Schule in Transformation -  Hans-Günter Rolff,  Dennis Sawatzki,  Heike Schaumburg

Schule in Transformation (eBook)

Wie Schule auf eine unbekannte Zukunft vorbereiten und gleichzeitig die Strukturdebatte entspannen kann
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
149 Seiten
Beltz Juventa (Verlag)
978-3-7799-8744-4 (ISBN)
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-Wie kann die Schule auf eine Zukunft vorbereiten, die wir noch gar nicht kennen? -Welche Basiskompetenzen für die Zukunfts-Schule kennen wir schon heute? -Wie können Prozesse des Personalisierten Lernens und des Kooperativen Lernens gestaltet und zusammengefügt werden? -Welche Realisierungsstrategien gibt es schon heute? Auf diese Fragen gibt das Buch Antworten vor dem Hintergrund zunehmender Digitalisierung. Zudem enthält es ein Werkzeug, mittels dessen man einschätzen kann, wie weit die eigene Schule auf dem Weg zur Zukunfts-Schule vorangeschritten ist.

Prof. Dr. Hans-Günter Rolff ist emeritierter Professor am »Institut für Schulentwicklungsforschung« der Universität Dortmund und Vorsitzender der »Deutschen Akademie für Pädagogische Führungskräfte« (DAPF).

3.2Kooperatives Lernen mit digitalen Medien


Dieser Abschnitt ist im Sinne des sogenannten 4mat-Systems aufgebaut (McCarthy 1987), mit dessen Hilfe man übrigens auch Instruktionsphasen im Kooperativen Lernen sinnvoll strukturieren kann (Uyangör 2012). Diesem Modell zufolge soll zunächst die Frage erörtert werden, (i) warum Kooperatives Lernen überhaupt im Zusammenhang von „Schule in Transformation“ relevant erscheint. Anschließend wird spezifiziert, (ii) was Kooperatives Lernen genau bedeutet und wie es sich von anderen Konzepten und Ansätzen abgrenzen lässt. Im nächsten Schritt wird exemplarisch aufgezeigt, (iii) wie das Kooperative Lernen im Kontext digital gestützten Lernens ein- und umgesetzt werden kann, bevor dieses Kapitel abschließend einen Ausblick wagt, (iv) was wäre, wenn das Kooperative Lernen für die Transformation unseres tradierten Lehr-Lern-Verständnisses und auf dem Weg zu einer Kultur der Digitalität flächendeckend und systematisch implementiert werden würde.

(i) Warum ist Kooperatives Lernen überhaupt relevant für das Lernen mit digitalen Medien?


Dass wir uns in einer Zeit der gesellschaftlichen Transformation befinden, ist weitgehend Konsens. Pandemie, Krieg inmitten Europas, demokratiegefährdende Entwicklungen, Klimakrise und Künstliche Intelligenz sind Ereignisse und Entwicklungen, die ein hohes disruptives Potenzial beinhalten und neue Umgangs- und Lernformen erfordern. Daher sind – wie in Kapitel 2 skizziert – etliche Konzepte entstanden, die neue Antworten auf die Fragen künftiger gesellschaftlicher Entwicklungen darstellen.

Ähnlich wie Hattie (2009) in einer Metaanalyse das Kooperative Lernen eindimensional beschreibt und dabei viele effektstarke Elemente separiert, die genuin und integral zum Konzept des Kooperativen Lernens gehören (z. B. reziprokes Lernen und Feedback), so droht auch im Kontext des 4K-Modells eine verknappte Betrachtungsweise. Denn: Ebenso wenig wie das Kooperative Lernen mit Gruppenarbeit gleichgesetzt werden kann (Sawatzki 2018, S. 11), so sollte es auch nicht mit dem Begriff der Kollaboration im 4K-Modell verwechselt werden. Kollaboration ist eine Teilkomponente des Kooperativen Lernens, zu denen ebenso die gezielte Förderung von Kommunikation, Kreativität und kritischem Denken zählen. Damit ist Kooperatives Lernen ein integraler Ansatz, welcher verschiedene Sozialformen (Einzel-, Partner-, Gruppen- und Plenumsarbeit), Methoden und Formate umfasst und sie in eine systematische, kriteriengeleitete und evidenzbasierte Komposition und Dramaturgie bringt.

Wenn nun der zunehmende Einsatz digitaler Medien zweierlei bezweckt – nämlich einerseits Vertrautheit und Routine im Umgang mit digitalen Medien zu entwickeln, um die Lernenden mit dem nötigen Handwerkszeug in einer digital geprägten Lebens- und Arbeitswelt auszustatten, sowie andererseits das Lernen mithilfe digitaler Medien zu verbessern, etwa in Bezug auf Lernmotivation, Effizienz und individuelle Lernfortschritte sowie vor allem hinsichtlich Bildungsgerechtigkeit, Medienmündigkeit und Teamfähigkeit –, dann spielt das Kooperative Lernen hier eine entscheidende Rolle, und zwar ebenfalls auf (mindestens) zwei Ebenen: Erstens liefert es ein probates didaktisches Instrumentarium, mit dessen Hilfe die Lernenden alleine und in der Gemeinschaft die Handhabung digitaler Medien erlernen, einüben und verbessern können. Und zweitens schafft es Kooperations- und Entwicklungsräume, die sowohl die Lehrenden als auch die Lernenden darin unterstützen, die medienpädagogischen Ziele zu erreichen (hier ist ein Blick auf den DigCompEdu1, insbesondere Bereich 6 zur Förderung der digitalen Kompetenz der Lernenden, interessant).

Das Konzept des Kooperativen Lernens widerstrebt – besonders in der Tradition von Norm und Kathy Green (2012) – der Hegemonie des Fachlichen und forciert eine Gleichberechtigung des Sozialen. Wenn das digital gestützte Lernen beschränkt ist auf ein Substitut fachlichen Lernens in analoger Form (etwa wie beim S = Substitution im SAMR-Modell von Puentedura 20062), so verspielt es sein großes Potenzial, auch das soziale Lernen zu verbessern. Daher lässt sich die Frage dieses Unterkapitels, warum das Kooperative Lernen überhaupt relevant ist für das Lernen mit digitalen Medien, auch ganz knapp beantworten: Weil es der Schlüssel ist für soziale Interaktion im digitalen Feld. Und wenn wir die nicht vernachlässigen möchten, dann brauchen wir Kooperatives Lernen!

(ii) Was bedeutet Kooperatives Lernen?


Kooperatives Lernen ist ein Unterrichtskonzept, bei dem die Lernenden darin angeleitet und begleitet werden, sich gegenseitig in ihren Lern- und Verstehensprozessen zu unterstützen. Es umfasst Lernformen, welche die gemeinsame Arbeit am fachlichen Gegenstand in den Fokus rücken und zugleich die sozialkommunikativen Fertigkeiten trainieren und reflektieren. Damit die Lernenden in hohem Maße aktiv sind und gemeinsam zu Ergebnissen gelangen, arbeiten sie im Rahmen des Kooperativen Lernens – in der Tradition von Brüning und Saum – im ritualisierten Dreischritt „Denken – Austauschen – Vorstellen“ (englisch: Think – Pair – Share): Sie erschließen und erarbeiten sich ein Thema demnach zunächst in Einzelarbeit, bevor sie in Lerntandems oder Kleingruppen Ergebnisse zusammentragen, vergleichen und weiterentwickeln und schließlich in der Klasse die Gruppenergebnisse präsentieren und gemeinsam bewerten.

Damit die Austauschphase gelingt und sich alle in den Gruppenprozess einbringen, bedarf es bestimmter Gelingensbedingungen, welche die Lehrperson bereits bei der Planung und der Aufgabenstellung berücksichtigen muss: (1) positive Interdependenz, (2) individuelle Verantwortung, (3) Sozial- und Lernkompetenzen, (4) unterstützende Interaktion und (5) Reflexion (Slavin 1995; Johnson/Johnson 1999). Diese gut erforschten Axiome sind distinktive Merkmale zwischen Kooperativem Lernen und herkömmlicher Gruppenarbeit.

Zusammengefasst: Wirksames Lernen in Kooperation kann dort entstehen, wo Lernende in Tandems oder Kleingruppen eine gemeinsame Aufgabe erhalten, welche eine wechselseitige Bezugnahme und eine hohe individuelle Beteiligung einfordert. Zugleich benötigen die Lernenden jedoch die hierfür erforderlichen Sozialkompetenzen, sie müssen einander zugewandt an der Aufgabe arbeiten und sie sollten immer wieder ihren gemeinsamen Lern- und Arbeitsprozess reflektieren und sich gegenseitig Feedback geben. Durch diese Gelingensbedingungen werden auf der sozialen Ebene lern- und kooperationsförderliche Verhaltensweisen aufgebaut (Förderung prosozialen Verhaltens, Putnam et al. 1996) und auf der fachlichen Ebene werden Ko-Konstruktions- und Ko-Kreationsprozesse angeregt, die in einem gemeinsamen Ergebnis münden und die individuellen Lernleistungen der Lernenden verbessern (McMaster/Fuchs 2002; Hattie 2009).

Für die Lehrperson reicht es insofern nicht aus, ihre Lerngruppen regelmäßig in Gruppenarbeitsphasen zu schicken, wenn Sozialkompetenzen und Lernergebnisse günstig beeinflusst werden sollen. Partner- und Gruppenarbeit müssen vielmehr in eine Unterrichtsstruktur eingebunden sein, welche auf den bereits genannten fünf Gelingensbedingungen fußt. Im nächsten Unterkapitel soll zunächst ein Vorschlag für eine solche Unterrichtsstruktur skizziert werden, bevor diese auf das Lernen mit digitalen Medien übertragen wird.

(iii) Wie gelingt Kooperatives Lernen mit digitalen Medien?


Zunächst gilt es eine Antwort zu geben auf die allgemeine Frage:

a) Wie gelingt Kooperatives Lernen? ...

Erscheint lt. Verlag 9.10.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik
ISBN-10 3-7799-8744-9 / 3779987449
ISBN-13 978-3-7799-8744-4 / 9783779987444
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