Handbuch Stiftungspraxis (eBook)
465 Seiten
Schäffer-Poeschel Verlag
978-3-7910-6038-5 (ISBN)
René Udwari, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht bei Mazars Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft, Berlin; Tätigkeitsschwerpunkte sind die Beratung von Unternehmen, Stiftungen sowie Privatpersonen bei Gründung, Kauf und Umstrukturierung von Unternehmen, bei der Strukturierung großer Vermögen sowie bei der Vermögensnachfolgeplanung.
René Udwari René Udwari, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht bei Mazars Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft, Berlin; Tätigkeitsschwerpunkte sind die Beratung von Unternehmen, Stiftungen sowie Privatpersonen bei Gründung, Kauf und Umstrukturierung von Unternehmen, bei der Strukturierung großer Vermögen sowie bei der Vermögensnachfolgeplanung. Laura Hertel Laura Hertel, Steuerberaterin bei der Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Frankfurt am Main. Tätigkeitsschwerpunkte sind die steuerliche Beratung mit Schwerpunkt Tax Compliance von vermögenden Privatpersonen sowie (inter)national agierender Konzerne und (Familien-)Unternehmensgruppen. Timon Heinrich Timon Heinrich, Vorstand der Hansen & Heinrich AG mit den Schwerpunkten Vermögensgestaltung und -verwaltung, Immobilienservice, Vorsorgeberatung und Stiftungstreuhand.
2.6 Ersatz- und Alternativformen der Stiftung
Neben der Stiftung kommen auch Ersatz- und Alternativformen in Betracht. Hier aufgelistet sind beispielhaft der Verein, die Kapitalgesellschaft, die Treuhand, die Schenkung, die Zustiftung sowie der Stiftungsfonds.
2.6.1 Verein
Der rechtsfähige Verein ist in § 21 BGB geregelt. Das Vereinsrecht stellt für die körperschaftliche Organisation die Grundlage für das Recht der juristischen Personen des Privatrechts dar. Der Verein lässt sich aufgrund einer Gesamtbetrachtung der Umstände von den Personengesellschaften abgrenzen.
Der Verein kann in besondere Vereinsstrukturen untergliedert werden. Darunter fallen der Groß- oder Gesamtverein sowie der Vereinsverband. Der Groß- oder Gesamtverein verfügt über Untergliederungen, die in der Vereinssatzung festgelegt wurden. Diese Untergliederungen lassen sich in die Vereinsform und in unselbstständige Verwaltungseinheiten unterteilen, welche jeweils Teile der Gesamtorganisation darstellen. In dieser Konstellation können sich Vereine auf Landes- oder sogar auf Bundesebene überregional zu einem Gesamtverein zusammenschließen. Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) stellt mit der DLRG e.V. (Bundesverband) ein Beispiel für einen Gesamtverein dar. Er gliedert sich in 18 Landesverbände mit eigener Rechtsfähigkeit und Satzung, welche mit der Bundessatzung vereinbar sein und vom Präsidium genehmigt werden muss. Dabei verfügen die einzelnen Landesverbände über die gleichen Organe wie auf Bundesebene. Sie haben also eine Landesverbandstagung, einen -rat, einen -vorstand sowie ein Schieds- und Ehrengericht, vereinzelt kommt noch ein Kuratorium dazu. Darüber hinaus bestehen noch Bezirks-, Kreis und Stadtverbände sowie die Ortsgruppen, welche sich um die praktische Arbeit kümmern (Verbandsstruktur | DLRG DLRG Bundesverband, zuletzt aufgerufen am 18.03.2024).
Dazu zählt auch der Vereinsverband, welcher aus einem Zusammenschluss von Körperschaften besteht. Er kann als »Verein der Vereine« horizontal ausgestaltet sein. Das wohl prominenteste Beispiel für einen Vereinsverband ist der Deutsche Fußball-Bund e.V. (DFB) mit 21 Landesverbänden, 24.154 Vereinen und insgesamt 7.364.775 Mitglieder (https://www.dfb.de/fileadmin/_dfbdam/286387-DFB-Statistik_2023_%281%29.pdf, Stand 31.12.2022, zuletzt aufgerufen am 18.03.2024).
2.6.2 Kapitalgesellschaft
Auch eine Kapitalgesellschaft als Alternativform zur Stiftung kann in Betracht kommen. Kapitalgesellschaften sind anders als Personengesellschaft haftungsbeschränkt. Sie zählen zu den juristischen Personen und lassen sich den Körperschaften zurechnen. Beispiele für eine Kapitalgesellschaft sind die Aktiengesellschaft (AG), die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die Unternehmergesellschaft (UG), die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), die eingetragene Genossenschaft (eG) sowie die Europäische Gesellschaft (SE).
Zu berücksichtigen sind aber auch die unternehmensverbundenen Stiftungen wie die Stiftung & Co. KG (siehe D).
2.6.3 Treuhand
Auch die Treuhandschaft kann eine Alternative zur Stiftung darstellen. Darunter ist ein Rechtsverhältnis zu verstehen, bei dem eine natürliche oder juristische Person (Treugeber) einer anderen Person (Treuhänder) ein Recht überträgt. Diese Übertragung erfolgt unter der Bedingung, dass dieses Recht nicht zum eigenen Vorteil genutzt wird (Treuhandschaft • Definition | Gabler Wirtschaftslexikon, zuletzt aufgerufen am 18.03.2024). Es handelt sich also um ein Auseinanderfallen von dem wirtschaftlichen Dürfen und dem rechtlichen Können.
Es empfiehlt sich, als Treuhänder eine vertrauenswürdige Person mit Sachkunde auszuwählen. Dieser ist verpflichtet, die ihm übertragenen Aufgaben zuverlässig und ohne eigenen Nutzen auszuführen. Darüber hinaus ist er zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dies betrifft v.a. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Ein Treuhänder muss keine spezielle Ausbildung durchlaufen haben oder über fachspezifische Kenntnisse verfügen, allerdings sollte er sich mit der von ihm zu betreuenden Sache gut auskennen.
Im Rahmen des Treuhandverhältnisses lässt sich die rechtsgeschäftliche von der gesetzlichen Treuhand unterscheiden. Das Treuhandverhältnis ist v. a. im Zivilrecht sehr ausgeprägt, aber auch im öffentlichen Recht (z. B. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO) oder im Strafrecht (z. B. § 266 StGB) ist es vertreten. Die Sicherungsübereignung stellt ein Treuhandverhältnis mit großer Praxisrelevanz dar, auch Sicherungstreuhand und eigennützige Treuhand.
Eine treuhänderische Beteiligung an Personengesellschaftsanteilen ist trotz mangelnder gesetzlicher Regelung in Form einer mittelbaren Unternehmensbeteiligung möglich.
2.6.4 Schenkung unter Auflagen
Eine Schenkung ist gemäß § 516 BGB eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Auch eine Schenkung kann wie jedes andere Rechtsgeschäft auch unter eine auflösende oder aufschiebende Bedingung gestellt werden. Diese Schenkung unter Auflagen ist in den §§ 525 ff. BGB geregelt. Sie stellt eine gewöhnliche Schenkung im Sinne des § 516 BGB dar, enthält allerdings eine vertragliche Nebenabrede, wonach auch der Beschenkte eine Leistung erbringen muss, wenn er den Schenkungsgegenstand haben möchte. Auch hier ist der Formzwang des § 518 Abs. 1 BGB, also die notarielle Beurkundung des Schenkungsversprechens, einschlägig und erstreckt sich auch auf die Form der Auflage.
Der Beschenkte übernimmt durch die Vereinbarung einer Auflage ein eigenes Leistungsrecht gegenüber dem Schenker. Dabei kann ein Tun oder Unterlassen Gegenstand der Leistungspflicht sein. In Betracht kommt z. B. die Errichtung einer Stiftung als Auflage (Muscheler, ZEV 2018, 187 (190)). Wird ein Hofgrundstück übertragen, kommt es vor, dass der Übergeber sich ein Wohnrecht oder die Versorgung durch den Übernehmer vorbehält. Dies stellt keine Gegenleistung für die Schenkung dar, sondern eine aus dem zugewendeten Vermögen zu leistende Auflage (BGH, Urt. v. 7.4.1989 – V ZR 252/87, NJW 1989, 2122 (2123)).
Muss der Beschenkte hingegen bereits bestehende gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Einschränkungen des Schenkungsgegenstandes hinnehmen, stellt dies keine Auflage dar, sondern eine Verpflichtung, die er infolge des Erwerbs sowieso erhalten hätte. Außerdem kann die Auflage auch darin bestehen, dass die Leistung an einen Dritten erbracht wird. In dieser Konstellation handelt es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter. Wird diese Auflage nicht vollzogen, kann der Schenker gemäß § 527 Abs. 2 BGB nicht die Rückgewähr des Geschenks verlangen.
In Betracht kommt zunächst ein Widerrufsvorbehalt, auch Potestativbedingung genannt. Dies ist z. B. der Fall bei der Übertragung von Grundbesitz. Ein solcher Widerrufsvorbehalt kann aber auch in der Konstellation eines Rückforderungsrechts ausgestaltet sein.
Hierbei gilt es den benannten und den unbenannten Widerrufsvorbehalt zu unterscheiden. Der benannte Widerrufsvorbehalt ist für den Eintritt einer bestimmten Situation gedacht, z. B. eine Schenkung unter Eheleuten mit einem Widerrufsvorbehalt für den Fall einer Scheidung oder eine Schenkung an Abkömmlinge im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge mit einem Widerrufsvorbehalt, falls bei einer etwaigen Eheschließung keine Gütertrennung vereinbart wird. Darüber hinaus ist auch der unbenannte, also uneingeschränkt gültige Widerrufsvorbehalt zulässig.
2.6.5 Zustiftung
Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, das Stiftungsvermögen durch eine Zustiftung aufzustocken. Dies geschieht im Wege einer Zuwendung, die demjenigen Teil des Stiftungsvermögens zugeordnet wird, welcher dauerhaft erhalten bleibt. Auch eine Zustiftung stellt eine besondere Form der Schenkung dar und muss die Form des § 518 Abs. 1 BGB einhalten (ausführlich zur Zustiftung siehe auch C.1.2.5.2 und C.10.1.5.2).
2.6.6 Dachstiftung und Stiftungsfonds
Die Bündelung mehrerer Stiftungsmotive ist durch Stiftungsfonds oder Dachstiftungen möglich.
Ein Stiftungsfonds wird durch die Zuwendungen Dritter an eine bestehende Stiftung getragen. Diese erhalten dafür Vorschlags- und Kontrollrechte hinsichtlich der zu fördernden Projekte. Sie kommt in der Praxis häufig in Form einer unselbstständigen Stiftung vor. Die Zuwendungen sind in der Praxis häufig Geldleistungen, es können aber auch andere Vermögensgegenstände wie Immobilien oder Wertpapiere in Stiftungsfonds eingebracht werden.
Dachstiftungen und Stiftungszentren sind Phänomene der Rechtswirklichkeit und unterstützen Stiftungen bei der Mittelverwaltung und -verwendung mit bestimmten Dienstleistungen und Beratung bei Aufgaben des Stiftungsmanagements.
Dachstiftungen werden für unselbstständige Stiftungen als Dienstleister tätig und stellen die dauerhafte und erforderliche Organisationsform der Stiftung sicher.
Auch für selbständige Stiftungen kann eine Dachstiftung von Vorteil sein, da diese die Verwaltung kostengünstig übernehmen kann.
Stiftungszenten werden häufig als GmbH oder als Verein tätig.
Es wird zwischen Dachstiftungen, die rechtsfähige Stiftungen sind, sowie Stiftungszentren in anderer Rechtsform unterschieden.
Kundenstiftungen nehmen dabei als rechtsfähige oder nicht rechtsfähige Stiftung die Dienstleistung eines Stiftungszentrums als ihre...
Erscheint lt. Verlag | 3.5.2024 |
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Verlagsort | Freiburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management ► Unternehmensführung / Management |
Schlagworte | alle wichtigen Stiftungsformen • Destinatäre • Doppelstiftung • Familienstiftung • Gemeinnützige Stiftung • Gründung einer Stiftung • Gründung Stiftung • Haftung Stiftung • Insolvenz einer Stiftung • Lebenszyklus der Stiftung • Liechtensteinische Stiftung • Österreichische Stiftung • Rechtsform Stiftung • Schweizer Stiftung • Stiftungsaufsicht • Stiftungsgründung • Stiftungspraxis • Stiftungsrecht • Stiftungsreform 2023 • Stiftung und Nachfolgeplanung • Treuhandstiftung • Trust • Unternehmensstiftung |
ISBN-10 | 3-7910-6038-4 / 3791060384 |
ISBN-13 | 978-3-7910-6038-5 / 9783791060385 |
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