Wie Hitler das Skateboard erfand (eBook)

In sieben Schritten durch die Weltgeschichte
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
320 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-31928-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wie Hitler das Skateboard erfand -  Danny Kringiel
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Im Zickzack durch die Weltgeschichte. Wussten Sie, dass Cäsar den FC Bayern München gründete? Dass wir die TV-Serie »Akte X« Stalin verdanken? Oder dass eine fliegende Kuh Viagra salonfähig machte, Frank Sinatra durch die Erfindung der Glühbirne zur tödlichen Waffe wurde und Nietzsche den offiziellen Song zur Winterolympiade 2010 schrieb? Von jedem Ereignis der Weltgeschichte sind es nur sieben Schritte zu jedem noch so aberwitzig weit entfernten anderen, wie Danny Kringiel vergnüglich demonstriert. Mit Siebenmeilenstiefeln eilt er durch Popkultur und harte Historie und verknüpft Lehrreiches mit Unterhaltsamem: wie etwa Richard Wagner die patriotischsten Pommes der Welt schuf, die Pest Harry Potters Liebesleben beflügelte und Johannes Gutenberg einem abtrünnigen Mormonen Sex auf dem Mond bescherte. So zeigt er auf überraschende wie augenzwinkernde Weise, warum absolut alles mit absolut allem zu tun hat!

Danny Kringiel, geboren 1977, studierte Deutsch, Kunst und Englisch in Gießen, Erziehungswissenschaft in Frankfurt und promovierte 2008 über Computerspielanalyse an der Universität Frankfurt am Main. Zugleich arbeitete er als freier Journalist und kam 2010 zu SPIEGEL ONLINE. Seit 2011 ist er dort Redakteur im Zeitgeschichtsressort einestages.

Danny Kringiel, geboren 1977, studierte Deutsch, Kunst und Englisch in Gießen, Erziehungswissenschaft in Frankfurt und promovierte 2008 über Computerspielanalyse an der Universität Frankfurt am Main. Zugleich arbeitete er als freier Journalist und kam 2010 zu SPIEGEL ONLINE. Seit 2011 ist er dort Redakteur im Zeitgeschichtsressort einestages.

Wie Wagner die patriotischsten Pommes der Welt schuf


1. Schritt: Einmal fliegender Holländer mit extra Käse!

Wie kein anderer steht der Name Wagner in der deutschen Kultur für ein Werk sinnlicher Intensität, das einen tief in uns verborgenen Hunger stillt, ein Œuvre ungestüm aufbrandender Empfindungen, die sich wie auf Sturmwogen tanzende Gischt in den düsteren Himmel auftürmen und sich ebenso plötzlich in zartschmelzender Harmonie zu einem delikaten Genuss zu vereinen vermögen, der nur einen Schluss zulässt: »Wirklich eine verdammt gute Tiefkühlpizza!«

Doch neben beliebter Schockfrost-Feinkost wie den Wagner Piccolinis (drei Käse), Wagner Steinofen Vegetaria (fünf knackige Grillgemüse) oder Wagner Big Pizza Boston (36 Weight-Watchers-Punkte) gab es ja noch: Richard Wagner. Geboren am 22. Mai 1813, gestorben am 13. Februar 1883 in Venedig, dazwischen Universalgenie, Antisemit und viel bestaunter Kotelettenträger.

Schon im zarten Alter von 13 Jahren begann er die Arbeit an seinem ersten Theaterstück, als 16-Jähriger komponierte er seine ersten Sonaten, vier Jahre später führte man seine erste Opernarie auf. Er arbeitete mit unermüdlichem Eifer: als Dramatiker, Dirigent, Kapellmeister und Theaterreformer, als Verfasser politischer Schriften – und wirrer antisemitischer Machwerke wie Das Judenthum in der Musik.

Bekannt wurde er auch als meisterhafter Schnorrer: Laut Thomas Mann sei der Komponist ein »Pumpgenie« gewesen, ständig auf der Flucht vor seinen Gläubigern. Wagner schaffte es, selbst beim irren Bayernkönig Ludwig II. zu nassauern, bis das Volk auf die Barrikaden ging.

Trotz dieser unsympathischen Züge wurde der Komponist zur Legende. Opern wie Tristan und Isolde, Der fliegende Holländer oder der Ring-des-Nibelungen-Zyklus machten ihn zu einer der Galionsfiguren der deutschen Kulturgeschichte.

Und nicht nur der deutschen. Denn auf der anderen Seite des atlantischen Ozeans sollte rund ein Jahrhundert nach Wagners Tod …

2. Schritt: Overlord of Kuschelrock

… ein junger US-amerikanischer Musiker namens Jim Steinman seine Leidenschaft für den deutschen Romantiker entdecken – und etwas ganz Neues aus dessen Werk erschaffen: den Wagner-Rock.

Steinman, der sich selbst bescheiden »The Lord of Excess« nennt, hatte schon früh ein Faible dafür, Kunst und Popkultur zusammenzubringen. Bereits als College-Student hatte er 1968 eine Musical-Adaption von Bertolt Brechts Theaterstück Mann ist Mann komponiert. Der zentrale Wendepunkt seiner Karriere kam vier Jahre später: Zusammen mit seinem Freund Barry Keating schuf Steinman 1972 eine Musical-Version der Oper Das Rheingold aus Wagners Ring-des-Nibelungen-Zyklus. Er hatte seine Begeisterung für den deutschen Komponisten entdeckt – und die sollte ihn nie mehr loslassen.

Seine zweite Liebe galt einer Musikrevolution, die während der Siebzigerjahre in England von Bands wie Judas Priest, Deep Purple und Led Zeppelin entfacht worden war und die nun über den Atlantik in die USA stürmte: Heavy Metal. In dieser Musik entdeckte er die gleiche Leidenschaft, die ihn an Wagner faszinierte. Steinmans Haare wurden länger, seine Garderobe schwärzer, die Gitarren in seinen Stücken verzerrter.

Die Verschmelzung seiner beiden Passionen gelang ihm schließlich, als er dem jungen Sänger Marvin Lee Aday begegnete. Mit ihm brachte er 1977 eine Platte heraus, die sich bis heute unter den meistverkauften Alben der Musikgeschichte hält: Bat Out of Hell. Darauf vermischten sie pompöse Orchesterklänge mit kreischenden Gitarren, Orgeln und Chöre mit Schlagzeug-Fills. Und über allem schwebte mit stets dramatischem Vibrato Adays Gesang.

Es wurde für beide der große Durchbruch: Die Los Angeles Times ernannte Jim Steinman zum »Richard Wagner des Rock«. Und für Aday begann unter dem Künstlernamen Meat Loaf eine Weltkarriere. Er feierte Chart-Erfolge mit Songs wie »You Took the Words Right Out of My Mouth« oder …

3. Schritt: Märchenschloss? Räkelerregend!

… mit seinem wohl größten Hit »I’d Do Anything for Love (But I Won’t Do That)«, der 1993 auf dem Meat-Loaf-Album Bat Out of Hell II: Back into Hell herauskam. In 28 Ländern stieg die Single an die Spitze der Charts und brachte Meat Loaf einen Grammy ein. Im Text des Zwölf-Minuten-Schmachtfetzen-Duetts beschwört ein Mann seine Angebetete, dass er ihr gegenüber stets nur edelste Gefühle hegen und sich keine Fehltritte erlauben werde. Während sie ihre Ängste besingt, wie sich ihre Liebe entwickeln wird.

Das ebenfalls 1993 entstandene Musikvideo hingegen erzählt eine andere Geschichte: In einer bonbonbunten Die-Schöne-und-das-Biest-Variation zeigt es Meat Loaf als entstellten Schlossherrn, der im Wald eine geheimnisvolle Frau erblickt und flieht, um sein abstoßendes Äußeres zu verbergen. Doch sie folgt ihm bis in sein Heim.

Hier versteckt er sich vor ihr. Während sie sich erst einmal aufreizend in einer Badwanne räkelt, um sich anschließend aufreizend auf seinem Bett zu räkeln, bis sie schließlich ihre unsterbliche Liebe zu ihm erkennt – als sie sich gerade aufreizend auf einem schwebenden Diwan räkelt. Aus unerfindlichem Grund werden beide daraufhin von der Polizei verfolgt. Dann küsst sie ihn – und plötzlich sind seine äußerlichen Makel verschwunden. Schließlich fahren beide auf dem Motorrad in den Sonnenuntergang, dessen augenbetäubend orangerote Glut rational wohl nur durch einen übernächtigten Regisseur zu erklären ist, der kurz vor Deadline mit leerem Kaffeebecher in der Hand und der Nase auf dem Farbsättigungsregler des Bildmischers eingeschlafen sein muss. Der Name dieses jungen, damals noch unbekannten Regisseurs: Michael Bay.

Jahre bevor Bay als Hollywoods bestbezahlter Pyromane mit Trash-Feuerwerken wie Armageddon (1998) oder Transformers (2007) Millionen machte, verdiente er sich 1993 gerade erst seine Sporen im Business. Das Meat-Loaf-Musikvideo half dabei entscheidend – es wurde sein bekanntester Videoclip. Und durch Bays Musikvideo-Arbeit wurde sein wichtigster Förderer auf ihn aufmerksam, der Produzent Jerry Bruckheimer. Er verhalf Bay …

4. Schritt: Giftgas-Hummel greift an

… zum Sprung vom Musikvideo- zum Kinoregisseur. Zunächst engagierte Bruckheimer Bay 1994 als Regisseur für die Buddy-Actionkomödie Bad Boys. In dem Film verkörperten Will Smith und Martin Lawrence zwei Polizisten in Miami, die dem Verschwinden von 100 Millionen Dollar konfiszierten Drogengeldern nachgehen. Es wurde Bays erster Blockbuster: Der Film spielte bei einem Budget von rund 19 Millionen Dollar mehr als 140 Millionen an den Kinokassen ein.

Mit einem Sprung war Michael Bay aufgestiegen in die erste Riege von Hollywoodregisseuren, denen man Multi-Millionen-Dollar-Projekte anvertraut: So betrug das Budget für seinen nächsten Film, ebenfalls produziert von Bruckheimer, bereits rund 75 Millionen Dollar. Und weniger bescheiden sollten die Budgets für Bays weitere Karriere kaum mehr werden.

Dieser zweite Film, The Rock – Fels der Entscheidung, handelt von dem frustrierten US-General Hummel (Ed Harris), der versucht, mit einem angedrohten Giftgasangriff auf San Francisco von der Regierung millionenhohe Entschädigungsgelder für die Familien verstorbener Marines zu erpressen. Ein FBI-Chemiewaffenexperte (Nicolas Cage) und ein ehemaliger Ausbrecherkönig (Sean Connery) werden ausgesandt, die von Hummel und seinen Männern besetzte Gefängnisinsel Alcatraz zu infiltrieren.

Ein für Hollywood eigentlich nicht außergewöhnlich origineller Stoff – doch das Besondere an der Filmgeschichte war, dass sie im Nachhinein …

5. Schritt: Trauben des Todes

… zum Vorbild für einen ausgewachsenen Polit-Skandal werden sollte – und zugleich zu einem Grund für sein Auffliegen. Nach den Terroranschlägen des 11. September 2001, bei denen entführte Passagierflugzeuge in die Zwillingstürme des World Trade Centers und in das Pentagon flogen, steuerten die USA, Großbritannien und die sogenannte »Koalition der Willigen« auf einen Krieg gegen Irak zu.

Dies führte zu starken Verwerfungen unter den Vereinten Nationen, deren Charta einen Angriffskrieg ihrer Mitgliedsstaaten untersagt. Als Begründung für die unbedingte Notwendigkeit dieses...

Erscheint lt. Verlag 7.11.2019
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik
Geisteswissenschaften Geschichte
Technik
Schlagworte einestages • Erfindungen • Humor • Kolumne • Partywissen • Popkultur • Spiegel Online • unnützes Wissen • Unterhaltung • Zeitgeschichte
ISBN-10 3-462-31928-0 / 3462319280
ISBN-13 978-3-462-31928-6 / 9783462319286
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