Long Covid – wenn der Gehirnnebel bleibt (eBook)

Die gefährlichen Langzeitfolgen von Corona - Auf Basis neuester Forschungserkenntnisse zu Ursachen, Therapien, Heilungschancen

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022
256 Seiten
Deutsche Verlags-Anstalt
978-3-641-30173-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Long Covid – wenn der Gehirnnebel bleibt - Martin Korte
Systemvoraussetzungen
12,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Neueste Erkenntnisse aus der Forschung: Wie das Corona-Virus unser Gehirn schädigt und wie man das Risiko für Long-Covid minimieren kann
Erschöpfung, Gehirnnebel, Konzentrationsprobleme: Etwa zehn Prozent aller Corona-Patienten beklagen diese und ähnliche Langzeitfolgen noch Monate nach der Infektion, selbst nach einem milden Krankheitsverlauf - auch wenn die Betroffenen zuvor jung, gesund und leistungsstark waren.

In seinem neuen Buch erklärt Prof. Dr. Martin Korte, der am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung und an der TU Braunschweig zu Long-Covid forscht,

• welche langanhaltenden Symptome eine Corona-Infektion hervorrufen kann,

• wie es sein kann, dass mit dem Gehirn ein Organ betroffen ist, das meist gar nicht infiziert wurde,

• zu welchen chronischen Erkrankungen und Auswirkungen auf die Psyche das führen kann,

• welche Menschen am meisten gefährdet sind

• und mit welchen Therapien und Maßnahmen man den Erkrankten helfen kann.

Martin Korte, geboren 1964, ist Professor für Neurobiologie an der TU Braunschweig. Seine Forschungsschwerpunkte sind die zellulären Grundlagen von Lernen und Erinnern ebenso wie die Vorgänge des Vergessens. Martin Korte ist einer der meistzitierten deutschen Neurobiologen, ein gefragter Experte in den Medien und bereits durch eine Reihe von Fernsehauftritten bekannt. Neben seiner Tätigkeit als Wissenschaftler hält er regelmäßig öffentliche Vorträge vor Schuldirektoren, Lehrern, Eltern, Schülern und Politikern. Bei DVA erschien zuletzt von ihm »Frisch im Kopf. Wie wir uns aus der digitalen Reizüberflutung befreien« (2023).

Einleitung:
Long-Covid als eine eigene Krankheit verstehen


»Es fing unglaublich mild an. Normalerweise hätte ich dem überhaupt keine Beachtung geschenkt. Doch innerhalb einer Woche fühlte ich mich richtig … ich fühlte mich, als ob ein Elefant auf meiner Brust sitzen würde. Zeitweise war ich überzeugt, dass ich sterben würde. Auch nach einem Jahr hatte ich keinen einzigen symptomfreien Tag.«

Claire Hastie, zitiert nach: Michael Marshall: Four Key Questions about Long Covid, Nature, Vol. 594, 10. Juni 2021, S. 168

Die Corona-Infektion ist überstanden, der Test negativ, man möchte an die frische Luft, und der Drang nach dem »normalen« Leben, sportlicher Aktivität oder auch nur einem Spaziergang ist groß. Doch die Rückkehr zum Alltag ist für viele Menschen, die an Covid-19 erkrankt waren, nicht leicht; oft ist Geduld gefragt. Auch wenn man einen milden Verlauf hatte, können die Beschwerden nach der Infektion noch lange andauern, bei manchen beginnen sie sogar erst Wochen nach der Infektion und halten dann Monate, manchmal sogar Jahre an. Manche Erkrankten fühlen sich noch 4 – 12 Wochen, nachdem die eigentliche Infektion überstanden ist, schlecht – einigen Menschen, die sich gleich zu Anfang der Pandemie infiziert haben, geht es bis heute nicht besser.

Die Rede ist von Long-Covid, einem Thema, von dem in den ersten zwei Jahre der Pandemie so recht keiner etwas wissen wollte. In der gesellschaftlichen Wahrnehmung spielt es bis heute immer noch kaum eine Rolle. Und für Mediziner und Medizinerinnen stellen sich die Symptome diffus, schwer greifbar und diagnostisch verwirrend dar.

Beides hat lange zu Abwehrreaktionen bei der medizinischen Anerkennung von Long-Covid als eigenständigem Krankheitsbild geführt. Warum Politik, Medizin und Gesellschaft nicht hinsehen wollten, war verständlich: Jeder möchte die Pandemie so schnell wie möglich hinter sich lassen und zu einer Art Normalität zurückkehren.

»Als Optimist mag man mit dem Spruch durchs Leben gehen: ›Das passiert anderen und nicht mir.‹ Damit könnte man auf die Nase fallen.«

Dr. Margret Hund-Georgiadis, medizinische Leiterin der Klinik Rehab Basel, zu Long-Covid und wen es betrifft, www.srf.ch/news/schweiz/corona-nachwehen-in-10-zitaten-long-covid-der-weg-zum-briefkasten-wird-zum-abenteuer [01.07.2022]

Fakt ist aber: Das Wort »genesen« bei negativem Schnelltest nach einer SARS-CoV-2-Infektion hat für viele Betroffene einen bitteren Beigeschmack – es bezeichnet den Schwebezustand zwischen akutem Covid-19 und Long-Covid.

»Als ich im März 2020 Long-Covid bekam, war ich 38 und gesund. Wenn Sie so sind wie ich damals, ist es schwer zu verstehen, wie schlimm Long-Covid ist. Ich glaube, wir haben den Instinkt wegzusehen, aber bitte, es ist wichtig hinzusehen.«

Anonyme/r Patient/in der Post-Covid Clinic, Oxford,
The Long CovidSelf-Help Guide, S. 7

Wie schnell und dauerhaft sich das Leben durch eine Covid-Infektion ändern kann, zeigt eine Krankengeschichte, die in einem vielbeachteten Artikel der amerikanischen Zeitschrift The Atlantic im April 2021 veröffentlicht wurde: Caitlin Barber wurde im Herbst 2021 im Mount Sinai Center for Post-COVID Care in New York eingeliefert, sechs Monate, nachdem sie sich in dem Pflegeheim, in dem sie als Diätassistentin arbeitete, mit SARS-CoV-2 infiziert hatte. Die 28-Jährige war frisch verheiratet und lebte im Hinterland von New York. Sie nahm an Halbmarathons teil und ging jeden Tag nach der Arbeit für zwei Stunden ins Fitnessstudio.

Barbers akuter Infektionsverlauf von Covid-19 war nicht besonders schwerwiegend, sie selbst sagt: »Es war für mich wie eine Erkältung; in dieser Hinsicht hatte ich großes Glück.« Zwei Wochen später ging sie wieder zur Arbeit, und dann kam der Schreck. »Innerhalb von drei Tagen brach meine Welt einfach zusammen«, sagt sie. Sie hatte Schwierigkeiten, einfache Berichte zu schreiben. Mitten in einer routinemäßigen Ernährungsberatung fand sie sich mit einer Messsonde in der Hand wieder und wusste nicht, was sie als Nächstes tun sollte. Nach einigen weiteren gescheiterten Versuchen, ihrer Arbeit wie gewohnt nachzugehen, ließ sie sich krankschreiben, und schon wenige Wochen später verschlechterte ihr Zustand sich so, dass sie kaum noch das Haus verlassen konnte.

Fast ein Jahr später ist Barber überwiegend ans Bett gefesselt. Ihre Symptome verändern sich ständig. An manchen Tagen ist sie froh, wenn sie selbstständig duschen kann. Es fällt ihr schwer, sich die Zähne zu putzen oder Mahlzeiten zuzubereiten, denn ihr Herz rast mit weit über 100 Schlägen pro Minute (normal sind 60 bis 90 im Ruhezustand). Da sie die meiste Zeit des Tages allein ist – ihr Mann arbeitet lange –, muss sie Toilettengänge und ihre Nahrungsaufnahme sorgfältig planen, um nicht zusammenzubrechen. In ihrer Wohnung stehen überall Stühle, auf denen sie sich ausruhen kann. Auf die Frage ihrer Freunde, was sie den ganzen Tag zu Hause macht, antwortet sie: »Ich habe das Gefühl, dass ich sehr beschäftigt bin.« Das Herzrasen und eine unendliche Müdigkeit erschweren jeden Schritt im Alltag, für Haushaltsdinge, die ihr früher leicht von der Hand gingen, benötigt sie heute einen ganzen Tag, um sie zu erledigen.

Anfangs taten viele Ärzte Fälle wie diesen als Folge von Angstzuständen oder gar Hypochondrie ab. Fast die Hälfte der Patienten fühlte sich sogar 2022 noch stigmatisiert. Allerdings zeigt die Geschichte von Caitlin Barber exemplarisch, dass Long-Covid nicht nur von akademischem Interesse ist. Ein »Einzelfall« unter sehr vielen Einzelfällen, die klar machen: Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Pandemie wahrscheinlich viel mehr Patientinnen und Patienten mit lang anhaltenden gesundheitlichen und psychischen Problemen hervorbringt, als die meisten es sich anfänglich haben vorstellen können (eine der wenigen Ausnahmen ist der aktuelle Gesundheitsminister Karl Lauterbach, der schon früh vor Long-Covid warnte).

Long-Covid wird aus allen Ländern der Welt berichtet. Viele Betroffene waren zuvor begeisterte Radfahrer, Läuferinnen, Skifahrer und Tänzerinnen, sind jetzt stark eingeschränkt und können ihren früheren Leidenschaften nicht mehr nachgehen. Einige sind nicht einmal mehr in der Lage, ihren früheren Beruf auszuüben.

»Long-Covid fühlt sich wie ein Fluch an. Mein Körper und mein Gehirn sind irgendwie falsch, an verschiedenen Tagen auf unterschiedliche Weise, unvorhersehbar und beunruhigend. An guten Tagen zweifele ich an mir selbst, an schlechten Tagen an allem. Die Krankheit ist kapriziös, grenzenlos und bösartig.«

Anonyme/r Patient/in der Post-Covid Clinic, Oxford,
The Long Covid Self-Help Guide, S. 12

Wie hoch die individuellen und gesellschaftlichen Kosten von Long-Covid sind, zeigen auch die bloßen Zahlen: Covid-19 hat schätzungsweise 15 Millionen Menschen weltweit seit Ende 2019 das Leben gekostet – aber abgesehen von den beängstigenden Auswirkungen auf das Leben und die Gesundheit jedes einzelnen Menschen, alarmiert Mediziner und Forschende das quantitative Ausmaß des Problems. Zahllose Betroffene spüren neben den privaten auch die wirtschaftlichen Auswirkungen. Neben den akut Erkrankten fehlen viele 20- bis 50-jährige Arbeitskräfte, die mitunter für Monate nicht oder nur eingeschränkt arbeiten können. Long-Covid wird mehr und mehr zum Problem für die Arbeitswelt und die Sozialsysteme, ebenso wie für den langfristigen politischen Umgang mit SARS-CoV-2. Ich meine: Dem müssen wir uns stellen, Wegsehen hilft nicht!

»Frau A. ist ein exemplarischer Fall. Wie bisher die meisten steckte sie sich in der zweiten Virensaison an, kurz vor Weihnachten. Wie viele andere war sie nicht besonders krank, bettlägerig zwar, aber stabil genug, um Covid zu Hause auszukurieren. Nach etwa vier Wochen merkte sie: Mit mir stimmt etwas nicht, und es wird nicht besser. Ich bin so erschöpft. Und ich kann mich nicht mehr konzentrieren … Nichts ist mehr, wie es mal war. Nur im Garten geht es. Unter den raschelnden Kirschbaumblättern, zwischen all den wippenden Blütenstauden findet sie Inseln der Ruhe. Das sind gute Momente, kleine Erfolge, sie muss dringend lernen, ruhig zu bleiben. In ihrem Kopf wabert nicht nur Nebel, dort ist auch stets alles in Alarmbereitschaft. Andere Menschen zu treffen, in den Supermarkt zu gehen, das kann schon viel zu viel sein. Dann wird die Brust ganz eng, das Herz stolpert, vor den Augen flimmert es, und alles dreht sich.«

Nike Heinen: Long Covid: Sie wissen nicht weiter, Zeit online, 6. September 2021

Der Begriff »Long Covid« ist, wenn man das alles berücksichtigt, eigentlich irreführend, denn er suggeriert, dass es sich um eine lange Version der Covid-Erkrankung handelt. Aber medizinisch betrachtet ist Long-Covid meiner Ansicht nach – und viele Kolleginnen und Kollegen teilen sie – kein lang anhaltendes Covid-19, sondern ein eigenes Krankheitsbild, das sich durch die Infektion mit dem Coronavirus entwickelt und manifestiert. Das Virus ist der Trigger, aber die Krankheit ist die Folge der Reaktion des Immunsystems und anderer Faktoren, die zum Teil in der Veranlagung eines Patienten/einer Patientin selbst liegen. Ich habe für dieses Buch daher die Schreibweise mit Bindestrich gewählt. Dass die neue, chronische Long-Covid-Krankheit als solche überhaupt identifiziert und charakterisiert wird, ist irritierenderweise hauptsächlich der Arbeit von Patientengruppen und deren proaktiven Netzwerken in den sozialen...

Erscheint lt. Verlag 26.10.2022
Zusatzinfo mit Grafiken und Schaubildern
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Naturwissenschaft
Technik
Schlagworte 2022 • Autoimmunkrankheit • Brain Fog • chronische Gesundheitsschäden • Corona Virus - Covid-19 • Demenz • eBooks • Entzündung von Nervengewebe • fatigue • Gedächtnisprobleme • Gefäßentzündung • Gehirnnebel • Gehirnschäden • Geschmacksverlust • Gesundheit • Heilungschancen • Herzmuskelentzündung • Konzentrationsschwäche • Kurzatmigkeit • Long Covid Symptome • motorische Defizite • Neuerscheinung • Neuroinflammation • Neuronenverlust • post-covid • Prävention • Riechstörungen • Selbsthilfemaßnahmen • Therapien • Thromboseneigung • Trainingsprogramme • verringerte körperliche Leistungsfähigkeit • Volkskrankheit
ISBN-10 3-641-30173-4 / 3641301734
ISBN-13 978-3-641-30173-6 / 9783641301736
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 3,7 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich