BLUE MIND -  Wallace J. Nichols

BLUE MIND (eBook)

Wie Wasser uns glücklicher macht
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
100 Seiten
S.Hirzel Verlag
978-3-7776-2855-4 (ISBN)
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Warum das blaue Nass erfrischt, entspannt und verjüngt Flüsse, Seen und das Meer ziehen uns magisch an. Instinktiv wissen wir, dass Wasser uns gesund und glücklich macht, Stress reduziert und Ruhe bringt. Doch warum eigentlich? Dieser Frage ist der Meeresbiologe Wallace J. Nichols nachgegangen, dessen Leben von der Liebe zum Blauen Planeten geprägt ist. Antworten lieferten ihm Neurowissenschaft, Evolutionsbiologie und Medizin. Die bemerkenswerten Auswirkungen von Wasser auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden sind tatsächlich belegbar. Die Forschung zeigt, wie die enge Beziehung zum Wasser das menschliche Gehirn formt. »Blue Mind« verbindet wissenschaftliche Fakten mit persönlichen Geschichten rund um die große Faszination für das Wasser in einem im besten Sinne erzählenden Sachbuch.

Dr. Wallace Nichols ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der California Academy of Sciences und Gründer / Co-Direktor von OceanRevolution.org, einem internationalen Netzwerk von jungen Aktivisten für den Ozean, SEEtheWILD.org, ein Netzwerk für Naturschutzreisen und LiVBLUE.org, eine weltweite Kampagne für 'Verbinde uns wieder mit unserem Planeten'. Er hat mehr als 50 wissenschaftliche Artikel und Berichte verfasst und mitverfasst. Seine Arbeiten wurden auf NPR, BBC, PBS, National Geographic und Animal Planet ausgestrahlt. Nichols erwarb seinen MEM in Umweltpolitik und Ökonomie an der Nicholas School der Duke University und seine Promotion in Wildtierökologie und Evolutionsbiologie an der University of Arizona.

Vorwort des Autors


Eine Möglichkeit, einen Lebensweg zu beschreiben, wäre, ihn als Abfolge von Begegnungen mit unterschiedlichen Gewässern zu schildern – als die Zeitspanne, die man im, am, unter oder auf dem Wasser verbringt, unterbrochen von Perioden, in denen man überlegt, wo, wann und wie man das nächste Gewässer erreicht. Mein erstes Gewässer war natürlich das Fruchtwasser im Mutterleib, als ich ein Embryo war. Mein letztes – so stelle ich es mir zumindest im Moment vor – wird wohl der Pazifik sein, in den meine Asche gestreut werden soll. Dazwischen hatte ich das Privileg, mich von vielerlei Teichen, Becken, Flüssen, Flaschen, Tümpeln, Seen, Bächen, Eimern, Wasserfällen, Baggerseen, Wannen, Sprühregen, Ozeanen, Wolkenbrüchen und Pfützen faszinieren lassen zu können.

Als ich klein war, fuhren meine Eltern mit mir in den Ferien in die Karibik. Die Bilder dieser Urlaubsreise wirken so vertraut, dass ich noch immer spüre, wie es damals war, am Strand zu sitzen, direkt am Ozean, und lächelnd in die Sonne der Bahamas zu blinzeln. Kurz nach dieser Reise, vor meinem dritten Geburtstag, hatte ich einen lebhaften Traum, der vom bevorstehenden Kinderfest handelte. Im Traum saßen wir alle um einen runden Tisch unter dem Pfirsichbaum in unserem Garten. Jeder bekam ein Geschenk. Wir tranken Tee, und am Boden der Teetassen befanden sich eiserne Figürchen. Dann wurden wir alle ganz klein und die Tassen riesengroß, so dass wir darin auf den Grund tauchen und unser Geschenk holen konnten. Mein Freund Steve bekam einen Rennwagen. Rusty einen Hund. Ich bekam einen Schwarzbären, der auf allen vier Beinen stand. Ich fand diesen Traum toll – so toll, dass ich ihn jede Nacht vor dem Einschlafen nachzuträumen versuchte. Und jedes Mal, wenn ich einen Bären, ein Spielzeugauto oder einen Hund sah, dachte ich an meinen Traum. Das ging monate- und jahrelang so, mit Träumen und Tagträumen. Ich habe diesen Traum heute noch.

Mit fünf Jahren wollte ich mehr über meine Adoption wissen. Jede Frage führte zu neuen Fragen und schließlich zu einer besessenen Beschäftigung mit den Grundlagen der menschlichen Erblehre. Im selben Jahr bekam ich eine schwere Rückenmarks-Meningitis und lag im Krankenhaus. Dadurch wurde ich neugierig auf mein eigenes Nervensystem und schließlich sehr vertraut damit. Meine Adoptivmutter war Krankenschwester, und Texte und Handbücher aus ihrer Ausbildungszeit wurden zur Heiligen Schrift meiner Kindheit. Naturwissenschaft, Forschung, Medizin und Heilberufe schlugen Wurzeln in meinem Geist.

In der Highschool zog ich mich an den Wochenenden am liebsten mit nichts weiter als einer Packung Kekse, einer Angelrute und Pjotr Iljitsch Tschaikowski mit dem Kanu aufs Wasser zurück. Ob die Fische nun bissen oder nicht, es war ein großartiger Ausbruch aus dem Alltag, des Nachts einsam so dahinzutreiben.

Einige Jahre später, als Collegestudent an der DePauw University, begann ich mich in meinen Naturwissenschaftskursen ernsthaft zu fragen, warum mir Gewässer so wichtig waren. Auf meinen Entdeckungsreisen zu den vielen Bächen, Flüssen und Seen des Mittleren Westens fing ich, eher zufällig allerdings, auch an, das menschliche Gehirn zu entdecken. In meinem zweiten Studienjahr am College gab ich im Rahmen freiwilliger Sozialarbeit in einem örtlichen Pflegeheim Gitarrenunterricht und musizierte acht Monate lang jeden Mittwochnachmittag mit Barbara Daugherty, einer Patientin. Sie hatte fünfzehn Jahre zuvor bei einem Autounfall ihr Gedächtnis – und mit ihm auch ihre Gitarrenkenntnisse – verloren. Der Musikunterricht brachte ihr lange verlorene Erinnerungen zurück, die, einmal in Gang gebracht, oft weiterflossen. Das Pflegepersonal war beeindruckt. Ich auch, und ich war neugierig. Am College versuchte ich, mehr über den Zusammenhang von Musik und Gehirn zu erfahren, ohne viel Erfolg. Heutzutage würde eine einzige Internet-­Suchanfrage genügen, um einen unübersehbaren Strom an Veröffentlichungen zum Thema zu erzeugen, aber 1986 war das noch nicht so einfach. Diese erste Berührung mit der Musiktherapie blieb jedoch tief in meinem Gedächtnis verankert.

An der Duke University, wo ich mich nach dem College einschrieb, unternahm ich Entdeckungstouren auf ungezähmten Flüssen und auf der Inselkette der Outer Banks. Meine Studienfächer waren Wirtschaftswissenschaft, Politologie und Entscheidungswissenschaften, aber die Fachtexte konnten natürlich nicht einfangen, was es bedeutet, eine Stromschnelle zu durchfahren, auf dem Boden eines gefluteten Steinbruchs zu sitzen oder was es für ein kreatives Elixier ist, zu den Klängen von »Schwanensee« unter den Sternen zu treiben.

Nachdem ich an der University of Arizona, tief im Binnenland, in Evolutionsbiologie promoviert hatte, machte ich meiner zukünftigen Frau Dana vor der Küste von Cabo Pulmo in Mexiko einen Unterwasser-Heiratsantrag, indem ich ihr wortlos einen Ring in Form einer Meeresschildkröte auf den Finger schob. Auch unsere liebsten Momente zusammen mit unseren Kindern Grayce und Julia drehen sich ums Wasser.

Nach zwei Jahrzehnten als Meeresbiologe und Studien an Meeres­schildkröten hatte ich das Thema Gehirn und Wasser immer noch im Kopf. 2009 nominierte mich das Pew-Marine-Fellows-­Programm netterweise für einen seiner jährlichen Preise, wie schon einige Jahre zuvor. Beim ersten Mal hatte ich ein gemeindebasiertes Forschungsprojekt über Meeresschildkröten vorgeschlagen. Dieses Mal ging es in meinem Projekt um die wissenschaftliche Erforschung der Zusammenhänge zwischen menschlichen Emotionen und ­Wasser.

Für einen Nicht-Neurowissenschaftler stellte ich einen ziemlich guten Vorschlag für das Blue-Mind-Projekt zusammen und legte ihn der Stiftung vor. Bei der ersten Bewerbung (Meeresschildkröten) hatte ich kein Stipendium bekommen, weil ich »zu jung« war. Dieses Mal war ich »zu kreativ«. Trotz dieser Zurückweisung sind beide Projekte in Gang gekommen, und ich habe die vielen gemeinsamen Arbeiten und Beiträge, die aus ihnen entstanden sind, sehr genossen. Jetzt bin ich weder zu jung noch zu kreativ, sondern geduldig, hartnäckig und ernsthaft verliebt. Dieses Buch ist das Ergebnis dieser Mischung: ein Leben, das von der Liebe zum Wasser, von Geduld und Hartnäckigkeit und viel Zusammenarbeit und Austausch mit anderen Wasserliebhabern und Forscherkollegen bestimmt wird, einem wirklich wunderbaren Menschenschlag.

Der Meeresbiologe Callum Roberts beschreibt gegen Ende von »The Ocean of Life«, seinem gründlichen und erkenntnisreichen Buch zur Nutzung und Übernutzung des Meeres, einige der Grundvoraussetzungen, um zu reparieren, was an unserem Blauen Planeten defekt ist: »Es ist wesentlich für das Leben im Ozean und unser eigenes, dass wir uns von einer Spezies, die ihre Ressourcen verbraucht, zu einer Spezies entwickeln, die ihre Ressourcen wertschätzt und bewahrt.«

Das gilt auch für die Seen, Flüsse und Feuchtgebiete unseres Planeten, ebenso wie für die Wälder und Savannen. Aber wenn so die emotionale Grundlage unserer Zukunft aussieht, wäre es sehr nützlich zu verstehen, was Wertschätzen und Bewahren eigentlich bedeuten. Wie funktionieren diese Emotionen des Blauen Bewusstseins? Woraus bestehen sie, und wie vermehren wir sie? Das sind einige der Grundfragen eines neurowissenschaftlich begründeten Umweltbewusstseins.

Roberts fährt fort: »Der Mensch hat eine tiefe gefühlsmäßige Beziehung zum Meer. Der Ozean inspiriert, bewegt und beruhigt uns. Manche glauben, wir verdanken unser schlaues Gehirn und den Erfolg, den es uns gebracht hat, der engen Verbindung unserer Vorfahren zum Meer, aber unsere Beziehung zum Meer reicht viel weiter zurück: bis zum Ursprung des Lebens selbst nämlich. Wir sind Geschöpfe des Ozeans.«

Um die Ozeane besser zu schützen, müssen wir also die wissenschaftlichen Zusammenhänge hinter dem geheimnisvollen Elixier namens Inspiration, die Chemie hinter dem Bewegtsein und die Hauptzutat von Beruhigung verstehen. Zusammen mit einer Prise Mitgefühl, Nostalgie, Verantwortungsbewusstsein, Dankbarkeit und einem großen Löffel voll Liebe für unsere Gewässer haben wir dann eine realistische Chance, es hinzubekommen.

Du musst es tun, weil du es nicht aushältst, es sein zu lassen.
Das ist der beste Grund überhaupt.

Linda Ronstadt

Um die Wahrheit zu sagen, gebe ich zu, dass ich versucht habe, dieses Projekt an andere weiterzugeben, die besser ausgebildet sind, besser denken können und mehr Erfahrung in diesen Sachen haben, aber niemand wollte es haben. Also habe ich auf dem aufgebaut, was ich bei meinen Lehrern über Mensch und Wasser gelernt habe – bei Herman Melville, Joshua Slocum, Chuy Lucero, Don Thomson, Loren Eiseley, Jacques Cousteau, Pak Lahanie, Wade Hazel, Pablo Neruda, Juan de la Cruz Villalejos, Sylvia Earle, Mike Orbach, Cecil Schwalbe und Mary Oliver. Das Ziel war weniger, endgültige Antworten zu geben, sondern eher, neue Fragen zu stellen – Fragen, die in Ihren fähigen Händen hoffentlich zu kreativen neuen Wegen der Erforschung eines guten Zusammenlebens auf unserem Wasserplaneten führen.

Der verstorbene Autor David Foster Wallace eröffnete seine Festrede am Kenyon College zum Studienabschluss des Jahrgangs 2005 mit einer Geschichte über drei Fische: »Schwimmen zwei junge Fische so vor sich hin und begegnen einem älteren Fisch, der ihnen entgegenschwimmt. Er nickt ihnen zu und sagt: ›Morgen, Jungs. Wie ist das Wasser?‹ Und die beiden jungen Fische schwimmen ein Stück weiter, dann wendet sich der eine dem anderen zu und fragt: ›Was zum Teufel ist Wasser?‹« Weiter sagte Wallace den Studienabgängern, dass Bildung auf einfacher Bewusstmachung beruhen sollte: »Bewusstsein dafür, was so real und wesentlich ist, so unauffällig und...

Erscheint lt. Verlag 13.10.2020
Übersetzer Martin Bayer
Sprache deutsch
Original-Titel Blue Mind - The Surprising Science That Shows How Being Near, In, On, or Under Water Can Make You Happier, Healthier, More Connected, and Better at What You Do
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Naturwissenschaft
Technik
Schlagworte Achtsamkeit • Entschleunigung • Gesundheit • Meer • Neurowissenschaft • Sachbuch • Wasser
ISBN-10 3-7776-2855-7 / 3777628557
ISBN-13 978-3-7776-2855-4 / 9783777628554
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