Schwächen der Betriebsführung -  Bernhard Stade

Schwächen der Betriebsführung (eBook)

Warum der Mittelstand täglich verliert
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2023 | 1. Auflage
166 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7578-9590-7 (ISBN)
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Ob Neugründung oder seit Jahren erfolgreich am Markt, Mittelständler lassen viel Geld liegen. Rudimentäre und ungeeignete organisatorische Strukturen und Abläufe führen zu vielfältigen Fehlleistungen. Vielen ist die leichte Vermeidbarkeit dieser nicht unerheblichen Verschwendung nicht bewusst. Abseits betriebswirtschaftlicher Theorien, und ungeachtet des unermüdlichen Stromes neuer Managementmethoden, vermittelt diese Publikation Verständnis für effiziente und qualitätsorientierte Grundstrukturen und zeigt einfache und schnell beschreitbare Wege ohne Ballast auf.

Bernhard Stade ist Dipl.-Ing.(FH) für Produktionswirtschaft und Automatisierungstechnik sowie REFA-Ingenieur für Industrial Engineering. Er verfügt über langjährige und branchenübergreifende Erfahrungen in der industriellen Prozessentwicklung und Prozessoptimierung.

1. Der Mittelstand – viele Bastelbuden


Die Firma Vorzeige GmbH startet ein neues Projekt:

Eine kleine elektrische Pumpe für den Einsatz in der Lebensmitteltechnik soll neu ins Produktionsprogramm aufgenommen werden. Ein Projektleiter wird benannt, der Projektplan und das Lastenheft erstellt, konstruktive Entwürfe werden vorgelegt und bewertet, und auf Basis geplanter Stückzahlen und unter Einbeziehung qualifizierter Lieferanten wird ein Logistikkonzept verabschiedet. Parallel dazu werden Fertigungs- und Montageprozesse geplant, Betriebsmittel und Vorrichtungen beschafft und die Arbeitdokumente verfasst. Aus den Erkenntnissen der Qualitätsvorausplanung entsteht der Prüfplan, und zuletzt wird das Personal geschult. Nachdem alle Freigaben vorliegen, startet die Produktion.

Auch die Firma Kraut & Rüben GmbH will ein vergleichbares Produkt auf den Markt bringen:

Da hier kein Projektleiter benannt wurde, beschafft der Konstrukteur in seiner Not eigenmächtig Musterteile bei einem Lieferanten seiner Wahl. Die Produktion erfährt kurz vor Produktionsbeginn von dem neuen Produkt. Außer freigeräumter Arbeitstische und Handwerkszeug gibt es keine Betriebsmittel. Arbeitsanweisungen und andere Arbeitsdokumente liegen nicht vor. Das eingesetzte Personal sieht das Produkt zum ersten Mal am Tag des Produktionsbeginns. Da kein Mengengerüst und kein Logistikkonzept erstellt wurden, gibt es ständig Terminüberschreitungen von Beschaffung bis Auslieferung. Und da keine systematische Qualitätssicherung betrieben wird, sind regelmäßiger Ärger mit Kunden und Lieferanten inklusive Rücklieferungen (mit Nacharbeit und Verschrottung) die Folge.

Betriebsalltag im Mittelstand: Oft wird eine Aufgabe von Anfang an nicht richtig angefasst. Man tut etwas, das man wohlwollend nur als eine Art Improvisation bezeichnen kann, und das Ergebnis ist kaum mehr als ausreichend. Dann sind beträchtliche Nachbesserungen erforderlich, wodurch der Gesamtaufwand das akzeptable Maß meist weit übersteigt. Reputationsschäden runden das Bild ab.

Aber nun kommt etwas Seltsames: Trotz der Offensichtlichkeit des ruinösen Charakters dieses Vorgehens wird es beibehalten und wiederholt. Wieder und wieder.

Also drängen sich Fragen auf:

Woran liegt es – im Bereich betrieblicher Prozesse – dass so viele Dinge so falsch angefasst werden? Und vor allem: Woran liegt es, warum an diesem ineffizienten Treiben endlos lange festgehalten wird?

Schätzungen zufolge werden in den Betrieben bis zu zwei Drittel aller Ressourcen für eindeutig nichtwertschöpfende Aktivitäten verpulvert. Sie dienen der Vorbeugung gegen oder der Beseitigung von Folgen organisatorischer Schwächen. Manchmal haben sie überhaupt keinen Bezug zur Wertschöpfung und erfüllen nur ihren Selbstzweck. Bei Vorliegen maximal effizienter Prozesse sind sie komplett überflüssig.

Durch die wohlbekannte, oft der Unerfahrenheit erwachsene und über lange Zeit auf allen Ebenen zementierten Betriebsblindheit wird dieser Zustand als unabänderliche Alltagsnormalität akzeptiert. Vordergründig präsentiert man sich als professioneller, souveräner Marktteilnehmer, intern kämpft man mit vielfältigen und meist auf organisatorischen Schwächen basierenden Problemen, arbeitet mit 120% Ressourceneinsatz oder mehr, für 75% Ausbringung oder weniger. Es werfe den ersten Stein, wer das nicht kennt.

Kein Entwickler käme auf die Idee, die technogischen Grundlagen für seine Arbeit von Grund auf neu zu schaffen. Ein Elektronikingenieur zum Beispiel greift bei der Produktentwicklung auf das Wissen aus seinem Studium, seine Berufserfahrung, sein Netzwerk, sowie auf umfangreiche Fachliteratur zurück und nutzt einschlägige Quellen und Lieferanten. Selbstverständlich wird das Rad nicht immer wieder neu erfunden. Kein Elektroniker käme z.B. auf die Idee, die Funktionen eines Mikrochips auf seiner Platine durch andere Bauelemente zu improvisieren, solange er einen geeigneten Chip im Bürklin-Kataiog finden kann.

Doch anders beim Aufbau von Fertigung, Montage, Logistik, Vertrieb und anderer produktionsnaher Bereiche. Hier wird meist nur mit dem gesunden Menschenverstand zu Werke gegangen, ohne Rückgriff auf bewährte und standardisierte Prozesse. Letzteres würde eine entsprechende Ausbildung oder Erfahrungen auf dem Gebiet der Prozessplanung voraussetzen, welche i.d.R. in jungen Unternehmen (und in nicht wenigen reiferen) kaum oder gar nicht vorhanden sind. Das Resultat ist meist eine komplette und defizitäre prozessorganisatorische Eigenentwicklung, der man nach Jahren, mitunter nach Jahrzehnten, noch anmerkt, dass die Verantwortlichen noch nie eine richtige Firma von innen gesehen haben.

Zum Beispiel werden für die Wareneingangsprüfung eigene, oft wenig geeignete und unnötig aufwändige Prüfarten und -umfänge selbst definiert, anstatt vorhandene, schlüsselfertige Normen wie DIN ISO 2859 zu nutzen, welche zudem eine gemeinsame Sprache (und Rechtssicherheit) mit dem Lieferanten ermöglichen würden. Oder die Qualität von Produkt und Herstellprozess wird weitgehend dem Zufall überlassen, anstatt Qualitätsvorausplanungsinstrumente wie FMEA zu nutzen. Und so weiter, dazu später mehr.

(Über die Jahre bleibt das Investitionsgeschehen oft auf die Produktentwicklung fokussiert und bezieht die Entwicklung der Leistungsfähigkeit der Organisation eher halbherzig mit ein. Auch dazu später mehr.)

Falls ein ERP-System im Einsatz ist, werden seine Funktionen nur rudimentär genutzt. Qualität und Pflege der Stammdaten sind marginal und folgen nur den gerade aktuellen dringenden Erfordernissen. In dieser Publikation wird davon ausgegangen, dass ein ERP-System nicht vorhanden und lediglich Software wie Microsoft Office usw. vernetzt im Einsatz ist.

Das weitgehende Fehlen professioneller Strukturen wird oft mit vordergründig wohlklingenden Argumenten begründet:

  • Wir wollen unsere Flexibilität so lange wie möglich erhalten.
  • Wir wollen diesen bürokratischen Ballast nicht.
  • Solche Dinge kann sich der Mittelstand nicht leisten.
  • Wir sind ein schlankes Unternehmen und wollen es auch bleiben.

Und so weiter.

Solche Argumente dokumentieren Wissensdefizite und Unerfahrenheit:

Zum einen fehlen, wie bereits ausgeführt, fundierte Kenntnisse über industrieübliche Standards für eine professionelle Prozessorganisation. Das grundlegende, tägliche Handwerkszeug der effizienz- und qualitätsorientierten Betriebsführung wird nicht beherrscht.

Zum anderen werden die täglichen Widrigkeiten des Betriebsalltages – schlechte Dokumentation, logistische Planungsmängel, hohe Ausschussquoten, Reklamationen und Rücklieferungen, Nacharbeit bis hin zu inkompetenter Bastelei, und immer wieder Termin- und Kostenüberschreitungen, um nur einige wenige zu nennen – als unvermeidlich angesehen und zähneknirschend, mitunter sogar stoisch, hingenommen.

Und letztlich fehlen positive Erwartungen, nämlich dass die Einführung und Anwendung standardisierter Methoden überaus einfach sein kann (sofern sie, und das ist unabdingbar, sofern sie von der Geschäftsleitung hundertprozentig getragen werden), und dass die positiven Effekte den initialen Kraftakt praktisch sofort amortisieren. Eher herrschen skeptische und damit blockierende Erwartungen vor.

Irgendwann steht die Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001 an. Oft werden Berater engagiert. Die Bedeutung der eigenen Mitarbeiter wird betont und die fortlaufende Verbesserung der Gesamtuntemehmensleistung als neuer Standard verkündet. Vermutungen über die Kundenerwartungen werden angestellt, Prozesse definiert und Dokumente abgeschrieben oder selbst erstellt. Oft entsteht das Qualitätsmanagementhandbuch als Sammlung zusammenkopierter Standardregelungen, die den Anforderungen der Norm Rechnung tragen sollen.

Dennoch steht in diesen Zeiten die Verbesserung der Organisation nicht im Vordergrund, sondern die Zertifizierung. Dabei ist erstaunlich, welch defizitäre Grundstrukturen zertifizierungsfähigen Unternehmensprozessen zugrunde liegen können. Nach der Zertifizierung wird oft genauso weitergearbeitet wie zuvor. Das Handbuch findet zwischen den Rezertifizierungen praktisch keine Beachtung, weil es niemanden interessiert – auch nicht den Chef – und das Handwerkszeug wird wieder nicht beherrscht. Die ISO 9001 verkommt damit zu einer Art Marketing-Gag.

Was also ist gemeint mit Basisfunktionen, Grundstrukturen, Grundfunktionen?

  • Die Herbeiführung und Aufrechterhaltung von Ordnungszuständen (z.B. die zielgerichtete Abhaltung von Besprechungen und die Protokollierung der Ergebnisse).
  • Die strukturierte Bearbeitung von Aufgaben und Projekten mit klaren Zielen und Ergebnissen, einzeln oder durch mehrere Personen.
  • Grundkenntnisse der betrieblichen Kostenrechnung.
  • bewährte Methoden der Prozessoptimierung (z.B. systemtische Vermeidung von Verschwendung, Arbeitsplatzrationalisierung, kontinuierliche Verbesserung KVP usw.).
  • Vorbeugende und nachbereitende Maßnahmen zur Vermeidung von...

Erscheint lt. Verlag 16.3.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management Logistik / Produktion
ISBN-10 3-7578-9590-8 / 3757895908
ISBN-13 978-3-7578-9590-7 / 9783757895907
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