Schulratgeber Autismus-Spektrum (eBook)
170 Seiten
Ernst Reinhardt Verlag
978-3-497-61918-4 (ISBN)
Dr. Brita Schirmer, ist Dipl.-Lehrerin an Sonderschulen in Berlin, Fachbuchautorin sowie Dozentin im In- und Ausland. Sie hat lange Jahre schwerpunktmäßig mit Schülern im Autismus-Spektrum gearbeitet und begleitet noch immer Familien und Einrichtungen fachlich.
Dr. Brita Schirmer, ist Dipl.-Lehrerin an Sonderschulen in Berlin, Fachbuchautorin sowie Dozentin im In- und Ausland. Sie hat lange Jahre schwerpunktmäßig mit Schülern im Autismus-Spektrum gearbeitet und begleitet noch immer Familien und Einrichtungen fachlich.
Inhalt
Vorwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9
1 Was ist Autismus?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11
1.1 Viele Begriffe: Autismus, Autismus-Spektrum-Störung,
Autismus-Spektrum ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.2 Die Symptome. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
1.3 Schüler ohne Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2 Ausgewählte rechtliche Grundlagen
für die Bildung und Erziehung von Schülern im AS . . . . . . . . . . . . . .14
2.1 Die UN-Konvention über die Rechte
von Menschen mit Behinderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
2.2 Ausgewählte rechtliche Grundlagen in Deutschland
und Empfehlungen der Kultusministerkonferenz (KMK). . . . . . . 14
Aussagen der KMK zum Förderbedarf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Aussagen der KMK zur geeigneten Schule. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Aussagen der KMK zur Schulpflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Aussagen der KMK zu den räumlichen Bedingungen . . . . . . . . . . 17
Aussagen der KMK zur Unterrichtsmethodik. . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.3 Ausgewählte rechtliche Grundlagen für die Bildung
und Erziehung von Schülern im AS in Österreich. . . . . . . . . . . . . 17
2.4 Ausgewählte rechtliche Grundlagen für die Bildung
und Erziehung von Schülern im AS in der Schweiz. . . . . . . . . . . . 19
3 Autismusspezifischer Förderbedarf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21
3.1 Nachteilsausgleich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
3.2 Übersicht über mögliche Aspekte
des autismusspezifischen Förderbedarfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
3.3 Förderbedarf im Bereich der Kommunikation. . . . . . . . . . . . . . . . 27
Die verbale Sprache entwickelt sich nicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Die beeinträchtigte Körpersprache. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Besonderheiten bei vorhandener verbaler Sprache. . . . . . . . . . . . . 37
Kommunikationsanregende Umgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Individuelle Kommunikationswege zulassen . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
3.4 Förderbedarf im Bereich des Sozialverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Die beeinträchtigte Theory of Mind. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
Risiken für eine gute Beziehung zwischen Lehrer und Schüler. . . 51
Schwierigkeiten, altersgerechte Beziehungen zu den Mitschülern
aufzubauen und zu gestalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
Ungewöhnlicher Umgang mit Regeln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
Keine Angst vor Gefahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
3.5 Der eingeschränkte Handlungs- und Interessensbereich. . . . . . . . 64
Individuelle Motivationssysteme nutzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
Gut gemachte "Gummibärchenpädagogik" . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
Das Tokensystem. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
Der Verhaltensvertrag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
Stereotypien, Spezialinteressen und Overload. . . . . . . . . . . . . . . . . 68
3.6 Besonderheiten beim schulischen Lernen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
Probleme mit dem Nachahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
"Die Lehrer hörte ich nur selten":
Lernen durch Unterwei
3Autismusspezifischer Förderbedarf
„Für viele Menschen mit Autismus stellt die Schulzeit die bei weitem schlimmste Zeit ihres Lebens dar.“ (Preißmann 2009, 102)
Dr. Christine Preißmann, die dies feststellt, ist im Autismus-Spektrum. Bedauerlicherweise ist sie mit ihrer Einschätzung nicht allein. Viele Erwachsene im Autismus-Spektrum, die auf ihre Schulzeit zurückblicken, urteilen ähnlich.
Eine wichtige Frage für jeden Pädagogen sollte demnach sein, wie man die Schulzeit für diese Kinder und Jugendlichen so gestalten kann, dass ein solcher Leidensdruck nicht entsteht. Sie haben augenscheinlich besondere Bedürfnisse, denen man in der Schule zurzeit noch zu wenig gerecht wird.
Doch auch die Pädagogen sind oft überfordert. Durch ihre Ausbildung sind sie zu wenig auf die Förderbedürfnisse dieser Schülergruppe vorbereitet. Der Förderbedarf wird in einigen Bundesländern der BRD durch die Schulgesetzgebung zwar benannt, dennoch wird den Pädagogen nicht ausreichend vermittelt, worin er besteht und wie sie ihn bei der Gestaltung des Unterrichts berücksichtigen können.
3.1Nachteilsausgleich
Aufgrund ihrer besonderen Lernvoraussetzungen haben Schüler im AS einen Anspruch auf Nachteilsausgleich zur Wahrung der Chancengleichheit gegenüber ihren Mitschülern. Er dient der Kompensation der durch das AS entstandenen Nachteile und soll es Schülern ermöglichen, einen Zugang zu Lerninhalten zu finden, Aufgaben zu verstehen und Lernleistungen nachzuweisen. Rechtlich lässt sich der Anspruch aus dem Schwerbehindertengesetz § 48 ableiten.
Dabei lässt sich bei Schülern im AS kein allgemeiner, sondern stets nur ein individueller Anspruch auf Nachteilsausgleich feststellen. Die Gewährung des Nachteilsausgleichs darf nicht in den Zeugnissen erscheinen (SchbG §52), denn eine mit Nachteilsausgleich erbrachte Leistung ist im Vergleich zu der anderer Schüler gleichwertig. Die fachlichen Anforderungen des Curriculums bleiben unberührt. Dabei darf der gewährte Nachteilsausgleich nicht zu einer Benachteiligung anderer Schüler führen.
Nicht unter den Nachteilsausgleich fällt der Verzicht auf die Bewertung von Teilleistungen, wie er bei Schülern mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche gewährt wird, oder der Verzicht auf Leistungserbringung, wie im Falle des Sportunterrichtes bei Schülern mit motorischen Einschränkungen.
Welche Möglichkeiten des Nachteilsausgleiches es gibt und wie sie beantragt werden müssen, findet man in den schulrechtlichen Vorgaben der einzelnen Bundesländer. Wichtig ist, dass der Nachteilsausgleich nicht willkürlich von einzelnen Pädagogen gewährt oder nicht gewährt wird, sondern dass es sich um ein einheitliches und transparentes Vorgehen aller Lehrkräfte im Sinne der Chancengleichheit handelt. Das stellt in der Praxis oft eine Schwierigkeit dar, wie eine Schulhelferin berichtet:
„Bis heute […] gelingt es einigen Pädagogen nicht, diesen Zeitbonus für Lukas organisatorisch einzuplanen, und entsprechende zeitliche Strukturierungen während des Arbeitens vorzunehmen.“ (Müller 2014, 108)
Gute, genaue Absprachen unter den Fachkollegen sind hier unbedingt notwendig.
3.2Übersicht über mögliche Aspekte des autismusspezifischen Förderbedarfs
Jeder Förderbedarf muss individuell festgestellt und regelmäßig aktualisiert werden. Dazu eignen sich Beobachtungen, Gespräche mit Bezugspersonen und Fachleuten sowie leistungsdiagnostische Verfahren, wie sie im Kapitel 3.7 dargestellt werden.
In Tabelle 1 werden überblickshaft mögliche Aspekte des autismusspezifischen Förderbedarfs mit den daraus abgeleiteten pädagogischen Maßnahmen dargestellt. Im Einzelfall trifft bei einem Schüler nicht jeder einzelne Aspekt zu bzw. können auch noch andere, zusätzliche Bedürfnisse beobachtet werden.
Tab. 1: Übersicht über mögliche Aspekte des sonderpädagogischen Förderbedarfs
Förderbedarf | mögliche Maßnahmen | ausführlich in Kapitel |
Die verbale Sprache entwickelt sich nicht | • Sprachtherapie • alternative Kommunikationsmöglichkeiten • einzelfallbezogene Helfer als Kommunikationshelfer • früh Schrift einsetzen • Scripte einsetzen • interdisziplinäre Zusammenarbeit | 3.3 |
wörtliches Sprachverständnis | • kontrollierte Lehrersprache • Training von Metaphern, Ironie usw. • Nachteilsausgleich bei Textaufgaben (Mathematik), Gedichtinterpretationen und Aufsätzen | 3.3 |
Gesprächsregeln werden nicht beherrscht | • Erklären und Üben der Regeln • Anleiten und Begleiten der Mitschüler | 3.3 |
Schwierigkeiten mit der verbalen Kommunikation in Stresssituationen | • individuelle Kommunikationswege zulassen • Zeit geben | 3.3 |
Probleme mit dem Gebrauch und dem Verständnis von Körpersprache, Intonation und Akzenten | • kontrollierte Lehrersprache • einzelfallbezogene Helfer als „Dolmetscher“ • Training, z. B. FEFA | 3.3 |
Ungenaue Zeit- und Häufigkeitsangaben werden schlecht verstanden | • kontrollierte Lehrersprache • Visualisierungen | 3.3 |
Schwierigkeiten in der Kontaktaufnahme und -gestaltung mit Mitschülern | • einzelfallbezogene Helfer • soziale Situationen gestalten • Pausenspiele üben • Mitschüler anleiten • soziale Regeln vermitteln • Lerngruppen in der Zusammensetzung stabil lassen | 3.4 |
Schwierigkeiten, einen Perspektivwechsel vorzunehmen | • Theory-of-Mind-Training • Nachteilsausgleich bei Gedichtinterpretationen und Aufsätzen | 3.4 |
höheres Risiko, gemobbt zu werden | • Gespräche mit Mitschülern • klare Regeln aufstellen • angemessenes Verhalten erklären und üben (Social Stories, Comic Strip Conversation) | 3.4 |
Soziale Regeln werden nicht ohne ausdrückliche Vermittlung erworben | • Regeln explizit vermitteln • einzelfallbezogene Helfer unterstützen Regelverständnis und -einhaltung • interdisziplinäre Zusammenarbeit | 3.4 |
unflexibler Regelgebrauch | • einzelfallbezogene Helfer unterstützen und erklären Regelabweichungen | 3.4 |
keine Angst vor Gefahren | • einzelfallbezogene Helfer • sicheres Lernumfeld • Regeltraining | 3.4 |
Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit anderen | • Anleitung und Begleitung der Mitschüler • kleinschrittige Anleitung • Erfolgssicherung • einzelfallbezogene Hilfe im Unterricht | 3.4 |
Soziale Motivationen (Lob, Lächeln usw.) wirken nicht oder nicht ausreichend | • individuelle Motivationssysteme entwickeln und schrittweise denen der Mitschüler angleichen | 3.5 |
stereotypes Verhalten | • sensorische Überlastungen vermeiden • zum Ausgangspunkt für Lernangebote machen oder als Belohnung nutzen • zeitliche Begrenzungen | 3.5 |
Spezialinteressen | • zum Ausgangspunkt für Lernangebote machen oder als Belohnung nutzen | 3.5 |
Schwierigkeiten mit der Imitation | • das Kind durch Bewegungen führen • Abläufe kleinschrittig erklären • Abläufe visualisieren | 3.5 |
Schwierigkeiten, verbale Anweisungen zu verstehen | • Zeit geben • Nachteilsausgleich: zusätzliche Zeit bei Diktaten, Klassenarbeiten u. ä. • Aufträge visualisieren • für ruhige Arbeitsatmosphäre sorgen • Verständnis sichern • einzelfallbezogene Helfer im Unterricht als „Dolmetscher“ | 3.6 |
verminderte zentrale Kohärenz als vordergründiger kognitiver Stil | • Stärke in der Detailwahrnehmung (auch für die Gruppe)... |
Erscheint lt. Verlag | 2.9.2024 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Pädagogik ► Sonder-, Heil- und Förderpädagogik |
Schlagworte | ASS • Eltern • Förderbedarf • Förderunterricht • Inklusion • Inklusionspädagogik • Lehrer • Methoden • Neurodivergenz • Ratgeber • Schule • Unterricht |
ISBN-10 | 3-497-61918-3 / 3497619183 |
ISBN-13 | 978-3-497-61918-4 / 9783497619184 |
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Größe: 3,8 MB
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