle sind neben vielen weiteren die Elastizität, Plastizität sowie die Viskoelastizität und -plastizität [20]. Weiterhin werden zur Lösung des Differentialgleichungssystem Anfangs- und Randbedingungen benötigt. Die Nichtlinearität der Differentialgleichung erfolgt bei kleinen Deformationen lediglich aus dem Konstitutivgesetz.

2.2 Homogenisierung und Mikromechanik


Im nachfolgenden Abschnitt sollen die Grundbegriffe der Homogenisierungstheorie einleitend beschrieben und die Grundkonzepte erläutert werden.

Typische Konstruktionswerkstoffe werden auf der makroskopischen Ebene als homogen betrachtet, bei genauerer Auflösung weisen jedoch die Meso-, Mikro- und Nanostrukturen eine Heterogenität auf. In homogen geschichteten Verbunden bewirkt die unterschiedliche Orientierung der einzelnen Lagen beispielsweise eine Heterogenität der Meso-Ebene, wogegen der Faser-Matrix-Verbund ein Beispiel für die mikroskopische Heterogenität eines makroskopisch homogen erscheinenden Werkstoffes ist. In metallischen Werkstoffen sind die in Kristallgitterstrukturen bestehenden Defekte und die Kristallorientierungen Ursache für die feinskalige Heterogenität. Die effektiven Eigenschaften des makroskopischen Körpers werden durch die Charakteristika der Nano-, Mikro- und Mesostruktur determiniert. So beeinflussen bei Faser-Kunststoffverbunden neben dem Faser-Volumen-Gehalt auch die Dichte und Verteilung von Defekten die makroskopischen Eigenschaften. Bei Belastung des Verbunds konzentrieren sich Spannungen an lokalen Defekten, führen zu einer Lokalisierung und leiten damit schließlich die Schädigungsinitiierung in der Mikrostruktur ein. Da sich die relevanten Skalen über mehrere Größenordnungen erstrecken können, ist eine direkte Berücksichtigung im Allgemeinen nicht möglich (siehe Abbildung 2.2).

Abbildung 2.2: Eine mit einem Faser-Kunststoff-Verbund partiell verstärkte B-Säule als Beispiel für eine makroskopische Struktur mit heterogener Mikrostruktur.

Ziel der Homogenisierung ist es daher, eine Verknüpfung der relevanten Skalen herzustellen, indem ein makroskopisch materieller Punkt einer zugrundeliegenden Mikrostruktur zugeordnet wird. Der Übergang von der Mikro- zur Makro-Ebene wird durch einen Mittelungsprozess vollführt. Zur Ermittlung der effektiven Stoffgesetze der Makroebene werden repräsentative Volumenelemente (engl.: representative volume element, RVE) eingeführt. Das repräsentative Volumenelement muss dabei hinreichend groß gewählt werden, sodass die wesentlichen Merkmale der heterogenen Mikrostruktur mit einer regellosen Defektdichte erfasst werden. Andererseits muss das Volumenelement in seiner Abmessung beschränkt bleiben, sodass dieses auf der Makroebene weiterhin als Punkt angenommen werden kann. Als Bedingung für die Wahl der Abmessung des Volumenelementes wird folgende Voraussetzung definiert

wobei l und L jeweils charakteristische Längen der Mikro- und Makroskala sind und d die Kantenlänge des repräsentativen Volumenelementes darstellt. Die Forderung der Separation von der übergeordneten Skala folgt aus der Definition der Verknüpfung der Skalen. Goldmann [21] hat anhand der Taylorreihenentwicklung eines beliebigen hinreichend stetigen Verschiebungsfeldes u gezeigt, dass der Abbruch der Entwicklung nach den linearen Termen bei abnehmendem Verhältnis von zu einem quadratisch und linear zunehmenden Fehler in den Verschiebungen und Verzerrungen führt. Mit der Berücksichtigung von Termen zweiter Ordnung in der Taylorreihenentwicklung wird die Krümmung des makroskopischen Körpers einbezogen, sodass die Verzerrungen bereits einen Fehler der Ordnung aufweisen. Die genannte Berücksichtigung wird in der Literatur als Homogenisierung zweiter Ordnung behandelt. Zu beachten ist hierbei, dass das Kontinuum der Makroskala eine besondere Formulierung (siehe Cosserat-Kontinuumsformulierungen) zur Berücksichtigung von Dehnungsgradienten erforderlich macht [22, 23, 24]. Einhergehend mit der Berücksichtigung von Dehnungsgradienten auf der Makroskala ist die Verknüpfung dieser zusätzlichen Freiheitsgrade mit der Mikroskala [23]. Eine Übersicht zu Dehnungsgradienten-basierten Theorien ist in [25] zu finden.

Eine Konvergenzanalyse mit Blick auf die resultierenden effektiven Eigenschaften bei zunehmender Abmessung des Volumenelementes kann in diesem Zusammenhang bei der Wahl der richtigen Abmessung unterstützen. Weist die zugrundeliegende Mikrostruktur eine durchgehende Periodizität auf, reduziert sich das RVE auf eine repräsentative Einheitszelle (engl.: representative unit cell, RUC)....

Erscheint lt. Verlag 24.6.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management Logistik / Produktion
ISBN-10 3-7597-5544-5 / 3759755445
ISBN-13 978-3-7597-5544-5 / 9783759755445
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