Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Lösungsansätze für Unternehmen der deutschen Mode- und Bekleidungsbranche (eBook)
141 Seiten
GRIN Verlag
978-3-346-69843-8 (ISBN)
3 Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
Auch in Deutschland wurde die Notwendigkeit nach einer gesetzlichen Regelung bezüglich der unternehmerischen Sorgfaltspflicht in den letzten Jahren deutlicher. Im folgenden Verlauf der Arbeit wird daher aufgezeigt, wie es zur Verabschiedung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) im Juni 2021 kam. Des Weiteren werden der Inhalt und Geltungsbereich dargestellt sowie die Auswirkungen für Unternehmen näher beleuchtet.
3.1 Ausgangslage
Die Berichtserstattung bezüglich der Einführung und Umsetzung diverser Nachhaltigkeitsstrategien hat in den letzten Jahren deutschlandweit in vielen Branchen deutlich zugenommen.[90] Einerseits sind große börsennotierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern seit 2017 dazu verpflichtet im Rahmen der unternehmerischen Corporate Social Responsibility (CSR) ihrer CSR-Berichtspflicht nachzukommen[91], andererseits sind immer mehr deutsche Unternehmen Unterzeichner des Global Compact und verpflichten sich somit dazu ihren Fortschritt bei der Umsetzung der Prinzipien des Global Compact jährlich zu dokumentieren.[92] Auf die Anforderungen und Hintergründe der CSR-Berichtspflicht wird im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen, sie befassen sich größtenteils mit der Schaffung von Transparenz bezüglich den Themengebieten der Menschenrechte, Korruption sowie Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmeraspekten bezüglich den Geschäftstätigkeiten des jeweiligen Unternehmens.[93] Das deutsche Global Compact Netzwerk ist Bestandteil des Global Compact der Vereinten Nationen (UNGC), welche zu einer der weltweit größten Initiativen für nachhaltiges und verantwortungsbewusstes Handeln zählt. Alle teilnehmenden Unternehmen verpflichten sich nicht nur der Berichterstattung, sondern auch der Umsetzung der 10 Prinzipien des UNGC. Die 10 Prinzipien befassen sich mit dem Schutz der Menschenrechte, dem Recht auf Kollektivverhandlungen, Zwangsarbeit, Kinderarbeit, Diskriminierung, der Umwelt und dem Problem der Korruption. Mehr als 16.000 Unternehmen und Organisationen aus über 160 Ländern sind Unterzeichner des UNGC. Das deutsche Netzwerk verzeichnete allein im Jahr 2020 einen Zuwachs von 120 Unterzeichner, insgesamt gibt es in Deutschland 569 Unternehmen und 62 NGOs die Mitglieder der Initiative sind. Dies Zahlen verdeutlichen den Einfluss und die Verantwortung der Initiative.[94][95]
Der Druck der Stakeholder bezüglich nachhaltigen wirtschaftlichen Handelns und Transparenz hat in den letzten Jahren jedoch nicht nur in Bezug auf Unternehmen zugenommen. Durch die Forderungen nach Transparenz innerhalb unternehmerischen Wertschöpfungsketten ausgehend von Verbrauchern, Initiativen oder NGO wurde auch die deutsche Bundesregierung immer mehr unter Druck gesetzt zu handeln. Als Reaktion hat diese seit 2014 mit der Entwicklung und Umsetzung des Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte die menschenrechtliche Lage der globalen Lieferketten deutscher Unternehmen untersucht. Die Ziele des NAP sind unter anderem die Anwendung der VN-Leitprinzipien, die Pflichten des Staates und der Unternehmen sichtbar zu machen, die menschenrechtliche Lage entlang der Lieferketten deutscher Unternehmen aufzuzeigen und zu verbessern sowie die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen zu sichern. [96] Die VN- Leitprinzipien wurden als Leitlinie für Wirtschaft und Menschenrechte 2011 von dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen veröffentlicht und wie folgt definiert: „Als internationales Rahmenwerk formulieren sie Anforderungen an Politik und Wirtschaft und bilden erstmals eine allgemein anerkannte Referenz für menschenrechtliche Pflichten von Staaten und für die Verantwortung von Unternehmen in globalen Liefer- und Wertschöpfungsketten.“[97] Sie basieren auf der staatlichen Schutzpflicht der Menschenrechte, der unternehmerischen Verantwortung im eigenen Unternehmen und innerhalb vertraglicher Geschäftsbeziehungen sowie dem Zugang für Abhilfe im Falle einer auftretenden menschenrechtlichen Pflichtverletzung.[98]
Aufbauend auf diesen drei Säulen der VN-Leitprinzipien wurde im Rahmen des NAP die Anforderung der Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfalt an in Deutschland ansässigen Unternehmen mit über 500 Beschäftigten gestellt. Die Elemente der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht umfassen das Ermitteln potenzieller menschenrechtsverletzenden Risiken innerhalb der Wertschöpfungskette, das Ergreifen von Maßnahmen, um gegen die ermittelten Risiken vorzugehen und das Einrichten von Beschwerdemechanismen, wodurch Betroffene innerhalb ihrer Lieferkette frühzeitig und anonym Risiken und Verstöße melden können.[99] Den Grad der Umsetzung dieser Anforderungen konnten Unternehmen frei wählen. Grundsätzlich sollte mithilfe des NAP erörtert werden, ob die Bundesrepublik Deutschland eine gesetzliche Vorschrift zur Sicherung der Menschenrechte entlang globaler Lieferketten benötigt oder ob die bestehenden freiwillige Maßnahmen der Unternehmen ausreichen. Um zu überprüfen, ob die festgelegten Ziele des NAP erfüllt wurden und die Integration der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht gelang wurden ein Monitoring mit drei Erhebungsphasen durchgeführt. Im Rahmen des letzten Monitorings 2020 wurde bei 13-17% der Unternehmen das Erfüllen und Integrieren der unternehmerischen Sorgfaltspflicht erfolgreich festgestellt, 83-87% haben die Anforderungen nicht erfüllt. Dies verdeutlicht, wie notwendig eine einheitliche gesetzliche Regelung ist, da die freiwillig gewählten Maßnahmen nicht ausreichten, um die Anforderungen des NAP zu erfüllen. Befragungen im Rahmen des Monitorings zeigten, dass die teilnehmenden Unternehmen sich bei der Erfüllung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert sahen. Viele Unternehmen verzeichneten Probleme der Risikoidentifikation aufgrund komplexer Strukturen innerhalb ihrer Wertschöpfungskette. Durch die internationalen Verflechtungen der Lieferketten war es eine Herausforderung mit den verschiedenen Kulturen und Regulatoren des jeweiligen Landes umzugehen. Angemessene Maßnahmen waren schwierig festzulegen und aufgrund der international unterschiedlichen Rahmenbedingungen teils auch schwer umzusetzen. Dies war unter anderem eine Folge der nicht ausreichend durchgeführten Risikoanalyse. Die Unternehmen hatten Schwierigkeiten bei der Festlegung der zu betrachteten Risiken, dessen Abgrenzung und Priorisierung.[100]
3.2 Inhalt und Geltungsbereich
Als Folge auf das Ergebnis des NAP, wurde am 11. Juni 2021 das LkSG von dem deutschen Bundestag verabschiedet, am 25. Juni 2021 stimmte der Bundesrat zu. In Deutschland ansässige Unternehmen sind nun, unter bestimmten Voraussetzungen, dazu verpflichtet Menschenrechte und die Umwelt entlang ihrer Lieferkette zu schützen.[101] Das LkSG findet ab dem 01.01.2023 Anwendung auf Unternehmen jeglicher Rechtsform „die ihre Hauptverwaltung, ihre Hauptniederlassung, ihren Verwaltungssitz oder ihren satzungsmäßigen Sitz“ in Deutschland haben und eine Unternehmensgröße von mindestens 3.000 Mitarbeitern aufweisen. Dieser Mindestwert wird ab dem 01.01.2024 auf eine Anzahl von 1.000 Mitarbeitern herabgestuft. Die Mitarbeiteranzahl setzt sich dabei zusammen aus den in Deutschland beschäftigten und ins Ausland entsandten Mitarbeitern. Im Falle eines Aktienkonzerns sind die Mitarbeiter aller konzernangehörigen Tochtergesellschaften zu berücksichtigen. Leiharbeiter werden bei einer Beschäftigungsdauer von über sechs Monaten dem Unternehmen zugeordnet, dem sie entliehen wurden. Der Anwendungsbereich des Gesetzes betrifft nicht nur Hauptniederlassungen im Inland, sondern ist auch für ausländische Unternehmen mit Zweigniederlassungen in Deutschland gültig, sofern die geforderte Mitarbeiterzahl erreicht wird. Bei der Berechnung der Arbeitnehmerzahl der Zweigniederlassungen ist zu beachten, dass hierbei nur die im Inland beschäftigten Arbeitnehmer berücksichtigt werden müssen.[102] Das LkSG findet Anwendung auf die Geschäftstätigkeiten des eigenen Unternehmens und je nach Ausgangslage die Geschäftstätigkeiten der unmittelbaren und mittelbaren Zulieferer innerhalb dessen Lieferkette. Die Lieferkette „bezieht sich auf alle Produkte und Dienstleistung eines Unternehmens“ und umfasst laut LkSG „alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind, angefangen von der Gewinnung der Rohstoffe bis zu der Lieferung an den Endkunden“. Der Geschäftsbereich eines Unternehmens impliziert alle Tätigkeiten der Produktion oder Dienstleistung die zur „Erbringung des Unternehmensziels“ in Standorten im In- oder auch Ausland beitragen. Ein unmittelbarer Zulieferer ist im Falle des LkSG ein direkter Lieferant dessen Dienste notwendig sind. Ein mittelbarer Zulieferer ist ein indirekter Lieferant, der für die Leistungserbringung der direkten Lieferanten notwendig ist, aber in keinem direkten Lieferverhältnis zu dem Unternehmen selbst steht.[103] Der Begriff der Notwendigkeit wird laut Gesetz nicht eingehend definiert und kann als unbestimmter Rechtsbegriff gesehen werden....
Erscheint lt. Verlag | 19.8.2022 |
---|---|
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management ► Logistik / Produktion |
Schlagworte | Arbeitsbedingungen • Bekleidung • Bekleidungsbranche • Beschaffung • Corporate Social Responsibility • CSR • Globalisierung • Herstellung • Kleidung • Lieferkettengesetz • Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz • Menschenrechte • Menschenrechtsverletzung • Mode • Modebranche • Produktion • Risikoanalyse • Supply Chain • Umweltschutz |
ISBN-10 | 3-346-69843-2 / 3346698432 |
ISBN-13 | 978-3-346-69843-8 / 9783346698438 |
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